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Lungenoperationen, Bronchoskopie, Tracheaoperationen 12

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Academic year: 2021

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(1)

Lungenoperationen, Bronchoskopie, Tracheaoperationen

12.1 Spezielle präoperative Einschätzung – 333 12.1.1 Klinische Vorgeschichte – 333

12.1.2 Körperliche Untersuchung – 333 12.1.3 Laboruntersuchungen – 334 12.1.4 Elektrokardiogramm – 334 12.1.5 Thoraxröntgenbilder – 334 12.1.6 Lungenfunktionsprüfungen – 334 12.1.7 Schweregrade der COPD – 339

12.2 Präoperative Vorbereitung – 340

12.2.1 Präoperative Maßnahmen bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen – 340

12.2.2 Chronisches Cor pulmonale – 341

12.3 Prämedikation – 345

12.4 Auswahl des Narkoseverfahrens – 345 12.4.1 Thorakale Periduralanästhesie – 346

12.5 Intraoperative Überwachung – 346

12.6 Atemfunktion in Seitenlage und bei offenem Thorax – 347 12.6.1 Aufrechte Position – 347

12.6.2 Rückenlage – 347 12.6.3 Seitenlage – 347

12.6.4 Seitenlage des anästhesierten Patienten – 348 12.6.5 Offener Thorax in Seitenlage – 348

12.7 Ein-Lungen-Ventilation – 349

12.7.1 Pathophysiologie der Ein-Lungen-Anästhesie – 349

(2)

12.8 Apnoische Oxygenierung – 361

12.9 Spezielle Anästhesie – 361 12.9.1 Mediastinoskopie – 361 12.9.2 Bronchoskopie – 362

12.9.3 Lobektomie und Pneumektomie – 366 12.9.4 Massive Lungenblutung – 368

12.9.5 Riesenbullae und Luftzysten – 368 12.9.6 Lungenvolumenreduktion – 368 12.9.7 Bronchopleurale Fistel – 371

12.9.8 Einseitige Lungenspülung (Lavage) – 371 12.9.9 Lungentransplantation – 371

12.9.10 Trachearesektion und -rekonstruktion – 376 12.9.11 Thymektomie bei Myasthenia gravis – 377 12.9.12 Pulmonale Thromben darteriektomie (PTE) – 379 12.9.13 Akute Lungenembolie – 382

12.10 Postoperative Behandlung – 382 12.10.1 Bedrohliche Früh komplikationen – 382 12.10.2 Postoperative Beatmung – 383 12.10.3 Postoperative Atemtherapie – 384 12.10.4 Postoperative Schmerz behandlung – 384

Literatur – 387

(3)

In diesem Kapitel wird das anästhesiologische Vorgehen bei nichtkardialen Thoraxoperationen beschrieben. Im Mittelpunkt stehen hierbei die spezifi schen Besonderheiten der Thoraxchirurgie, insbesondere die Atemphysiologie der Seitenlage mit offenem Thorax sowie die Pathophysiologie und Technik der Ein-Lungen-Ventilation.

12.1 Spezielle präoperative Einschätzung

Die spezielle Einschätzung richtet sich v. a. auf die Atem- und Herz-Kreislauf-Funktion.

12.1.1 Klinische Vorgeschichte

Zunächst wird der Patient nach den Zeichen und Symptomen respiratorischer und kardialer Er- krankungen sowie dem Grad der körperlichen Be- lastbarkeit befragt.

Die wichtigsten Zeichen respiratorischer Er- krankungen sind:

5 Husten,

5 abnorme Sekretproduktion, 5 Dyspnoe,

5 Giemen bzw. Bronchospasmus, 5 Thoraxschmerzen,

5 Hämoptoe.

Husten und abnorme Sputumproduktion. Husten ist ein unspezifi sches Zeichen, das auch bei extra- thorakalen Erkrankungen auftreten kann. Im All- gemeinen weist Husten auf gesteigerte bronchia- le Reizbarkeit, vermehrte Bronchialsekretion oder verminderten Sekrettransport hin. Es sollte ge- zielt nach Beginn sowie Dauer und Schwere des Hustens gefragt werden. Die Sputumproduktion ist ebenfalls wichtig: Menge, Farbe, Konsistenz 5 Zähes gelbes oder grünes (v. a. übelriechen-

des) Sputum ist Zeichen einer Infektion.

5 Ständig wiederkehrender produktiver Husten an den meisten Tagen für mindestens 3 Mona- te eines Jahres über mindestens 2 Jahre ist meist durch eine chronische Bronchitis be- dingt.

Dyspnoe ist ein subjektives Zeichen, das grob mit dem Schweregrad der Erkrankung korreliert, je- doch durch psychologische Faktoren stark beein- fl usst werden kann. Dyspnoe tritt bei Herzerkran- kungen sowie bei obstruktiven und restriktiven Lungenerkrankungen auf. Gefragt werden sollte nach Dauer, Schweregrad (Belastbarkeit), jahres- zeitlichen Veränderungen und auslösenden Fak- toren der Dyspnoe.

! Schwere Belastungsdyspnoe weist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der pulmonalen Reserve hin (FEV

1

< 1500 ml).

Giemen und Asthma. Hiernach muss immer ge- zielt gefragt werden, ebenso nach Allergien. Atem- wegsobstruktion erhöht das Narkoserisiko. Rau- chen prädisponiert zu postoperativen pulmona- len Komplikationen. Wieviel Zigaretten pro Tag?

Seit wann? Wurde seit Beginn der Erkrankung we- niger geraucht? Je mehr Zigaretten und je länger die Raucheranamnese, desto größer das Risiko chronischer und maligner Lungenerkrankungen.

12.1.2 Körperliche Untersuchung

Durch die narkosebezogene spezielle körperliche Untersuchung sollen eine Obstruktion der Atem- wege sowie eine Herzinsuffi zienz festgestellt wer- den.

Atmung

Bei der Untersuchung sollte v. a. auf folgendes ge- achtet werden:

5 Zyanose.

5 Atemfrequenz und Atemmuster.

5 Wird die Atemhilfsmuskulatur eingesetzt 5 Ist die Exspirationszeit verlängert? Spitzt der

Patient beim Ausatmen die Lippen

5 Welche Befunde ergeben Palpation, Perkussi- on und Auskultation des Thorax

5 Besteht insbesondere ein Bronchospasmus

Herz-Kreislauf-Funktion

Bei chronischen Lungenerkrankungen muss ge- zielt nach den Zeichen der Rechtsherzinsuffi zienz und pulmonalen Hypertonie gesucht werden:

12.1 · Spezielle präoperative Einschätzung

(4)

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5 rechts parasternales Heben, 5 periphere Ödeme,

5 Hepatomegalie,

5 erweiterte Jugularvenen, 5 hepatojugulärer Refl ux, 5 gespaltener 2. Herzton,

5 verstärkte Pulmonalkomponente des 2. Herz- tons,

5 Galopprhythmus links parasternal, der bei In- spiration verstärkt wird.

12.1.3 Laboruntersuchungen

Für Thorakotomien werden die Standardlabor- werte für große Eingriffe bestimmt ( 7 Kap. 5 ). Be- sondere Aufmerksamkeit verdienen ein hoher Hä- matokritwert (bei normaler Hydrierung) und ein erhöhter p

a

CO

2

.

12.1.4 Elektrokardiogramm

Das Elektrokardiogramm ist essenzieller Bestand- teil der präoperativen Diagnostik; auch hier wird wieder gezielt nach den Zeichen der Rechtsherz- belastung gesucht.

Pulmonale Hypertonie manifestiert sich im EKG als vermehrte Rechtsherzbelastung:

5 P-pulmonale: P-Welle > 2,5 mm hoch, 5 Rechtsverlagerung der Herzachse, 5 rechtsventrikuläre Hypertrophie,

5 kompletter oder inkompletter Rechtsschen- kelblock.

12.1.5 Thoraxröntgenbilder

Bei allen Patienten wird ein a.p.-Röntgenbild und eine seitliche Aufnahme des Thorax angefer- tigt. Der Anästhesist sollte v. a. auf folgendes ach- ten:

5 Deviation der Trachea: Intubationsschwierig- keiten? Atemstörungen

5 Atelektasen, Ödem: Störungen des pulmona- len Gasaustausches

5 Bullöse Zysten: Rupturgefahr, Kompression benachbarten Gewebes.

5 Abszesse: Gefahr der Ausbreitung zur gesun- den Lunge.

Allerdings muss beachtet werden: Bei rund 10 % al- ler Patienten mit wesentlicher chronisch-obstruk- tiver Lungenerkrankung ist das Thoraxröntgen- bild unauffällig. Meist bestehen jedoch folgen- de röntgenologischen Zeichen der chronisch-ob- struktiven Lungenerkrankung (COPD):

5 abgefl achte Zwerchfelle, 5 schlankes Herz,

5 verminderte Lungengefäßzeichnung, 5 vergrößertes Pulmonalsegment, 5 vermehrte Gefäßzeichnung an der Basis

(chronische Bronchitis), 5 Bullae,

5 lateral: vergrößerter retrosternaler Luftraum;

Winkel zwischen Zwerchfell und Sternum über 90°.

12.1.6 Lungenfunktionsprüfungen

Bei Patienten mit obstruktiven oder restriktiven Lungenerkrankungen ist das Operationsrisiko, ab- hängig vom Schweregrad der Erkrankung, erhöht.

Präoperative Lungenfunktionsprüfungen dienen der Einschätzung der respiratorischen Funktions- störung und des operativen Risikos.

Während der Pneumologe eine Vielzahl von Tests anwenden kann, um die Lungenfunktion zu untersuchen, sind für thoraxchirurgische Belan- ge v. a. die Ergebnisse der Spirometrie von Bedeu- tung.

Lungenvolumina und Spirometrie

Die Spirometrie misst das Volumen, das von ei- nem Patienten innerhalb einer bestimmten Zeit ein- oder ausgeatmet werden kann. Das Verfahren ist einfach und genau und liefert zumeist für den Anästhesisten hinreichende klinische Informatio- nen. Vor allem kann das Ausmaß einer obstruk- tiven Lungenerkrankung relativ genau festgestellt und quantifi ziert werden.

Die Lungenvolumina ( . Abb. 12-1 ) hängen von

der Compliance der Lunge und des Thorax sowie

der auf sie einwirkenden Kräfte ab. Folgende Vo-

lumina werden unterschieden:

(5)

Totalkapazität (TLC). Dies ist das gesamte Luftvo- lumen, das sich nach einer maximalen Inspirati- on in der Lunge befi ndet. Die Totalkapazität setzt sich aus 2 großen Teilvolumina zusammen: Der Vi- talkapazität und dem Residualvolumen, ihre Grö- ße beträgt etwa 6100 ml. Bei Patienten mit Lungen- emphysem ist die TLC erhöht, bei Lungenfi brose oder Kyphoskoliose erniedrigt. Da die TLC von der Stärke der Inspirationsmuskulatur abhängt, kann beim geschwächten Patienten die TLC erniedrigt sein, obwohl Lunge und Thoraxwand normal sind.

Residualvolumen (RV). Dies ist das Luftvolumen, das auch nach einer maximalen Exspiration noch in der Lunge zurückbleibt; es beträgt etwa 1600 ml und kann nicht spirometrisch bestimmt werden.

Das Residualvolumen macht etwa 26 % der Total- kapazität aus. Bei jüngeren Patienten hängt das Residualvolumen v. a. von der Kraft der Exspirati- onsmuskulatur ab. Bei Patienten mit obstruktiver Lungenerkrankung ist das Residualvolumen er- höht, weil während der Exspiration ein Verschluss der kleinen Atemwege auftritt, sodass die Luft nicht vollständig ausgeatmet werden kann. Die- ser Mechanismus wird als »air-trapping« (»trap«

= Falle) bezeichnet. Die meisten Patienten versu- chen, das »air-trapping« durch Spitzen der Lippen bei der Exspiration des exspiratorischen Wider- stands durch Stenosebildung zu mindern.

Vitalkapazität (VC). Dies ist die Differenz zwi- schen Totalkapazität und Residualvolumen, d. h.

die Luftmenge, die nach einer maximalen Inspi- ration maximal ausgeatmet werden kann. Sie be- trägt etwa 4500 ml. Unterschieden werden die in- spiratorische Vitalkapazität, d. h. das nach maxi- maler Ausatmung eingeatmete Volumen, und die exspiratorische Vitalkapazität, das nach maxima- ler Einatmung ausgeatmete Volumen.

Weiterhin gehören zur Vitalkapazität folgende Untervolumina:

5 Atemzugvolumen (AV; Tidalvolumen, TV):

Luftvolumen, das mit jedem Atemzug ein- und ausgeatmet wird,

5 Inspiratorisches Reservevolumen (IRV): Luft- volumen, das nach einer normalen Inspira- tion zusätzlich maximal eingeatmet werden kann,

5 Exspiratorisches Reservevolumen (ERV):

Luftvolumen, das nach einer normalen Exspi- ration zusätzlich maximal ausgeatmet werden kann.

Die Vitalkapazität hängt stark vom Lebensalter und Körperbau ab, die Reversevolumina auch von der Körperstellung. Das exspiratorische Reserve- volumen ist im Liegen um ca. 20 % niedriger als im Sitzen, das inspiratorische Reservevolumen hingegen im Liegen meist etwas größer als im Sit- zen. Wegen der starken Schwankungen werden die Reservevolumina meist nicht für die klinische Be- urteilung herangezogen.

Die Vitalkapazität kann durch intrapulmona- le Erkrankungen und durch extrapulmonale Stö-

. Abb. 12-1. Statische Lungenvolumi- na. TLC totale Lungenkapazität (TLC = VC + RV), VC Vitalkapazität, IVC inspiratori- sche Vitalkapazität (IVC = AV + IRV), RV Residualvolumen, FRC funktionelle Residualkapazität (FRC = RV + ERV), IRV inspiratorisches Reservevolumen, AV Atemzugvolumen, ERV exspirato- risches Reservevolumen. (Mod. nach Matthys)

12.1 · Spezielle präoperative Einschätzung

(6)

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rungen pathologisch erniedrigt sein. Als Hinweis auf eine ernste Funktionsstörung gilt eine repro- duzierbare Abnahme der Vitalkapazität um 25 %.

Unter den pulmonalen Erkrankungen führt be- sonders die fortgeschrittene Lungenfi brose zu ei- ner Abnahme der Vitalkapazität, unter den extra- pulmonalen Störungen die Behinderung der Tho- raxbeweglichkeit, z. B. durch Thoraxtrauma, De- formitäten, Schmerzen im Bereich von Abdomen und/oder Thorax, weiterhin die Einschränkung der Zwerchfellbeweglichkeit (z. B. durch Aszites) und die Behinderung der Lungenausdehnung (z. B. durch Pleuraerguss, Pleuraverschwartun- gen). Nimmt die Totalkapazität ab oder das Resi- dualvolumen zu (z. B. beim »air-trapping«), wird die Vitalkapazität vermindert.

Funktionelle Residualkapazität (FRC). Dies ist das endexspiratorische Lungenvolumen in Ruhe, d. h.

die Summe von Residualvolumen und exspirato- rischem Reservevolumen (exspiratorisches Reser- vevolumen = Luftvolumen, das nach einer norma- len Exspiration noch zusätzlich ausgeatmet wer- den kann). Die Größe beträgt etwa 2300 ml; sie hängt nicht von der Muskelaktivität ab, sondern vom Gleichgewicht zwischen elastischer Retrakti- onskraft der Lunge und der entgegengerichteten Retraktionskraft der Thoraxwand.

Die funktionelle Residualkapazität kann als Puffer angesehen werden, der zu starke Schwan- kungen der alveolären und arteriellen O

2

- und CO

2

-Partialdrücke während des Atemzyklus ver- hindert und einen eher gleichmäßigen Gasaus- tausch gewährleistet. Eine Zunahme der funktio- nellen Residualkapazität auf > 50 % des Sollwerts weist auf eine Einschränkung der Ventilationsres- erve hin: Die inspiratorischen Reserven sind be- grenzt, die exspiratorischen Reserven wegen des Anstiegs der Strömungswiderstände in den Atem- wegen nur beschränkt verfügbar. Bei chronisch- obstruktiven Lungenerkrankungen ist die FRC er- höht, nach Lungenresektionen und bei Lungenfi b- rose vermindert.

Klinisch von Bedeutung sind v. a. die dynami- schen Lungenvolumina ( . Abb. 12-2 ), d. h. die Vo- lumina, für deren Messung der zeitliche Ablauf ent scheidend ist bzw. deren Größe von der Atem- stromstärke abhängt; denn der exspiratorische

Atemstrom wird hauptsächlich vom Atemwegswi- derstand und der Compliance des Lungenparen- chyms bestimmt. Die wichtigsten Größen sind die forcierte exspiratorische Vitalkapazität (FVC) und die exspiratorische Einsekundenkapazität (FEV

1

).

Forcierte exspiratorische Vitalkapazität (FVC). Die forcierte exspiratorische Vitalkapazität ist das aus maximaler Inspirationslage rasch und vollstän- dig ausgeatmete Volumen. Beim Gesunden er- reicht die FVC nach 4 s ein Plateau, bei Obstrukti- on mit »air-trapping« wird hingegen kein Plateau erreicht. Ein terminaler Anstieg der registrierten Kurve beweist eine Atemwegsobstruktion. Eine verminderte Vitalkapazität kann durch eine rest- riktive Lungenerkrankung bedingt sein.

Klinische Bedeutung. Die forcierte exspirato- rische Vitalkapazität hängt von der Kraft der In- spirationsmuskulatur sowie von der elastischen Retraktionskraft der Lunge und vom Ausmaß der obstruktiven Lungenerkrankung ab. Für die post-

. Abb. 12-2. Dynamische Lungenvolumina. FEV

1

/IVC for-

ciertes Exspirationsvolumen in der 1. Sekunde/inspiratorische

Vitalkapazität = Tiffeneau-Index, FVC forcierte exspiratorische

Vitalkapazität, MVV Atemgrenzwert (»maximal voluntary ven-

tilation«). (Mod. nach Matthys)

(7)

operative Phase ist wichtig, dass für einen wirksa- men Hustenstoß die Vitalkapazität des Patienten mindestens das Dreifache des Atemzugvolumens (Normalwert ca. 7 ml/kgKG) betragen muss.

! Liegt die Vitalkapazität präoperativ unter 50 % des Sollwerts bzw. unter 1,75–2 l, muss bei über 30 % der Patienten mit einer postoperativen Ateminsuffi zienz gerechnet werden.

Exspiratorische Einsekundenkapazität (FEV 1 )

Die exspiratorische Einsekundenkapazität ist das innerhalb der ersten Sekunde rasch unter größter Anstrengung ausgeatmete Volumen; es wird meist in Prozent der forcierten exspiratorischen Vital- kapazität angegeben: Forciertes Exspirationsvo- lumen der 1. Sekunde/FVC bzw. FEV

1 %

= relative Einsekundenkapazität. Die Einheit von FEV

1

ist hingegen 1. Gesunde junge Männer können 77–

85 % ihrer Vitalkapazität innerhalb der ersten Se- kunde ausatmen, das restliche Volumen inner- halb der nächsten beiden Sekunden. Hingegen at- men Patienten mit deutlicher Atemwegsobstruk- tion wesentlich weniger Volumen in der ersten Sekunde aus und benötigen auch erheblich län- gere Zeit, um die gesamte Vitalkapazität auszu- atmen: Die Einsekundenkapazität (in % der ver- fügbaren Vitalkapazität) ist vermindert. Bei rest- riktiven Ventilationsstörungen mit verminderter Vitalkapazität und normalem bronchialem Strö- mungswiderstand nimmt die absolute Einsekun- denkapazität, wie die Vitalkapazität, ab, die re- lative Einsekundenkapazität bleibt hingegen im Normbereich.

Zu beachten ist, dass beim Tiffeneau-Test für den forcierten Exspirationsstoß hohe intratho- rakale Drücke aufgebracht werden müssen (ca.

60 cm H

2

O), durch die wiederum der Durchmes- ser der Bronchien abnimmt und der Strömungs- widerstand ansteigt. Dieser Effekt ist beim älte- ren Menschen wegen des physiologischen Elas- tizitätsverlusts der Lunge ausgeprägter als beim jüngeren. Bei zahlreichen älteren Patienten tritt während des Tiffeneau-Tests ein Bronchiolenkol- laps mit Abnahme der Einsekundenkapazität auf, selbst wenn unter normaler Atmung in Ruhe und bei Belastung keine Ventilationsstörung besteht.

Die derzeit gebräuchlichen Spirometer bzw.

Spirographen für klinische Routineuntersuchun- gen ermöglichen die Ableitung weiterer Mess- größen aus der forcierten Exspirationskurve, z. B.

Dreisekundenkapazität und maximale exspirato- rische Strömung. Zusätzliche oder bessere Infor- mationen sind jedoch hiermit nicht zu erlangen.

Klinische Bedeutung. Die Einsekundenkapazi- tät weist direkt auf den Schweregrad der Obstruk- tion hin. Als signifi kant gelten Änderungen von

> 10 % bei Gesunden und von > 15 % bei Patien- ten mit obstruktiven Lungenerkrankungen. Aller- dings gibt es keine absoluten Grenzwerte, bei de- nen nicht thorakotomiert werden darf.

5 Als sehr kritisch gelten FEV

1

-Werte unter 800 ml bzw. unter 35 % der forcierten Vitalka- pazität.

5 FEV

1

-Werte dürfen jedoch nicht als einziges Kriterium für die Operabilität herangezogen werden, weil sie nicht ausreichend spezifi sch oder empfi ndlich sind.

Maximale exspiratorische Fluss-Volumen-Kurve.

Bei diesem Verfahren wird das forcierte Exspiro- gramm als maximale Fluss-Volumen-Kurve auf- gezeichnet. Aus der Kurve lassen sich bestimmte momentane Flusswerte ermitteln:

Maximaler exspiratorischer Spitzenfl uss (»peak expiratory fl ow«, PEF) ist die höchste Flussgeschwindigkeit, die für mindestens 10 ms aufrechterhalten wird. Der Spitzenfl uss hängt von zahlreichen Faktoren ab, v. a. jedoch vom Ausmaß der Atemwegsobstruktion und von der Mitarbeit des Patienten. Bei Patienten mit abnormem Spit- zenfl uss sollen vermehrt respiratorische Kompli- kationen in der postoperativen Phase auftreten.

Daneben werden noch die maximalen exspi- ratorischen Flüsse nach 25, 50 und 75 % der aus- geatmeten forcierten Vitalkapazität bestimmt (MEF 25, 50, 75). Die MEF 75 ist ein empfi ndlicher Indikator für einen Querschnittsverlust der peri- pheren Atemwege; bei Rauchern nimmt zunächst die MEF 25 ab. Für klinische Belange sind diese Werte insgesamt ohne wesentliche Bedeutung.

Atemgrenzwert. Der Atemgrenzwert (MVV) ist

das Atemminutenvolumen bei maximaler will-

kürlicher Hyperventilation. Dieser Wert wird vom

12.1 · Spezielle präoperative Einschätzung

(8)

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Gesunden selbst bei schwerster körperlicher Ar- beit nicht erreicht. Damit handelt es sich um ei- ne theoretische Größe. Die diagnostische Aussage ist begrenzt, da der Atemgrenzwert nur Verände- rungen der Vitalkapazität und der Einsekunden- kapazität widerspiegelt. Nur grobe Abweichungen vom Sollwert können zur Beurteilung herangezo- gen werden.

Bronchodilatatoren

Weisen die spirometrischen Untersuchungen auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin, werden sie nach Gabe von Bronchodilatatoren wiederholt, um die pharmakologische Reversibilität zu über- prüfen. Allgemein gilt eine Verbesserung spiro- metrischer Funktionsgrößen um 15 % als eine sig- nifi kante Reaktion auf Bronchodilatatoren. Es hat sich jedoch gezeigt, dass v. a. die FEV

1

(Einsekun- denkapazität) und die FVC (forcierte Vitalkapazi- tät) als empfi ndlicher Indikator für eine Reakti- on auf Bronchodilatatoren herangezogen werden können.

Die Messungen der FEV

1

werden vor und 15 min nach Inhalation eines kurz wirkenden β

2

-Sympa- thomimetikum (z. B. 0,2 mg Salbutamol oder 0,2 mg Fenoterol oder 0,5 mg Terbutalin) durchgeführt bzw. vor und 30 min nach Inhalation eines Anti- cholinergikums (z. B. 80 µg Ipatropiumbromid). Ei- ne Zunahme der FEV

1

um mehr als 200 ml und um mindestens 15 % des Ausgangswert gilt als signifi - kante Reaktion.

Pulmonaler Gasaustausch

Arterieller pO

2

. Er hängt vom inspiratorischen pO

2

, dem gemischt-venösen pO

2

sowie dem Belüf- tungs-Durchblutungs-Verhältnis in der Lunge ab.

Der gemischt-venöse pO

2

hängt von der O

2

-Auf- nahme der Gewebe, vom Herzzeitvolumen sowie vom arteriellen O

2

-Gehalt und der O

2

-Bindungs- kurve ab.

Das Belüftungs-Durchblutungs-Verhältnis er - gibt sich daraus, wie alveoläre Ventilation und Lun genkapillardurchblutung aufeinander abge- stimmt sind. Hiernach gibt es Alveolarbezirke, de- ren Belüftung (V ·

) genau auf die Kapillardurch- blutung (Q ·

) abgestimmt ist (V · /Q ·

= 1), außerdem Alveolen, die zwar durchblutet, aber nicht belüf- tet sind (intrapulmonaler Shunt: V ·

/Q ·

= 0), sowie

Alveolen, die im Vergleich zur Durchblutung min- derbelüftet sind, und Alveolen, die belüftet, aber nicht durchblutet sind.

Der arterielle pO

2

nimmt mit zunehmendem Alter ab. Beim 70jährigen kann ein p

a

O

2

von etwa 65 mmHg als unterer Normalwert angesehen wer- den. Bei Lungenerkrankungen führen v. a. folgen- de Faktoren zur Hypoxie:

5 intrapulmonaler Rechts-links-Shunt, 5 Störungen des Belüftungs-Durchblutungs-

Verhältnisses, 5 Hypoventilation,

5 Diffusionsstörungen (in Ruhe vernachlässig- bar).

Klinische Bedeutung. Ein intrapulmonaler Rechts- links-Shunt spricht nur wenig oder gar nicht auf eine Erhöhung der inspiratorischen O

2

-Konzent- ration an, während bei Verteilungs- und Diffusi- onsstörungen der p

a

O

2

bei erhöhter O

2

-Zufuhr ansteigt.

Die Hypoxie bei chronisch-obstruktiven Lun- generkrankungen (p

a

O

2

< 60 mmHG oder < 8kPa bei Atmung von Raumluft) beruht auf Störungen des Belüftungs-Durchblutungs-Verhältnisses. Sie führt zu einem Anstieg des Lungengefäßwider- stands mit vermehrter Rechtsherzbelastung, schließ lich zum Cor pulmonale.

! Beim Cor pulmonale ist die Lebenserwartung des Patienten mit chronisch-obstruktiver Lun- generkrankung erheblich herabgesetzt.

Präoperativ in Ruhe bestimmte p

a

O

2

-Werte erlau- ben keine eindeutigen Aussagen über den posto- perativen Verlauf nach thoraxchirurgischen Ein- griffen.

Arterieller pCO

2

. Er hängt von der CO

2

-Produkti-

on der Gewebe und von der alveolären Ventilation

ab; die alveoläre Ventilation wiederum wird durch

das Atemminutenvolumen und die Totraumven-

tilation und damit durch das Verhältnis zwischen

Belüftung und Durchblutung bestimmt: Nimmt

die Kapillardurchblutung stärker ab als die Belüf-

tung, steigt der Totraumanteil an. Wird hierbei die

Atmung nicht gesteigert, entsteht eine Hyperkap-

nie mit respiratorischer Azidose.

(9)

Klinische Bedeutung. Das Atemminutenvolu- men hängt von der Atemarbeit ab und kann daher nicht unbegrenzt gesteigert werden. Die Atemar- beit wiederum wird von der Compliance der Lun- ge und dem Atemwegswiderstand sowie von der Tiefe und Frequenz der Atemzüge bestimmt.

5 Patienten mit restriktiven Lungenerkrankun- gen atmen schnell mit kleinen Atemzugvolu- mina, denn bei ihnen ist v. a. die Compliance der Lunge herabgesetzt.

5 Patienten mit chronisch-obstruktiven Lun- generkrankungen atmen langsam und tief, denn bei diesen Erkrankungen steht der er- höhte Atemwegswiderstand ganz im Vor- dergrund. Allerdings können diese Patien- ten nicht mehr als rund 55 % der maximalen Atemarbeit für längere Zeit aufrechterhalten.

Muss dieser Wert überschritten werden, um das anfallende CO

2

auszuscheiden, tritt eine Ermüdung der Atemmuskulatur ein, evtl. ge- folgt von muskulärer Ateminsuffi zienz mit Anstieg des p

a

CO

2

(Hyperkapnie) und respi- ratorischer Azidose.

Die chronische Hyperkapnie führt zu einer verminderten Empfi ndlichkeit der medul- lären CO

2

-Rezeptoren, sodass der Ateman- trieb auf CO

2

-Erhöhung herabgesetzt ist. Au- ßerdem tritt eine metabolische Kompensati- on der respiratorischen Azidose ein: Die Nie- ren retinieren vermehrt Bikarbonat, sodass höhere p

a

CO

2

-Werte von diesen Patienten to- leriert werden.

! Hyperkapnie (p

a

CO

2

> 45 mmHg bei Atmung von Raumluft) ist ein wesentlicher Risikofaktor für thoraxchirurgische Eingriffe, v. a. wenn ein Teil des Atemapparats entfernt wird.

Pulmonalarteriendruck

Die präoperative Messung des Pulmonalarterien- drucks erlaubt Aussagen über zu erwartende kar- diale Funktionsstörungen, nicht jedoch über post- operative Lungenfunktionsstörungen.

Die Messung kann bei ausgedehnten Lappen- resektionen oder Pneumektomien durchgeführt werden. Hierzu wird die Pulmonalarterie der er- krankten Lunge mit einem Ballon vorübergehend verschlossen, sodass auf diese Weise die nach der

Pneumektomie zu erwartenden Lungenarterien- drücke simuliert werden.

! Steigt der mittlere Pulmonalarteriendruck pro- ximal der Okklusion auf über 40 mmHg an oder tritt eine Hypoxie auf, wird eine Pneumektomie voraussichtlich nicht toleriert.

Der Druck sollte auch unter Belastung gemessen werden, damit die spätere Belastbarkeit des Pati- enten eingeschätzt werden kann. Aller Voraussicht nach führt eine Verminderung des pulmonalen Gefäßbettes um mehr als 50–60 % zu einer pul- monalen Hypertonie in Ruhe.

12.1.7 Schweregrade der COPD

Für die Behandlung von Patienten mit COPD ist die Schweregradeinteilung von praktischem Nut- zen. Für die Schweregradeinteilung gelten die Mess werte der FEV

1

nach Bronchodilatation.

Schweregradeinteilung der COPD (nach der Leitlinie Deutsche Atemwegsliga;

S = Sollwert):

5 0 (Risikogruppe):

– normale Spirometrie, – chronischer Husten, Auswurf.

5 I Leicht:

– FEV

1

> 80 % S, FEV

1

/VC < 70 %, – mit oder ohne Husten, Auswurf.

5 II mittel:

– FEV

1

< 80 % S, FEV

1

/VC < 70 %, – mit/ohne Husten, Auswurf, Dyspnoe.

5 III schwer:

– FEV

1

< 30 % S, FEV

1

/VC < 70 % oder – FEV

1

< 50 % S und respiratorische Insuffi -

zienz oder Zeichen der Rechtsherzinsuf- fi zienz.

12.1 · Spezielle präoperative Einschätzung

(10)

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12.2 Präoperative Vorbereitung

Bei thoraxchirurgischen Eingriffen ist das Risi- ko postoperativer Komplikationen erhöht; insbe- sondere sind die Patienten durch respiratorische Störungen wie Atelektasen, Pneumonie und Bron- chospasmus gefährdet. Die Häufi gkeit postopera- tiver respiratorischer Komplikationen hängt ganz wesentlich vom Schweregrad vorbestehender Lun- genfunktionsstörungen ab: Je schwerer die präo- perative Lungenfunktionsstörung, desto größer das Risiko postoperativer pulmonaler Komplika- tionen. Bei chronischer Lungenerkrankung ist die Häufi gkeit solcher Komplikationen um etwa das 20fache erhöht.

! Nach übereinstimmender Auffassung kann durch prophylaktische präoperative Maß- nahmen die Häufi gkeit der postoperativen pulmonalen Morbidität und Mortalität gesenkt werden.

Abhängig von der Dringlichkeit des thoraxchir- urgischen Eingriffs muss die präoperative Vorbe- reitung darauf ausgerichtet sein, akute Infektio- nen zu beseitigen und die chronische Lungener- krankung optimal medizinisch zu behandeln. Die wichtigsten Maßnahmen fi nden sich in der fol- genden Zusammenstellung.

12.2.1 Präoperative Maßnahmen bei chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen

5 Rauchen einstellen,

5 akute pulmonale Infekte antibiotisch behan- deln,

5 Bronchospasmus beseitigen, Sekretolyse, 5 Atemübungen,

5 physikalische Atemtherapie, 5 O

2

-Therapie,

5 Behandlung des Cor pulmonale.

Rauchen einstellen. Zigarettenrauchen erhöht das Risiko postoperativer pulmonaler Komplikatio- nen um das 6fache. Die messbaren Veränderun- gen des Atemwegswiderstands stehen in direkter

Beziehung zu Dauer und Menge des Zigaretten- rauchens. Betroffen sind zunächst v. a. die kleinen Atemwege unter 3 mm Durchmesser (Spasmus, Kollaps), später auch die größeren Luftwege (Hy- persekretion, Sekretretention).

Einstellen des Rauchens 2 Tage vor der Opera- tion senkt den Carboxyhämoglobinspiegel erheb- lich, während Verbesserungen des Sekrettrans- ports und der Atemwegsfunktion erst Wochen nach Einstellen des Rauchens zu erwarten sind.

Dennoch wird allen Rauchern, die sich einem tho- raxchirurgischen Eingriff unterziehen, empfoh- len, das Rauchen präoperativ aufzugeben.

Allerdings sollte der Anästhesist sich keinen Illusionen hingeben: Nur etwa 10–50 % der Pati- enten werden auf seinen Rat hören.

Pulmonale Infekte behandeln. Bei akuten respira- torischen Infekten wird der Wahleingriff verscho- ben, bis die Erkrankung abgeklungen ist. Die anti- biotische Therapie erfolgt gezielt anhand des An- tibiogramms.

Akuter Bronchospasmus. Ein akuter Asthmaan- fall geht mit Bronchokonstriktion, Sekretretenti- on und Bronchialschleimhautödem einher. We- gen des bedrohlichen Charakters muss der An- fall vor dem thoraxchirurgischen Eingriff behan- delt werden: Bronchodilatatoren (kurz wirken- de β

2

-Sympathomimetika) per Inhalation, Mo- bilisierung von Sekreten und Kortikosteroide.

Ein leichter akuter Bronchospasmus beeinfl usst den Atemwegswiderstand meist nur in geringem Maße.

Chronisches Giemen. Bei chronisch-obstruktiven

Lungenerkrankungen besteht häufi g eine als Gie-

men hörbare Behinderung des Gasstroms, die prä-

operativ pharmakologisch behandelt werden soll-

te. Die Behandlung besteht gewöhnlich aus einer

Kombination von pharmakologischen und physi-

kalischen Maßnahmen: Bronchodilatatoren (lang

wirkende β

2

-Sympathomimetika per Inhalation,

Anticholinergika, Theophyllin), Glukokortikoide,

Sekretolytika, Antitussiva, Anfeuchten der Atem-

luft, Mobilisierung der Sekrete durch Hydrierung,

Abklopfen des Thorax und Lagerungsdrainagen

sowie Hustenübungen. Die Wirksamkeit der in-

(11)

termittierenden Atemtherapie mit einem Respira- tor wird bestritten.

Sauerstofftherapie ist indiziert bei akuter re- spiratorischer Insuffi zienz des chronisch-obstruk- tiv Lungenkranken. Die O

2

-Konzentration muss so niedrig wie möglich gewählt werden; meist rei- chen 24–35 % Sauerstoff über eine O

2

-Maske. Im Stadium der Dekompensation darf nicht elektiv operiert werden.

12.2.2 Chronisches Cor pulmonale

Das Cor pulmonale ist gekennzeichnet durch ei- ne Hypertrophie des rechten Ventrikels, bedingt durch eine Erkrankung der Lunge einschließlich ihrer Gefäße mit Anstieg des Lungengefäßwider- stands. Zu den Grunderkrankungen gehören:

5 obstruktive oder restriktive Lungenerkran- kungen,

5 Obstruktion der Lungengefäße, 5 alveoläre Hypoxie,

5 chronische Höhenexposition, 5 Schlafapnoesyndrom,

5 neuromuskuläre Erkrankungen.

Klassifi kation der pulmonalen Hypertonie (WHO-Konferenz 1998):

1 Pulmonalarterielle Hypertonie:

1.1 primäre pulmonale Hypertonie, a. sporadisch,

b. familiär, 1.2 asoziiert mit,

a. Kollagenosen,

b. angeborenen systemisch-pulmona- len Shunts,

c. portaler Hypertonie, d. HIV-Infektionen,

e. Medikamente und Toxinen, f. persistierender pulmonaler Hyper-

tonie des Neugeborenen, g. sonstige Formen.

2 Pulmonalvenöse Hypertonie:

2.1 Erkrankungen des linken Vorhofs oder linken Ventrikels,

6

2.2 Klappenerkrankungen des linken Ven- trikels,

2.3 Kompression der zentralen Lungenve- nen von außen,

2.4 pulmonale venookklusive Erkrankun- gen,

2.5 andere.

3 Pulmonale Hypertonie bei respiratori- schen Erkrankungen und/oder Hypoxä- mie:

3.1 COPD,

3.2 interstielle Lungenerkrankungen, 3.3 schlafbezogene Atemstörungen, 3.4 alveoläre Hypoventilation, 3.5 chronische Höhenexposition, 3.6 angeborene Lungenerkrankungen, 3.7 alveolokapilläre Dysplasie, 3.8 andere.

4 Pulmonale Hypertonie durch chronische thrombotische oder embolische Erkran- kungen:

4.1 thromboembolischer Verschluss pro- ximaler Pulmonalarterien,

4.2 Obstruktion peripherer Pulmonalarte- rien,

a. Lungenembolien, b. In-situ-Thrombosen, c. Sichelzellerkrankung.

5 Pulmonale Hypertonie durch Erkrankun- gen mit Beteiligung der Lungengefäße:

5.1 entzündlich, a. Schistosomiasis, b. Sarkoidose, c. andere,

5.2 pulmonalkapilläre Hämangiomatose.

Häufi gste Ursache des Cor pulmonale ist die chro- nisch-obstruktive Bronchitis, die meist mit einem obstruktiven Lungenemphysem einhergeht. Die pulmonale Hypertonie entsteht hierbei v. a. durch peribronchiale und perivasale Entzündungen und durch die hypoxische pulmonale Vasokonstrikti- on, weniger durch anatomische Faktoren wie Ver- minderungen der Kapillarfl äche.

12.2 · Präoperative Vorbereitung

(12)

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Schweregrade

Der Schweregrad der pulmonalen Hypertonie lässt sich mit Hilfe eines Pulmonaliskatheters be- stimmen.

Schweregrade der pulmonalen Hyper- tonie (PAP = mittlerer Pulmonalarterien- druck, RAP = rechter Vorhofdruck):

5 Latente Hypertonie: PAP:

– in Ruhe: < 20 mmHg,

– bei Belastung 50 W: > 28 mmHg.

5 Manifeste Hypertonie: PAP:

– in Ruhe > 20 mmHg.

5 Latente Rechtsherzinsuffi zienz: RAP – in Ruhe < 8 mmHg,

– bei Belastung > 9 mmHg.

5 Manifeste Herzinsuffi zienz: RAP:

– in Ruhe > 9 mmHg.

Der mittlere Pulmonalarteriendruck (mPAP) ist für die Prognose des Cor pulmonale von Bedeutung:

5 mPAP > 30 mmHg: Fünfjahresüberlebensrate ca. 30 %.

5 mPAP > 50 mmHg: Fünfjahresüberlebensrate ca. 10 %.

5 Nach erster RV-Dekompensation: Zweijahres- überlebensrate 33 %.

Die respiratorische Globalinsuffi zienz ist ebenfalls ein ungünstiger prognostischer Parameter.

Rechter Ventrikel

Die erhöhte Nachlast für den rechten Ventrikel bewirkt eine progrediente Hypertrophie und Di- latation. Anfangs kann das Schlagvolumen noch durch eine vermehrte Ventrikelfüllung gesteigert werden, später nimmt jedoch die Kontraktions- kraft ab. So weisen etwa 65 % der Patienten mit schwerer COPD (FEV

1

< 30 %) eine RV-EF von we- niger als 45 % auf, während der linke Ventrikel nur in geringem Maß betroffen ist.

Klinik und Diagnostik

Zu den Zeichen und Symptomen der pulmonalen Hypertonie gehören:

5 Dyspnoe (bei 80 % der Patienten), 5 Schwäche,

5 belastungsabhängige Synkopen oder Schwin- del, bedingt durch fi xierte RV-EF,

5 Sinustachykardie, 5 leichte Zyanose, 5 thorakale Schmerzen,

5 Zeichen der Rechtsherzinsuffi zienz bei de- kompensiertem Cor pulmonale, Aszites, 5 Heiserkeit durch Kompression des linken

N. recurrens durch die vergrößerte Pulmonal- arterie,

5 Husten und Hämoptysen.

Klinische Schweregrade der pulmonalen Hypertonie

5 NYHA I:

keine Symptome unter Alltagsbelastung.

5 NYHA II:

Normaler körperliche Aktivität führt zu Dyspnoe oder Müdigkeit, thorakalen Schmerzen oder Schwächeanfällen.

5 NYHA III:

Leichte Belastungen führen zu den oben genannten Symptomen.

5 NYHA IV:

Zeichen der manifesten Herzinsuffi zienz;

Dyspnoe kann bereits in Ruhe vorhan- den sein.

EKG. Im EKG bestehen vorwiegend die Zeichen der Rechtsherzhypertrophie; sie sind allerdings bei gleichzeitiger Linksherzhypertrophie nicht er- kennbar. Ein Cor pulmonale durch chronisch-ob- struktive Bronchitis kann nur bei 50–60 % der Pa- tienten elektrokardiographisch hinreichend ge- nau diagnostiziert werden. Bei latenter oder nur gering ausgeprägter pulmonaler Hypertonie muss mit einer hohen Zahl falsch-negativer und falsch- positiver Befunde gerechnet werden.

Thoraxröntgenbild. Zeichen häufi g erst bei fortge-

schrittener Erkrankung: prominenter Pulmona-

lisbogen, erweiterte zentrale Lungenarterien, Ka-

libersprünge zu den engen peripheren Lungenar-

terien, helle Lunge durch fehlende oder stark ver-

minderte Lungengefäßzeichnung in der Periphe-

rie, ausgefüllter Retrosternalraum.

(13)

Echokardiographie. Wichtigstes primäres, nicht- invasives diagnostisches Verfahren. Cor pulmona- le chronicum: Hypertrophie der RV-Wand > 5 mm;

das Volumen des RV erscheint im Vergleich zur Masse relativ vermindert, die Form des rechten Ventrikels konzentrisch-oval (sog. Linksventriku- lisation; teilweise paradoxe Septumbewegungen.

Rechtsherzkatheter. Diagnostisches Standardver- fahren bei pulmonaler Hypertonie. Registrierung der Druckwerte im RA, RV, PA und in Wedgeposi- tion. Bei erhöhtem PCWP Linksherzkatheter zum Ausschluss einer LV-Herzerkrankung. Überprü- fung möglicher Therapieoptionen auf Wirksam- keit.

Therapeutische Maßnahmen

Im Mittelpunkt steht die Behandlung der Grund- krankheit, v. a. durch Medikamente, ergänzt durch Atem- und Krankengymnastik, O

2

-Langzeitthe- rapie, körperliche Schonung, richtige Ernährung und rechtzeitige Antibiotikatherapie pulmonaler Infekte.

Antikoagulation. Bei rezidivierenden Lungenem- bolien ist eine prophylaktische Antikoagulation erforderlich. Hierdurch wird die Fünfjahresüber- lebensrate erhöht. Angestrebt wird eine INR von 2,5–3,5. Für die Reduktion von Mikrothromben wird eine niedrig dosierte Antikoagulation auch bei anderen Formen der pulmonalen Hypertonie empfohlen; die INR sollte in diesen Fällen 2,0–2,5 betragen.

O

2

-Langzeittherapie. Hypoxämie führt zur Vaso- konstriktion und O

2

-Mangel der Gewebe. Durch Dauerzufuhr von Sauerstoff können diese Effek- te beseitigt werden. Nachfolgend nehmen auch pulmonaler Gefäßwiderstand, Pulmonalarterien- druck und die RV-Funktionsstörung ab; die Über- lebensrate wird verbessert.

Indikationen und Voraussetzungen zur O

2

-Dauertherapie:

5 chronische Hypoxämie (p

a

O

2

< 65 mmHg unter Ruhebedingungen),

6

5 nächtliche Hypoxämien mit Abfall der O

2

- Sättigung auf < 90 %,

5 bleibende Anhebung des p

a

O

2

um min- destens 5 mmHg durch O

2

-Gabe, 5 kein bedrohlicher CO

2

-Anstieg unter O

2

-

Gabe,

5 Gewährleistung einer mindestens 16stün- digen O

2

-Anwendung

Diuretika. Sie werden bei Dekompensation mit Flüssigkeitsretention zugeführt, um durch Steige- rung der Diurese eine Volumenentlastung zu er- reichen. Hierbei muss eine Dehydratation wegen der Gefahr des RV-Vorwärtsversagens und eine Lungenembolie strikt vermieden werden. Die pul- monale Hypertonie wird durch Diuretika nicht di- rekt beeinfl usst.

Digitalis. Bei kompensiertem chronischen Cor pulmonale ist Digitalis nicht indiziert, sondern erst, wenn eine Rechtsherzinsuffi zienz auftritt.

Die Wirkung ist aber sehr variabel. Praktisch gilt:

Ohne sichere Hinweise auf eine Herzinsuffi zienz sollten lungenchirurgische Patienten nicht digita- lisiert werden! Soll der Patient präoperativ digita- lisiert werden, ist zu beachten:

! Hypoxie, respiratorische Azidose und diure- tikainduzierte Störungen des Serumkaliums erhöhen das Risiko einer Digitalisintoxikation mit Herzrhythmusstörungen.

Bei digitalisierten Patienten sollte die Zufuhr von Digitalis möglichst 48 h vor der Operation unter- brochen werden, um die Gefahr einer Digitalisin- toxikation zu vermindern und das differenzialdi- agnostische und therapeutische Vorgehen bei pe- rioperativen Herzrhythmusstörungen zu erleich- tern.

Kalziumantagonisten. Bei positiver Testung (s. un-

ten) sind Kalziumantagonisten indiziert. Durch

hochdosierte Zufuhr kann die Fünfjahresüberle-

bensrate von Respondern erhöht werden. Gefähr-

lich sind allerdings die systemischen Nebenwir-

kungen wie Blutdruckabfall, refl ektorische Tachy-

12.2 · Präoperative Vorbereitung

(14)

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kardie und negativ-inotrope Wirkung. Sie können zum Abbruch der Therapie führen.

Stickstoffmonoxid. NO ist ein potenter pulmona- ler Vasodilatator. Bei normalen Lungengefäßen ist dieser Effekt nicht nachweisbar, hingegen wird bei chronischer pulmonaler Hypertonie der pul- monale Gefäßwiderstand gesenkt, wenn die Ge- fäßobstruktion teilweise durch eine reversible To- nuszunahme der glatten Gefäßmuskulatur her- vorgerufen wird (allerdings 30 % Nonresponder).

Durch Inhalation von NO beschränkt sich die va- sodilatierende Wirkung auf die Pulmonalgefä- ße; die Halbwertszeit beträgt 5–10 s, die Dosis 5–

80 ppm. Die Therapie mit NO ist technisch sehr aufwändig, scheint aber wirksamer zu sein als die O

2

-Gabe. Die Zufuhr von NO während der Rechts- herzkatheteruntersuchung wird als Test für eine mögliche Wirksamkeit von Kalziumantagonisten herangezogen. Alternativ kann für den Test auch Adenosin eingesetzt werden.

Prostazyklin. Die Inhalation des Prostazyklina- nalogons Iloprost ist indiziert bei Respondern im NYHA-Stadium III oder IV, wenn die zentralve- nöse O

2

-Sättigung weniger als 60 % und der Herz- index weniger als 2,1 l/min/m

2

beträgt. Hierdurch können die Belastbarkeit des Patienten (Gehstre- cke), die Hämodynamik und die Überlebenszeit verbessert werden. Die Tagesdosen betragen 50–

150 µg. Auch durch Beroprost per Inhalation kann die 6-min-Gehstrecke signifi kant verbessert wer- den, ebenso durch kontinuierliche subkutane Zu- fuhr von Trepostinil.

Endothelinrezeptorantagonisten. Von diesen Sub- stanzen ist Bosentan für die Behandlung der pul- monalen Hypertonie zugelassen. Durch orale Ein- nahme von Bosentan kann die 6-min-Gehstrecke signifi kant verbessert werden. Lebertoxische Wir- kungen sind allerdings möglich, daher sollte die Substanz nicht bei Patienten mit Lebererkrankun- gen eingesetzt werden.

Phosphodiesterasehemmer. Sildenafi l blockiert spezifi sch die Phosphodiesterase 5 und dilatiert die Pulmonalgefäße. Durch Kombination mit Ilo-

prost kann der pulmonale Gefäßwiderstand signi- fi kant gesenkt werden.

Atriale Septostomie. Bei Patienten mit schwe- rer Rechtsherzinsuffi zienz und Volumenüberlas- tung des rechten Ventrikels kann mit einem Ka- theter palliativ ein Shunt auf Vorhofebene herge- stellt werden. Hierdurch wird der rechte Ventrikel druckentlastet und der linke Ventrikel besser ge- füllt. Komplikationen: Abfall der arteriellen O

2

- Sättigung, Lungenödem durch LV-Volumenüber- lastung.

Lungentransplantation. Bei Patienten unter 55 Jah- ren im Stadium NYHA III–IV und mit einem Her- zindex von < 2 l/min/m

2

kann eine Lungentrans- plantation erwogen werden. Für die Überbrü- ckung der Wartezeit wird versuchsweise die Be- handlung mit Prostazyklin empfohlen. Die Ein- jahresüberlebensrate nach Transplantation wird mit 60–80 % angegeben.

Hämodilution. Bei Hämatokritwerten von ca. 60 % kann eine isovolämische Hämodilution durchge- führt werden; die Entnahmemenge sollte hierbei 500 ml nicht überschreiten; bei der Langzeitthera- pie werden keine normalen Hämatokritwerte an- gestrebt.

Atem- und Krankengymnastik. Bei kompensier- ten Patienten sollte ein Atemtraining, v. a. mit ak- tiven Atemtechniken, die nicht schmerzhaft oder anstrengend sind, durchgeführt werden. Hinge- gen sollte im Stadium der Dekompensation über- wiegend Bettruhe (unter Antikoagulanzienthera- pie) eingehalten und eine belastende Physiothera- pie vermieden werden.

Körperliches Training. Körperliche Belastung ist

nur begrenzt möglich und sinnvoll, z. B. Wandern

in mäßigem Tempo, Radfahren mit geringerer Ge-

schwindigkeit (ca. 15 km/h), Schwimmen in tem-

periertem Wasser. Stärkere Belastungen müssen

hingegen vermieden werden, z. B. starke plötzliche

Anstrengungen, statische Belastungen, körperli-

che Aktivität in Höhen von > 2000 m, körperliche

Betätigung bei Kälte, Nässe oder Zugluft.

(15)

Richtige Ernährung. Reduktion von Übergewicht kann zur Besserung der Blutgaswerte führen. Bei pulmonaler Kachexie (Emphysemtyp »pink puf- fer«) kann versucht werden, die Produktion von CO

2

durch eine kohlenhydratarme Ernährung mit größerem Fettanteil zu vermindern.

12.3 Prämedikation

Der wünschenswerte Grad der präoperativen Se- dierung muss jeweils individuell ermittelt werden;

hierbei müssen der Schweregrad der vorbestehen- den Lungenerkrankung und die Art des geplanten Eingriffs besonders berücksichtigt werden.

Grundsätze für die Prämedikation:

5 Patienten mit guter Lungenfunktion kön- nen zumeist in üblicher Weise prämedi- ziert werden.

5 Langwirkende Sedativa sollten vermieden werden, wenn der Eingriff kurz ist und der Patient postoperativ frühzeitig mobilisiert werden soll.

5 Patienten mit arterieller Hypoxie (p

a

O

2

< 75 mmHg) und Hyperkapnie (p

a

CO

2

> 45 mmHg) bei Raumluftatmung dürfen keine atemdepressiv wirkenden Prämedi- kationssubstanzen erhalten. Es ist ratsam, eher auf jegliche Prämedikation zu ver- zichten, als das Risiko der Hypoventilation noch weiter zu erhöhen.

5 Anticholinergika wie Atropin werden bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung nicht routinemäßig zugeführt, um eine Sekreteindickung zu verhindern.

12.4 Auswahl des Narkoseverfahrens

Narkoseverfahren der Wahl für thoraxchirurgi- sche Eingriffe ist die Allgemeinnarkose mit kon- trollierter Beatmung. Aus folgenden Gründen wird nicht selten eine Narkose mit volatilen Anäs-

thetika, ergänzt durch Opioide, einer TIVA vorge- zogen:

5 Inhalationsanästhetika vermindern den Bronchomotorentonus und wirken auf diese Weise bronchodilatierend. Der zugrunde lie- gende Mechanismus ist nicht geklärt; disku- tiert wird eine direkte Wirkung auf die Bron- chialmuskulatur.

5 Inhalationsanästhetika dämpfen die durch di- rekte chirurgische Stimulation ausgelösten Atemwegsrefl exe.

5 Inhalationsanästhetika ermöglichen die Zu- fuhr hoher O

2

-Konzentration während kriti- scher Operationsphasen ohne Abfl achung der Narkosetiefe.

5 Inhalationsanästhetika werden rasch ausge- schieden, sodass bei elektiven Thoraxeingrif- fen der Patient kurz nach der Operation extu- biert werden kann, während bei balancierter Anästhesie mit Opioiden häufi g eine Nachbe- atmung erforderlich ist.

Durch Kombination von Remifentanil mit einem volatilen Anästhetikum in hypnotisch wirksamer Konzentration kann jedoch in der Regel ebenfalls eine gute kardiovaskuläre Refl exdämpfung bei maximaler Analgesie erreicht werden.

Sind Inhalationsanästhetika nicht indiziert, kann primär eine TIVA durchgeführt werden, z. B.

die Kombination von Remifentanil mit Propofol.

Remifentanil, wie auch Fentanyl, bewirkt im Ge- gensatz zu Morphin (Histaminfreisetzung!), keine Bronchokonstriktion. Für die Narkoseeinleitung können die gebräuchlichen i. v.-Anästhetika ver- wendet werden. Besteht eine Hyperreaktivität des Bronchialsystems bzw. ein Bronchospasmus, soll- ten Substanzen eingesetzt werden, die keinen Ein- fl uss auf den Bronchomotorentonus haben (z. B.

Etomidat oder Propofol) oder bronchodilatierend wirken (z. B. Ketamin). Vor der endotrachealen In- tubation können 1–2 mg/kgKG Lidocain i. v. inji- ziert werden, um einen Refl exbronchospasmus zu verhindern.

Muskelrelaxanzien beeinfl ussen ebenfalls

nicht den Bronchomotorentonus, sofern sie kein

Histamin freisetzen, und können daher bei Pati-

enten mit erhöhtem Atemwegswiderstand, nach

Bedarf, eingesetzt werden. Für die endotrachea-

12.4 · Auswahl des Narkoseverfahrens

(16)

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le Intubation kann Succinylcholin verwendet wer- den. Bei der Antagonisierung von nichtdepolari- sierenden Muskelrelaxanzien muss beachtet wer- den, dass die Cholinesterasehemmer, wie z. B. Ne- ostigmin , zur Bronchokonstriktion führen!

12.4.1 Thorakale Periduralanästhesie

Laterale Thorakotomien sind in der Regel sehr schmerzhafte Eingriffe, die eine effektive Analge- sie erfordern, v. a. in der frühen postoperativen Phase. Hierfür ist die thorakale Periduralanalge- sie in besonderer Weise geeignet. Sofern keine Kontraindikationen bestehen, kann der Peridural- katheter bereits am Vortag einge führt werden.

Möglich ist auch die Kombination der Allgemein- anästhesie mit einer intraoperativen Peridurala- nalgesie, wenngleich durch die Sympathikusblo- ckade die Hämodynamik und auch die hypoxi- sche pulmonale Vasokonstriktion beeinträchtigt werden kann. Möglicherweise kann aber durch die PDA die postoperative Morbidität, insbeson- dere das Risiko respiratorischer Komplikationen, günstig beeinfl usst werden; ein wesentlicher Ef- fekt auf die perioperative Letalität konnte hinge- gen bisher nicht nachgewiesen werden.

Praxis: thorakale Periduralanästhesie bei Thorakotomien:

7 Erforderliche Analgesieausbreitung:

Th2–Th8.

7 Punktionsorte: Th2–Th8 bzw. der am einfachsten und damit gefahrlosesten zu punktierende Zwischenraum. Leitlinie:

Unterrand Scapula = Th 7.

7 Punktionstechnik: Widerstandverlust, me- dianer oder paramedianer (oft einfacher) Zugang; hängender Tropfen nicht immer zuverlässig.

7 Vorschieben des Katheters nach kranial, maximal 4 cm.

7 Lokalanästhetikadosierung: ca. 0,5–0,8 ml/

Segment, z. B. Bupivacain 0,25 %; wenn motorische Blockade gewünscht auch

6

0,5 %, bei Bedarf kombiniert mit Fentanyl (50–100 µg) oder Sufentanil (10 µg). Lang- same Injektion, um zu weite Ausbreitung zu verhindern.

7 Lokalanästhetikarepetitionsbolus: 1/2 der Initialdosis, ca. alle 60 min.

12.5 Intraoperative Überwachung

Das Ausmaß der intraoperativen Überwachung bei thoraxchirurgischen Eingriffen hängt v. a. von der Art des Eingriffs sowie vom Schweregrad vor- bestehender Erkrankungen der Lungen und des Herz-Kreislauf-Systems ab.

Standardüberwachung bei Lungen- eingriffen:

5 EKG-Monitor, 5 Blutdruckmanschette, 5 Stethoskop,

5 Temperatursonde, 5 Pulsoxymeter, 5 Kapnometer,

5 intraarterielle Druckmessung, v. a. bei Ein- Lungen-Ventilation,

5 zentrale Venendruckmessung,

5 arterielle Blutgasanalyse: obligatorisch bei Ein-Lungen-Ventilation,

5 Urinausscheidung (Blasenkatheter bei Eingriffen von über 2 h Dauer).

Bei Patienten mit wesentlichen kardiopulmonalen Erkrankungen und zusätzlich durch die Art des operativen Eingriffs zu erwartenden Komplikati- onen, z. B. Pneumektomie bei Cor pulmonale, kön- nen noch folgende Maßnahmen indiziert sein:

5 Pulmonalarterienkatheter, 5 Messung des Herzzeitvolumens,

5 Berechnung des pulmonalen Gefäßwider- stands.

Grundsätzlich müssen jedoch alle ergänzenden

Überwachungsmaßnahmen für jeden Patienten

(17)

individuell gewählt werden und in vertretbarem Nutzen-Risiko-Verhältnis zueinander stehen.

12.6 Atemfunktion in Seitenlage und bei offenem Thorax

Die meisten Thoraxoperationen werden in Seiten- lage am anästhesierten, relaxierten und kontrol- liert beatmeten Patienten bei eröffnetem Thorax durchgeführt. Seitenlage, Allgemeinnarkose, Mus- kelrelaxierung und offener Thorax beeinfl ussen die Durchblutung und Belüftung der Lunge sowie das Belüftungs-Durchblutungs-Verhältnis. Diese Veränderungen können den pulmonalen Gasaus- tausch beeinträchtigen und müssen bei der Nar- kose vom Anästhesisten besonders berücksichtigt werden.

12.6.1 Aufrechte Position

Belüftung und Durchblutung der Lunge sind beim wachen Menschen in aufrechter Position nicht ho- mogen verteilt, vielmehr lassen sich 3 Zonen un- terschiedlicher Durchblutung und Belüftung von- einander abgrenzen: eine obere Zone 1, eine mitt- lere Zone 2 und eine untere Zone 3.

Zone 1. In dieser oberen Zone der Lunge überschrei- tet der Alveolardruck den hier negativen Pulmo- nalarteriendruck, sodass die Blutgefäße kollabie- ren und keine Durchblutung stattfi ndet. Diese Zo- ne erhält auch einen geringeren Anteil des Atem- zugvolumens, weil ihre Aleolen ohnehin mehr Luft enthalten als die abhängigen Alveolen und sich daher im oberen Anteil der Druck-Volumen-Kur- ve befi nden, in dem die Dehnbarkeit geringer ist als im mittleren Kurvenabschnitt. In dieser Zone besteht eine relative Überbelüftung und Minder- durchblutung mit relativer Hyperoxie und Hypo- kapnie.

Zone 2. In dieser mittleren Zone ist der Pulmonal- arteriendruck positiv, die Durchblutung beginnt, wenn der Pulmonalarteriendruck den Alveolard- ruck überschreitet. Da in dieser Region der Pul- monalarteriendruck linear von oben nach unten

zunimmt, steigt auch die Durchblutung linear an.

Die Belüftung nimmt ebenfalls zu, jedoch nicht so stark wie die Durchblutung; das Belüftungs- Durchblutungs-Verhältnis nimmt ab.

Zone 3. Im Bereich der unteren Zone (Lungenba- sis) sind Pulmonalarterien- und Lungenvenen- druck höher als der Alveolardruck, das Kapillar- bett ist offen, sodass kontinuierlich Blut fl ießen kann. Außerdem nimmt der Gefäßradius zu und der Gefäßwiderstand ab, sodass die Durchblutung weiter gesteigert wird. Die unteren (abhängigen) Partien erhalten auch einen größeren Anteil des Atemzugvolumens als die oberen Partien, weil ih- re Alveolen aufgrund des höheren (weniger nega- tiven) intrapleuralen Drucks stärker komprimiert werden und kleiner sind, sich jedoch auf dem mittleren Abschnitt der Druck-Volumen-Kurve befi nden und dadurch dehnbarer sind als die Al- veolen der oberen Zonen. Sie erweitern sich somit stärker pro Einheit Druckänderung als die nicht- abhängigen Alveolen. In der unteren Zone besteht eine relative Überperfusion der Lunge mit relati- ver Unterbelüftung, sodass diese Zone relativ hy- poxisch und hyperkapnisch ist.

12.6.2 Rückenlage

Liegt ein wacher Patient auf dem Rücken, wird das Zwerchfell durch Verlagerung der Baucheingewei- de um etwa 4 cm nach kopfwärts in den Thorax verschoben. Hierdurch nimmt die funktionelle Residualkapazität ab, und zwar um etwa 0,8 l. In Allgemeinnarkose wird die funktionelle Residual- kapazität um weitere 0,4 l vermindert. In beiden Fällen bleibt jedoch das Verhältnis zwischen Be- lüftung und Durchblutung in beiden Lungen un- verändert. Anders hingegen in Seitenlage: Hier kann sich das Belüftungs-Durchblutungs-Verhält- nis beider Lungen verändern.

12.6.3 Seitenlage

Liegt ein wacher Patient spontan atmend auf der

Seite, wird die Kuppel des unteren Zwerchfells hö-

her in den Thorax verschoben als die obere Zwerch-

12.6 · Atemfunktion in Seitenlage und bei offenem Thorax

(18)

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fellkuppel, sodass die funktionelle Residualkapa- zität der unteren Lunge stärker abnimmt als die der oberen. Da sich aber das untere Zwerchfell we- gen der stärkeren Wölbung besser kontrahieren kann, wird bei Spontanatmung die untere Lunge immer besser belüftet als die obere Lunge, unab- hängig davon, auf welcher Seite der Patient liegt.

Außerdem wird die untere Lunge wegen der Ein- wirkung der Schwerkraft stärker durchblutet als die obere, sodass sich das Belüftungs-Durchblu- tungs-Verhältnis beider Lungen im Wachzustand nicht wesentlich ändert.

12.6.4 Seitenlage des anästhesierten Patienten

Beim anästhesierten spontan atmenden Patien- ten ändert sich die Verteilung der Lungendurch- blutung nicht im Vergleich zum wachen Patienten, d. h. die untere Lunge wird stärker durchblutet als die obere. Hingegen wird jetzt die obere Lunge mehr belüftet als die untere, und zwar aus folgen- den Gründen: Durch die Narkose nimmt die funk- tionelle Residualkapazität weiter ab, hierbei befi n- det sich dann die untere Lunge, deren FRK bereits beim wachen Patienten in Seitenlage stärker ver- mindert war, auf dem unteren Abschnitt der Vo- lumen-Druck-Kurve, auf dem die Alveolen weni- ger dehnbar sind. Wird der Patient zusätzlich rela- xiert und kontrolliert beatmet, wird die ursprüng- lich positive Auswirkung der höher stehenden Zwerchfellkuppel der unteren Lunge wieder auf- gehoben, weil sie sich nicht mehr aktiv kontrahie- ren kann. Außerdem lastet jetzt das Mediastinum auf der unteren Lunge und behindert deren Aus- dehnung.

Durch die bevorzugte Ventilation der oberen Lunge in Verbindung mit der verstärkten Perfusi- on der unteren Lunge wird das Verhältnis von Be- lüftung zu Durchblutung in ungünstiger Weise verändert. Es gilt jedoch:

! Durch Anwendung eines positiv-endexspirato- rischen Druckes (PEEP) auf beide Lungen kann die Belüftung der unteren Lunge weitgehend normalisiert werden.

12.6.5 Offener Thorax in Seitenlage

Wird der Thorax des anästhesierten und beatme- ten Patienten in Seitenlage eröffnet, verändert sich die Durchblutung nicht wesentlich, d. h. die unte- re Lunge wird weiterhin relativ stärker durchblu- tet als die obere. Hingegen wird die Verteilung der Belüftung zwischen den beiden Lungen erheblich beeinfl usst, sodass eine weitere Zunahme der In- homogenität von Ventilation und Perfusion die Folge ist.

Würde der Patient bei offenem Thorax spon- tan atmen, träten hierbei eine Mediastinalverschie- bung und eine paradoxe Atmung auf. Die Medias- tinalverschiebung entsteht durch den Atmosphä- rendruck, der nach Eröffnung der oberen Pleura- höhle auf dem Mediastinum lastet; diese Verschie- bung wird durch die spontane Inspiration noch weiter verstärkt; bei Exspiration wird das Media- stinum wieder auf die Gegenseite verschoben. Die paradoxe Atmung entsteht dadurch, dass die Lun- ge aufgrund ihrer Retraktionskraft bei eröffnetem Thorax kollabiert; dieser Kollaps wird durch die Inspirationsbewegung bei Spontanatmung ver- stärkt, weil durch das tiefertretende Zwerchfell mehr Luft aus der Umgebung in die Pleurahöhle eindringen kann; außerdem tritt Atemgas aus der kollabierten Lunge in die unten liegende Lunge über, weil hier der negative Druck bei Inspiration größer ist. Bei Exspiration kehren sich die Verhält- nisse um: Luft strömt nun aus der unteren Lunge in die kollabierte Lunge ein; die Luft in der Pleu- rahöhle wird durch die Thorakotomie nach außen gedrängt.

Durch kontrollierte Beatmung werden Medi- astinalverschiebung und paradoxe Atmung besei- tigt. Dennoch muss auch bei kontrollierter Beat- mung mit Störungen des Verhältnisses zwischen Belüftung und Durchblutung gerechnet werden.

Da bei eröffnetem Thorax die obere Lunge sich ungehindert ausdehnen kann, wird sie relativ über ventiliert bei gleichzeitiger relativer Unter- perfusion. Die untere Lunge hingegen wird rela- tiv unterventiliert, jedoch vermehrt perfundiert.

Hierdurch wird die Entstehung von Atelektasen

begünstigt. Außerdem besteht eine Tendenz zur

Flüssigkeitstranssudation und Ödembildung in

der unteren Lunge. Alle diese Faktoren tragen mit

(19)

dazu bei, dass der Gasaustausch in der unteren Lunge beeinträchtigt werden kann.

! Durch selektive Anwendung eines positiv- endexspiratorischen Druckes (PEEP) auf die untere Lunge kann deren Belüftung meist gesteigert und das Belüftungs-Durchblutungs- Verhältnis und damit auch der pulmonale Gasaustausch zumeist verbessert werden.

Allerdings kann durch den selektiven PEEP der pulmonale Gefäßwiderstand zunehmen, sodass mehr Blut zur oberen Lunge fl ießt. Gegenwärtig kann der Nutzen dieses Verfahrens noch nicht ab- schließend beurteilt werden; es sollte daher nur mit Zurückhaltung angewendet werden.

Zusammengefasst ergibt sich für die Seitenla- ge mit offenem Thorax beim anästhesierten, rela- xierten und kontrolliert beatmeten Patienten:

Die obere Lunge ist gut belüftet, jedoch schlecht durchblutet. Die untere Lunge ist gut durchblutet, jedoch schlecht belüftet. Hierdurch können erhebliche Störungen des Belüftungs- Durchblutungs-Verhältnisses der Lunge mit nach- folgender Beeinträchtigung des pulmonalen Gas- austausches auftreten.

12.7 Ein-Lungen-Ventilation

Bei diesem Verfahren werden die beiden Lungen funktionell voneinander getrennt, sodass die zu operierende (obere) Lunge nicht beatmet wird und sich nicht bewegt, während die untere Lunge weiter beatmet wird und das gesamte Atemminutenvolu- men aufnehmen muss. Die funktionelle Trennung wird durch einen doppellumigen Tubus erreicht:

Durch Blockade des einen Lumens wird die obe- re, zu operierende Lunge von der Beatmung ausge- schlossen, während die untere Lunge über das an- dere Lumen weiterbeatmet wird. Durch dieses Ver- fahren wird die erkrankte Lunge von der gesunden Lunge getrennt; außerdem werden die Operations- bedingungen verbessert, weil die zu operierende Lunge sich nicht mehr bewegt. Allerdings führt die Ein-Lungen-Ventilation zu funktionellen Verände- rungen, die der Anästhesist für eine sichere Narko- sepraxis genau kennen muss.

12.7.1 Pathophysiologie der Ein- Lungen-Ventilation

Durch die Ein-Lungen-Ventilation entsteht unwei- gerlich ein intrapulmonaler Rechts-links-Shunt:

das gesamte Blut der nichtbelüfteten Lunge fl ießt zum linken Herzen zurück, ohne mit Sauerstoff gesättigt zu werden, sodass ein Abfall des p

a

O

2

mit Hypoxämie eintreten kann. Hingegen verläuft die Ausscheidung von CO

2

meist ungestört, weil die überbelüftete untere Lunge vermehrt CO

2

abgibt.

Das Ausmaß der durch die Ein-Lungen-Venti- lation entstehenden Hypoxämie ist sehr variabel, weil zahlreiche Faktoren die Größe der Durchblu- tung der nichtbeatmeten Lunge bestimmen. Die wichtigsten Faktoren sind:

5 hypoxische pulmonale Vasokonstriktion, 5 Ausmaß der chirurgischen Manipulationen

an der oberen Lunge,

5 präoperativer und intraoperativer Funktions- zustand der unteren Lunge,

5 Beatmungsmethode für die untere Lunge.

Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion Hypoxie führt zur pulmonalen Vasokonstriktion.

Hierdurch wird Blut aus den hypoxischen Bezir- ken der Lunge umgeleitet, sodass der intrapulmo- nale Rechts-links-Shunt abnimmt. Bei Ein-Lun- gen-Ventilation nimmt also die Durchblutung der nichtbelüfteten Lunge ab. In welchem Maße nun vermehrt Blut durch die belüftete (untere) Lunge strömen kann, hängt v. a. vom pulmonalen Gefäß- widerstand in dieser Lunge ab. Faktoren, die den Gefäßwiderstand in der unteren Lunge erhöhen, müssen vermieden werden. Hierzu gehören: Nied- rige inspiratorische O

2

-Konzentration, selektiver PEEP der unteren Lunge, Hypothermie.

Ungünstig wirken sich auch Faktoren aus, die

zu einer Verminderung der hypoxischen Vasokon-

striktion in der nichtbelüfteten Lunge führen kön-

nen. Hierzu gehören: Anstieg des Pulmonalarteri-

endrucks (Drücke über 18 mmHg durchbrechen

wahrscheinlich die Vasokonstriktion), Vasodilata-

toren wie Nitroprussid und Nitroglyzerin, Amino-

phyllin, Isoprenalin, Hyperventilation mit einem

p

a

CO

2

< 30 mmHg hemmt ebenfalls die hypoxi-

sche pulmonale Vasokonstriktion. Alle diese Fak-

toren tragen dazu bei, dass die Durchblutung der

12.7 · Ein-Lungen-Ventilation

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nichtbelüfteten Lunge wieder zunimmt und der Gasaustausch sich verschlechtert.

Chirurgische Manipulation der oberen Lunge

Durch chirurgische Kompression und Retraktion der oberen Lunge wird die Durchblutung dieser Lunge weiter vermindert, zumeist in wechseln- dem, unvorhersehbarem Ausmaß. Allerdings sol- len durch die chirurgische Traumatisierung lokal vasodilatierend wirkende Prostaglandine freige- setzt werden, sodass durch chirurgische Manipu- lation die hypoxische Vasokonstriktion verstärkt oder vermindert werden kann.

Funktionszustand der unteren Lunge Die Funktion der unteren Lunge kann durch ver- schiedene Faktoren beeinträchtigt sein und auf diese Weise das Ausmaß der Shuntdurchblutung beeinfl ussen. Wichtig sind z. B. intraoperativ ent- stehende Atelektasen und Zunahme des Lungen- wassers bei längerdauernder Seitenlage, durch die der pulmonale Gasaustausch weiter verschlech- tert wird.

Beatmungsmethode für die untere Lunge Die Durchblutung der nicht belüfteten Lunge kann auch durch die Beatmungstechnik für die untere Lunge beeinfl usst werden. So kann einer- seits eine hohe inspiratorische O

2

-Konzentration die Vasodilatation in der unteren Lunge verstär- ken und damit die hypoxische Gefäßkonstrikti- on in der oberen Lunge begünstigen; andererseits fördern hohe O

2

-Konzentrationen jedoch die Aus- bildung von Resorptionsatelektasen in der belüf- teten Lunge. Nicht genau einschätzbar sind auch die Wirkungen von PEEP auf die untere Lunge:

Zwar wird die Belüftung der unteren Lunge ver- bessert; die Zunahme des pulmonalen Gefäßwi- derstands in dieser Lunge kann sich jedoch un- günstig auf die hypoxische Gefäßkonstriktion in der oberen Lunge auswirken.

! Grundsätzlich gilt: Der pulmonale Gasaustausch ist bei konventioneller Beatmung beider Lungen während der Thorakotomie weniger beeinträch- tigt als bei der Ein-Lungen-Ventilation.

12.7.2 Indikationen für die Ein-Lungen-Ventilation

Absolute und relative Indikationen für die Ein-Lungen-Ventilation:

5 Absolute Indikationen:

– Verhinderung einer Infektion der ge- sunden Lunge,

– massive Blutungen, – bronchopleurale Fistel, – einseitige Riesenzyste,

– alveoläre Proteinose einer Lunge.

5 Relative Indikationen:

– thorakale Aortenaneurysmen, – Pneumektomie, obere Lobektomie, – Ösophagusresektion,

– Lobektomie.

Absolut indiziert ist die funktionelle Trennung der beiden Lungen, z. B. um die Ausbreitung einer In- fektion der erkrankten Lunge auf die gesunde Lunge zu verhindern; relativ indiziert ist die Ein- Lungen-Ventilation, um bei bestimmten Eingrif- fen das chirurgische Vorgehen zu erleichtern.

12.7.3 Techniken der Ein-Lungen- Ventilation

Für die Ein-Lungen-Ventilation werden am häu- fi gsten doppellumige Endotrachealtuben verwen- det, seltener hingegen Bronchusblocker oder En- dobronchialtuben.

Doppellumentuben

Der Hauptvorteil doppellumiger Endotrachealtu- ben besteht in ihrer einfachen Handhabung: Die Tuben werden blind oder unter bronchoskopi- scher Kontrolle in den entsprechenden Bronchus vorgeschoben; die richtige Lage wird durch Blo- cken und Entblocken in Kombination mit Auskul- tation des Thorax und Bronchoskopie überprüft.

Alle gebräuchlichen Doppellumentuben besit-

zen eine proximale Blockmanschette in der Tra-

chea und eine distale Blockmanschette in einem

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