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Abteilung Rechtswissenschaft
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DAS RECHT DER EUROPÄISCHEN UNION
UND DIE MINDERHEITEN EUROPAS
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Abteilung Rechtswissenschaft
ISTITUTO UNIVERSITARIO EUROPEO
2 8 NOV. 2005
"^BIBLIOTECA
Gabriel N. Toggenburg
DAS RECHT DER EUROPÄISCHEN UNION
UND DIE MINDERHEITEN EUROPAS
SPIELRÄUM E UND SCH RAN KEN IN EINEM N E U E N GESTALTUNGSRAHMEN
Eingereicht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät des Europäischen Hochschulinstituts Florenz
zur Erlangung des Doktortitels (PhD)
Mitglieder des Prüfungsausschusses:
Prof. Bruno De Witte, Doktorvater, Europäisches Hochschulinstitut Florenz ‘ '. Prof. Dr. Stefan Griller, Wirtschaftsuniversität W ien /
Prof. Dr. Joseph Marko, Leopold-Franzens-Universität Graz
Prof. Jacques Ziller, Europäisches Hochschulinstitut Florenz ^
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Danksagung
Seit Jahren betrachte ich mit Skepsis ellenlange Widmungen und Danksagungen in kurzen wie langen Büchern. In meinem (sichtlich bösartigen) Gemüt drängte sich stets der Verdacht auf, dass es sich hier um harmoniesüchäge und
unverbesserliche Gutmenschen handelt. Oder aber, noch schlimmer, um ein kollektives Pseudonym von ghost writem, welches sich hinter dem Namen des Autors versteckt und nur in der Widmung an das Tageslicht der
wissenschaftlichen Gemeinschaft drängt.
Der Weg zu den vorliegenden 460 Seiten hat mir endlich die demütige Einsicht beschert, dass hinter jedem längeren Werk, ungeachtet der jeweiligen Qualität, stets ein Heer an guten Geistern steht, das in irgendeiner Art und
Weise zu dem Meer an Seiten beigetragen hat. Und sei es auch nur dadurch, dass sie — wie in meinem Fall - ein standhaftes Ohr für penetrantes Gejammere des Autors hatten. Somit liegt es nun an mir, mich bei meinen guten Geistern zu bedanken. Namentliche Nennungen sind aufgrund des Ausmaßes der psychologischen Inanspruchnahme
überflüssig. Die derart Geschädigten werden sich hier augenblicklich und Hände ringend wieder erkennen.
Ausdrücklich danken möchte ich aber Bruno de Witte, meinem Doktorvater. Er. ohne dem das Thema des Minderheitenmoments im Gemeinschaftsreckt erst viel später Beachtung gefunden hätte und au f dessen Impulse sich alle einschlägigen Arbeiten ausnahmslos berufen, hat seinem chronischen Doktorant stets milde Geduld, ermutigende Aufmunterung und engagierten Rat entgegengebracht. „Doktorvater“ magein altmodisches Bild sein. Umso schöner ist es, dass manche diesem Begriff selbst im hektischen Massenbetrieb der modernen Wissenschaftswelt noch gerecht
INDEX
A . Zu r Ein st im m u n g: Un t e r s u c h u n g s a n s a t zu n d Üb e r b u c k...6
B. Die Unio nu n dihre Mit g l ie d st a a t e nim Ne t zd e svö lk er r e c h tlic h e n Min d e r h e it e n s c h u t z e s... 14
I. D e r Verpflichtungsstand d e r E U - M itgliedstaaten a ls Teilhaber d e s M inderheitenschutzes d e r Vereinten N ationen...14
1. Zur Stellung des Minderheitenschutzes im System der Vereinten Nationen... 14
2. Ein Organ der Vereinten Nationen für den Minderheitenschutz?...IS 3. Ein UN-Verfahren zum Schutz von Minderheiten?... 21
4. Der Minderheitenschutz im Rahmen des IPBPR... 23
II. D e r Verpflichtungsstand d e r E U -M itgliedstaaten als Teilhaber d e s M inderheitenschutzes d e r O SZE ... 2 7 1. Zur OSZE und ihrer human „dimension“ ... 27
2. Das OSZE Standard setting im Bereich des Minderheitenschutzes... 30
3. Die Bindung der EU-Mitgliedstaaten an den OSZE-Standard... 35
III. D er Verpflichtungsstand d e r EU- M itgliedstaaten a ls Teilhaber des M inderheitenschutzes d es E u ro p a ra te s... 41
1. Zum Europarat und dem Schutz von Minderheiten...41
2. Der Minderheitenschutz durch die Europäische Menschenrechtskonvention... 44
3. Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten...55
4. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderiieitensprachen... 66
IV. A u f dem Weg zu r offenen O rganisation: d ie "interorganisationeile " Vernetzung zw ischen OSZE, E uroparat u nd E U ... 70
1. Das Phänomen der internationalen Vernetzung... 70
2. Die Zusammenarbeit zwischen OSZE und EU ...71
3. Die Zusammenarbeit zwischen OSZE und Europarat... 74
4. Die Zusammenarbeit zwischen Europarat und E U ...79
a) Allgemeiner Rahmen...79
b) Gemeinsame Finanzierungsprojekte (joint programming)...82
c) Zusammenarbeit im Bereich Rassismus und Fremdenfeindlichkeit... 83
d) Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte... 85
e) Zusammenarbeit im Bereich des Minderheitenschutzes... 91
V. D e r Verpflichtungsstand d e r E U im Rahm en d e s N etzes völkerrechtlicher Verpflichtungen ihrer M itgliedstaaten ...95
1. Die Union im völkerrechtlichen Netz ihrer Mitgliedstaaten... 95
2. Die Bindung der EG an den Standard der OSZE... 100
3. Die Bindung der EG an den Standard des Europarates... 102
a) Die Bindung der EG an den Standard w ie er sich aus der EMRK ergibt...102
b) Die Bindung der EG an den Standard w ie er sich aus RK und der SC ergibt... 108
VI. Resümee zu r rechtlichen Einbettung d e r Union sam t M itgliedstaaten in d a s N etz völkerrechtlicher Verpflichtungen... 112
C. De r Sch u t zv o n Min d e r h e it e nima u b e n v e r h ä l t n isd e r Eu r o p ä isc h e n Un i o n... 115
I. D ie EU-A ußenbeziehungen jen seits d e s Erw eiterungskontextes...115
1. Einleitung: D ie menschenrechtliche Dimension der EU-Außenpolitik...115
a) Primäirechtliche Grundlagen...115
b) Internationales Menschenrechtsmonitoring seitens der U nion...122
c) Teilnahme der Union am internationalen Standard setting... 123
e) Der Menschenrechtsschutz im vertraglichen Verhältnis zwischen EG und Drittstaaten... 126
2. Die Position des Minderheitenschutzes in der EU-Außenpolitik...130
a) Primärreehtliche Grundlagen... 130
b ) Der Schutz von Minderheiten im Menschenrechtsmonitoring der Union...133
c) Teilnahme der Union am internationalen Standard setting... 137
d) Minderheiten im Rahmen der finanziellen Menschenrechtsunterstützung der U n ion ...140
e) Der Schutz von Minderheiten im vertraglichen Verhältnis zwischen EG und Drittstaaten... 142
II. D ie spezifische (U r)erfakrun g d e r O sterw eiteru n g ...147
1. Die Osterweiterung als Hebamme des „EU-Minderheitenschutzes“ ... 147
2. Der Schutz von Minderheiten als „EU-Beitrittskriterium“ ...154
a) Beitrittsvoraussetzungen zur E U ... 154
b) Die Rechtsnatur des Minderheitenschutzes als EU-Beitrittsbedingung... 160
3. Der Schutz von Minderheiten in der Erweiterungsspraxis...166
a) Minderheitenrelevante Stabilitätsinduktion durch Anerkennung... 166
b) Minderheitenrelevante Stabilitätsinduktion durch bilaterale Vernetzung...169
c) Die Abkommen mit den Beitrittskandidaten... 172
d) Das Beitrittsmonitoring: der formale Rahmen...175
e) Das Beitrittsmonitoring: der materielle Rahmen...180
4. Minderheitenschutz und „doppelte EU Standards“...183
a) Der Vorwurf des doppelten Standards... 183
b) Legalität und doppelter Standard...187
c) Legitimität und doppelter Standard... 189
III. D e r neue K on tex t d e r S ü d osterw eiteru n g...192
1. Vom Regionalkonzept zur Perspektive einer „dritten Erweiterungswelle“... 192
2. Das Design der Konditionalität zweiter Generation... 195
3. Der Stabilisi erungs- und Assozierungsprozess... 198
D . De r Sc h u t zv o n Min d e r h e it e nim In n e n v e r h ä l t n isd e r Eu r o p ä isc h e n Un i o n...2 0 9 I. D e r lange Weg d es M inderheitenschutzes in das System d er EU ...2 0 9 1. Die Bemühungen des Europäischen Parlamentes um eine EU-Minderheitenpolitik...209
a) Das Europäische Parlament als Motor des EU-Minderheitenschutzes... 209
b) Die Versuche an einer Charta der Volksgruppenrechte (Rechtsausschuss)... 211
c) D ie traditionellen minderheitenpolitischen Forderungen (Kulturausschuss)...215
d) Der neue Zugang (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres)... 222
2. D ie Bemühungen um die Verankerung des Minderheitenschutzes im EU-Primärrecht... 226
a) Versuche des Parlamentes, den Minderheitenschutz im Primärrecht zu verankern... 226
b) Versuche im Grundrechtskonvent, den Minderheitenschutz im Primärrecht zu verankern ...230
c) Versuche im Verfassungskonvent, den Minderheitenschutz im Primärrecht zu verankern... 239
II. M inderheitenschutz im P rim ärrecht und das P o te n tia l der Verfassung... 2 4 5 1. Status quo (ante): das Inkrafttreten des Verfassungsvertrag als Nebensache?... 245
2. Artikel 13 EG-Vertrag: Gnuidnorm des EU-Minderheitenschutzes?... 248
a) Artikel 13 EG als zentrale Norm für den Schutz von Minderheiten...248
b) Der sachliche Anwendungsbereich des Artikels 13 E G ... 251
c) Der persönliche Anwendungsbereich des Artikels 13 EG... 255
d) Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Artikels 13 EG...258
e) Artikel 13 EG als potentielle Grundlage für Maßnahmen positiver Diskriminierung...259
f) Artikel 13 EG-fündiertes Sekundärrecht... 263
g) Die Weiterentwicklung des Artikels 13 EG im Verfassungsvertrag...272
3. Der Minderheitenschutz als Grundwert der neuen Verfassung... 273
4. Der Minderheitenschutz als Ausfluss der Achtung für Europäische V ielfalt... 277
a) Vielfalt als ein neues Rechtsprinzip im EG- sow ie im Verfassungsvertrag?...277
b) Vielfalt als j anusköpfiges und selbstbeschränkendes Schutzgut?... 281
c) Vielfalt w ie sie sich in Artikel 22 der Grundrechtscharta darstellt... 284
5. Diskriminierungsverbot, Antidiskriminierungsgebot und Gleichheit im Verfassungsvertrag ...289
a) Das Diskriminierungsverbot: „nationale Minderheit“ als EU-BegrifF... 289
EU-RECHT UND MINDERHEITENSCHUTZ
b) Das Antidiskriminierungsgebot: Rechtspflicht zum mainstreaming... 293
c) Der Verfassungsvertrag und affinnative action: welches Signal wird gesetzt?... 295
III. Minderheitenschutz a ls Querschnittsmaterie d er E U -P olitik...300
1. Minderheitenschutz von der Kompetenzmaterie zum Regelungsaspekt?...300
2. Das Mainstreaming...301
3. Die Folgenabschätzung...307
4. Die Offene Koordinierungsmethode... 311
a) Offene Koordinierungsmethode und die Lage der Minderheiten... 3 1 1 b) Europäische Beschäftigungsstrategie und die Lage der Minderheiten... 313
c) Der Prozess sozialer Eingliederung und die Lage der Minderheiten... 317
d) Europäische Migrationspolitik und die Integration von neuen Minderheiten...323
E. Mitg l ie d st a a t l ic h e r Min d e r h eit en sc h u tzu n dg e m e in s c h a f t s r e c h t u c h e Bin n e n m a r k t v e r p f l ic h t u n g e n...331
I. Minderheitenschutz und Binnenmarkt: ein P roblem aufriss...331
1. Nationaler Minderheitenschutz und Europäischer Binnenmarkt... 331
a) Der negative approach', eine Besonderheit des Gemeinschaftsrechts... 331
b) Grundlegung der vertikalen Regulierungsdiskrepanz... 332
2. Ausgewählte Problematiken der intrusiven Binnenmarktmechanik... 335
a) Konturen der Binnenmarktmechanik: sprachpolitische Erfahrungen... 335
b) Konturen der Binnenmarktmechanik: Erfahrungen mit Ansässigkeitsklauseln... 342
3. Spezifische Absicherungen nationaler Sandersysteme... 349
II. A ls F allstudie: ausgew ählte Problempunkte d e r Südtirolautonom ie... 3 5 5 1. Konturen einer UnVereinbarkeitsdebatte... 355
2. Die Südtiroler Diskussion um eine Europäische Absicherung...360
3. Der Gebrauch der deutschen Sprache vor Gericht und A m t... 362
4. Zweisprachigkeit als Einstellungsvoraussetzung und ihr Nachweis...371
5. Pflicht zur zweisprachigen Auszeichnung auf Arzneimitteln... 375
6. Der Proporz...379
a) Einleitung...379
b) Die uneigentliche Propoizdebatte... 379
c) Die eigentliche Proporzdebatte... 3S5 7. Die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung...389
8. Ergebnis... 396
III. M inderheitenschutz und Binnenmarkt: 4 kurze Anmerkungen...39 9 1. Zur Staatsangehörigkeit als Element des Minderheitenbegriffs...399
2. Zur Resistenz nationaler Verteilungsfilter...401
3. Zum Bickel/Franz Effekt... 402
4. Zu den Grenzen des Binnenmarkteinflusses... 404
F. ALS AUSKLANG: DIE ROLLE DER UNION IM EUROPÄISCHEN MINDERHEITENSCHUTZ... 4 0 7
G . L IT E R A T U R V E R Z E IC H N IS ... 4 1 7
A. Zur Einstimmung: Untersuchungsansatz und Überblick
D e r Schutz von M inderheiten ist ein T hem a, w elches zu einer g eradezu erdrückenden F ü lle an ju ristisch er L iteratur gefü h rt hat. Z w eifel lie g e n deshalb nahe, ob sich dieses G eb iet noch für grundlegendere B efo rsch u n g als G anzes eignet. D ies g ilt zum indest fü r d en B ereich des V erfassungs- u n d V ölkerrechts. H ie r scheint die w issenschaftliche D urchleuchtung so w eit g ed ru n g en , d ass m an sic h d e r H erausforderung einer nachbearbeitenden K o m m en tieru n g in einzelnen S ek to ren w idm en u n d w eniger d e r V e rsu ch u n g erliegen sollte, d ie B ücherregale m it ein er w eiteren holistischen Z usam m enschau zu m M inderheitenschutz zu b elasten. D ie „V erfassungs- u n d V ölkerrechtslastigkeit“ des M inderheitenrechts erstau n t nich t u n d hat ih re B erechtigung. V ölkerbund, V erein te N ationen, O rg anisation für S icherheit u n d Z usam m enarbeit so w ie der E u ro p arat w aren je n e internationalen O rganisationen po litisch en Z uschnitts, an die F ra g en des M in d erh eiten sch u tzes heran g etrag en w urden. S ie w urden zu H ofJhungsträgem jen e r, d ie sp ezifische, au s M inderheitenkonflikten resultierende R echtsfragen in tern atio n alisiert w issen w o llte n , w ie auch je n e r, die sich v o m V ölkerrecht generelle V o rg a b e n in diesem B e re ic h erhofften. E ntsprechendes Interesse g alt über Jahrzehnte d e r Sensibilisierung fü r u n d R eglem entierung von Fragen des M inderheitenschutzes d u rch d ie k lassischen in tern atio n alen O rganisationen. D ies g ilt insbesondere für d ie Z eit n a c h dem F all des E isern en V orhangs, d ie sich generell d u rch eine M obilisierung d er in tern atio n alen F oren u n d im B esonderen durch eine Intem ationalisierung ethnischer F ra g en auszeichnet. H isto risch e E n tw ick lu n g w ie auch ak tu eller R echtsstand zeigen allerdings auch, dass tro tz zunehm ender R o lle bi- u n d m ultilateraler S chutzsystem e d er eigentliche „Regelungsschwerpunkt* im M inderheitenrecht nach w ie v o r „beim innerstaatlichen Recht, hier wiederum bei der verfassungsrechtlichen Garantie“ lie g t.1 D e r Schutz spezieller M inderheitenrechte w ie
1 Rainer Arnold, Minderheiten, in: Göires Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, B and 3, Herder Verlag, Freiburg-Basel-Wien, 1997, S. 1160-1167,1161. Nichtdestotrotz ist das
Minderheitenrecht »wie kaum ein anderer Rechtsbereich“ von völkerrechtlichen Normen
geprägt. Siehe Peter Hilpold, M odernes Minderheitenrecht, Baden-Baden - W ien - Zürich, Manz-Nomos und Schulthess Verlag, 2001, S .l.
etw a d e r S p rachgebrauch in E rziehungssystem , V erw altung o d e r bei G ericht sind situ atio n sg eb u n d en , b e d ü rfe n a n p assen d er A u sfü h ru n g und sind som it zw ingender W eise B e sta n d n atio n aler w ie reg io n a le r R ech tsg estaltu n g . V o r diesem H intergrund e rsta u n t es nicht w e ite r, dass M in d e rh e ite n in d e r völkerrechtlichen, v e rfa ssu n g sre ch tlic h e n u n d v e rfa ssu n g sv e rg le ich e n d e n L iteratur b reiten R aum e in n e h m en .
W e d e r V erfassung- n o c h V ö lk e rre c h t stehen im M ittelpunkt diese A bhandlung, so n d e rn allein ig d a s E u ro p a re c h t, u n d z w a r E u ro p arech t im engeren Sinne, also v e rsta n d e n als EU- so w ie G e m e in sc h aftsre c h t.2 D ie se A rbeit w ählt einen g anzheitlichen A n sa tz. E s b etrachtet M in d e rh e ite n u n d d e re n B elan g e als generelles R egelungsproblem der P o litik , ohne s ic h a p r io r i a u f b e stim m te B ereiche zu konzentrieren. D ie
R e c h tfe rtig u n g d a fü r lie g t in d er W ahl d e s ju ridischen B ezugrahm ens. G e m ein sch aftsrech t u n d M in d e rh e ite n re c h t h aben e rs t im letzten Jah rzeh n t in d er L ite ra tu r zu sam m en g e fu n d e n . G e n e relle A b h an d lu n g en zu m M inderheitenrecht w id m e n d e r E u ro p äisch en U n io n in aller R eg el b loß sym bolischen R aum .3 U m fassende A rb e ite n z u d en In te ra k tio n e n u n d In te rd ep e n d e n z en zw ischen d en R echtsm assen d er in te rn a tio n a le n O rg a n isa tio n e n fehlen e b e n so w ie M onographien zu ausgew ählten A sp e k te n des V e rh ä ltn is s e s zw isch en M inderheitenschutz und E u ro päischer In te g ra tio n .4 In sb eso n d ere fe h lt es an um fassen d en A nalysen, w ie d e r E U -B innenm arkt m it n a tio n a le n S c h u tzsy stem e n in terag iert. D ie ju ris tis c h e n 5 A rbeiten zu m Schlagw ort
2 Im R ahm en dieser Arbeit wird in aller Regel von ,JEU“ gesprochen, es sei denn es soll im
jew eiligen Zusammenhang au f den Gemeinschaftscharakter hingewiesen werden.
3 W er a n Rechte der M inderheiten in Europa denkt, assoziiert damit wohl ausschließlich den Europarat (siehe etwa Patrick Thom berry und M aría Am or Martín Estébanez, Minority rights in Europe, Council of Europe, Strassburg 2004). Dennoch ist merkbar, dass der Union in
allgem einen Darstellungen m ehr und m ehr Beachtung eingeräumt wird. Vgl. etwa Gaetano Pentassuglia, Minorities in international law, Council o f Europe, Strassburg 2002 mit Joseph Yacoub, Les minorités dans le m onde, Desclée de Brouwer Verlag, Paris 1998.
4 Siehe aber in der deutschen Literatur die beiden jüngst erschienenen Dissertationen von Jürgen Schlögel, D er Schutz ethnischer M inderheiten als allgemeiner Rechtsgrundsatz des
Gemeinschaftsrechts, V erlag Dr. Kovac, Ham burg 2004 sow ie Angela Kaiser,
M inderheitenschutz in der Europäischen Union, Peter Lang, Frankfurt 2005, die einen breiten Ansatz wählen.
5 Insbesondere der Heranfühnm gsprozess im Rahmen der Osterweiterung hat zu einer Flut an politikwissenschafilicher Literatur geführt, die insbesondere den Aspekt der Konditionalität in den V ordergrund stellt. D ies erstaunt nicht weiters, da die doch mehr prozessorientierte
7
SS!“ E U u n d M in d erh eiten “ sind entw eder sektoriell beschränkt6 o d e r sie b ie te n nur einen k u rso risc h e n Ü b erb lick der zahlreichen aufzuw erfenden F rag en 7. D a sich d ie E n tw ick lu n g en im V erschränkungsgebiet zw ischen M inderheitenschutz und E u roparecht in d en letzten 15 Jahren g eradezu explosionsartig v erdichtet haben, scheint h ie r ein g e w isse r N a c h h o lb e d a rf literarischer A u farbeitung zu bestehen.
D ie frühen B em ühungen d e s E uropäischen P arlam ents um d a s kultu relle Erbe d e r M in d erh eiten un d ih re r Sprachen hatte v ielleich t noch etwas v o n D on-Q uichotte an
sich: sch ließlich d ien te die E W G der sieb zig er u n d achtziger Jahren n o c h prim är den M ü h len d er W irtschaftsintegration. N ach d e m V ertrag von M aastricht u n d d er E poche Politikwissenschaft wohl die doppelten Standards als noch provokativer - und damit literarisch fruchtbarer - empfindet als die Rechtswissenschaft, die in ihrer mehr statischen Betrachtung leichter zwischen “in“ und „out“ trennen kann. Ohne Zweifel ist es jedoch die Osterweiterung, die auch die juristische Literatur zu unserem Them a entscheidend bewegt hat. Dies zeigen etwa die Beiträge von Bruno de Witte, Rainer Hoffman oder Frank Hoffmeister in Gabriel N. Toggenburg, The protection o f minorities and the enlarged European Union. The way forward, LGI Books, Budapest 2004.
6 Für den Bereich des status der Minderheitensprachen im Gemeinschaftsrecht liegt die
umfangreiche Studie von Niamh N ie Shuibhne, EC Law and Minority Language Policy. Culture, Citizenship and Fundamental Rights, Kluwer Verlag, The Hague 2002 vor. Für den Minderheitenschutz im Verhältnis der EU zu ihren Beitrittswerbem siehe etwa Gaetano Pentassuglia, The EU and the Protection o f Minorities: The Case of Eastern Europe, in European Journal o f International Law 12 (2001), S. 3 ff. Für die Arbeiten an der Grundrechtecharta vergleiche Guido Schwellnus, M uch Ado About Nothing? Minority Protection and the EU Charter o f Fundamental Rights, in Constitutionalism W eb-Papers, 5(2001), online zugänglich unter http://lesl .man.ac.uk/conweb.
7 Matthias Niedobitek, Minderheitenschutz im europäischen Mehrebenensystem, in Frank- Lothar Kroll und Matthias Niedobitek (Hrsg.), Vertreibung und Minderheitenschutz in Europa, Duncker&Humblot, Berlin 2005 (im Erscheinen); Frédéric van den Berghe, The European Union and the Protection o f Minorities: How real is the alleged double standard?, The Yearbook o f European Law 2003, VoL 22., Oxford University Press, Oxford 2004, S. 155-202; Bruno de Witte, Politics versus Law in the E U ’s Approach to Ethnic Minorities, in Jan Zielonka (Hrsg.), Europe Unbound. Enlarging and Reshaping the Boundaries of the European Union, Routledge, London 2002, S. 137-160 (eine frühere Version dieses Aufsatzes wurde als EUI Arbeitsheft, und zwar RSC No 2000/4 veröffentlicht); Rainer Arnold, Europäische Union und
Minderheitenschutz, in Gerrit Manssen und Boguslaw Banaszak (Hrsg.), Minderheitenschutz in Mittel- und Osteuropa, Frankfurt, Peter Lang, Frankfurt, 2001, S. 237-259; Gabriel N.
Toggenburg, A Rough Orientation through a Delicate Relationship: The European Union’s Endeavours for (its) Minorities, in: European Integration online Papers 16 (2000); Peter Hilpold, Minderheiten im Unionsrecht, in: Archiv des Völkerrechts (2001), S. 432ff.; M aria Amor M artin Estébanez, The Protection o f Ethnie, Religious and Linguistic M inorities, in Nanette Neuwahl and Alan Rosas, The European Union and Human Rights, Nijhoff, The Hague 1995, S. 133-163; Bruno de Witte, The European Community and its Minorities, in Catherine
Brölmann et al. (Hrsg.), Peoples and Minorities in International Law, Kluwer, The Hague 1993, S. 167-185.
der z u n e h m e n d epidem isch e rsc h e in e n d e n E U -V erfassu n g sre fo rm e n h a b e n w ir es n u n m eh r m it einer n e u e n U n io n zu tun. D ie se „ E U -n e u “ v e rsc h reib t sic h in ih rem A u ß e n v e rh ältn is dem R e s p e k t f ü r und den Schutz v o n “ M inderheiten u n d erhebt in
ihrem Inn en v erh ältn is das M o tto ,E in h e it in V ie lfa lt‘ zum E U -S y m b o l. V o r d em
H in terg ru n d dieses T ren d s drang d e r S chutz v o n M in d e rh e ite n so w ie ih re r K u ltu ren u n d S prachen u n sp e k ta k u lär in den B e sta n d d e r E u ro p a p o litik u n d d e s E u ro p arech ts. D ies freilich a u f selektive, e rratisch e W eise, o h n e dabei e in e k o n siste n te E U - M in d e rh e iten p o litik (v o n ein em E U -M in d e rh e ite n re c h t g a n z z u sch w eig en ) h era u sz u b ild e n . D ie resu ltie re n d e F o lg e ist, d a ss d a s , w a s m an salo p p “ M in d e rh e iten -
Acquis“ n e n n e n könnte, sich ü b e r b reite T e ile d e s E u ro p arech ts v e rstre u t und e in e r
k o n siste n te n O rdnung u n z u g ä n g lic h bleib t. D ie s m a g d en n auch e rk lä re n w a ru m d ie v o rlie g en d e A rb e it fü r d e n M in d e rh e ite n re c h tle r u n b e frie d ig e n d e k le k tisc h erscheinen m uss. D a d a s Studium d es “M in d e rh e ite n re c h ts d e r E U “ ein er S uche n a c h N ad eln im H e u h a u fen gleich t, u n tern im m t d e r A u to r e rst g a r n ic h t d en V ersuch, d ie A rb e it en tlan g einer S y s te m a tik des M in d erh eiten rech ts z u e n tw ic k e ln . D ie v o rlie g e n d e A rb e it sch ild ert w e n ig e r M in d e rh e iten re c h t aus d e r S ic h t d e s E u ro p arech ts, so n d e rn w o h l v ielm e h r E u ro p arech t aus d e r S icht des M in d e rh e iten re c h ts. E in e so lc h e H e ra n g eh e n sw e ise e n tsp ric h t au ch d e m g e n e re lle n E in d ru ck , dass d a s M in d e rh e iten re c h t im m e r w e n ig e r als s ta tis c h e un d k la r lo k alisie rb a re „K o m p e te n z m a terie “ b e tra ch te t w erden k a n n .8 A u c h d e r K ö n ig sfra g e d e s M in d e rh e iten re c h ts - je n e n a c h d em B e g riffsg e h a lt d e r „M in d erh eit“ - w ird h ie r w e d e r geso n d ert n o c h m it N a c h d ru c k n ach g eg a n g e n . A ls M in d erh eit w ird je d e G ru p p e m itg ed a c h t, d ie d er C ap o to rti D e fin itio n g e re c h t w ird, ohne das K riteriu m d e r S taatsb ü rg ersch aft erfü lle n z u m ü sse n . D ritts ta a ts b ü rg e r w erden so m it in g le ic h e r W eise m itb erü c k sic h tig t w ie trad itio n elle M in d e rh e ite n .9 N ic h t u nw esentliches G ew icht w ird auch a u f d ie B e h an d lu n g v o n (Im )m ig ra n te n zu le g e n sein, d a d ie E u ro p ä isc h e U n io n
8 Dazu jü n g st Francesco Palermo und Jens W oelk, From M inority protection to a law o f diversity? Reflections on the evolution o f m inority rights, in European Yearboook on Minority Issues, 3(2003/4), Martinus Nijhoff, The Hague 2005, S. 5-13.
Insbesondere wird nicht gesondert au f so genannte staatslose Nationen eingegangen. Dazu existiert beträchtliche (politikwissenschaftliche) Literatur, insbesondere von M ichael Keating oder K laus-Jürgen Nagel. Vgl. z.B. Keating, European Integration and the Nationalities Question, in Politics & Society, 3(2004), S. 367-388 oder Nagel, Transcending the National / Asserting the National: How stateless nations like Scotland, Wales and Catalonia react to European Integration, in Australi an Journal o f Politics and History, 1(2004), S. S. 58-75.
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d eren Integration letzthin beachtliche B edeutung zu teil w erden lässt. W a s sehr wohl G egenstand einiger Ü berlegungen sein w ird, ist d ie Frage, w o rin sich d e r Zugang des B uroparechts z u r D efinitionsfrage vom k lassisch en V ölkerrecht u n te rsc h e id e t und a u f w e lc h er E b en e des M ehrebenensystem s ih re p rak tisc h e B eantw ortung an z u sie d eln ist.
In einem ersten Teil (B ) soll kursorisch a u f das v ö lk errechtliche Instru m en tariu m zum M in d erheitenschutz ein gegangen w erden. S chw ergew icht w ird a u f d ie europäischen R egionalschutzsystem e gelegt, da diese fü r spätere gem ein sch aftsrech tlich e Fragen, in sbesondere je n e r n ach einem „E U -S tandard“ v o n B edeutung sind. E s geht hier in erster L inie u m die U ntersuchung der Interaktionen un d der Z u sa m m e n arb e it zw ischen d e n internationalen P layern O S Z E , EU u n d E uroparat. M it d iese r Schw erpunktsetzung w ird b ereits vorw eg genom m en, d a ss d e r A utor in ein e r tim fassenden “ interorganisationeilen“ Z usam m enarbeit ein e d e r großen H erau sfo rd eru n g en für den M inderheitenschutz in E uropa sieht. D ie U ntersuchung d e r interinstitutionellen N o rm befruchtung und N orm bindung so lle n die E inbettung d er U n io n und ihrer M itg lied staaten in den völkerrechtlichen R ahm en beschreiben.
D e r zw eite Teil (C ) der A rb e it dokum entiert, w ie sich d e r M inderheitenschutz zu n ehm end als regulärer B estandteil d er E U -A u ß en p o litik etabliert hat. A ufgrund d er u nterschiedlichen U m stände u n d Im plikationen ist hierbei zw isch en d e n B eziehungen zu den B eitrittskandidaten un d anderen D rittstaaten z u unterscheiden. W ä h re n d sich im letzten F all die E U -K onditionalität a u f V o rteile au s d em jew e ilig e n b ila te ra le n V ertrag b eschränkt, steht im ersten, viel kom plexeren u n d sich ü b e r m e h re re F oren u n d Scharniere erstreckendem F all, die M itgliedschaft ein es po ten tiellen E U -M itgliedstaates a u f den Spiel. Im Z usam m en h an g m it d e r O stw erw eiterung is t in sb e so n d e re a u f die (R echts)natur des viel beschw orenen K o p en h ag en er K riterium s w ie a u f die (R ech ts)n atu r des viel b ek lag ten D oppelten S tandards einzugehen. E in e U ntersuchung d er E ffizienz btw. d er A usw irkungen d e r E U -K o n d itio n alität in d e n einzelnen B eitrittsstaaten kann hingegen nicht g eleistet w e rd e n .10 Ein d ritte r A sp e k t im R ahm en
10 Hierzu exisiert eine Fülle an Literatur. Siehe dazu beispielsweise Guido Schwellnus, Looking back at ten years o f EU minority conditionality vis-a-vis Central and Eastern European
der A u ß e n p o litik ist sc h lie ß lich d e r S tabilisierungs- un d A ssozieru n g sp ro zesses d e n S taaten a u f dem B a lk a n geg en ü b er. L etzterer fan d in d e r L ite ratu r - w as die M inderh eiten d im en sio n b e trifft - n o c h kaum B eachtung, ob w o h l e r ein e b e m erk en sw erte W e itere n tw ic k lu n g d er E U -P raxis im R ah m en der eb en erfolgten O sterw eiteru n g d a rs te llt
D ies le ite t bereits z u m d ritte n T eil (D ) über, d e r sich dem M inderh eiten sch u tz im In n en verhältnis der E U w id m et. S o m it g e h t es um d ie Frage, ob d ie eben angesprochene E n tw ick lu n g des n a c h außen g e ric h te te n K open h ag en er B eitrittskriterium s d er A chtung und d e s S chutzes v o n M in d e rh e ite n nicht reflex artig z u einer K o n stitu tio n alisieru n g u n d V erinnerlichung des M in d e rh e ite n sc h u tz e s geführt hat. U m dies b e u rte ile n zu können, ist z u e rst a u f die u m fa sse n d e G e sc h ic h te der B em ühungen z u r V eran k eru n g des M in derheitenschutzes im E U -S y ste m einzugehen. D e r h e rau srag en d en R olle des P arlam en tes ist hierbei e n tsp re ch e n d e r P la tz einzuräum en. B ereits aus p rak tisc h e r S icht ist es sc h lie ß lich u n erlässlich , d ie m o m e n ta n im V e rtra g v eran k erten R ech tsg ru n d lag en zu b e le u c h te n . D ies e rfo lg t z u m ein e n au fg ru n d e in e r A nalyse in sb e so n d e re des A rtikels 13 E G so w ie des so g e n a n n te n „diversity acquis“ - jew e ils in g eltender F assung w ie
auch in A u sfo rm u n g d u rch d e n v o rg esc h lag e n e n V erfassungsvertrag, der d en M in d erh eiten sch u tz j a e rstm a ls z u m E U -V erfassu n g sw eit adelt. Q uasi a ls K ontrapunkt z u d ie s e m n o rm a tiv e n A n sa tz w ird e b e n so z u untersu ch en sein, w e lc h e R o lle hierbei dem M in d e rh e ite n sc h u tz als Q u e rsch n ittsm ate rie d e r E U -P olitik zukom m t. B islang h a t sich d ie L iteratu r z u m M in d e rh e iten sc h u tz no ch n ich t der n e u a rtig e n Form en d e r
E uropean G overnance an g en o m m en . A u s diesem G rund ist insbesondere den
candidate states, in European Y earbook o f M inority Issues, 4(2004/5), M artinus Nijhoff, Leiden/Boston Haag 2006 (im Erscheinen); Guido Schwellnus, The Role o f Argumentative Coherence in the EU ’s Justification o f M inority Protection as a Condition for Membership, in Helene Sjursen (Hrsg.), Elargem ent and the nature o f the Euro-polity, Routledge, London 2005 (im Erscheinen); Peter Vermeersch, M inority policy in Central Europe: Exploring the impact o f the EU's enlargement strategy, in T he Global Review o f ethnopolitics, 2(2004),S. 3-19; Melanie H. Ram, Democratization through European Integration: The case o f m inority rights in the Czech Republic and Romania, in Studies in Comparative International Development, 2(2003), S. 28-56; David J. Smith, M inority rights, multiculturalism and EU enlargement: the case o f Estonia, in Journal on Ethnopolitics and M inority Issues in Europe, 1(2003); Peter Vermeersch, EU Enlargement and M inority R ights Policies in Central Europe: Explaining Policy Shifts in the Czech Republic, Hungary and Poland, in Journal on Ethnopolitics and M inority Issues in Europe, 1(2003), S. 1-32.
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M echanism en d e r O ffenen K o o rd inierungsm ethode, des M ainstream ings und d e r Folgenabschätzung gebührend B each tu n g e in zu räu m en .
D er vierte T eil (E ) sch ließ lich zeig t noch ein m al m eh r die europarechtliche A usrichtung d er vorliegenden A rbeit. T h em atisiert w ird h ier das Spannungsverhältnis zw ischen den G rundfreiheiten d e s B innenm arktes u n d d e n S onderrechten d e s nationalen M inderheitenschutzes. D ieses N ischenthem a, w elch es insbesondere im Z usam m enhang m it der Südtiroler A utonom ie bereits das In teresse d e r L iteratur erobert hat, w ird h ie r vorw iegend am B eispiel S üdtirol a b g e h an d e lt.11 F ü r die A u sw ah l dieses Studienobjektes sprechen zw ei starke A rg u m en te. Z u m einen gibt e s kaum ein Schutzsystem in E u ropa das d e ra rt stark en tw ick elt ist, und, zum anderen, liegen fü r Südtirol bereits erste ju ristisc h e E rfahrungen z u r B innenm arktverträglichkeit solcher R egelungen v o r.12 W ährend o b e n b eh au p tet w u rd e, dass die gem einschaftsrechtliche P erspektive im G egensatz z u m V ölker- u n d V erfassungsrecht einen sehr eingeschränkten, geradezu verstüm m elten R e c h tsb e stan d b ietet, so ist d ies ein B ereich, d e r Fragen aufw irft un d nach L ösungen verlangt, d ie in den beid en genannten anderen R echtskreisen so nicht existent sind. W ährend das V ö lk errech t Staaten in erster L inie d a m it konfrontiert, w a s sie fü r ih re M in d erh eiten tu n müssen oder zum indest sollten,
stellt das G em einschaftsrecht d ie Staaten v o r d ie n e u e , verunsichernde Frage, w as sie denn für ih re M inderheiten tu n dürfen, o h n e die M ob ilitätsrech te des B innenm arktes zu
verletzen. D er B eantw ortung d ie s e r Frage w id m et sic h dieser T eil. A u f e in e allgem eine B eschreibung d er Südtiroler A utonom ie w ird h ie r d e r them atischen K onzentration zuliebe verzichtet. V ielm ehr w ird der F a llstu d ie e in e kursorische E inleitung z u r P roblem atik des Spannungsverhältnisses zw isch en B innenm arkt u n d M inderheitenschutz voran- und einige eklektische S chlussfolgerungen nachgestellt.
In einem letzten T eil (F) w e rd e n , quasi a ls A u sk la n g , noch einige Ü berlegungen z u r Stellung des M inderheitenschutzes im p o stn a tio n a len System der E U sow ie z u r 11 In Teilen stützt sich dieses Kapitel auf Gabriel N. Toggenburg, Europas Integration und Südtirols Autonomie: Konfrontation - Kohabitation - Kooperation?, in Joseph M arko et al. (Hrsg.), Die Verfassung der Südtiroler Autonomie, Nomos 2005, S. 451-494.
12 Bereits zweimal hat sich der EuGH zu Aspekten des Südtiroler Systems geäußert, und zwar 1998 im der Rechtssache Bickel und Franz und 2000 in der Rechtssache Angonese.
s p e z ifis c h e n R olle d e r L e tzte re n innerhalb d e s “M inderheitenraum es E u ro p a“ angestellt. In d e r Z u sa m m e n sc h a u all d ie s e r E lem ente - so d ie H offnung d e s S chreibenden - so llte die v o rlie g e n d e S tu d ie es d e m B etrach ter erleichtern, festzustellen, w elch es d ie G e sta ltu n g ssp ie lra u m e u n d w e lc h e s die B esch rän k u n g en sind, die d ie E u ro p äisch e U n io n d e m S chutz v o n M in d e rh e iten bietet.
B. D ie Union und ihre Mitgliedstaaten im Netz des völkerrechtlichen
Minderheitenschutzes
I. Der Verpflichtungsstand der EU- Mitgliedstaaten als Teilhaber des Minderheitenschutzes der Vereinten Nationen
1. Z u r S te llu n g des M inderheitenschutzes im System der Vereinten N a tio n en
Sieht m a n sich bem üßigt, d en Schutz d e r M inderheiten im V ö lk errech t in Phasen einzuteilen, so w ird m a n jed e n falls eine w esen tlich e B ruchlinie zw ischen d er Z eit des V ö lk erb u n d es und je n e r der vereinten N atio n en (im Folgenden: V N ) feststellen m ü sse n .13 W e n n sich au ch die V ölkerbundsatzung - g an z w ie die C harter d e r V N - zum S chutz v o n M in d erh eiten ausschw ieg, so w a r die Ä ra des V ölkerbundes d o ch durch eine relative P ro m in en z d e s M inderheitenschutzgedankens geprägt. A n lässlich der P ariser F riedenskonferenz w u rd e ein N etz an M inderheitenschutzverträgen zw ischen d en A lliierten u n d A ssoziierten M ächten einerseits u n d den V orgängergebilden einiger h eu tig er E U -S taaten, n äm lich P olen, der T sch echoslow akei, R um änien, G riechenland u n d dem K ö n igreich d e r Serben, K roaten und S low enen andererseits, geschlossen. D arüber h in a u s fanden sich B estim m ungen zum S chutz von M in derheiten etw a in den F riedensverträgen m it Ö sterreich, B ulgarien, U n g arn und der T ürkei; einer R eihe b ilateraler V erträge sow ie d e n vor d em V ölkerbundrat abgegebenen einseitigen E rk läru n g en d er b altisch en S taaten, F in n lan d s o d e r A lbaniens. D ie se D ichte an M in d erh eitenschutzbestim m ungen in b ila te ra le n u n d m ultilateralen Instrum enten rech tfertig t, v o n einem ,M inderheitenschutzsystem “ d e r V ölkerbundzeit z u sprechen.14
13 Andere nehmen eine Dreiteilung vor wie etwa Capotorti, der eine erste Phase des Völkerbundes, eine zw eite Phase ,jm der the United Nations“ und eine dritte Phase neuerer
Entwicklung seit 1977 unterscheidet (er stellt dabei auf die Vorlage des ersten Vorschlages für eine Erklärung zu den Rechten der Minderheiten ab) oder aber Arnold der eine Zeit bis zum Ende des ersten Weltkrieges, der Zeit des Völkerbundes und eine letzte seit Gründung der Vereinten Nationen unterscheidet. Siehe Francesco Capotorti, Minorities, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), United Nations: Gases, Policies and Practice, Bd. 2, CH-Beck und Martinus NijhofF, Müvjen 1995, S. 892-902, 892 und Rainer Arnold, Minderheiten, a.a.O., S. 1161.
EU-RECHT UND MINDERHEITENSCHUTZ
D ie b e tre ffe n d e n N o rm en in d e n F riedens- u n d M in d e rh e iten sc h u tzv e rträ g en w aren d er d ire k ten u n d form ellen G arantie des V ö lk erb u n d es u n terste llt u n d k o n n te n nich t ohne M e h rh e it des V ölkerbundrates g eän d ert w erd en . F ü r S treitfälle w a r d e r S tändige In te rn atio n a le G erich tsh o f zuständig. Im V e rg le ic h z u diesem n o rm a tiv e n N etzw erk b e w e g t sic h d e r M in d erheitenschutz im V N -S y ste m a u f w esen tlich d ü n n e re m E is.15
N a c h d e m zw eiten W eltk rieg k a n n das M in d e rh e iten sc h u tzsy stem d e s V ö lk erbundes als a u fg e lö s t betrachtet w e rd e n .16 D as n e u e in te rn a tio n a le R e g im e im R ahm en d er V e re in ten N ationen w artet m it k ein em e ig en en „ M in d e rh eite n sc h u tz sy ste m “ auf. D ie S atzu n g d e r V N (S V N ) - d ie j a alle h e u tig e n E U M itg lie d sta a te n b in d e t - erhebt z w a r den S c h u tz u n d d ie F ö rderung d e r M e n sc h e n re c h te z u ihren p rim ä re n Z ie le n 17 18 u n d ü b e rträg t d e n V N O rganen d ie A ufgabe, M a ß n a h m e n z u deren V e rw irk lich u n g für alle M e n sc h e n u n d zw ar „without distinction as io race, sex, language, o r religion“ z u treffen - e in e ausdrückliche B e stim m u n g z u m S c h u tz vo n M in d e rh e iten feh lt je d o c h . D ieses S chw eigen m a g sich z u m einen d a d u rc h erk lä re n , dass, au fg ru n d d e r erfolgten In stru m en talisieru n g po litisch e in flu ssre ic h e r M in d e rh e ite n 19 20 (m a n d e n k e n u r an d ie R olle des D eutschen R eiches), d er M in d e rh e ite n sc h u tz nach d em z w e ite n W eltk rieg p o litisc h w en ig er salonfähig erschien. Z u m a n d e re n ü b e rzeu g te w ohl, z y n isch erw eise, das A rg u m e n t faktischer N o tw en d ig k eit w en ig er, d a große T e ile v o n V o lk sg ru p p en b e re its v ertrieb en o d e r v ernichtet w orden w aren .
D ie F euerprobe für die P o sitio n ie ru n g d e s M in d e rh e iten sc h u tze s im S y stem der V N fand b e re its im V o rla u f für d e n E rlass d e r A llg e m e in e n E rk lärung d er M en sc h e n rec h te vom 10. D ezem ber 1948 statt. N ach la n g e m h in u n d h e r w u rd e d iese r G ru n d stein des E u ro p ä isc h en M en sch enrechtsschutzes o h n e B e z u g z u der b e so n d ere n Situation d e r
Verlag, W ien 1988, S. 14.
15 Vgl. etwa Patrick Thomberry, International and European Standards on minority rights, in Hugh M iall (Hrsg.), M inority Rights in Europe, Pinter Publishers, London 1994, S. 14-21,14. 16 Als Argument hierfür werden die clausula rebus sic stantibus, die Auflösung des
Völkerbundes selbst sowie eine umfassende desuetudo angeführt. Siehe Francesco Capotorti,
M inorities, a.a.O., S. 895. 17 A rtikel 1 Ziffer 3 SVN. 18 Artikel 55 lit. c) SVN.
19 Charlotte Schoder, Vom Minderheitenschutz zum Schutz verwundbarer Gruppen, Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich 1998, S. 36.
20 Ermacora, Der Minderheitenschutz im Rahm en der Vereinten Nationen, a.a.O., S. 18.
M inderheiten beschlossen. E in e D iskussion dazu h atte es a b e r seh r w o h l gegeben.21 W äh ren d die U SA (m it A nerkennung E nglands) sich e in e m M inderheitenbezug w idersetzte, propagierte die Sow jetunion (m it U nterstützung seitens Jugoslaw iens) einen solchen. H ierbei unterstrich d ie S ow jetunion d ie B ed eu tu n g des M inderheitenschutzes auch a ls G ruppenrecht w ährend d ie V e re in ig te n Staaten au s führten, dass d e r S chutz von M inderheiten ein P ro b le m o h n e „universal significance“ sei, da es in N o rd - und S üdam erika - aufgrund d e r dort unbestrittenen
A ssim ilierungspolitik g eg enüber E inw anderern22 23 - nich t v o n R elev an z sei. M inderheitenschutz w u rd e so m it in erster L in ie als europäisches P ro b lem apostrophiert. D e r europäische B lo c k je d o c h - eingeschlossen zw isch en d iese n beiden (M acht)positionen - h a t k ein e geschlossene L inie vertreten u n d sch ein t sich in dieser F rag e auch a u f einzelstaatlicher Ebene n ic h t besonders pro filiert zu haben. Lediglich D änem ark, B elgien u n d die T ürkei hatten a u f stabiler B asis die O stblockstaaten u n terstützt. D ies allerdings vergeblich. „Considering that it is difficult to adopt a uniform solution fo r this com plex and delicate question, which has special aspects in each State fo r which it arises” w urde der M inderheitenschutz au sse n vor gelassen - auch
u m die A nnahm e d e r M enschenrechtserklärung als ganzes n ich t z u vereiteln.24 G ew isserm assen als A u sg leich z u diesem S cheitern in d e r G en eralversam m lung w urde gleich zeitig m it der E rk läru n g z u den a llg em ein en M enschenrechten d ie sogenannte
, f a t e o f M inonties“ R esolution erlassen. In dieser w ird gefordert, die M enschenrechtskom m ission m it d e r A usarbeitung e in e r S tudie des
21 Siehe im Detail zu dieser Diskussion im Zusammenhang mit der Menschenrechtsdeklaration w ie auch dem ZivÜpakt: Felix Ermacora, Der Minderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, Braumüller Verlag, Wien-Stuttgart 1964.
22 Beispielhaft in diesem Zusammenhang ein Kommentar eines brasüianischen Vertreters in der Generalversammlung: ,f>amit eine Minderheit existiert, muss eine Minderheit von Leuten ... a u f einmal in einen Staat überstellt worden sein...Deshalb können Gruppen, welche stufenweise und bedachtsam in einem Land gebildet wurden, nicht als Minderheiten betrachtet werden oder internationalen Schutz verlangenM. Äußerung im Zusammenhang mit der Diskussion um den
damals vorgeschlagenen Artikel 25 des Zivilpaktes, der von dem betreffenden Brasilianer in concretu gebilligt wurde. Siehe Doc. A/C.3/Summary Records 1103. Übersetzung bei
Ermacora, Der Minderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, a.a.O., S. 57. 23 Als die Deklaration vor der Generalversammlung verhandelt wurde, präsentierte Dänemark einen eigenen Vorschlag. Siehe dazu und zur Diskussion generell Ermacora, D er
Minderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, a.a.O., insb. S. 34-37.
24 Erster Satzteil aus den Begründungserwägungen der , f a t e o f Minorities“ - Resolution vom
„M in d e rh eite n p ro b le m s“ z u b e a u ftra g e n , J n order that the U nited Nations may be able to take effective m easures f o r the p rotection o f racial, national, religious o r linguistic
25
m inorities".
In w e ite re r F o lge w a re n e s d ie K o m m issio n f ü r M enschenrechte (im F olgenden: M R K ), d e r W irtsc h a fts- u n d S o z ialrat d e r V N (im Folgenden: W S R ) selbst sow ie d a s dritte K o m ite e der G e n e ra lv e rsa m m lu n g , w e lc h e d ie Foren für e in e gerad ezu u nendlich sch ein e n d e D ebatte z u m M in d e rh e ite n sc h u tz im R a h m e n d er V e re in ten N atio n en b o ten . Z w isc h e n 1947 u n d 1961 d isk u tie rte m a n d e ra rt in te n siv ü b er d ie Stellung, die d e m M in d erh eiten sch u tz in d e r K o n v e n tio n ü b e r d ie politischen und zivilen R ech te ein zu räu m en sei, d a ss m a n c h e v o m m e ist d isk u tie rte ste n 25 26 27, m an c h e g ar vom w ich tig sten P rinzip d e r D e b a tte u m d e n Z iv ilp a k t sprachen. S chw erpunkte d e r D iskussion b ild e te n die F ra g en , w e r d e n n ü b e rh a u p t als M in d e rh e it bezeich n et w e rd e n so llte und ob d e r S chutz s o lc h e r G ru p p e n a ls In d iv id u a l- o d e r als G ruppenrecht zu gestalten sei. In sb e so n d e re die e x p lo d ie re n d e D isk u ssio n u m die D efiiiitionsffage drohte im m e r w ie d e r je d e s F o rtk o m m e n z u v e rh in d ern . D ie (politische) U n m öglichkeit e in e r D e fin itio n des M in d erh eiten b eg rifF s w u rd e z u m A rgum ent f ü r die A nnahm e e in e r (rech tlich en ) U n m ö g lic h k e it d e r E in fü h ru n g v o n S chutzinstrum enten.28 29 E rschw erend k am h in z u , dass d ie u m fa n g - u n d z a h lreic h e n S tu d ie n und vorb ereiten d en A rbeiten z u r D e fin itio n sfra g e k a u m v o n d e n b e fa sste n O rg a n e n w echselseitig b e rü c k sich tig t w u rden. D a rü b e r h in a u s b e rü h rte (u n d b e rü h rt) der S chutz v o n M inderheiten, in sb e so n d e re w e n n er a ls G ru p p e n sch u tz verstanden w ird, n eu ra lg isc h e S o v e ran itätsb ed e n k e n d e r S ta a te n un d w a r so m it alles andere als eine Präferenz d e r
25 G A Res. 217 C (III) vom 10. D ezem ber 1948. 26 Doc. A/C.3/Summary Records 1103, S. 3
27 D oc. A/C.3/Summary Records 1104, S. 5. Die Rede ist hier vom damals vorgeschlagenen Artikel 25, dem späteren A rtikel 2 7 des Zivilpaktes.
28 D iese Unterstellung einer logischen Unmöglichkeit w ird von Ermacora als Zirkelschluss verworfen, siehe Ermacora, D e r Minderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, a.a.O., S. 99.
29 A u f all diese Bem ühungen und Studien kann hier nicht eingegangen werden. Siehe dazu a b e r ausführlich Ermacora, D er M inderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, der dort abschließend lakonisch feststellt, dass „[d]as eine Organ der Vereinten Nationen ... von der Arbeit des anderen Organes nur geringe Kenntnis“ nimmt, a.a.O., S. 103.
S taaten im M enü d e r in ternationalen A genden.30 D ies erklärt auch w arum der Schutz v o n M inderheiten im V ö lk e rre c h t letztendlich e in e vornehm lich individualrechtliche A usfo rm u n g gefu n d en hat u n d sich d ie A u ffassung verbreitete, dass der M inderheitenschutz als G ruppenschutz nicht A ufg ab e der VN, sondern d e r einzelnen S taaten sei.31
A n der B ruchstelle z w isch e n V ölkerbundzeit und d er Ä ra d er V ereinten N ationen - ein Z eitpunkt d er m it dem B e g in n der E uropäischen Integration im R ahm en der EW G zu sam m en fallt - k o m m t e s som it zum einen zu einer R ückverlagerung des M inderheitenschutzes v o m V ölkerrecht in d a s innerstaatliche R echt32 und, z u m anderen, z u einer W an d lu n g des Schutzverständnisses vom G ruppenrechtszugang der V ö lk erbundzeit hin zu einem m e h r individualrechtlichen V erständnis33.
2. Ein Organ der Vereinten Nationen fiir den Minderheitenschutz?
W as für die S ch u tzin stru m en te gilt, kann auch fü r d ie O rgane gesagt w erden: zahllose
„<charter based bodies“ 34 beschäftigen sich m it dem M enschenrechtsschutz, aber erst
se it kurzen eines au sschließlich m it Fragen d e s M inderheitenschutzes, n äm lich die 1995 gegründete A rb eitsg ru p p e für M inderheiten. D ies h e iß t natürlich nicht, d a ss die U N - O rgane ohne B ed eu tu n g fü r die M inderheiten w ären. E s ist dies lediglich der institu tio n eile A u sflu ss der o b en beschriebene G rundeinstellung; d e r Perzeption n äm lich , dass der M in d erh eiten sch u tz u n ter dem M antel des M enschenrechtsschutze
30 Auch hier fallt das Urteil Ermacoras ernüchternd aus: “ So zeigt sich, dass trotz manchen guten Willens die Befassung mit M inderheitenhagen bei den Staatenvertretem verhärtete Komplexe berührt, die w eder durch logische Argumente, noch durch freundschaftliche
Versicherungen erweicht werden können“. Darüber hinaus weist Ermacora komprimiert auf ein generelles Problem internationaler Foren hin: , 3 s wird nicht so sehr um das sachliche richtige Ergebnis gerungen wie um das für alle Staaten politisch zumutbare“. Siehe Ermacora, Der Minderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, a.a.O., S. 102.
31 Siehe Ermacora, Der M inderheitenschutz in der Arbeit der Vereinten Nationen, a.a.O., S. 101. 32 Rainer Arnold, Minderheiten, a.a.O., S. 1165.
33 Siehe z.B. Natan Lemer, Group rights and discrimination in international law, Martinus Nijhoff, Dordrecht 1991, S. 14.
34 D ie VN unterscheiden zwischen „Charter based bodies” und jrea ty based b o d i e s Während
sich erste aus der Charter oder einem Organbeschluß ergeben, fußen letztere auf einem multilateralen Vertrag außerhalb der SVN.
g e n ü g e n d e A b d eck u n g fin d et. M a n nahm sic h som it, b is z u e in e m g e w isse n A u sm aß , der M in d e rh e ite n im R a h m e n des M en sch enrechtsschutzes an. D e r G e n e ralse k re tä r d e r U N O e tw a erklärte 1992 in s e in e r Agenda f o r Peace, dass D em o k ratie „respect fo r the rights o f minorities a n d respect f o r the needs o f the m ore vulnerable groups o f society“
e rfo rd e re .35 D ie G e n e ralv e rsa m m lu n g h a t sic h a u c h nach ih re r F ate o f M inorities-
E rk la ru n g - etw a m it ih re r R e so lu tio n 4 7 /1 3 5 vom 18. D ezem b er 1992 ü b e r d ie R ech te von P e rso n e n , die n a tio n a le n o d e r eth n isch en , relig iö sen u n d sp rach lich en M in d e rh e iten a n g e h ö re n - d eu tlic h p o sitio n ie rt und d e n M in d erh eiten sch u tz n ich t n u r p o litisc h , so n d e rn auch n o rm a tiv gefordert. Ä h n lich e s lässt sic h v o m B ü ro d e s M e n sc h e n rec h tsk o m m issa rs sa g e n .36 A ls A n la u fste lle für alle B e sc h w e rd e n n ach d e n v ersc h ied e n e n M en ch e n re ch tsv erträ g e n sp ie lt a u c h e r eine in d ire k te R o lle für d e n S ch u tz v o n M in d erheiten. D e r W S R sc h lie ß lich m a g als G eb u rtsh au s e in e g e w isse B e d e u tu n g haben, d o c h a n so n ste n ist e s die M R K selbst, die d ie e ig e n tlic h e D re h sch e ib e für das M in d e rh e iten in tere sse g e w o rd e n ist.37
D e r W S R kam d e r p ro g ra m m a tisc h en S elb stb in d u n g d e r , f a t e o f M in o rities"
R e so lu tio n nach, a ls e r am 21. Ju n i 1946 g e m ä ß A rtik el 68 d e r S V N d ie M R K b ild e te , ihr d ie A ufg ab e d e s S c h u tze s v o n M in d e rh e iten übertrug u n d d ie B ild u n g e in e r g e so n d e rte n U n te rk o m m issio n fü r den M in d erh eiten sch u tz fo rd e rte .38 D ie M R K b e s te h t aus 5 3 Staaten, d a ru n te r a u c h ein e b e trä ch tlic h e A n zahl von E U -M itg lie d e m ,39 d ie sic h je w e ils im M a rz /A p ril fü r sechs W o c h en in G e n f treffen und ü b e r M e n sc h e n re c h tsa g e n d e n b e fin d e n . D em A u ftra g z u r B ildung e in e r U n te rk o m m issio n
35 Boutros Ghali, An A genda for Peace, United Nations, New York 1992, S. 46.
36 D er M enschenrechtskomm issar wurde erst am 20. Dezember 1993 durch die Resolution 48/141 der Generalversammlung geschaffen.
37 D ie Arbeit der M RK hat sich praktisch verselbständigt* und trifft auch bei den NGOs auf
weitaus größeres Interesse. D ieter Blumenwitz, Internationale Schutzmechanismen zur Durchsetzung von M inderheiten- und Volksgruppenrechten, Verlag W issenschaft und Politik, Köln 1997, S. 122.
38 G em äß Entschließung 9 (II) des W SR bekam die Menschenrechtskommission die
M öglichkeit („is empowered to establish..“), jew eils eine Unterkommission auf dem Gebiet der
Presse- und Informationsfreiheit, des M inderheitenschutzes und der Vorbeugung von Diskriminierung zu gründen.
39 A lle Staaten der EU -15 und die Hälfte der neuen EU-M itgliedstaaten waren schon M itglieder der M R K , wenn auch in ganz unterschiedlichem Ausmaß (Luxemburg 2 Jahre und
Großbritannien 52 Jahre). Siehe http://www.unhchr.ch/html/menu2/2/chrmem.htm.
für d en S ch u tz von M inderheiten w urde n u r b e d in g t entsprochen, d a e in e verbundene U nterkom m ission für die ,JPrevention o f D iscrim ination and Protection o f M inorities“
g ebildet w u rd e (U nterkom m ission für d ie V e rh ü tu n g von D isk rim in ieru n g und M inderheitenschutz, im Folgenden: U K M R ).40 1994 b etrieb die 2 6 -k ö p fig e U K M R die E in rich tu n g einer eigenen A rbeitsgruppe für M in d erh eiten - ein A n lieg e n d e m d er W SR alsbald n ach k am .41 S eit 1995 existiert som it ein V N -G rem ium , d a s sich ausschließlich m it A genden des M inderheitenschutzes besch äftig t. D er A rb e itsg ru p p e für M in d erh eiten (im Folgenden: A G M ) gehören 5 M itg lie d e r der U M R K an, u.z. eines j e U N -R egion, w obei E uropa in den G enuss z w e ier R egionen, n ä m lic h O st- und W e steu ro p a kom m t.42 Ehr w u rden drei A u fg a b e n übertragen, n äm lich , erstens, M ö glichkeiten für ein e m öglichst effiziente U m setzu n g d e r (nicht bindenden) D ek laratio n von 199243 zu fin d en , zw eitens, m ö g lich e K onfliktlösungsvorschläge in M inderheitenfragen z u prüfen u nd, drittens, w eitere M aßnahm en v o rzu sc h lag e n , die der F örderung und dem Schutz d er R echte von n atio n a le n o der ethnischen, relig iö sen und sprachlichen M inderheiten d ien en .44 Als eine so lc h e w urde etw a im R ahm en der neu n ten Sitzung der A G M M itte M ai 2003, die E rarb eitu n g eines s p e c i a l procedure mechanism “ erörtert.45 A ndere V orschläge w ied eru m zielen a u f die G rü n d u n g eines
40 Gleich in der ersten MRK-Sitzung wurde diese Unterkommission gebildet. Ihre 26 Mitglieder werden von der MRK als Privatpersonen mit ausgewiesenem Fachwissen auf Vorschlag der Mitgliedstaaten der UN gewählt. Nach Blumenwitz haben diese Personen jedoch gelegentlich „wenig oder gar keine Erfahrungen“ im einschlägigen Bereich. Eine Studie besagt dass in den
Jahren zwischen 1947 bis 1971 in Osteuropa 80%, in Lateinamerika 78%, in Afrika 45% und in W esteuropa 30% der UKMR-Mitglieder Regierungsbeamtc waren. Siehe Blumenwitz,
Internationale Schutzmechanismen, a.a.O., S. 82. Für nähere Informationen und Dokumente siehe http://www.unhchr.ch/minorities/group.htm. Vgl. auch VN, Minorities and the UN: the UN W orking Group on Minorities, Pamphlet N r 2 der U N Guide for M inorities, online unter http://www.unhchr.ch/html/menu6/2/minorities/pam2.doc.
Mit der W SR Entscheidung 1999/256 vom 27. Juli 1999 w urde der Name der Unterkommission in yJSubcommission on the Promotion and Protection o f Human Rights” geändert.
41 Siehe Resolution Nr. 1994/4 der UMRK vom 19. A ugust 1994 und Resolution Nr. 1995/31 des WSR vom 25. Juli 1995.
42 Diese Zusammensetzung nach den Regionen Afrika (M itglied AGM: Ms Zerrougui), Asien (Mitglied AGM: Mr. Sorabajee), Osteuropa (Mitglied AGM : Mr. Kaitashkin), Lateinamerika (Mitglied AGM: Mr. Bengoa) und Westeuropa (Mitglied AGM : Mr. Eide) gilt auch für die drei anderen Arbeitsgruppen der UKMR, nämlich jene für m oderne Formen der Sklaverei,
Eingeborene Volker und Mitteilungen.
43 Resolution 47/135 vom 18. Dezember 1992 über die R echte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen M inderheiten angehören.
44 So der Auftrag der MRK; siehe deren Resolution Nr. 1995/24, Paragraph 9. 45 Siehe letzten Satz der “annotations to theprovisional agenda“ vom 25. März 2003
S p e z ia lb erich te rstatters der M R K o d e r ein es G eneralsekretärs, d e r au sschließlich fü r M in d e rh e iten frag e n z u stä n d ig w äre. A u c h die S ch affu n g e in e r M e n sc h e n rec h tsk o n v en tio n w ird d isk u tiert.46 B e i aller B each tlich k eit, dass m it d e r A G M e in eigenes M in d e rh e iten o rg a n im V N -G e fü g e g eschaffen w u rd e , d a rf n ic h t v e rg e s s e n w erden, d a ss die A G M k e in e rle i Ü b e rw ach u n g sv erfah ren e ta b lie rt und a u c h n ic h t f ü r die k o n k rete V e rfo lg u n g v o n M in d e rh e iten b e sc h w e rd en z u stä n d ig ist. D a s V e rd ie n s t d er A G M liegt in se in e r O ffen h e it fü r d ie B eteiligung se ite n s der N G O s im R a h m e n m ü n d lich er un d s c h riftlic h e r S te llu n g a h m e n sow ie N etzw erk b ild u n g en im U m fe ld d er A G M 47. So w u rd e die A G M den n a u c h von A sb jö m E id e als „■ongoing w orkshop exploring ways to p ro m o te constructive group accom odation based on th e D eclaration, and in creating aw areness o f problem atic situations“ Um rissen.48
L e tz te E ntw ick lu n g en b ra c h te n im S o m m e r 2 0 0 5 die E tablierung d e r Figur ein e s
„U n ited N ations Independent E xpert on M inority I s s u e s D ie ser einstw eilen für z w e i
Ja h re ern a n n te E x p e rte soll sic h fü r d ie U m s e tz u n g d e r M in d erh eiten erk läru n g von 1992 e in s e tz e n und d a b e i m it a n d eren re le v a n te n U N -O rganen a b e r auch N G O s Z usam m en arb eiten .49
3. E in UN-Verfahren zum Schutz von M inderheiten?
W ä h re n d die A rb e it der M R K sich z u B e g in n a u f d ie D iskussion u n d E rarbeitung v o n S ta n d a rd s zu b e sch rä n k e n s c h ie n u n d ih r j e d e K o m p e te n z J o take any action in reg a rd to a n y com plaints concerning hum an rights“ abgesprochen w u rd e,50 zeigte d a s
(E/CN.4/Sub.2/AC.5/2003/l /Add. 1).
46 S iehe etwa die Einleitung der 9. Sitzung der WGM durch Asbjöm Eide, Reflections on the present and future role o f the U nited Nations W orking Group on Minorities, 12. Mai 2003, online zugänglich unter http://www.unhchr.ch/minorities/statements/eide.doc.
47 V gl. dazu auch VN, M inorities and the UN : the UN W orking Group on Minorities, a.a.O.. 48 E id e , Reflections on the present and future role o f the United Nations W orking Group on M inorities, a.a.O., S. 2.
49 S ieh e die M enschenrechtsresolution 2005/79 R ig h ts o f persons belonging to national or ethnic, religious and linguistic minorities“ angenom m en auf der 60. Sitzung der MRK am 21.
A pril 2005. Anfang August 2005 wurde G ay M cDougal (US) zum ersten UN- M inderheitenexperten ernannt.
50 S ieh e WSR Resolution 75(V) von 1947 und die Entscheidung der M RK in ihrer ersten Sitzung 1947.
S üdafrika-P roblem erstm als dringenden H a n d lu n g sb ed arf auf.51 S eit 1970 erm öglicht das so g e n a n n te 1503-V erfah ren es, der U M R K u n d in w eiterer F olge d e r M R K in einem n ich t öffentlichen V e rfa h re n B eschw erden v o n E inzelpersonen o der G ruppen zu untersuchen, d ie „ a consistent p a tte m o f gross and reliably attested violations o f human
rights“ b etreffen . A u ch E U -S taaten w aren schon G egenstand eines solchen
V erfah ren s.53 B esch w erd eb efu g t sind E inzelpersonen aber au ch Personengruppen.54 L etztendlich fristet d er M in d erh eiten sch u tz jed o c h im R ahm en dieses allgem einen B erich tsy stem s ein S chattendasein. V on gew isser B edeutung für den M inderheitenschutz ist w e ite rs d ie E ntw icklung der so genannten s p e c ia l proceduresM,
die die B eauftragung d er E x p e rte n m it spezifischen B eobachtungsaufgaben erlaubt.55 B esonders d ie E ntsendung v o n S p e c ia l rapporteurs" in Staaten, die sich durch eine
M in derheitenproblem atik au szeich n en , k a n n hier interessant sein.56 EU -M itgliedstaaten w aren schon Z iel von B e su c h e n im R ahm en von „thematic m andates‘*57 nicht aber im
C D R ahm en v o n „country m andates“ .
51 Bereits 1967 erließ der W SR a u f Antrag der M RK die Resolution 1236 (XLII) welche die Untersuchung von massenhaften Menschenrechtsverletzungen erlaubt.
52 UN Doc. E/Res/1503 (XLVHI), 31. Siehe auch die neue Resolution des WSR Nr. 2000/3 vom 16. Juni 2000.
53 So wurden etwa Deutschland (1994) und England (1974/5) untersucht. Von den neuen Mitgliedsstaaten wurden untersucht: Tschechische Republik (1997), Estland (1994 und 1997), Lettland (1995, 1997 und 2000) sowie Slowenien (1995/6). Angaben der website der MRK ('http://www.unhcr.ch).
54 Über die Zulässigkeit entscheidet eine kleine Arbeitsgruppe (so genannte „working group on Communications“). Vergleiche dazu die UMRK Resolution N r XXIV vom 13. August 1971.
Nur ein Prozent der eingereichten Fälle erreicht überhaupt die Unterkommisson. Siehe Blumenwitz, Internationale Schutzmechanismen, a.a.O., S. 84.
55 Manche der über zwei Dutzend ¿hematíe mandates** sind auch von Interesse für
M inderheiten wie der „Special rapporteur on the human rights o f migrants“ (Mandat von 1999) oder jener zu “Contemporary form s o f racism, racial discrimination, xenophobia and related intolerance“ (Mandat von 1993). Siehe zum jeweiligen Satnd online unter
http://www,unhchr.ch/html/menu2/7/b/tm.htm. Zur Stellung und Aufgabe der Experten siehe VN, Seventeen frequently asked questions about the United Nationas special rapporteurs, UN fact sheet Series no. 27, New York 2001. Online zugänglich unter
http://www.unhchr.ch/pdf/factsheet27.pdf.
56 Siehe Blumenwitz, Internationale Schutzmechanismen, a.a.O., S. 84.
57 Etwa Deutschland, Belgien, Tschechien, Irland, Niederlande und das Vereinigte Königreich. 58 Betreffend der Länder-Mandate ist jenes für Bosnien-Herzogowina und Ex Jugoslawien von Europäischer Relevanz. W eitere M andate existieren für Afghanistan, Burundi, Kambodscha, Kongo, Haiti, Irak, Liberia, M yanmar, Besetzte Palästinensische Gebiete, Sudan. Siehe jeweiligen Stand und Informationen online unter
A u c h außerhalb d e r M R K gibt es keine sp e zie lle n Ü b e rw ach u n g sm ech an ism en im B e re ic h des M inderheitenschutzes, w as sich b e re its aus d e r A b w e se n h e it ein es s p e z ifisc h e n V ertrag sin stru m en ts ergibt. A llerd in g s sind je n e B e ric h ts- u n d B esc h w e rd ev e rfa h ren v o n Interesse, die in an d e re n m u ltilateralen M e c h a n ism e n u n d G e b ild e n vorgesehen sin d . In diesem Sinne s in d d er In te rn a tio n a le n P akt fü r B ü rg e rlic h e und P o litisc h e R ech te, die In tern atio n al L ab o u r O rg a n isa tio n , d ie U N E S C O o d e r a u c h die K o n v e n tio n z u r V erhinderung a lle r F o rm e n d e r R a sse n d isk rim in ie ru n g v o n In te re sse für d e n S c h u tz v o n M inderheiten.
4. D e r M inderheitenschutz im Rahmen des IPBPR
D e r In tern atio n ale P a k t f ü r P olitische un d B ü rg e rlich e R echte w ird m itu n te r als „m ost im portant human rights treaty in the 'w orld1, g eh an d elt, der d ie „lion ’s share o f U N ju risp ru d en ce“ im B e re ic h d e r M enschenrechte h erv o rg eb rach t h at.59 D e r P akt w u rd e
1966 v o n der G en eralv ersam m lu n g angenom m en u n d trat nach d e r R a tifiz ie ru n g d u rc h 35 S ta a te n 1976 in K raft. A lle E U M itgliedstaaten s in d V ertrag sp arteien .60
In stitu tio n e ll e ta b lie rt A rtik e l 28 des P a k tes ein ,fJu m a n R ights Com mittee“
(M en sc h e n re c h tsa u ssch u ss, im Folgenden M R A ). L e tzte re r b e ste h t a u s 18 M itg lied er, die S ta atsa n g eh ö rig e d er V ertrag sp arteien sein m ü ss e n und v o n e in e r V e rsam m lu n g a lle r V e rtra g sp arteie n für 4 Ja h re gew ählt w e rd e n .61 B ei d ieser B e ste llu n g ist a u f e in e a u sg e w o g e n e V erteilu n g b e z ü g lic h „different fo r m s o f civilisation a n d o f the prin cip le leg a l system s'1 W ert z u le g e n .62 N ichtsdestotrotz m a g m an in d er Z u sam m en setzu n g e in
59 Sarah Joseph et al. (Hrsg.), The international Covenant on Civil and Political Rights, Oxford U niversity Press, Oxford 2000, S. 4 und 28.
60 D ie alten EU M itgliedstaaten haben den IPBPR mehrheitlich in den siebziger und frühen achtziger Jahren ratifiziert. Etw as später haben lediglich Irland (8. Dezember 1989) und
Griechenland (5. Mai 1995) ratifiziert. Die neuen M itgliedstaaten haben entweder in den frühen neunziger Jahren (Malta, Slowenien, Baltische Staaten sow ie Tschechien und Slowakei) oder bereits in den 70er Jahren (Bulgarien, Ungarn, Polen, Rum änien) ratifiziert. A u f die Sonderrolle Fram kreichs wird noch verwiesen.
61 D ie M itglieder dienen gemäß Artikel 28 par. 3 IPBPR „in theirpesonal capacityil und sind
somit nicht Regierungsvertreter. D er MRA gilt als weniger politisch beeinflusst als die MRK. So Joseph et al., The international Covenant, a.a.O., S. 10.
62 A rt. 31 Abs. 2 IPBPR.