17'
,,\(irkung
hat
im
Grunde
doch
nur
das,
was die
Freundschaft
tut."1
Stefan
Zweigund
Joseph
Roth
Arturo Larcati
,,Ich kenne, glaube ich, die \flelt nur, wenn ich schreibe, und, wenn
ich
die Feder weglege,bin ich verloren." (Brief von Joseph Roth an
Stefan Zweig vom 17. Februar 1.936,5.286.)
I.
EinleitwngNachdem
abEnde
1928 dieFreundschaft
von
StefanZweig
mit
RomainRolland
wegen der Meinungsverschiedenheit bezüglich
des Regimes derSowjetunion allmählich abgektihlt
ist,
tritt
JosephRoth
als neue Vertrau-ensperson an seine Seite. ZwischenZweig
undRoth entwickelt
sichsowohl
auf der menschlichen
Ebene als auch aus einemliterarischen
Blickwinkel
ein Bündnis,
dasfür
beidein
derZwischenkriegszeit
bzw.in
denExiljah-ren ganz zentral werden sollte. Mehrere
Faktoren
geben dieserBindung
zwischen zwei
Autoren von
erheblich unterschiedlichem TemperamentBe-deutung.
Zunächstist
es derIJmstand,
dass beide jtidische\furzeln
haben. Esist kein
Zufall,
dass sichihr
Verhaltnis
mit
jenemZeitpunkt
zuknüpfen
beginnt,
alsRoth
dem Freund seinBuchJwd.en awfWand.erschaft (1927) rrrirder
bezeichnendenWidmung
,,StefanZweig, dem großen
Europäer, demAnwalt
der
Unterdrückten"
schickt.
Die
Geschichte der
osteuropäischenJuden
beeindruckt
seinen
zukünftigen Freund
sogleich.
Der
aus Brody,einer galizischen Stadt nahe
der
russischen Grenze
stammendeRoth
ist
stolz
darauf,die ostjüdische
Tradition
zu vertreten, wohingegen
erZweig
als
typischen
Repräsentantender assimilierten \Tiener Juden
ansieht.Ab
1933verstärkt
dieSolidarität unter
denVerfolgten
ihr
Gefühl
einer gemein-samenZugehorigkeit
zur jüdischenlVelt. Roth
undZweig
teilen außerdemdie Werte
und
Ideale, die siemit
derHabsburgermonarchie verbinden:
das\üeltbürgertum,
die
Offenheit
gegenüber anderenKulturen,
die friedliche
Koexistenz
von Völkern
unterschiedlicher
Herkunft.
Und
nicht
zuletzt
entwickeln
sie beide eine ausgeprägte Liebefür
Frankreich,
ftir
die franzö-sischeKultur
und insbesonderefür
Paris, der Stadt,in
derRoth
auchstirbt.
So
ist
esnicht
verwunderlich,
dassdie
\7erke
der beiden
dort
besonders geschätzt werden.BriefvonJoseph Roth an Stefan Zweigvom 23 Oktober L930,in:Joseph Roth/Ste-fan Zraeig. Jede Frewndschaft mit mir ist verderblich." Briefwechsel 1927-1938,hg. von Madeleine Rietra und Rainer Joachim Siegel.
Mit
einem Nachwort von Heinz Lunzer,Znr;ch2a1,4, S. 53. Die Briefe werden aus dieser Edition mit dem Datum und der Seitenangabe in Klammern zitiert.'t
Die
Freundschaft
der beidenSchriftsteller
ist
auf
gegenseitige\flertschät-zung gegründet.
An
Roth
bewun dertZweig
Eigenschaften wieIntelligenz,
Lebensweisheit,
intellektuelle
Aufrichtigkeit, tiefe Liebe
zur
deutschen Spracheund Kultur,
aber auchDirektheit und
Ablehnung
von
Kompro-missen jedweder
Art.2 Darüber hinaus
schärzt er auch dieReiigiosität
desFreundes, seine
Güte und
sogar seine eiserneDisziplin,
die manbei
einemMann
nicht
vermuten würde, der alkoholabhangigin
einer desorganisiertenWeise
lebt.
Im
Laufe
derZeit
entsteht
eine starke menschlicheNähe,
dieZweig
Rollandam27.Mai
1.939 gesteht, als er dieNachricht
des Todesvon
Roth erfährt:
Mein Freund, in diesem Augenblick. erhalte ich ein Telegramm, daß
mein alter und lieber Freund Joseph Roth in Paris gestorben
istl
In einer Woche Toller und er (der wirklich der große Schriftsteiier war, aber physisch zerstört durch dasHitlertum).
'Wir werden nicht alt, wir Exilierten! Ich habe ihn wie einen Bruder geliebt.3In
seinembrieflichen
Kommentar
zu
Zweigs
SammlungKleine
Chronik
(1,929)
hat!oseph Roth
seinerseits dieGründe
genannt, aus welchen er sichmit
seinem Freund verbundenfthlte:
Ich beneide Sie um Ihre schöne wahrhaft epische Gelassenheit und diese überlegene Würde, die
wohl
eine Folge reicher Menschen-kenntnis und Welterfahrung ist.Vie
heiter ist noch das Traurigste,das Sie erzählenl Sie haben nicht unverdient so viele Leser, und wie bescheiden ist dennoch Ihre private und litterarische [sic] Haltung. Ich bin sehr froh, daß ich
in
Ihre Nähe geratenbin.
(Brief vom 1.April
1930, S. 30.)Roth
bewundert insofern die
Ruheund
dieWürde
von Zweig,
alser
sich ständigverfolgt
und
allenArten
von Erniedrigungen
ausgesetztfthlt.
Sei-neBriefe
fluten
übervor
Dankbarkeit
angesichts dermoralischen und
fi-nanziellen
lJnterstützung,
die
ervon
seinemFreund erhält.
Entgegen derschwerwiegenden
Divergenzen, die
ihn in
manchenAugenblicken
vor
al-lem
in politischer
Hinsicht
vonZweig
entfernenund
in
denletzten
Jahrenakut
werden,sichert Roth
ihm
seine Treuezu und wiederholt
ihm
wie
einMantra
sein Vertrauenin ihn.
Vgl. Stefan Zweig,Joseph Roth [1939J,in: Stefan Zvteig Zeiten wnd Schicbsale.
Auf
sätze wnd Vorträge aus den Jabren 1902-1942, hg. und mit einem Vorwort versehenvon Knut Beck, Frankfurt a.M. 199A, S. 325-339, hier S. 326 f.
Romain Rolland/Stefan Z,wetg, Briefuecbsel 191A-1940,
aw
dem Französischen von Eva und Gerhard Schevre und Christei Gersch, mit einer Einleitung von tü/olf-gang Klein, Berlin 7987, Bd.II,
S. 705-7A6.Trotz
Höhen und Tiefen
bleibt
dievon Erschütterungen
geprägtefreund-schaftliche Beziehung zwischen
Zweigund Roth
biszum
Schluss sehr eng.Einen letzten
Höhepunkt
erlebt
sie 1936in
Ostende, alsZweig,
dermitt-lerweile nach England ausgewandert
ist,
zwei Wochenmit
dem Freundund
anderen
Exilanten
am Meerverbringt.
Dort
feiern
sie alle zusammennoch
einmal das Leben
in vollen
Zigen
-
Roth hat
sich auf einen amowrfou mir
Irmgard
Keun eingelassen-,
bevor sich derAbgrund
über Europa und über sieöffnet. Den
besonderen ,,Sommerder Freundschaft" hat Volker
Vei-dermann 2A14
in
einemhistorisch
sehr genau recherchiertenund
spannendgeschriebenen
Roman
erzählt-
einemWerk,
das'zu
einemBeststeller
ge-worden,
in
mehrere Sprachenübersetzt worden ist und
dadurch das Inter-essefür
die Beziehung auch beimbreiten
Publikum
geweckt hat'aDie wichtigsten
Zeugnisse der Freundschaftvon
Zweigund
Roth
sindbekanntlich
die Briefe, welche die beidenzwischen
1927und
1939 austau-schen. Zunächstunterhalten
sie sichprimär
über literarische oderkulturelle
Angelegenheiten.
Ab
1933jedochwird
derTon
derKorrespondenz
drama-tischer,
mitunter
sogar düster,vieil Roth
mit
seinerAuswanderung
nachFrankreich
seineArbeit
alsJournalist und
somit
diematerielle
Grundlageseiner
Existenz
verliert und
daherauf die
Hilfe von
StefanZweig immer
stärker
angewiesenist.
Zweigs konstante
lJnterstützung von Roth ist
ein symptomatisches Beispielfür
seineBereitschaft,
Freundenin
Not
effektiv
zu
helfen
und
für
sieVerantwortung
zu
übernehmen.Allerdings
streiten
sich
die beiden
oft
über die
adäquatesteForm der
Hilfe:
Roth
wünscht
sichin
ersterLinie
regelmäßige materielle Zuwendungen,damit
er sich demSchreiben
widmen und
mit
den davon stammendenEinkünften
seinenfa-miliären
Pflichten
nachkommen kann; Zweig
hingegenwill vor
allem
denFreund vom
Alkohol
wegbringen.
So passiert es, dassRoth
die materielleAbhängigkeit von
seinemGönner
dadurch zu kompensieren versucht, dasser den
Freund
öffentlich
lacherlich
macht.5Ausgehend
von
derKorrespondenz
zwischenZweig
undRoth
hat dieForschung
bisher die
gemeinsameExilerfahrung
ausführlich untersucht
und
dabei insbesonderedie
schwierigeAuseinandersetzung
mit
der
jtdi-Volker Veidermann, Ostende 1936. Sommer der Freundschaft, München 2014.
Vgl.
folgende Episode während des Sommersin
Ostende: ,,Zweigführt
ihn fRoth] zu einem guten Schneider und lässt ihm eine neue Anzugshose machen.Der Schneider weigert sich, den von Roth geforderten engen Offiziersschnitt zu schneidern, aber Roth ist mit dem Ergebnis trotzdem zufrieden. Als er am
nächs-ten Tag mit Irmgand Keun und Hermann Kesten auf dem Marktplatz an einem
wie ein Bierfass aussehenden Bistrotisch sitzt, bestellt er drei Gläser Likör und leert eines nach dem anderen über seinem Rock aus, unter heftigem Beifall seiner
Freundin, erinnert sich Hermann Kesten später. ,Was machen Sie da?', fragt ihn
Kesten. ,Ich bestrafe Stefan Zweig'. erwidert Roth. ,So sind die Millionäre! Führen
sie uns schon zum Schneider, so vergessen sie, uns zu den Hosen auch einen Rock
zu kaufen!"' (lVeidermann, Ostende 1936,wie Anm. 4, S. 80-81.)
schen
Identität
sowie dievon
beiden empfundeneAufgabe fokussiert,
auf denAntisemitismus
zu
reagierenund
gegen denNationalsozialismus
zuopponieren.6
Bestätigt wurde
immer
wieder die Rolle
von Roth
alsmo-ralischem
Über-Ich
von
Zweig oder
der
Zusammenhangvon Roths
tra-gischem
Ende
1939und
demSeibstmord von
Zweig
1'942.Mit
Blick
aufdas
Judentum sind die
Themenkomplexe
desWeltbürgertums
oder
desPessimismus
wiederholt zur
Diskussion gestellt worden,
ebensointensiv
wurde
aber auch ,,dasBild
des altenÖsterreichs"
in
den\flerken
der beiden reflektiert.TDer
vorliegende Essaysetzt
sich indeszum
Ziel,
vor
allem aufeinen
bestimmten
Aspekt
dieserFreundschaft
Licht
zu werfen, und
zwarauf
denDialog,
der sich zwischen
Roth
und Zweig
anhandder
gegensei-rigen
Aufmerksamkeit entfaltete, die
sieihren
\ferken
entgegenbrachten.Dazu gehört der
Umstand,
dass jeder der beidenAutoren
einen Beitragzur
schriftstelierischenProduktion
des anderen Ieistete. Dievielfältige
künstle-rische Zusammenarbeit zwischen den beiden, die sich
nicht
nur
in
Briefen,sondern auch
in
mehrerenAufsätzen
reflektiert, dieZweigRoth
gewidmethat,
ist
ein faszinierendes Thema,reich
an dramatischen oder bewegendenMomenten, wie
es das BuchVolker
Weidermanns gezeigt hat.II.
Intellektuelle Awfrichtigkeit als Vorawssetzung des DialogsBei der
Lektüre
des Briefwechselswird
man rasch bemerken, dass derDia-log
zwischen
denbeiden Schriftstellern auf
intellektueller Aufrichtigkeit
fußt.
Roth befindet,
dassEhrlichkeit
wichtiger
ist
als dieSolidarität unter
Freunden, woraus er
ableitet,
dass es seinerAnsicht
nach besserfur
jeden sei, keine Rezensionen über Bücher des anderenzu
schreiben:Aber ich bitte
Sie, Sich keinesfalls etwa durch den Umstand zu einer öffentlichenKritik
verpflichtet zu fühlen, da Sie bereits dieFreundlichkeit hatten,
mir
eine privatezt
schenken. Ich kenne dieVerlogenheiten,
in
die uns alle persönliche Beziehungen bringen können und möchte keineswegs unterJenen rangieren, über die Siezu schreiben aus bestimmten Gründen Sich verpflichtet halten. Das stört unter Umständen das Verhältnis. (Brief vom 1. Juni 1928, S. 9.)
Vgl. Fritz Hackert,,,[...] ce qw'wne petite embarcation perdue en pleine mer powrrait
ressentir en croisant wn paquebot." Stefan Zzoeig et J oseph Roth, in Joseph Roth, I'exil ä Paris,hg. von Philippe Forget, St6phane Pesnel und Laurance Sigal,
Mont-Saint-Atgan 2A1.7, S. 1.79-193; Matjaä Birk, ,,Vielleich fahren n;ir zwei verschied.ene Spra' chen...". Zum Briefzaecbsel zwischen Joseph Roth wnd Stefan Zueig,Minsrer L997.
Vgl. David Horrocks, Kosmopolitisrnus im Vergleich: Joseph Roth und Stefan Zzoeig, in: Joseph Roth. Ewropäisch-jüdischer Scbriftsteller und österreicbischer Unioersalüt,
hg. vonJohann Lughofer, Berlin 2011, 5.69-77; Volker Henze, Jüdischer Kwltwr'
pessimismus und das Bild des alten Östeneichs irn Werk Stefan Zrueigs und Joseph
Rotls, Heidelberg 1988;
Halit
Ürrindti, Zntischen Sehnsucbt und Überdruss. DerlJntergang der Habsbwrgermonarchie in der östeneichiscben Literatur der Zwischen-kriegszeit, Berlin 201 3.
Der
VorschlagRoths
zielt
darauf ab,die
Sphareder Freundschaft zu
be-wahren, die desinteressiert sein muss,
um
intakt
zu
bleiben.Zwei
Freundeverstünden
esnicht,
sich auf Kompromisse
herabzulassen,meint
er,und
ein
Brief
zählemehr
als eine Rezension.Als Roth im Herbst
1929erfährt,
dassZweig
angefragtworden
ist,
einenAufsatz über
seinen Roman Rechts wnd.Linbs
(1929)
zu
schreiben,Iädt
erihn in
emphatischemTonfal|
dazwein,
im Namen ihrer
Freundschaft abzulehnen:Ich eile mich, Ihnen zu sagen, daß
mir
Ihre stille Freundschaft viel wertvoller, kostbarer, teurer ist, als ein Opfer, das Sie bringen wür-den, wenn Sie meinetwegenmit
einer Redaktion auch nur korres-pondieren. Tirn Sie es, bitte, nicht! Meine Bücher erwarten ohnehin keine Popularität! (Brief vom 17. Oktober 1.929, S. 28.)Da
Roth
sich dann aber dem
Faktum
einer
abgeschlossenenund
bevor-stehenden
Rezension
gegenübergestelltsieht,
hält
er
Zweig
an,
aus demBuch
nicht
eine unmäßigeLobpreisung zu
machenund zieht
eine gewisseNeutralität vor:
,,Wenn Sieüber
Hiob
schreiben, geben Sie sich keine be-sondereMühe,
Ihr
Name ist wirksam
genug. Es tätemir
leid,wenn
Sie einÜb.iges
daz,t gebenwürden, dasin
Deutschland kaumbegriffen
und gewißnicht
nachGebühr gewürdigt werden
könnte."
(Brief vom
22. September 1930, S.43.)AIs Zweig
ihm
seinetiefe Bewunderung
für
einMeisterwerkwie
Ra-detzkymarsch
ausspricht,
befürchtet Roth,
dasssein
Lob
von
Sympathieund nicht von
lJberzeugung
diktiert
werde:
,,Ihr kritischer
Sinn hat
ver-sagt, als Siemeinen Radetzkymarsch
lasen. Esist
sehrschmeichelhaft
fiürmich:
er hat versagt,weil
Sie eine Sympathieftir
mich
haben.Ich
gebe Ih-nenmein
Wort: Ich
verdiene
sienicht,
und sie scbadetlhnen."
(Brief vom
18. September 1932,S.81.)
Es geschiehtRoth
auch, dass er sichfragt,
ob erin
seinen eigenenUrteilen
stetsunparteiisch
bleibe, oder ob er sichauf-grund der Schuldigkeit
im
Sinnevon Dankbarkeit
seinemFreund
gegen-über beeinflussen lasse.Die Wertschätzungen, deren sich beide
Autoren
inihren
Briefen,ihren
öffentlichen
Rezensionenund ihren
privaten Meinungen versichern,
so-wie
die
Synergien,die zum Vorschein kommen,
als siebei
der Abfassungeines Textes zusammenarbeiten, sind
weit
davonentfernt,
dieintertextuel-len
Bezüge auszuschöpfen,die
manin
ihren Werken auffinden kann. Die
gegenseitige
Hilfe,
die
sie einanderzukommen ließen,
ist im
Fall von
Bü-chern wie Radetzkymarsclt oder
Der
begrabene Lewchtergut dokumentiert,
und
dieBerührungspunkte zwischen
Unged.uld. d.es Herzens und Radetzky-marsch haben bereits dieAufmerksamkeit von
mehr als einem Forscher auf-r
sich
gezogen.s Gemeinsamstimmen die
beiden Freunde ,,den Schwanen-gesangauf
das österreichisch-ungarischeKaiserreich
an",
behauptet
derZweig-Biograph
Alberto
Dines,
auchwenn
Roth
,,sich denFiguren
nicht
soverpflichtet
gefühit
[hatte] und
[...]
sich daher ganz der Habsburg-Sagahingeben
fkonnte] [....]."n
Um
ein weiteres Beispiel zu nennen,könnte
manhinzufügen,
dassDle
hundert
Tage, ein 1,936verö{fentlichter historischer
Roman Roths,von
derLektüre
der Biographie zu Fouch6,
dieZweig
amEnde
derZwanzigerjahre
geschrieben hat,
inspiriert
gewesen seinkönnte.
Ebenso wäre esmöglich,
Parallelen zwischen späteren
Werken
aufzuzeigen, insbesondere zwischenRomanen, die
Roth
im
Gefolge der
Neuen
Sachlichkeit
geschrieben hat (Die Flucht obne Ende, Rechts wndLinks,
Zipper wnd sein Vater) und Rawscb derWruandlwng
vonZweig.
KlemensRenoldner
hat dieHypothese
mög-licher Analogien
zwischen
Roths
Erzählung
Die
Bt'iste desKaisers
und
Zweigs Die'Weh oon Gestern aufgestellt,in
dem Maß, wie die beiden W'erke eine,,Grabstätte"
f'ür das habsburgischeErbe
nach dem Ende der Monar-chie bieten.loIII.
Stefan Zweig liestJosEh
Roth wnd scbreibt nt'itihm
Am
Ende
derZwanzigerjahre genießt
StefanZweig
im
Gegensatz zulo-sephRoth
bereits großenErfolg
und internationales Ansehen. Er versucht demFreund
zu
helfen, vordergründig,
indem er zwei
Rezensionen über seine Bücher schreibt.In
jener, die er Recltts und'Links widmet, liegt
esihm
gewiss amHerzen, die Besonderheit
desWerks
seinesKollegen
im
Kon-text
dergegenwärtigenZeit
zu
erfassen.Roth inkarniert in
seinenAugen
einen neuen Typus des
Schriftstellers, den
seineZeit heworbringt: Er
ist
nicht
mehr derHerold
unveränderlicher und ewiger\flerte,
sondernnimmt
Bezug
auf die historische Realität, innerhalb derer
er lebt.
Insbesondereerkennt
erin Roth
denZeugen und
dasSprachrohr
einerGeneration,
diesich nach der tragischen
Erfahrung
des Kriegesvon
schlechtenVorbildern
verraten
ftihlt,
die
das Bewusstseinmanipuliert und
diejungen
Menschenunter fehlgeleiteten
Idealen,ob
es sich dabeinun um Heldentum
oder dieLiebe zum Vaterland handelt,
auf die
Schlachtbankentsandt
haben.Auf
brutale Weise dem derJugend eigenen Idealismus entzogen' habe diese
Ge-neration
ihre
Illusionen verloren.
Siefuhle
sich entwurzelt und
suche einubi
consistam,von
wo
sie nachvorne
schauenkönne. Zweig zufolge
ist
esdas Verdienst der Bücher
Roths,
den Finger auf die Verietzungen zu legen,Vgl. Robert Vistrich, Die Jwden.Wiens irn Zeialter Kaiser Franz Josepbs,Ylien/ Köln/Veimar 1.999, S. 53 4-5 42.
Alberto Dines, Tod. im Paradies. Die Tragödie des Stefan Zzoeig, aus dem
Portugiesi-schen von Marlen Eckl, Frankfurt a. M. 2006, S. 314.
Vgl. Klemens Renoldner, Ein Traum aws Kindertagen, in: Stefan Zwetg, Die geistige Einb e it d er'We lt, No de Janeiro 2A 1'7, S. 68-69 .
welche an
der
Seele dieserGeneration
genagt haben-
tiefgehendeVerlet-zungen, die auf
vom Krieg
hervorgerufene Traumata zurückgehenund
diedaher
nicht
einfachdurch
mit
demwirtschaftlichen Aufschwung und
mit
Ideologien verbundenen
Glücksversprechungensublimiert und
kompen-siert werden können.
Roth ist
fur
Zu,eigmehr
als jederAutor
seinerZeit
Repräsentant einer authentischenKunst,
die sichfähig
erweist, diePatho-logie der
Seelemit
einer Präzision auszuforschen,
die er
als chirurgisch
qualifiziert. Dabei liefere
Roth mit
einerHellsichtigkeit,
die ihresgleichen sucht, eineDiagnose
seinerZeit
ab, ohne jedoch den Ausweg aus der Krise aufzvzeigen:Immer steht am \etzten Wegkreuz seiner Erzählungen ein
unsicht-bares Fragezeichen, ein Ich-weiß-nicht-\flohin seiner Menschen, sie gehen ungeheilt aus ihren Lehrjahren und \Wanderjahren an allen Er-kenntnissen und Erfahrungen ernüchtert vorbei, aber keiner kommt ganz
zv
sich auf dieser ,,Flucht ohne Ende", zu einer endgültigen Entelechie, zu einem dauerhaften Bezuge zur \Welt.1rDieser
Skeptizismus
würde
hingegen
vom
jüngsten Roman,
Rechtsund
Links,
iberwunden,
dessenProtagonist
Nikolai
Brandeisin
ZweigsAugen
als erste
positive
Persönlichkeit, die
Roth
geschaffenhat, erscheint.
Am
Ende
seiner Beobachtungenfragt
sich Zweig, welchen
WegRoth
verfol-gen werde, nachdem er das Stadium des Skeptizismus
durchbrochen
habenwürde,
nicht
ohneihm
denMut
zu wünschen, er selbstzu
seinund
mög-lichst weit voranzuschreiten
auf dem Weg, auf den er sich begeben hat.In
seinerzweiten
Rezension, dem RomanHiob
(1,930) gewidmet,hält
Zweigvon
Neuem
die große\(ertschätzung
fest, die er seinem Freundent-gegenbringt.
Er meint,
dassRoth
dem ersten Rang zeitgenössischerAuto-ren
angehöre.Mit
Hiob
habe er sich der einfachstenbiblischen
Geschichteangenommen, die
jedoch
im
vorgesteilten historischen
Kontext
von
einererstaunlichen
Aktualität
zeuge.l2Ein
Judewie
soviele
andere, bescheidenund gottesfürchtig,
werdevon
einem Schicksalgetroffen,
das er als zuun-gerecht
empfindet,
umnicht
Beschwerde zu erheben: ,,Darichtet
sichHiob
aufund rechtet
mit Gott,
ein
einzelnermittlerer
Menschlehnt
sich gegendas Schicksal
auf,
und
seineStimme
dröhnt
anklägerisch
dwch
zwanzigJahrhunderte.
Und
jedem Geschlechtwiederholt
sie sich tausend- undmil-Stefan Zweig, ,Recbts wnd Links'. Roman von Joseph Roth [1929J, in: Ders., Begeg-nungen rnit Bt,chern. Awfsätze wnd Einleitwngen aus den Jahren 1902-1939, hg. und
mit einem Vorwort versehen von Knut Beck. Frankfurt a.M.2006, S. 103-108, hier
s.106.
:Vgl. Georg Langenhorst, Ijob
-
Vorbild in Demwt und Rebellion, in: Die Bibel inder dewtschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts.Bd2: Personen wnd Figuren,hg. von Heinrich Schmidinger, Mainz 1.999,5.259-280, hier S. 260 f.
l1
10
116
12
r
lionenmal."t3 Roth transferiert
die biblische ErzählungnachAmerika.
SeinHiob
ist ein schlichter Lehrer. Aus demimaginärenshtetlZuchnow in
Russ-Iand stammend,emigriert
erin
dievereinigten
Sraaten,bewahrt
sich aber seineGewohnheiten,
insbesondere das Gebet, ohne den,,Mut"
zu
haben,glticklich
zu sein.Zweigmacht
die Beobachtung, dassRoth
dembiblischen
fuodell
wortwörtlich folgt
-
derProtagonist
seines Romanswird
ebenfallsvom
schicksal
geschlagenund
rebellierr
gegenGott
-
bis
zu ienem
Mo-menr, alsplotzlich
eineArt
Wunder geschieht: Einer seiner Söhne, den manfür,rerloie.r
gehalten hatre,taucht unerwartet
in Amerika
aufund
bringt
seinen Vaterin
dieHeimat zurück. ,,wie
beiHiob
beginnt
der alte morsche Stamm noch einmal zu grünen, und die Saite des Schicksals, bis zum Zerrei-ßen gespannt, nunlockert
undlöst
sie sich wieder z1r einer zarten, die Seelehe.rüch b.schwichtenden Harmonie."la
An
RorhsErzählkunst bewundert
Zweig vor allem
eine grundlegendeSchlichtheit, die keinerlei
Zugeständ-l-,iss.l.,
die Zierde machr.Er
fördert
außerdem einigeMerkmale
derFigu-ren und der Geschichte afiage, die
seinen eigenen\(erken
nahekommen.Er
bemerkt,
dassdie
von Roth
erzäh\te Geschichtein
mancherHinsicht
analogzu
seiner Legende Rachel rectr)tetmit Gott
(L927)ist,
denn
auchin
dieseÄ
Fa[ bringt
di.
P.ot"go.ristin
den Wagemut auf, einerhöheren
In-stanzzg
trerzen,
erneTat zu
vollführen,
die ihre
Autonomie
steigert,
bis sie schließlichGerechtigkeit erhält. Indem
er die Geschichtevon
Hiob
als,,Biographie eines
durchschnirtlichen Mannes" beschreibt, wendet
zweig
eine
-Begrifflichkeit
an,von der er
für
den
Untertitel
seiner
BiographieMarie
intoinette
(1932) Gebrauch
machenwird:
,,Bildnis
einesmittleren
Charakters".Die
Grundidee dahinter ist, dass es selbst einerPersönlichkeit
ohne
außergewöhnlicheBesonderheiten gelingen kann,
ihre
Grenzen
zuüberschreitJn
und
die
Schwächenihres Charakters
hinter
sich
zu
lassen,wenn
das Schicksal siein
eineExtremsituation
bringt. Auf
diese Weise er-weist sie sich als eines außergewöhnlichen Verhaltens und heroischer Taten fahig."Das
z,wiegespräch
zwischen stefan
zweig
und Joseph
Roth nimmt
sehr bald die
Form
einer wahren Zusammenarbeit beim Verfassenvon
Tex-ten
an, wasin
ersterLinie von
einem
hohen
Grad an gegenseitigemver-trauen
zeugt.lsRoth
ktindigtZweigbald
an, dass erwillens
sei,ihm
stilisti-Stefan Zweig, Der Roman ,Hiob' oon JosEb Roth [1930] ,
in
Ders', Begegnwngenmit Bt'ichern (wie Anm. 11), S. 109-114; hier S. 111.
Vgl'
auchZwetg,Josepb Roth[1939] (wie Anm.2), S.330 f.
Ebd., s.113.
vg1. die persönliche \widmung für Hiob,die Roth 3Lnzweigschickt
-
mit der Bitte,siJ
"rrf .irre. der ersten Seiten des Romans einzukleben: ,,Stefan
Zweig, dem ich
den Hiob zu verdanken habe
-
und mehr als den Hiob und mehr als überhaupt ein Buch bedeuten kann-
so viel, wie dieses Freundschaft bedeutet l' ' ' ')"'
(Zit'
nach Stephan Matthias/Oliver Matuschek, Stefan Zweigs Bibliotheken, Dresden 2018, S.1.07.) 13
sche Vorschläge zu machen, um das Schreiben an seinem Text über Mesmer, einem der Beiträge der
Trilogie Die Heilung
dwrcb den Geist, zu verbessern,und
erermuntert
seinen Freund, der sich zu diesemZeitpunkt
wenig sicherim
Umgang
mit
der
Sprachefühlt:
,,Ich
glaubenicht,
daß Siedie
schnelleFormulierung
verlernt
haben,ich
glaubevielmehr,
daß esam
Stoff
liegt,
wenn
Siehaufig
korrigieren."
(Brief vom
22. September 1930, S. 44.)1931
verbringenZweig
und
Roth
zusammen einige\flochen
am Capd'Antibes
an der
Cöte d'Azur.
In
dieserZeit,
alsZweig
beginnt, an
sei-ner Biographie überMarie
Antoinette
zn arbeiten,leistet
er einennicht
zuvernachlässigenden Beitrag an der
Entstehung von Roths
Radetzbymarsch,jenem
Roman, derihm
dieinternationale
Beachtungeinbringt,
die er sichseit langer
Zeit
erhoffte.
Friderike Tweig hat
in
ihren
Erinnerungen
aufdiesen
Moment
der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen zwei
Schrift-stellern Bezug genommen:
,,Er [Roth] und
Stefan besprachendort
eifrig
ihre
Arbeiten
und tauschtenEinfalle
aus.Die
schöne Stellemit
denfliegen-den Wildgänsen
im
,Radetzkymarsch'
ist
ein
Beitragvon
Stefan Zweig."16Ein
Jahr späterzeigt
Roth
sichfür
daserkenntlich,
was er seinem Freund schuldet:,
[I]n
meinemheutigen Brief
habe ich vergessen,Ihnen zu
sagen,daß
ein
paar Szenenin
meinem
Buchvon Ihnen
stammen, Siewerden
sieerkennen,
und
daßich
lhnen,
trotz
meiner
Unzufriedenheit mit
demRo-man, sehr, sehr dankbar
bin."
(Brief
vom
18. September 1932, S. 83.)Die
Zusammenarbeit setzt
sichim
Laufe
des Sommers 1936fort,
alsRoth und Zweigsich
in
Ostende an der belgischen Küste der Nordseewie-derbegegnen.
Auf
Zweigs Rat schreibt
Roth
denzweiten Teil
der Beichteeines Mörders um, wie
Weidermann
erzähIt:Die Zusammenarbeit
mftZweig führt
zu so vielen Umarbeitungen,dass Roth aus Ostende an seinen Verleger 'ü/alter Landauer
schrei-ben muss, dass ,ab Seite 65 viel geändert'worden sei, dass auf den
letzten zwei Bogen die wichtigsten A.rderungen enthalten seien und der Schluss ganz neu geschrieben wurde.17
Am
Ende
findetZweigsehr
lobende lWortefür
den TextIhr
Roman ist ausgezeichnet und zwar gerade darum, weil er nicht über sein Maß hinaus gedehnt ist. Der Fehier der letzten Jahre lagdoch
nur
darin, daß Sie aus rein materiellen Tendenzen Ihre Stof-fe überihr
natürliches Maß dehnten (Tarabas,Antichrist).
Diesmal ist das Gleichmaß vollkommen, und das Russische liegt nicht nur in den Gestalten, sondern auch im Rhythmus. Großen Glückwunsch!" (Brief vom 2. Juni 1936, 5. 322.)14 15
16 Friderike Zwetg, Stefan Zweig.'Wie ich ibn erlebte, Berlin-Grunewald 1948, S. 189.
\Weidermann, Ostende 1936 (wie Anm. 4), S. 110.
11R
17
Einige
zeit
davor hattezweig ihm
empfohlen,
denText
nicht mit
redun-d"rri..r
oder überflüssigen Eleme ntefl zlr überhäufen:Und
seien Sie vorsichtigmit
dem Roman' Vas Sie ,,stopfen" nen-nen, scheintmir
ein gefährlicher Vorgang' DasAuffüllen
hat für mein Gefühl seinerzeit dem ,,Antichrist"nicht
gut getan' Iü/ie siemir Ihren Roman erzählten,war er wunderbar klar in der Linie und Ornamente können ihn nur beschweren." (Brief vom 26'März 1936' s.296.)
Im
gleichenZeitraumterkZ,weigRoth
gewisseZweifelmit,
die erin
Bezug,rrf
!ei.r.r,
StiI inDer
begrabene Leuchter hegt, an dem er gerade arbeitet.Er
bittet
ihn, ihm
zu helfen, die Schwierigkeiten zu überwinden:Es ist viel mehr eine Legende, eine jtidische, von mir über eine ganz
schmale historische Grundlage hoch und
breit
gebaut'Ich
glaubesie wird gut, so schwer ich solches auch ausspreche. Im Stilistischen bin
ich
irrht
gn,
sicher. Da brauche ich Ihre Nachschau' Aber im ganzenkönnte es wohi bestehen. (Brief vom 20'Mai 1936, S' 315 f')Indem Zweig
Roth
nachOstende einlädt,
erinnert
erihn
anihre
Zusam-menarbeit,Ä
C"p d'Antibes:
,,Es wäreein GIück
ftir
mich
Sie als literari-sches Gewissenfiir
jeneLegende dort zu
haben.Wir könnten
abends ge-meinsam unsprüfen
1rnd belehretrwie
in
alten guten
Zeiten."
(Brief von
Ende
Juni 1,9;6,5.327.)
In
seinerNacherzählung
des Sommersi936
be-.ichtei
Weidermann, dassRoth
einesMorgens
mir
einemZettel
angekom-men sei, auf welchen er eine Passage geschriebenhatte,
die seinem Freundfehlte, und
dassZweig
diesefür
seinenText
adaptierenkonnte.
Und
Wei-dermannmeint
abschließend: ,,Ein bisschenwird
esihr
gemeinsames Buch,die
Geschichteder
ewigenFlucht und
des Glaubens daran, dass es einenort
gibt,
derein
Geheilnis für
immer
bewahrenkann,
an dem die Juden der\flelt
friedlich
leben werden können."18IY. Joseph Roth liest Stefan
Zweig
von
demMoment
an, als er dieBekanntschaft
mit zweig
geschlossen hat, begleitetRoth
dessen Schaffen als ,,literarisches Gewissen"mit
einer Reihe,roi
Ko**.nraren,
die erihm in
seinen Briefenübermittelt. Die
Konstanz,mit
derRoth
dieAusarbeitung
desZweig'schen
cEuvresverfolgt, ist
ver-gleichbar
mit
jener,von
derRomain Rolland
Zeugnis_ablegt.
Die
längstenko..r-..rr"r.
sind wahrhafte private Rezensionen und können alswertvolle
literaturkritische Miniaturen
angesehenwerden. Das
erstewerk,
bei
demsich
Roth
aufhält,
ist
die
Trilogie
der
unter
demTitel Drei Dichter
ihresLebens (1928)
vereinten
Essays.Einen
besonderenAnreiz
habenftr
ihn
die Seiten, die Stendhal gewidmet sind, da es
ihm
scheint, dass eszwetgge'
lingt, nicht nur
denSchiiftsteller,
sondern auch den Menschenzu
charak-,.Äi.r.rr.
Sichauf
diesenAufsatz
srützend, versucht
Roth
zu
entdecken,worin
das ,,künstlerischeGeheimnis"
seines Freundes besteht:Aus Ihrem Buch gefiel mir stendhal am besten
-
vielleicht weil er mir auch sonst am nächsten ist. Aber obwohl ich über ihn schon so viel gelesen habe, scheint es mir, daß er bei Ihnen am menschlichsten herruskommt. Es ist ein wahres Lebensbild und kein Porträt, das Sievon ihm entwerfen. Venn ich Ihnen sagen darf'
worin
sie meister-haft sind: in der verbindung einerkthlen
und präzisen sprachlichen Formmit
einer warmen, sehr ,'gelösten" Geduld' So schreiben Sie die Litteraturgeschichte [sic] der Menschlichkeiten und bleiben im-mer in einer repräsentativen Haltung. Von Tolstoi wußte ich wenig, von CasanovaInrt gr.
nichts. Ich danke Ihnen auch noch für reine Materialvermittlung und sage Ihnen bei dieser Gelegenheit, daß man ein kolossaies .wissen auf jeder Seite spürt. wie fleißig und wie genaumüssen Sie sein!" (Brief vom 10. Juli 1928, S' 11')
Am
10.oktober
1.929,nachderLektüre
der Fouch6-Biographie,teilt
Roth
zlrteigmit,
seinStil in
derselben sei,,brillant". Als
er
denin Die
Heilwngd.rrrü
d,rnGeist
(1931.)enthaltenen
Essayüber Freud entdeckt, nähert
er sich der Frage derUnparteilichkeit in
derDarstellung:
Ich finde es selbstverständlich, daß Sie Freud milde behandeln. Die Gefahr ergäbe sich nur dann, wenn
in
Ihrem Buch sichtbar würde' daß Sie.,
,.r.t. Esist
eine Frage der Technik'Vürde
es sichtbar' so würde es auch privat.Und
könnte man es nicht ganz unsicht-bar machen, so ware meiner Meinung nach an einer passenden stelle eine pas sende Erklärun g privat erNatur
an gebr achr' Aufri c b tig. wär.e es.I"h -ochte
nicht, daß Ihnen irgendwo vorgeworfen würde, Sie,,nähmen Rücksichten". Man muß es ja, alle Objektivität ist Schwei-nerei, aber man darf es
nicht
erkennen lassen' (Brief vom 20' No-vember 1930, S. 57.)Insgesamt
findet Roth
die
von Zweig
geübteRücksichmahme
gegenüberFr.ird,
einer aus seiner Sichtkonrroversen Persönlichkeit,
akzeptabel, aber seinerEinschätzunggemäß sollte
sienicht
offensichtlich
werden.leBeim Thema Freud sind Zweig und Roth grundsätzlich unterschiedlicher Mer-nung: ,,Dem Skeptiker Joseph Roth missfa!t Zweigs freundschaftliche Beziehung 2., F"r.rrd. Es ist nichts Persönliches: er akzeptiert die Voraussetzungen der Psycho-analyse nicht, macht den wissenschaftlichen Anspruch lacherlich und ist, vielleicht
*.g"n
d.,
Erfahrung mit der Krankheit seiner Frau, die er für unheilbar hält, mit deriTh.r*pi.r, nicht einverstanden." (Dines, Tbd im Paradies, wie Anm' 9, S' 217 ') 18 '\?eidermann, 1936. Sommer der Freundschafi, S' Da-1'2119
Roth bestärktZweigzu derr.Zeitpunkt,
alser sich
daranmacht,
Rawsch der Verutandlungzt
schretben, einen Roman, der unabgeschlossen bleibenwird:
,,Schreiben Sieim
BewußtseinIhrer Meisterschaft! Ihren Roman!
Essoll
Ihr
Hauptwerk werden." (Brief vom 22.
Aprll
1931,S.65.) Er drückt
seine lebhafte Bewunderungftir
die Biographie überMarie
Antoinerre
aus, an derer
die narrative Spannung und dieKunst
lobt,
den Leser gefangen zu nehmen:[I]n
2 Tagen in atemloser SpannungIhr
Buch gelesen-
Die Freund-schaftfür
Sie kann mich nicht so blind machen-
und wenn blind, dann dochnicht
dermaßen gespannt. So habeich
als Knabe KarlMay
gelesen und Robinson Crusoe. Das war einStoff
für
einen Meister, und Sie sind der Meister dieses Stoffes. \Wie das steigt und steigt bis zum Schluß,-
immer atemloser wurde ich selbst, ich stieg mit-
so hat Schiller Historie gedichtet. Sie kluger lieber Freund und Stefan Zweig! Ich bin begeistert. Sie Deuter und Dichter! Das sindSie
wirklich."
(Brief vom 26. Oktober 1932,5.87.)Angesichts
von
Unoermwtete Bekanntschaftmit
einemHandwerb
(193L),einer
Novelle,
in
der
Zweig die
Geschicklichkeit
eines Taschendiebsbe-obachtet
und
siemit
einerkünstlerischen
Tatigkeit
vergleicht,
formuliert
Roth
ein
sodetaiiliertes
Urteil,
dass es alswahrhafte Privatrezension
auf-gefasst werden kann.Im
Besonderen anerkennt er diehandwerklichen
Fä-higkeiten
des Erzählersund
schätzt, dass solcheQualitäten nur von
einem anderenSchriftsteller in vollem
Ausmaßgewürdigt
werdenkönnen:
Daß diese Novelle wieder ein Meisterstück ist, wissen Sie selbst-verständlich. \Wer so klug baut, aufbaut, den
Hörer
spannt und die Spannung so handwerklich kunstgerecht fast biszur
letzren Zerle steigert, der weiß wohl, was gelungen heißt. Das Handwerkliche kannich
bei Ihnennur
lernen, und mein handwerkliches Gemüt freut sich beim Anblick dieser kleinen, dem Laien unsichtbaren Ver-schweißungen, dieser winzigen, verborgenen und lautlosen Angeln und Scharniere und dieser Lichter, von denen eines glänzender istals das andere, beziehungsweise, die immer heller strahlen, je weiter
man geht." (Brief vom 18. Februar 1934,5. 149.)
Die
Herausforderung
dieserNovelle
besteht
nachRoth
darin,
selbst denBeruf
desDiebs
alsmoralisch
zulässig erscheinenzu
lassen,indem
ermit
einer künstlerischen
Tatigkeit
verglichen
wird.
Wasder
Schriftsteiler
als den ,,moralischenTeil
des Schreibakts" bezeichnet,führt
dazu,
dieImmo-ralität
deskriminellen
Verhaltenszu sublimieren und
dieIllusion
von
Mo-ralität zs
erzeugeniEs ist ganz großartig, wie sich die Psychoiogie der erzählend:l
ltt-,on
i.irn.,
,tarker identifiziertmit
der Psychologie des Objektes und wie zugleich dadurch auch für jene, denen das Obiekt unmora-lisch erscheinen muß dessen Moralität gehoben wird. Dieoriginells-te
Art,
einen verbrecher zu verteidigen: indem das gewissenhafteste'vüesen, nämlich der Dichter selbst sich
mit
dem verbrecher identi-fiziert. So plaidiert ein Dichter. (Briefvom 18' Februar 1934, S' 150')In
demMoment,
alsder
Dichter
dem Taschendieb angeglichen erscheint, da beide so gewissenhaft alsmöglich verfahren, entsteht
eineSituation' in
deren Rahmän die
traditionellen
moralischen Gesetze keineGeltung
mehrhaben.
Am
Rande dieserpositiven Einschätzung
schlägtRoth
seinemGe-genüber
vor,
denAnfang und
das Ende derNovelle
abzuändernund
emp-ii.hl, ih*,
bestimmte
pJssagenzukirzen.
Desweiteren hält
er dafür, dassder Gebrauch, den
zweigvon
derMetapher
macht,nicht
sorgfäldg
genugsei
und
erliefert ihm
mehrere Beispielezut
IJntetmauerung
seinerBemer-kung. Zweigs
Schreibenscheint
ihm nicht
immer
von
einem ausreichendakribischen Sprachgebrauch
zu
zeugen.Roths
wichtigite
Stellungnahmensind
jene,die die
erstenExilwerke
behandeln, also diJ Biographien über Erasmus
von Rotterdam
und überSe-bastian
castellio.
Kaum
dänBeginn
des Erasmwsin
der Neuen Freien Pressegelesen habend,
beeilt
er sichsÄon, ihm
eine Reihestilistischer
Korrektu-i..,,ro.rrrr"hlagen,
allerdingsnicht
ohne dieAktualität
des Textes zu loben:,,Ein
schönerSih*ung ist drin
und
ein paartreffliche
Wendungen. Genau sptirbare Beziehung,ri,
G.gen*art
ist
frappierendvorhanden." (Brief vom
iT.Drrr
ber ß31,
S.143) Roth
bietet
ihm
seineHilfe
bei
derPubiika-tion
derEndversion
des Textes an:,,sollten
Siemeinen
Rat brauchen, was den Erasmusbetrifft,
sobin ich
zu
Ihren
Diensten' Ich
glawbe, Sie solltenihn
erscheinen lassen, obne Bed.enben."(Brief
vom24.lanuar t934,5.
146.)24Unmittelbar
nach Erscheinen des Werkesgratuliert Roth
Zweig:Das ist das nobelste Buch, das Sie je geschrieben haben' Das ist die
Biografie Ihres Spiegelbildes
-
undich
gratuliere Ihnen zu Ihrem SpiJgelbiid. fErganziunten: Das ist großartig' wenn ich denke, daß.in Jinr.kt.i
Mensch Fouch6 und Erasmusschreibtll
Sehr nobel' ,,Sobre" Ihre Sprache, die einfachste und exakteste, die ich bei IhnenLenne. Sehr geistreich urrd geschickt Luther: Erasmus' Sehr klug das ,,Stoffliche" äer Historie imHintergrund gelassen und sozusagen das seelische der Ereignisse allein geschildert. Spiritualisierte Geschich-te. Sehr überzeugend, erschütternd der Schluß, auch sprachlich die
Ietzten3 Seiten musterhaft. (Brief vom 10. August 1934,5'207')
über Zweigs eigene Zweifel an seinem Text vgl. den Brief an Roth vom 6. April
L934:
,,Ichf,ar,ii...,
Buch anders geschifieben in einer Zeit der innerenGläubig-keit. Ihm fehlt etwas an Schwung und Selbstüberzeugtheit, nur einzelne Partien darin stellen mich halbwegs zufrieden." (S' 160')
1?2
2a
Roth erbittet
sich zudemvonZweig
die Erlaubnis, einigeZitate
aus Eras-mws ft,r sein Pamphlet DerAntichrist
verwenden zu dürfen.Als Zweig
1936 die Biographieüber Castellio
veröffentlicht,
reagiertRoth
buchstäblich enthusiastisch auf das Buch. Erwidmet ihm wieder
eine private Rezensionund
schätzt es alsMeisterwerk ein'
SeinerAnsicht
nachgrtindet
ein Verdienst Zweigsin
diesem Textin
einem Realismus, derdurch
keinerlei Optimismus irregeleitet
wird:
Ich
glaube wirklich, daß es Endgültiges sagt über den Aspekt, den die Menschheit heute bietet und über das latent Gute und Böse, ausdem sie sich zusammensetzt. Es
ist
Ihnen klarer gelungen, als im Erasmus.Ich
glaube, daß Sie endlich den entschiedenen Ausdruck gefunden habenfür
den gütigen, herzlichen Skeptizismus, der im-mer in Ihnen vorhanden war und den Sie immer ein wenig betäubt haben. Immer noch warin
Ihren Bücherntrotz
allerIhrer
realen Weltkenntnis eine bestimmte Neigung zur Illusion, zurunbestimm-ten Hoffnung viel
mehr, ein ganz gewisser moralischer Ballast." (Brief vom 29. Mai 1936, 5. 317.)Roth stellt
fest, dass auch dasstilistisch Überfltissige eliminiert wurde:
,,Esist
Sauberes, Klares, das Gläserne, dasich
so liebe,im
Gedankengangwnd'in
derForm.
Esgibt
auch keinen Metaphernballast.Ihre
Spracheist
kräfti-ger und,lateinischer' geworden." (5.317
f.)
Das Buchentbehrt
nicht
einerreligiösen
Dimension und
diesist
nach
Roth ein konstitutives
Merkmal
authentischer
Kunstwerke:
Ich erinnere mich an den Erasmus. Es verhält sich zu diesem Buch, wie eine
Idylle
zur Tragödie. Vielleicht freut mich noch mehr, als alle anderen Vorzüge, an diesem Buch die Deutlichkeit Ihrerreligiö-sen Grund-Narur. Denn Sie sagen jetzt: Humanität, Gewissen
-
mit einem anderen, einem sonorenlJnterlon,
nicht, wie früher-
Ge-wissen und Humanität sind schon beinahe Gnade. Ja,wirklich'
dasbesonders freut mich, daß frihlbar vor Ihrem Buch und an seinem Schluß das
Motto
eigentlich steht:Gott
helfe uns, amen! Es geht sozusagen ein Amen-Klang durch jede Seite.In
diesem Sinne und in sprachlicher Beziehung ist es ganz gewiß das reifste und beschei-denste Ihrer Bücher. Ein alter guter Spiegel,in
dem die Gegenwart grauenhaft und unsäglich traurig sichtbar wird. Ich glaube, Sie haben damit die wirkliche Unparteilicbkezt errungen. (Brief vom 29.Mai
1936, S.318.)
Indem er
dieberühmte
AussageLuthers
in
Erinnerung
ruft
(,,Hier
steheich,
Gott
helfe uns,amen") etabiiert Roth
eine Parallele zwischenCasteliio
und
Luther
(Roths Luther ist
entschieden andersartig als jener,denZwog
in
Erasmusvorstellt).
Gemäß
Roth hat
sich Castellio
in
seinemKampf
gegen
Calvin
genauwie Luther verhalten,
der 1521t demdurch
Kaiserund
Papst ausgeübten
Druck
standgehaitenund
seinenÜbett.ngn.tgen
nicht
abgeschworen hatte.
Roth
rechnet esZweig
an, dass er au-dessws d.e la mälöeg.bli.b..,
seiund
sichvon keiner
religiösenÜberzeugung
einnehmen habe Iassen.Die
StellungnahmenRoths überblickend
lässtsich
sagen, dassRoth
Zweigversichert,
er sei einer derwichtigsten Schriftsteller
seinerZeit und
dass erihm
gegenüber eineVertschätzung
bezeigt, die jener gleicht, welcheder Freund
ihm in
Aufsätzen und Briefen entgegenbringt.
Unter
Berück-sichtigung
derKritik,
dieZweigzuvor
einstecken hatte müssen-
einfluss-reiche
Ktinstlerpersönlichkeiten
wieKarl
Kraus undHugo von
Hofmanns-thal
hatten eindeutig Stellung
gegenihn
bezogen-
ist
anzunehmen, dassdie
Unterstützung
Roths
ftr
ihn von nicht
zu
vernachlässigenderBedeu-tung
war. Daszählt
sogarnoch mehr
für
die Jahreim Exil,
alsZweig von
zahlreichen
Emigranten
für
seine alszweideutig
eingestufteHaltung
einer-seits dem Inselverlag gegenüber, dessen
Leiter
Anton
Kippenberg
sichmit
den
Nazis gutgestellt
hatte, andererseits derZeitschrift Die
SammlungYonKlaus
Mann
gegenüberkritisiert
wurde.
Von
demMoment
an, alsZweig
sein
PublikuÄ
i.t
D.rrttchland
-
und
1938auch
in
Österreich
-
verliert,
wird
seinFreund
JosephRoth zu
einer
Art
Substitut
seiner Leserschaft:Zweigschreibt
auch undvor
allemfür
Personen seines Gesinnungskreises, dieeizugleich
als verlässlicheAutoritäten
auf dem Gebiet derLiteratur und
alsVerträter
des ,,anderenDeutschland"
oder des ,,anderenÖsterreich"
im
Exil versteht.
Daspositive
Urteil
solcher Menschenist
daherim
doppelten
Sinn
wichtig für ihn.'t
Für einen Überblick über die Rezeption von Zweigs \Werk von 1934 bis 1942 vgl. Arturo Larcati, Rezeption in d'en Exiljabräh
ltlsl-ts+21
, in: Stefan Zweig Hand' bwch,hg. von Arturo Larcati, Klemens Renoldner und Martina rWörgötter, Berlin/ Boston 2018, S. 79A-8A2.1)4
11
Traum,
Sprache,
Interpretarion
Literarische Dialoge
Fe
stschrift
far I
solde
Scbffirmaller
Herausgegeben
von
Chiara
Conterno und
Gabriella
Pelloni
Gedruckt
mit
freundlicher Unterstützung desDipartimento di Lingue e Letterature straniere der Universitä di Verona und des
Dipartimento
di Lingue, Letterature e Culture Moderneder Alma Mater Studiorum Universitä di Bologna
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
Giwlia
FenoMilone
Asthetische
Produktivität juristischen
Schreibensin
E.T.A.
Hoffmanns
ErzählungDie
Marqwise de Ia Pioard,iereAnton
ReiningerDie letzte
Fassungvon Adalbert
Stifters
Die
Mappe meinesUrgrofaaters.
Das
\(erden
eines
vollendeten
Bürgers und
Menschen
Marino
FrescbiIl
Monte Veritä
e altrevette
Elisa Destro
Sogni,cosmici'al femminile.
Leannotazioni oniriche
di Fran-ziska zuReventlow
Fabio Scrignoli
,,Come
puö mai
essere colpevoleun uomo?" IJna
nuovalet-tura
del Processodi Kafka
Fabrizio Canrbi
Percettivitä,
teoria
delle
emozioni
e metafora nelle
Vereini-gungendi Robert
Musil
Davide
Di
Maio
YomTiawmbewusstsein
di Ludwig
Klages: sogno,forma
e,,fa-coltä
raffigurativa"
Arturo
Larcati
,,\[irkung
hatim
Grunde
dochnur
das, was die Freundschafttut."
StefanZweig
und JosephRoth
Maie
Lwise WandtuszkaDie
Geheimnisse einerPrinzessin: Ingeborg
Bachmannliest
Balzac
Rita Soandrlik
,,Träume,
wilde und
zarte".Das
Vergangene alsAlteritaf im
\7erk von Anna
Seghersund
Grete\[eil
ffii,ffir$
W
7
9
( N,t L1Jlr, It b(rlvlr \
B ibliografi scbe Infomation der D eutscben N ationalbibliotbeh
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichner diese Publikation in der Deutschen Narionalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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www.koeni gshaus en-neumann. de www.ebook.de www.buchhandel.de www.buchkatalog.de 49 59 23 87 97 171 1.27 73 1.41,
Peter
Kofler
Poetische
Artikulationen
desdritten
Raumes.Zu
Norbert
C. Kasers italienischsprachigen TextenElmar Locber
Gesten und Gebärden
im Medium
derSchrift
Gabriella Pelloni
,,Ich komme aus dem Traum". Peter
Handke
ne La notte della MoraoaLwcia Penone Capano
Umanitä
aIIa deriva: Ia Zatteradi
Franzobei Chiara ConternoBriefe und Träume: Yoko Tawadas Prag
Dreimal
Valentina Savietto
DaYenezia a Buenos
Aires: erotismi musicali
nella pennadi
Ulrike
LängleUlrike Längle
Aus dem
unveröffentlichten
Roman ,,ToteMänner"
157 1.69 185 1,99 211 223 237
Geleitwort
Dieser
Bandist
Isolde Schiffermüller
alsein
Geschenkzu ihrem
65.Ge-burtstag gewidmet.
Er
enthält
Beiträgevon
Kolleglnnen,
von
ehemaligenDoktorandlnnen
undStipendiatlnnen
sowie vonFreundlnnen,
dieim
Lau-fe der vergangenenJahremit ihr
gearbeitet haben.Absicht
derHerausgebe-rinnen ist
es,unterschiedliche
Generationenvon Germanistlnnen
zuWort
kommen
zu lassen,mithin
einenmehrstimmigen
Chor
zubilden,
der auch eineliterarische Polyphonie
widerspiegelt.Eine
Grundeigenschaft der Forschungstätigkeit
von
Isolde
Schiffer-müller
bestehtin
der Bereitschaft sowiein
derFahigkeit,
mit
allenGenera-tionen
in
einenfruchtbaren Dialog
zrr treten.\üeitsichtige Offenheit,
intel-Iektuelle
Neugierde
undkonsrruktive
Kritik
prägen die Herangehensweiseihrer
Studien sowie der Gespräche, die sie zuführen pflegt. Ihre
Forschungund
Lehre erweisen sichsomit
als ein schöpferischesLabor
für
neue Ideenund intellektuelle
Fragestellungen.In
diesem Sinnereflektiert
der Band
dasSpekrrum der literarischen
fnteressen
und
thematischen
Inhalte
von Isolde
Schiffermüllers
wissen-schaftlicher
Tätigkeit.
Die
Beiträge greifen zahlreiche
ihrer
Anregungen
auf oder
sie setzen
sich
mit
deren Perspektiven
auseinander,um
daraufunterschiedliche
Antworten
z1r geben,die
einentheoretischen,
methodo-logischen aber auch
persönlichen Charakter
besitzen.Insbesondere
kreisen
die
Beiträge
um
drei
Aspekte,
die
zentrale
Schwerpunkte der Forschung
von Isolde Schiffermüller
darstellen unddes-halb
im
Titel
des Bandesangektindigt
sind:Der
Traum alsUr-
und
äußerstpersönliche
Erfahrung
sowie als
Ausdruck der
innersten,
menschlichenSeiten,
vor
allem
aber auch dessenpoetologische
Funktion
und Analogie
zum literarischen
Schreiben(in
ersterLinie
in
derLiteratur
derModerne);
die Sprache und
vor
allem auch deren grundsätzlicheKrisenhaftigkeit,
wel-che dazuführen
kann, neueAusdrucksmodalitäten
zu erproben, dieimmer
wieder
die
gestischeHaltung
tangieren;
nicht zuletzt
die Interprerarion,
nicht
so sehr als Textentschlüsselung oderAuslegungstechnik
versranden,sondern
als einenTeil
derVerstehensstruktur
derWelt
und
der
Möglich-keiten,
in
derWelt zu
sein.Die
Zweisprachigkeit des
Bandeserklärt sich
dadurch,
dass IsoldeSchiffermüller
nicht nur mir
demDeutschen, sondern
auchmit
demlta-lienischen eine
intime
persönliche Beziehung
pflegt und sich
in
beidenSprachen
meisterhaft bewegt. Dementsprechend
wurde
den
Autorlnnen
die Wahl der
Sprache überlassen, wasden persönlichen Charakter
dieser ,,literarischenDialoge"
betonen möchte.September 2020,
,
7