Schlemminger, Gérald / Le Pape Racine, Christine / Geiger-Jaillet,
Anemone (2015): Sachfachunterricht in der Fremdsprache Deutsch
oder Französisch. Methodenhandbuch zur Lehreraus- und
–fortbil-dung. Baltmannsweiler: Schneider, 304 S., 15,- €.
Die drei Autoren stellen sich der schwierigen Herausforderung, eine Didaktik und Methodik des zielsprachigen Sachfachunterrichts für die Zielsprachen Deutsch und Französisch zu entwickeln und zu diskutieren. Dabei gelten viele Überlegungen sicher nicht nur den Zielsprachen Deutsch und Französisch, sondern sind auch auf andere Unterrichtssprachen zu übertragen. Daher ist es schade, dass im Titel und im Untertitel des Buches der international sehr gängige Begriff des CLIL-Unterrichts nicht auftaucht (Content and Language Integrated Learning). Der auf dem Rückumschlag und auf Seite 21 bzw. 47 dann doch einmal aufgeführte Begriff wird ansonsten im Buch eher vermieden: Diese Wahl wirkt ein wenig gezwungen und verzögert möglicherweise das schnelle thematische Verständnis und den ersten Zugang manch interessierten Lesers.
Alle Kapitel sind übersichtlich und konsequent nach einem Sieben-Punkte-Schema aufgebaut:
1. Zu erreichende Kompetenzen und Schlüsselwörter 2. Erste Annäherung und Definition der wichtigsten Begriffe 3. Theoriegeleitete Einführung in das Thema
4. Unterrichtspraxis: Beispiele, Aufgaben und Diskussion 5. Auszug aus einem Fachtext mit Aufgaben
6. Weiterführende Literatur
7. Lösungsvorschläge für komplexere Aufgaben.
Im ersten Kapitel geben die Autoren einen umfassenden theoretischen Einblick in das Thema. Dabei wird das Im-mersionskonzept ausführlich definiert und vorgestellt. Au-ßerdem wird das Phänomen und der Einfluss der so genannten
Spracheinstellung erörtert, um dann auf verschiedene CLIL-Modelle einzugehen. Einerseits steht bei den ersten drei vorgestellten Modellen die Stellung der Zielsprache im Vordergrund:
- eine Lehrperson – eine Sprache
- eine bilinguale und bikulturelle Lehrperson mit zwei Sprachen - eine einsprachig unterrichtende Lehrperson.
Andererseits werden dann drei weitere Modelle vorgestellt, und zwar auf der Grundlage der Beziehung Sprache – Sachfach:
- der erweiterte Fremdsprachenunterricht
- der zielsprachenintegrierende Sachfachunterricht - der zielsprachig orientierte Sachfachunterricht.
Die verwendeten Beispiele betreffen den europäischen Rahmen. Sehr anschaulich sind dabei die Beispiele aus der Unterrichtspraxis.
In Kapitel 2 und 3 werden der vorschulische Immersionsunterricht diskutiert und die aktuellen neuro-linguistischen Erkenntnisse zusammengefasst. Im 4. Kapitel gehen die Autoren dann auf das Sprachniveau der Schüler und Schülerinnen ein und behandeln die spannende Frage: Welches Niveau in der Fremdsprache ermöglicht erfolgreichen Sachfachunterricht? Lehrer und Lehrerinnen werden in diesem Kapitel ermutigt, auch bei geringerem Sprachniveau von Schülern und Schülerinnen CLIL-Unterricht zu praktizieren. Die Autoren heben hervor, dass schon in der Grundschule der Sachfachunterricht in einer Zweitsprache mit Erfolg praktiziert wird, und zwar mit Lernenden, die erst ein nur durchschnittliches Kompetenzniveau A2 entwickelt haben.
Die für Lehrer sehr interessante Frage nach der Eignung der verschiedenen Fächer für den CLIL-Unterricht wird im 5. Kapitel erörtert. Manche Leser mag es überraschen, dass sich prinzipiell viele Fächer dazu eignen, inklusive Sportunterricht. Dieses Beispiel wird ausführlich behandelt. Die Autoren kommen zu dem ermutigenden Schluss (S. 111):
„Es gibt keine Sachfächer, die sich ,besonders’ zum Unterrichten in (der) L2 (Fremdsprache) eignen. Alle Fächer haben ihre Vor- und Nachteile.“
Im Rahmen der Funktion der Sprache im CLIL-Kontext werden im 6. Kapitel umfassende und differenzierte Definitionen aufgeführt: funktionale Zweisprachigkeit / Mehrsprachigkeit, Code Switching auf der Makro- und Mikroebene. Die Unterrichtsbeispiele vermitteln einen großen Praxisbezug. Anschließend geht es um die Schüler-Lehrer-Interaktion (Kap. 7) und um die konkrete didaktische Umsetzung (Kap. 8) sowie die Unterrichtsmethoden (Kap. 9). Besonders aufschlussreich ist das Beispiel aus dem Biologieunterricht. Am Thema ,Atmung‘ wird deutlich, wie unterschiedlich ein solcher Unterrichtsgegenstand in Frankreich und in Deutschland behandelt und vorgestellt wird. Beispielsweise ist der Wissenserwerb in Frankreich kulturell stark bildgesteuert, während in Deutschland eher der Text gilt. Solche Unterschiede sind in jedem Fach zu finden und zeigen, dass CLIL-Unterrichtende über vielseitige Erkenntnisse verfügen sollten: Kenntnisse über die verschiedenen Lehr- und Bildungspläne und über die didaktische und methodische Diskussion der Sachfächer im Zielsprachenland.
Die weiteren Kapitel gehen dann ausführlich auf praktische Beispiele und Fragestellungen ein, die dem Lehrer und der Lehrerin viele nützliche Impulse und
Handreichungen geben. Besprochen werden: Fehlerdidaktik, Aufbau eines Fachwortschatzes, Lesestrategien / Texterschließung, Arbeitsblätter für Schüler und Schülerinnen und Evaluation für den zielsprachigen Sachfachunterricht.
Dieses Buch ist aufgrund seiner Ausführlichkeit und Klarheit sowohl im praktischen als auch im theoretischen Teil in der Behandlung des komplexen Themas gelungen. Die vielen Praxisbeispiele – eine Fundgrube – seien besonders hervorgehoben. Der Band ist für alle Lehrer und Lehrerinnen sehr zu empfehlen. Auch interessierte Eltern und Bildungspolitiker werden aus der Lektüre viel Profit ziehen. Neben den Informationen werden die Lehrer und Lehrerinnen ebenfalls Motivation und Ansporn für die praktische Arbeit und die Projektgestaltung von CLIL-Vorhaben bekommen.
Demeter Michael Ikonomu