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Sprache, Geschichte und Ende der Landschaft. Eine Auffassung der Werke Pier Paolo Pasolinis

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Academic year: 2021

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Serenella Iovino

Università degli Studi di Torino

Sprache, Geschichte, und Ende der Landschaft.

Eine Auffassung von Pier Paolo Pasolinis Werk.

Pasolinis Werk ökokritisch zu lesen, kommt dem Versuch gleich, seine ethische Aspekte am Tage zu bringen. Die Lektüre, die ich Ihnen vorlege, gründet sich daher nicht auf die typische Idee des Ecocriticism, der ursprünglichen Landschaft (der sogenannten wilderness) eine ethische Bedeutung zuzusprechen. Wie Aldo Leopold in den Dreißigerjahren und Roderick Nash in den Sechzigern bemerkt haben, ist die Idee einer

wilderness in Europa weitgehend unbekannt. Hier ist die Landschaft

unmittelbar eine „kultivierte“ Landschaft: eine Landschaft, wo Natur und Kultur zusammen gewachsen und tief miteinander verknüpft sind. In diesem Sinn sind Landschaftsmalerei, -literatur, -dichtung, usw. nicht das Epos einer Entdeckung oder die sehnsüchtige Zelebration eines vorkulturellen Ursprungs (à la Rousseau): In der europäischen Weltanschauung ist die Natur eine Art „Tatsache der Kultur“. Und das gilt noch mehr für die künsterlische und bellettristische italienische Tradition. Es ist kein Zufall, daß das ideelle Italien-Bild der zahlreichen ausländischen Künstler der Grand Tour-Zeit —vor allen anderen Goethes —, einen harmonischen Zusammenhang von Natur und Kultur widerspiegelte. In dieser Hinsicht ist die Landschaft —nach Mark Sagoffs Interpretation des USA-Falls— ein Symbol unserer kulturellen Identität: einer Identität, in der man nicht nur physisch-geographische Orte, sondern auch Sprache, Geschichte, und kulturellen Überlieferungen findet. Deshalb werde ich unter „Landschaft“ die „mannigfaltig kulturelle Landschaft“, oder „ethisch bedeutende Landschaft“ verstehen. Dies, um das ethische Niveau von Pasolinis Literatur und Kunst klar zu machen, und um die Wechselseitigkeit von „Ethik der Landschaft“ und „Ethik der Kultur“ zu beweisen.

Pier Paolo Pasolini (1922-1975) braucht nicht vorgestellt zu werden: als Regisseur, ist er für seine unkonventionelle und bahnbrechende Kunst weltweit bekannt. Aber diese Ruhm im Filmbereich läßt manchmal Pasolinis ursprüngliches Selbstverständnis als Künstler im Hintergrund treten. Eigentlich war er das, was man „Literaten“ nennt: Dichter, Philologe, Schriftsteller und raffinierter Kunstkenner. Dieser klassischen Ausbildung und Sensibilität ist ein tiefes politisches Bewusstsein verbunden. Als engagierter Intellektuelle und „Ketzer der marxistischen Religion“1 wurde Pasolini zum Kritiker der zeitgenössischen italienischen

Gesellschaft: einer Gesellschaft, in der die plötzliche Veränderung der

1 M.A. Maciocchi, «Pasolini: Die Ermordung eines Dissidenten», Vorwort zu PPP, Freibeuterschriften, übers. von T. Eisenhardt, dtv, München 1993, 16.

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wirtschaftlichen und sozialen Strukturen zugleich Landschaft, historisches Gedächtnis und Sprache zu zerstören drohte.

Daher Pasolinis Überzeugung, die Rolle des Küstlers bestehe im Schutz dieses gefährdeten Erbes. Das erklärt sich in einem bedeutungsvollen Selbstportät en poète, in dem Pasolini sich selbst „eine Kraft des Vergangenen“ nennt:

Ich bin eine Kraft des Vergangenen Tradition ist meine einzige Liebe.

Ich komme aus den Ruinen, und Kirchen, und Altartafeln, den verlassenen Dörfern Auf dem Apennin oder den Voralpen, wo brüderliche Leute gewohnt haben.

Auf der Tuscolana wander’ ich wie ein Narr, Auf der Appia wie ein herrenloser Hund.

Oder die Dämmerungen und Morgen über Rom Und der Ciociaria und der Welt beobachte ich, Als ob sie die ersten Akten der Nachgeschichte Wären, denen ich aus chronologischen

Privileg von den extremen Grenzen einer begrabenen Zeit beiwohne. Io sono una forza del Passato. Solo nella tradizione è il mio amore. Vengo dai ruderi, dalle chiese, dalle pale d’altare, dai borghi

abbandonati sugli Appennini o le Prealpi, dove sono vissuti i fratelli.

Giro sulla Tuscolana come un pazzo, per l’Appia come un cane senza padrone. O guardo i crepuscoli, le mattine

su Roma, sulla Ciociaria, sul mondo, come i primi atti della Dopostoria, cui io assisto, per privilegio d’anagrafe, dall’orlo estremo di qualche età

sepolta. (B, I, 619)

In diesem Vortrag werde ich die Etappen der „Ethik der Landschaft“ Pasolinis panoramisch aufzeigen, von der Entdeckung der ländlichen Welt in den Jugendgedichten bis zur „Nachgeschichte“ in den letzen Werken.

I – Landschaft, Geschichte,Sprache.

Fontana di aga dal me paìs.

A no è aga pì fres-cia che tal me paìs. Fontana di rùstic amòur.

(Wasser vom Brunnen in meinem Dorf. Nirgends ist frischeres Wasser.

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Diese Zeile gehören zu einem Gedicht, das Pasolini in friaulischem Dialekt verfaßte. Als junger Philolog und Dichter interessierte er sich sehr für die Wechselbeziehungen zwischen Landschaft, Geschichte und Sprache. Durch das Studium der Dialekte entdeckte Pasolini das mannigfaltige Verknüpftsein von Orten und Gedächtnis. Das verbarg s.E. eine alternative Geographie und eine eigentliche Lebendigkeit, die genau hinter der quasi-Abstraktionen der „offiziellen“ Sprache lagen. In Casarsa, dem Dorf, aus dem seiner Mutter stammte, erfuhr Pasolini ein „unberührtes Gebiet im Neulateinischen Atlas“: einem Atlas, das eher historisch und sprachlich als geographisch zu verstehen ist. Hier verfaßte Pasolini seine erste Sammlung von Gedichten: die Gedichte zu Casarsa (1942), später in einer erweiterten Ausgabe mit dem Titel Die beste

Jugend publiziert.

Im friaulischen Dialekt sah Pasolini eine Art „Ursprache“, die ihm „unendlich reiner“ schien als das Italienische. In der Reinheit dieser Sprache, die ihn „die Stufen des Seins entlang“ zurückführte, sind beide, Landschaft und Geschichte, bewahrt.

Die Entscheidung, auf friaulisch zu schreiben, bedeutete aber für Pasolini nicht, seine eigene Wurzeln elegisch zu preisen: dem Friaul war er tatsächlich „teilweise fremd“. Und, in einem der bedeutendesten seiner kritischen Aufsätzen beschrieb er sich selbst als friaulischer Dichter folgendermaßen: „ihm gegenüber stand eine von ihm ganz verschiedene Sprache — eine Sprache, die nicht seine Sprache war, die ihm aber trotzdem mütterlich war [...] Das Erkennen glich dem Ausdrucken. Daher der sprachliche Bruch, die Rückkehr zu einer der Welt näheren Sprache“. Pasolini war die friaulische Landschaft innerlich vertraut. Aber sie war für ihn sogar eine frei gewählte Landschaft. Es war eine sprachliche, geschichtliche und ästhetische Landschaft, die er dem faschistischen Italien entgegenhalten konnte. Für den intransigenten Nationalismus des Faschismus war Italien (sogar sprachlich) ein ideeller Begriff: der Dialekt wurde abgelehnt. Einen Grenzen-Dialekt als literarische Sprache zu erwählen kam aus diesem Grund einer ersten, fast unabsichtlichen Geste des zivilen Ungehorsams gleich. Aber Pasolinis Wahl ist sogar eine ästhetische. Er hatte vor, Italiens anderes Gesicht darzustellen: die der faschistischen Rhetorik gegensätzliche Seite, nämlich die armen Landleute, die gegen den Herren streitenden Tagelöhner, die einfachen Dorfenmärkte, oder die Radfahrten der Jügendlichen den Tagliamento-Ufern entlang.

In seinen ersten Romanen und Aufsätzen beschrieb Pasolini diese Welt als diejenige, die ihm sein politisches Bewusstsein verlieh: „Ein Streit von friaulischen Tagelöhner gegen ihren Herren brachte mich zum Kommunismus. Ich war für die Tagelöhner. Marx und Gramsci habe ich erst später gelesen“.

Pasolinis Liebe für Friaul und dessen Dialekt war eng verbunden mit einem kulturellen und politischen Engagement: Er gründete eine kleine literarische Akademie und eine Zeitschrift, und endlich wurde er Mitglied der Italienischen Kommunistischen Partei.

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Als Student an der Universität Bologna wurde Pasolini tief von Roberto Longhi beeinflußt. Durch Longhi, einen der wichtigsten Kunsthistoriker seiner Zeit, lernte Pasolini die italienische Malerei von Giotto und Masaccio bis zum 20. Jahrhundert kennen und bewundern.

Das ist noch eine bemerkenswerte Seite in Pasolinis Weltanschauung. Genau wie die Sprache stellt Malerei eine weitere Verarbeitung der kulturellen Identität eines Landes dar. Die künstlerische Tradition überhaupt ist Pasolinis Meinung nach das krystallisierte Bild einer kulturellen Identität. Das erklärt, warum Pasolini Italien häufig mit einem künstlerischen Bild von identifizierte. Im Gedicht Der Apennin, z.B., wird Italien mit einem berühmten Kunstwerk der Renaissance, dem Grabmal der Ilaria del Carretto, verglichen. Die jung verstorbene Edelfrau und Italien —beide verharren unbeweglich in dem selben Schlümmer, in den sie in der Blüte ihrer Jahre verfielen.

II – Rom und die Sprache der Dinge.

Ab 1950 wurde Rom zum Szenarium von Pasolinis Leben und Werk. Aber was ist eigentlich Rom, für den jungen Dichter, der die kleine Welt des Friauls wegen der Entdeckung seiner Homosexualität verlassen mußte? In einem seiner gewaltigsten Gedichten beschreibt Pasolini Rom mit folgenden Worten:

Wundervolle und elende Stadt,

die du mich lehrtest, was fröhlich und wild die Menschen als Kinder erlernen,

die kleinen Dinge, in denen die Größe des Lebens sich friedlich entdeckt,

[wie: schnell und bestimmt durchs Gedränge der Straßen zu gehen, ohne zu zittern

mit anderen Menschen zu sprechen, ohne viel Scham das Geld anzusehen,

das mit trägen Fingern der Schaffner abzählt, schwitzend vor den ziehenden Fassaden in den ewigen Farben des Sommers. Sich zu verteidigen, beleidigen, die Welt Vor Augen zu haben und nicht nur Im Herzen, begreifen,

daß wenige nur die Leidenschaft kennen, in der ich stets lebte: daß diese

mir nicht verwandt sind und dennoch Brüder im Kennen der Leidenschaft, Menschen, die fröhlich, bewußtlos

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Und ganz aus Erfahrungen leben, die mich nicht bekannt sind.] Wundervolle und elende Stadt, die du mich dies unbekannte Leben erfahren ließest: bis dorthin,

daß du mir entdecktest,

daß jeder für sich eine Welt war.

(„Die Klage der Beggermaschine“, Gramsci’s Asche, Piper, 1980, 123-25)

Wenn die Identität einer Welt auch in ihrer Sprache steht, dann wird Rom für Pasolini zur Ikone einer Sprache der Dinge. Rom ist für ihn die Lebendigkeit der „fröhlichen und wilden“ lumpenproletarischen Jungen; es ist die Größe der Vergangenheit zugleich mit dem Elend der Vororte; es ist die imposante Stadt der Filmindustrie, der Kultur, und der Verlassenheit; Rom ist eine religiöse und zugleich atheistische Stadt [ist die Stadt Gottes und zugleich ist es gottlos]; es ist eine „wundervolle und elende Stadt“, zugleich innerhalb und außerhalb der Geschichte. Rom ist die kulturelle Landschaft, das Urbild der italienischen Stadt genau wie das Friaul die kulturelle Landschaft und das Urbild der ländlichen Welt war: diese zwei Welten ergänzen sich gegenseitig. Daher liegen die Bilder von Rom und dem Friaul in Pasolinis Romanen Ragazzi di vita und

Ein gewaltsames Leben oft übereinander. Hier, in dem

italienisch-römischen pastiche der Prosa, lebt Casarsa paroxysmal in den Vororten weiter.

Auf der Suche nach neuen Sprachen wandte sich Pasolini dem Film zu, der „schriftlichen Sprache der Wirklichkeit“. 1960 drehte er seinen ersten Film, und auch in dieser neugewählten Kunst ist sein Stil unkonventionell. Film war für ihn das Zusammenspiel zweier Sprachen: Wort und Malerei. Als Regisseur versuchte Pasolini, die Filmkunst zu ihren malerischen Ursprüngen zurückzubringen. Diese Ursprünge lagen, s.E., in der alt-italienischen Malerei — einer Tradition, die zugleich Licht und Bewegung beherrschen. Im Film wird der „malerische Stoff“ zum „dichterischen Stoff“: das war Pasolinis „Dichtungsfilm“. Hier kommt eine tiefe und paradoxe Sehnsucht nach der malerischen Tradition zum Ausdruck: „Giottos und Masaccios Freskos sind eben das, was ich in meinem Kopf als mein Sichtfeld betrachte [...] und, außerhalb dieser ursprünglichen malerischen Leidenschaft, kann ich mir keine Bilder, Landschaften, Gestaltungen vorstellen“. In La ricotta, z.B., „spielt“ Film die Rolle der Malerei: Das Thema ist die Darstellung zweier tableaux

vivants aus der italienischen Renaissance (Rosso Fiorentinos Kreuzabnahme und Pontormos Grablegung Christi). Im Hintergrund sind

hier Giotto und Masaccio auch visuell zitiert. Masaccio taucht sowohl in

Mamma Roma und in Accattone auf (diesmal mit Kontaminationen aus

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weiteren Aspekt der kulturellen Landschaft und ist in allen Filmen Pasolinis gegenwärtig.

Aber das Wichtigste an Pasolinis römischem Erleben war des Künstlers Bedürfnis, seine Identität als engagierter Dichter zu behaupten. 1957 publizierte er die Sammlung Gramsci’s Asche. In diesem Buch schwebt Pasolinis Italienbild zwischen Ablehnung und Liebe. Die ganze Sammlung ist von einer unruhigen Sehnsucht durchdrungen. Der Suche nach politischen und kulturellen Wurzeln steht die Überzeugung gegenüber, daß die italienische Landschaft ihre eigene Geschichte und Identität verliert. Italien ist nicht fähig, seiner Zukunft entgegenzutreten, ohne von seinem historischen Gedächtnis allmählig abzukommen:

Es weint, was sich wandelt, und sei’s auch Zum Beßren. Das Licht der Zukunft

Hört nicht einen Augenblick auf, uns zu verletzen.

III − Polemik: eine selbstzerstörende Gegenwart. Von der Darstellung zur Anklage.

Vom Ende der Sechsigerjahren an wird Pasolini zum Polemiker: Er kritisiert die politische Entwicklung Italiens nach der Zeit des sogenannten „wirtschaftlichen Booms“. Die in den Fünfzigerjahren sich verändernde Welt war jetzt endgültig verloren. Die städtische und ländliche Landschaft war verloren, und do auch die Sprache: anstelle der Lebendigkeit des regionalen Multikulturalismus ward Italienisch zur flachen und konventionellen Fernsehenssprache.

Der kulturelle Zusammenbruch Italiens wurde von einer politischen Macht verursacht, die viel undurchsichtiger und bedrohlicher als Faschismus war. Die kulturelle und sprachliche Landschaft eines Landes zu verändern hat nicht wieder gutzumachende Folgen: Die neue Macht „hat die Italiener anthropologisch umgestaltet“. Italien erfährt damit seine „erste und wirkliche Vereinigung“. In seiner Anklage spricht Pasolini von einem „Genozid“.

Ein typisches Beispiel dieser Kritik sind ein im Februar 1975 in der Zeitung Corriere della Sera publizierter Artikel und ein Dokumentarfilm, der einen „Appell an die UNESCO“ darstellte.

Von den Glühwürmchen ist die treffende Anzeige eines politischen

Verbrechens. Ungebildete und rücksichtlose führende Schichten trugen die Verantwortung für die ökologische und kulturelle Zerstörung Italiens. Die unkontrollierte Entwicklung industrieller Siedlungen, der keine angemessene Entwicklung kultureller Nebenbedingungen entsprach, hatte Wasserquellen, Land und Luft verschmutzt. Eine der Folgen dieses Phänomens war das Verschwinden der Glühwürmchen. Glühwürmchen sind hier das Symbol einer Landschaft und einer uralten Welt, die eine ökologisch und kulturell kurzsichtige Verwaltung vernichtet hat.

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[Pasolinis Kritik stimmt hier ganz mit der polemischen Stellungsnahme zum DDT überein, die Rachel Carsons 1963 in ihrem Buch Silent Spring geäußert hatte. Beide Pasolini und Carson betonen die Unzulänglichkeit eines wirtschaflich-politischen Systems, indem sie die Schäden aufzeigen, die dieses System der Landschaft zugefügt hat.]

Noch deutlicher ist der Appell an die UNESCO im Documentarfilm Die

Mauern Sana’as. Hier werden die Bilder der nord-jemenitischen

Hauptstadt von Pasolini kommentiert. Die Stimme des Regisseurs beschreibt diese gefährdete Welt: eine wunderschöne und urtümliche Stadt, wertvoll „genau wie Venedig oder Urbino, Amsterdam oder Praag“, ist einer Regierung ausgeliefert, die überhaupt unfähig ist, ihre Schönheit zu bewahren. Daher Pasolinis Appell:

„Wir wenden uns an die UNESCO — Bitte: Helfen Sie Jemen sich vor der Zerstörung zu retten, die mit der Zerstörung von den Mauern Sana’as angefangen hat.

[...]

Wir wenden uns an die UNESCO — Bitte: Finden Sie die Möglichkeit, dieser Nation das Bewußtsein zu gewähren, daß sie ein gemeinsames Gute der Menschheit ist, und daß sie sich schützen soll, um solch ein Gute zu bleiben.

Wir wenden uns an die UNESCO — Bitte: Solange es noch Zeit ist, zeigen Sie einer noch naiven Regierung, daß Jemens einziges Vermögen seine Schönheit ist; und weiterhin, daß das Bewahren dieser Schönheit eine gar kostenlose Hilfsquelle ist [...].

Wir wenden uns an die UNESCO — Im Namen des wahren, obwohl unausgesprochenen Willens des jemenitischen Volks. Im Namen der Anmut der dunklen Zeiten.

IM NAMENDER SKANDALÖSEN REVOLUTIONSKRAFT DER VERGANGENHEIT“.

Italien ist dann nur ein besonder schwerer und bedeutender Fall. Gefährdet ist aber die allgemeine Idee einer kulturellen Landschaft, sei es afrikanisch, indisch, oder europäisch. Zwei Weltanschauungen stehen einander gegenüber: die ländliche, vorkapitalistiche, vielsprachige, religiöse, „menschliche und schöne“, und die kapitalistische Weltanschauung der neuen finanziellen Ideologien.

IV − Höhepunk und Provokation: Das Ende der Landschaft

Pasolini hatte schon versucht, jene „skandalöse Revolutionskraft der Vergangenheit“ darzustellen, indem er die Lebenstrilogie drehte. Eine quasi-mythische Welt wird von diesen drei Filmen, dem Decameron (1971), Pasolinis Tolldreisten Geschichten (Den Canterbury Erzähungen, 1972) und Erotische Geschichten aus der 1001 Nacht (1974), geoffenbart. Hier äußert sich das Leben in seinen unmittelbaresten Formen: Sex (als eine fröhliche und bloße Körperlichkeit), das freuliche Chaos der kulturellen Landschaft, traditionelle Volkseschatologie, das Verknüpfen von Kunst und Landschaft. Menschen und Natur sind hier harmonisch in einem kulturellen Horizont miteinander vereinigt.

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Trotzdem ist die Lebensfülle vom Trauer über das Verschwinden der sprachlichen, künstlerischen und geschichtlichen Landschaft begleitet.

1974, ein Jahr vor seinem Tod, änderte Pasolini seine künstlerische Strategie. Ein tiefer, polemischer Pessimismus wirkte sich auf sein Werk aus.

Im Buch Die neue Jugend (1975), verfasst er seine friaulische Gedichte neu. Aber der Sinn dieser Gedichte wird jetzt ganz ins Gegenteil verkehrt. Trotz des Titels gibt es in diesen Gedichten keine Jugend mehr. An die Stelle der ländlichen Welt des Friauls tritt hier ein kalter Ort, in dem nur Tote und Fremde sind. Die lieb- und kulturlose Landschaft steht eigentlich für eine Anti-Landschaft. Man trifft diese Anti-Landschaft auch in Salò oder die 120 Tage von Sodom, Pasolinis letztem Film. Die Entscheidung, De Sades Erzählung in der faschistischen Sozialrepublik neu zu inszenieren, bedeutet die Materialisierung einer negativen Vitalität. Alles hat sich gedreht: Jugend, Obrigkeit, Mutterschaft, Liebe, Religion, Heimat, Kultur, Natur.

In Salò wird die Macht zu einer gewaltsamen und grotesken Karikatur. Sex ist nicht länger ein Lebenssymbol, sondern eine Szenerie der Unmenschlichkeit und der Zerrüttung. Die Erzählung ist die Metapher eines Totalitarismus, der sowohl Leben als Kultur unterdrückt.

In Pasolinis letzten Werken gibt es keine Osmose zwischen Mensch und Natur, Sprache und Geschichte, Künstler und Welt. In Die neue

Jugend ist die ländliche Welt unerkennbar. [Die Außenaufnahmen und die

belebten und alten Architektüren sind in Salò kalten Interieurs gewichen.]

Aber diese letzte, schmerzvolle künstlerische Strategie ist eine extreme Anklage: trotz seiner gewaltsamen Paroxismen prangert Pasolini immer wieder das absurde Ende der vorkapitalistischen ländlichen Welt und einer uralten Kultur an.

Wenn die vertraute Welt verloren ist, ist der Dichter gezwungen, allein durch feindseligen Raum zu wandern. Der Dorfbrunnen ist unkenntlich, ausgetrocknet, leer von Leben und Sinn:

Wasser vom Brunnen in einem Dorf, das nicht mein. Nirgends ist schaleres Wasser, als in jenem Dorf. Brunnen der Liebe für keinen. (Herz der Vernunft, 47)

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