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Anästhetika und Adjuvanzien 1

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Academic year: 2021

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Anästhetika und Adjuvanzien

1.1 Inhalationsanästhetika – 4 1.1.1 Isofl uran – 5

1.1.2 Desfl uran – 7 1.1.3 Sevofl uran – 8 1.1.4 Lachgas – 9

1.2 Intravenöse Anästhetika – 11 1.2.1 Barbiturate – 12

1.2.2 Etomidat – 13 1.2.3 Propofol – 14 1.2.4 Ketamin – 15

1.3 Benzodiazepine – 16 1.3.1 Diazepam – 16

1.3.2 Midazolam – 17 1.3.3 Flunitrazepam – 18

1.4 Opioide – 18

1.4.1 Einsatz in der Herzchirurgie – 20

1.5 Droperidol – 20

1.6 Muskelrelaxanzien – 21 1.6.1 Pancuronium – 21

1.6.2 Vecuronium – 21 1.6.3 Rocuronium – 21 1.6.4 Atracurium – 21 1.6.5 Mivacurium – 22 1.6.6 Succinylcholin – 22 1.6.7 Antagonisten – 22

Literatur – 23

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Die Wahl des richtigen Anästhetikums für Pati- enten mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Sys- tems ist umstritten, wenngleich die Anforderun- gen klar defi niert sind: keine Beeinträchtigung des myokardialen O2-Gleichgewichts durch Blut- druckanstieg, Blutdruckabfall oder Tachykardie beim Koronarkranken; Aufrechterhaltung einer ausreichenden Myokardkontraktilität und Sympa- thikusaktivität bei globaler Herzinsuffi zienz oder funktionell bedeutsamen Herzklappenfehlern. So ist einerseits bei Patienten mit koronarer Herz- krankheit häufi g eine kontrollierte Dämpfung der Myokardkontraktilität und des sympathoadrener- gen Tonus erforderlich, um eine Zunahme des my- okardialen O2-Bedarfs durch unerwünschte kar- diovaskuläre Refl exreaktionen auf anästhesiolo- gische (z. B. endotracheale Intubation) und opera- tive Stimuli (z. B. Sternotomie) zu verhindern. An- dererseits dürfen bei Patienten mit globaler Herz- insuffi zienz oder schweren Herzklappenfehlern der kompensatorisch erhöhte Sympathikotonus und die Myokardkontraktilität nicht beeinträch- tigt werden, damit kein Abfall des Herzzeitvolu- mens und nachfolgend eine Mangeldurchblutung der Organe eintritt. Beide gegensätzlichen Anfor- derungen können naturgemäß weder durch Inha- lationsanästhetika noch durch intravenöse Anäs- thetika oder Opioide gleichzeitig erfüllt werden, sodass beim Herzkranken gewöhnlich ein diffe- renzierter Einsatz verschiedener Substanzen er- forderlich ist, wenn nötig, ergänzt durch Sedativa, Vasodilatatoren, Vasopressoren, β-Blocker oder positiv-inotrop wirkende Medikamente.

Nachfolgend werden nur die kardiovaskulären Wirkungen gebräuchlicher Anästhetika und Adju- vanzien sowie ihr praktischer Einsatz in der Herz- chirurgie dargestellt. Die grundlegenden pharma- kokinetischen und pharmakodynamischen Ei- genschaften dieser Substanzen werden hingegen als bekannt vorausgesetzt.

1.1

Inhalationsanästhetika

Alle Inhalationsanästhetika bewirken eine dosis- abhängige Dämpfung der Herzfunktion mit Ab- nahme der Myokardkontraktilität und Abfall des arteriellen Blutdrucks. Allerdings werden die kar-

diovaskulären Wirkungen unter klinischen Be- dingungen durch eine Vielzahl von Faktoren mo- difi ziert. Hierzu gehören insbesondere folgende Einfl üsse:

5 Spontanatmung gegenüber kontrollierter Be- atmung,

5 arterieller pCO2: Hyperkapnie und Hypokap- nie,

5 Veränderungen der Körpertemperatur, 5 Art der Prämedikation,

5 Kombination mit Lachgas,

5 Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, 5 Interaktion mit der Begleitmedikation.

Daneben bestehen zwischen den einzelnen Inha- lationsanästhetika einige Unterschiede in den kar- diovaskulären Wirkungen, die für die Auswahl der jeweiligen Substanz von Bedeutung sein können (.Tabelle1-1). Halothan und Enfl uran sind in Deutschland nicht mehr im Handel, sodass auf ei- ne über die Angaben in .Tabelle1-1 hinausgehen- de Darstellung verzichtet wird.

Kardioprotektion durch Inhalations- anästhetika (Präkonditionierung)

Ergebnisse aus Tierversuchen zeigen, dass volati- le Anästhetika das Myokard vor reversiblen und irreversiblen ischämischen Schädigungen schüt- zen, also einen kardioprotektiven Effekt ausüben können. Die genauen Mechanismen sind nicht be- kannt. Neben der bekannten Beeinfl ussung des Myokardstoffwechsels und der Funktion des au- tonomen Nervensystems wirken die volatilen An- ästhetika vermutlich auch auf zahlreiche endoge- ne Signaltransduktionswege. Im Tierexperiment reduzieren alle volatilen Anästhetika (Halothan, Enfl uran, Isofl uran, Desfl uran und Servofl uran) die Infarktgröße nach Reperfusion einer für einen längeren Zeitraum abgeklemmten Koronararterie oder nach kardioplegischem Herzstillstand.

Die klinische Bedeutung des kardioprotekti- ven Effekts von volatilen Anästhetika ist derzeit nicht ausreichend untersucht. In bisher vorliegen- den Studien konnte keine Abnahme der kardialen Morbidität und Letalität von Patienten mit koro- narer Herzkrankheit durch volatile Anästhetika nachgewiesen werden (Einzelheiten bei Tanaka et al. 2004).

(3)

1.1 · Inhalationsanästhetika

1.1.1 Isofl uran

Isofl uran dämpft ebenfalls die Herz-Kreislauf- Funktion, jedoch, zumindest beim Herzgesunden, in geringerem Maße als Halothan und Enfl uran.

Die vorliegenden Befunde sind nicht einheitlich und teilweise sogar widersprüchlich. Unterschie- de bestehen v. a. zwischen tierexperimentellen Be- funden und Ergebnissen von gesunden Versuchs- personen sowie von Patienten mit bestimmten Er- krankungen und unterschiedlichen Operations- bedingungen.

Blutdruck. Bei gesunden Versuchspersonen fällt der arterielle Mitteldruck unter Isofl uran dosis- abhängig ab, während das Herzzeitvolumen sich bis zu einer Konzentration von etwa 2 MAC nicht wesentlich ändert. Der Blutdruckabfall geht mit

einem entsprechenden Abfall des peripheren Ge- fäßwiderstandes einher und beruht wahrschein- lich in erster Linie auf einer direkten vasodilatie- renden Wirkung von Isofl uran (Stimulation der peripheren β2-Rezeptoren und Dämpfung der zen- tralen Sympathikusaktivität könnten ebenfalls ei- ne Rolle spielen). Demgegenüber beruht, wie zu- vor dargelegt, der Blutdruckabfall durch Halothan und Enfl uran primär auf der Abnahme des Schlag- volumens und des Herzzeitvolumens. Bei Patien- ten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen muss mit einer stärker blutdrucksenkenden Wirkung ge- rechnet werden als bei Herzgesunden. Der rechte Vorhofdruck steigt geringfügig an.

Herzfrequenz. Bei Freiwilligen wurde ein Anstieg der Herzfrequenz unter Isofl uran um etwa 20 % beobachtet. Unter klinischen Bedingungen sind

.Tabelle 1-1. Kardiovaskuläre Wirkungen volatiler Inhalationsanästhetika bei Herzgesunden

Parameter Halothan Enfl uran Isofl uran Desfl uran Sevofl uran

Mittlerer arterieller Druck

Abfall Abfall Abfall Abfall Abfall

Herzfrequenz Abnahme Zunahme Zunahme Zunahme Zunahme

Systemischer Gefäßwiderstand

unverändert leichte Abnahme

Abnahme Abnahme Abnahme

Kontraktilität Abnahme Abnahme geringere

Abnahme

geringere Abnahme

geringere Abnahme

Herzzeitvolumen Abnahme Abnahme geringe

Abnahme

geringe Abnahme

geringe Abnahme Sensibilisierung

des Myokards gegen Katecho- lamine

ausgeprägt ja nein nein nein

Koronardurch- blutung

geringe Änderung

geringe Abnahme

Abnahme Abnahme Abnahme

Hirndurch- blutung

Zunahme Zunahme kein Anstieg

bei < 1 MAC

wie Isofl uran wie Isofl uran

Leberdurch- blutung

Abnahme Abnahme? erhalten? erhalten? erhalten?

Nierendurch- blutung

Abnahme Abnahme erhalten? erhalten? erhalten?

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die Veränderungen hingegen variabel: Abnahme, Zunahme oder keine Änderung sind für unter- schiedliche Operationsbedingungen beschrieben worden. Gelegentlich tritt eine Tachykardie auf, die durch Erhöhung der inspiratorischen Konzen- tration nicht beseitigt, sondern sogar noch weiter verstärkt wird. Die mögliche Zunahme der Herz- frequenz durch Isofl uran soll auf einer im Ver- gleich zur zentralen sympathoadrenergen Aktivi- tätsminderung stärkeren Dämpfung der zentralen parasympathischen Efferenzen beruhen. Isofl u- ran verzögert nicht die Erregungsleitung im AV- Knoten und im His-Purkinje-System.

Myokardkontraktilität. Isofl uran soll die gerings- ten negativ-inotropen Wirkungen der gebräuchli- chen volatilen Anästhetika aufweisen. Die vorlie- genden Befunde sind jedoch nicht einheitlich: Am isolierten Papillarmuskel bewirkt Isofl uran dosi- sabhängig eine mit Halothan und Enfl uran ver- gleichbare Kontraktilitätsminderung, am intakten Hundeherzen ist die negativ-inotrope Wirkung geringer ausgeprägt als die von Halothan und En- fl uran, bei gesunden Freiwilligen ist sogar nur ei- ne sehr geringe Myokarddepression nachweisbar.

Die Gründe für die weniger ausgeprägte negativ- inotrope Wirkung von Isofl uran bei Versuchstie- ren und Menschen sind bisher nicht bekannt. Dis- kutiert wird eine kardiale sympatho adrenerge Stimulation durch höhere Konzentrationen sowie eine verminderte hämodynamische Belastung des Herzens aufgrund der Abnahme des periphe- ren Gefäßwiderstandes. Bei Patienten mit Herzer- krankungen muss hingegen mit einer stärker aus- geprägten Dämpfung der Myokardfunktion ge- rechnet werden.

Schlagvolumen und Herzzeitvolumen. In einer Un- tersuchung von Stevens nahm bei gesunden Frei- willigen das Schlagvolumen um etwa 20 % ab, das Herzzeitvolumen veränderte sich jedoch, auch un- ter 2 MAC Isofl uran, nicht wesentlich, weil der Ab- fall des Schlagvolumens durch eine entsprechende Zunahme der Herzfrequenz kompensiert wurde.

Anders bei Herzkranken: Patienten mit Herzklap- penerkrankungen oder Koronarkrankheit weisen unter Isofl uran häufi g einen deutlichen Abfall des Herzzeitvolumens auf, dessen Ausmaß sich nicht

oder nur wenig von dem unter äquipotenten Kon- zentrationen von Halothan oder Enfl uran beob- achteten unterscheidet. Ähnliche Wirkungen sind auch für Patienten mit manifester Herzinsuffi zi- enz zu erwarten. Bei geriatrischen Patienten wur- de ebenfalls ein stärkerer Abfall des Herzzeitvolu- mens unter Isofl uran beobachtet.

Myokardialer O2-Verbrauch und Koronardurch- blutung. Der O2- und Substratverbrauch des Her- zens nimmt unter Isofl uran aufgrund der vermin- derten hämodynamischen Belastung ab. Die Ko- ronardurchblutung bleibt unverändert oder nimmt weniger ab, als aufgrund der Abnahme des O2-Verbrauchs zu erwarten wäre. Die koronarve- nöse O2-Sättigung steigt stärker an als unter Halo- than und Enfl uran; die arteriovenöse O2-Gehalts- differenz wird kleiner. Diese Befunde weisen dar- auf hin, dass Isofl uran eine stärker koronardila- tierende Wirkung besitzt als Halothan und Enfl u- ran und die Autoregulation des Koronarkreislaufs beeinträchtigt. Hierfür sprechen auch tierexperi- mentelle Untersuchungen, in denen eine arteri- olär dilatierende Wirkung des Isofl urans im Ko- ronarkreislauf gefunden wurde. Die epikardialen Arterien blieben hingegen unbeeinfl usst.

Barorezeptorenrefl exe. Auch Isofl uran beein- trächtigt die Aktivität der Barorezeptorenrefl exe:

Die Reaktion der Herzfrequenz auf Änderungen des arteriellen Blutdrucks ist abgeschwächt, aller- dings in geringerem Maße als unter Halothan.

Sensibilisierung des Myokards. Isofl uran sensibi- lisiert das Myokard gegenüber endogenem und exogenem Adrenalin. Unter klinischen Bedingun- gen ist die Substanz jedoch weniger arrhythmo- gen wirksam als Enfl uran und Halothan.

Anwendungsdauer. Auch nach mehrstündiger Zufuhr verändern sich die hämodynamischen Pa- rameter, im Gegensatz zu Halothan und Enfl uran, nicht wesentlich. Allerdings nimmt die Durchblu- tung der Haut und der Muskulatur bei längerer Anwendung zu.

β-Blocker. Die kombinierte Zufuhr von Isofl uran und β-Blockern bewirkt eine additive negative

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1.1 · Inhalationsanästhetika

Ino tropie; jedoch wird die Myokardkontraktilität deutlich geringer beeinträchtigt als unter Enfl uran und Halothan. Enfl uran weist die stärkste Interak- tion auf, Isofl uran die geringste.

Chirurgische Stimulation. Wie zu erwarten, sind unter chirurgischer Stimulation die kardiovas- kulären Wirkungen vergleichbarer Konzentratio- nen geringer ausgeprägt als beim unstimulierten Freiwilligen. Auch müssen unter klinischen Bedin- gungen zusätzliche Einfl üsse wie Alter, Begleiter- krankungen, Begleitmedikation, Prämedikation, Geschlecht usw. berücksichtigt werden, sodass keine einfachen Aussagen möglich sind.

Einsatz in der Herzchirurgie

Als Besonderheit von Isofl uran muss seine koro- nardilatierende Wirkung berücksichtigt werden:

Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass un- ter Isofl uran bei Patienten mit schwerer Koronar- krankheit eine Myokardischämie auftreten kann.

Die Wirkungen scheinen abhängig zu sein von der Konzentration und der Höhe des koronaren Per- fusionsdruck. Daher gilt:

! Cave

Isofl uran sollte bei Patienten mit schwerer Koro- narkrankheit nur in reduzierter Dosis eingesetzt werden. Blutdruckabfälle sind zu vermeiden.

1.1.2 Desfl uran

Die Wirkungen von Desfl uran auf das Herz-Kreis- lauf-System entsprechen im Wesentlichen denen von Isofl uran:

5 Zunahme der Herzfrequenz,

5 Vasodilatation mit Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands,

5 Abfall des arteriellen Blutdrucks, 5 geringe negativ-inotrope Wirkung beim

Herzgesunden.

Herzfrequenz. Desfl uran steigert wie Isofl uran die Herzfrequenz. Im Gegensatz zu Isofl uran ist die- ser Effekt jedoch von der Konzentration abhän- gig: Während unter niedrigeren Konzentrationen oder fl acher, unstimulierter Desfl uranästhesie mit

und ohne Lachgaszusatz die Herzfrequenz unver- ändert bleibt, bewirken höhere Konzentrationen einen zunehmenden Anstieg, bei einigen Patien- ten auch eine ausgeprägte Tachykardie.

Arterieller Blutdruck. Desfl uran senkt konzentra- tionsabhängig den arteriellen Blutdruck; das Aus- maß des Blutdruckabfalls entspricht dem ver- gleichbarer Isofl urankonzentrationen und ist et- was stärker ausgeprägt als mit Halothan. Ursache des Blutdruckabfalls ist in erster Linie eine vasodi- latierende Wirkung mit Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands, zusätzliche Faktoren, beson- ders in höheren Konzentrationen, sind die Abnah- me des zentralen Sympathikotonus und die nega- tiv-inotrope Wirkung.

Rechter Vorhofdruck. Bei Versuchspersonen bewirkt Desfl uran in höheren Konzentrationen (> 1 MAC) einen Anstieg des rechten Vorhofdrucks.

Myokardkontraktilität. Desfl uran wirkt dosisab- hängig negativ-inotrop, vergleichbar dem Isofl u- ran; möglicherweise ist aber die Dämpfung der Myokardkontraktilität etwas geringer ausgeprägt, weil unter Desfl uran die sympathoadrenerge Ak- tivität in stärkerem Maße aufrechterhalten wird.

Durch die Kombination mit Lachgas wird die ne- gativ-inotrope Wirkung von Desfl uran nur mäßig verstärkt.

Herzzeitvolumen. Bei Versuchspersonen ändert sich das Herzzeitvolumen über einen Bereich von 0,83–1,66 MAC Desfl uran in Sauerstoff nicht we- sentlich.

Koronardurchblutung. Befunde am Menschen lie- gen derzeit nicht vor. Im Tierexperiment fanden sich Hinweise auf eine koronardilatierende Wir- kung von Desfl uran mit Zunahme der Koronar- durchblutung, möglicherweise in vergleichbarem Ausmaß wie bei Isofl uran. »Stealphänomene«

konnten im Tiermodell mit koronarem Kollate- ralkreislauf nicht nachgewiesen werden; Befun- de von Patienten mit schwerer koronarer Herz- krankheit liegen allerdings nicht vor, jedoch kann die Möglichkeit einer desfl uraninduzierten Myo- kardischämie durch Koronardilatation und »Ste-

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alphänomen« bei einigen dieser Patienten derzeit nicht sicher ausgeschlossen werden.

Arrhythmogene Wirkung. Im Tierexperiment ent- spricht die Schwelle für arrhythmogene Effekte (ventrikuläre Extrasystolen) einer Adrenalininfu- sion der von Isofl uran, liegt somit etwa 4mal hö- her als bei Halothan.

Herzinsuffi zienz. Klinische Studien liegen hierzu nicht vor, jedoch muss erfahrungsgemäß bei ma- nifester Herzinsuffi zienz, wie bei anderen volati- len Anästhetika, auch für Desfl uran mit einer stär- ker ausgeprägten negativ-inotropen Wirkung ge- rechnet werden. Darum sollte Desfl uran bei die- sen Patienten nur in hypnotisch wirksamen Kon- zentrationen zur Supplementierung einer primä- ren Opioidanästhesie zugeführt werden.

Einsatz in der Koronarchirurgie

Bei einer Untersuchung an koronarchirurgischen Patienten traten in der Einleitungsphase unter al- leiniger Desfl uranzufuhr gehäuft Myokardischä- mien, Tachykardien und Anstiege des systemi- schen arteriellen und des pulmonalarteriellen Drucks auf, während solche Veränderungen in der Vergleichgruppe mit Sufentanil nicht nachweis- bar waren. Im weiteren Narkoseverlauf blieb die Hämodynamik unter Desfl uran allerdings stabil, auch ergaben sich postoperativ keine Unterschie- de in beiden Gruppen bei den kardiovaskulären Komplikationen und in der Mortalität.

Ursache der initialen Myokardischämien könn- te eine sympathoadrenerge Stimulation durch ra- sche Steigerung der inspiratorischen Desfl uran- konzentration gewesen sein. In einer anderen ver- gleichenden Untersuchung von Desfl uran und Isofl uran fand sich allerdings auch bei langsamer Steigerung der inspiratorischen Konzentration ein signifi kanter Anstieg des Pulmonalarteriendrucks und des Lungenkapillarenverschlussdrucks unter Desfl uran, nicht hingegen unter Isofl uran.

! Cave

Desfl uran sollte bei Patienten mit klinisch relevan- ter koronarer Herzkrankheit nur als Supplement von Opioiden und auch dann nur in reduzierter (< 1 MAC) Konzentration eingesetzt werden.

1.1.3 Sevofl uran

Die allgemeinen hämodynamischen Wirkungen von Sevofl uran ähneln, mit geringen Abweichun- gen, denen von Isofl uran und Desfl uran:

5 keine oder geringe Veränderungen der Herz- frequenz,

5 Vasodilatation mit Abnahme des peripheren Widerstands,

5 dosisabhängiger Blutdruckabfall,

5 Abnahme des pulmonalarteriellen Drucks, 5 negativ-inotrope Wirkung.

Herzfrequenz. Die Herzfrequenz ändert sich bei gesunden Versuchspersonen unter Sevofl uran meist nur geringfügig; selbst bei Konzentratio- nen von > 1 MAC tritt gewöhnlich keine Tachykar- die auf und auch bei 1,5 MAC steigt die Frequenz nur wenig an. Demgegenüber führt Sevofl uran bei Hunden zu einem deutlichen Anstieg der Herz- frequenz, der stärker ausgeprägt ist als mit Isofl u- ran.

Bei Patienten unterschiedlichen Alters sowie bei Patienten mit Herzerkrankungen verändert sich die Herzfrequenz ebenfalls nicht wesentlich.

Bei Kindern treten unter Sevofl uran signifi kant weniger Bradykardien auf als mit Halothan.

!Die Stabilität der Herzfrequenz unter Sevofl uran ist besonders bei Koronarkranken ein erwünsch- ter Effekt.

Arrhythmogene Wirkung. Wie Isofl uran und Des- fl uran prädisponiert auch Sevofl uran nicht zu ventrikulärer Arrhythmie und bewirkt auch kei- ne Sensibilisierung des Myokards gegenüber der arrhythmogenen Wirkung von exogen zugeführ- tem Adrenalin. Erst bei Dosen von mehr als 5 µg/

kgKG wurden bei etwa 30 % der Patienten mehr als 2 ventrikuläre Extrasystolen ausgelöst. Insge- samt besteht somit – im Gegensatz zu Halothan – ein relativ geringer arrhythmogener Effekt von Sevofl uran bezogen auf exogene oder endogene Katecholamine.

Arterieller Blutdruck. Wie alle volatilen Anästhe- tika senkt auch Sevofl uran dosisabhängig den ar- teriellen Blutdruck und den peripheren Gefäßwi-

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1.1 · Inhalationsanästhetika

derstand. Der Effekt entspricht weitgehend denen äquipotenter Dosen von Isofl uran und Desfl uran, ist aber signifi kant geringer ausgeprägt als mit Ha- lothan. Die blutdrucksenkende Wirkung beruht nach tierexperimentellen Befunden wahrschein- lich v. a. auf einem direkten Effekt an der Gefäß- muskelzelle, weniger auf einer endothelvermittel- ten Gefäßdilatation. Hinzu kommen aber direkte myokardiale Wirkungen und eine zentrale Dämp- fung des Sympathikotonus.

Myokardkontraktilität. Die Wirkungen von Se- vofl uran auf die Myokardkontraktilität entspre- chen weitgehend denen von Desfl uran und Isofl u- ran: Im Tierexperiment bewirken alle 3 Substanzen eine vergleichbare Abnahme verschiedener Para- meter der Myokardkontraktilität. Die negativ-ino- trope Wirkung von Sevofl uran ist, wie bei Desfl u- ran und Isofl uran, dosisabhängig. Mit 1 MAC neh- men die Kontraktilitätsparameter von Sevofl uran um etwa 25 % ab, unabhängig vom Tonus des auto- nomen Nervensystems. Sevofl uran bewirkt beim Hund außerdem eine dosisabhängige Störung der diastolischen Ventrikelfunktion (Zunahme der isovolumetrischen Relaxationszeit, Abnahme der raschen ventrikulären Füllung). Hingegen fand sich bei gesunden Versuchspersonen mit Konzen- trationen bis zu 2 MAC keine Abnahme der Myo- kardkontraktilität durch Sevofl uran. In einer ver- gleichenden Untersuchung an ASA-I- und II-Pati- enten ergab sich für die Sevofl uran/Lachgas-An- ästhesie eine geringere negativ-inotrope Wirkung als für Enfl uran/Lachgas.

Herzzeitvolumen. Im Tierexperiment bewirkt Se- vofl uran in äquipotenten Dosen einen dem Isofl u- ran vergleichbaren Abfall des Herzzeitvolumens.

Bei gesunden Versuchspersonen führt Sevofl uran in Konzentrationen von 1, 1,5 und 2 MAC ebenfalls zu einer dosisabhängigen Abnahme des Herzzeit- volumens und der linksventrikulären Schlagar- beit, im Ausmaß vergleichbar der Wirkung von Isofl uran.

Koronardurchblutung. Im Tierexperiment be- wirkt Sevofl uran eine dosisabhängige Abnahme der Koronardurchblutung und des myokardialen O2-Verbrauchs sowie des koronaren Gefäßwider-

stands; die koronardilatierende Wirkung von Se- vofl uran scheint aber geringer ausgeprägt zu sein als die von Isofl uran oder Halothan, sodass, zu- mindest im Tierexperiment, kein koronarer Steal- effekt auftritt.

Koronare Herzkrankheit. Bei Patienten mit koro- narer Herzkrankheit, die sich einem nichtkardio- chirurgischen Eingriff unterziehen mussten, er- gab sich kein Unterschied in der Häufi gkeit perio- perativer Myokardischämien zwischen Sevofl uran und Isofl uran. Vergleichbare Ergebnisse fanden sich auch in einer Untersuchung an koronarchir- urgischen Patienten, bei denen eine Fentanyl/Mi- dazolam-Anästhesie mit Sevofl uran oder Isofl u- ran supplementiert wurde.

Führt Sevofl uran zu Blutdruckanstieg und Tachy- kardie in der Einleitungsphase? Im Gegensatz zu Desfl uran bewirkt Sevofl uran in der Einleitungs- phase der Narkose weder bei gesunden Versuchs- personen noch bei Patienten eine sympathoadre- nerge Reaktion mit Hypertonie und Tachykardie, wenn die inspiratorischen Konzentrationen rasch über 1 MAC hinaus gesteigert werden. Stattdessen führen ansteigende Sevofl urankonzentrationen regelmäßig zum Blutdruckabfall.

1.1.4 Lachgas

Lachgas gehört zu den nach wie vor in der Herz- chirurgie eingesetzten Inhalationsanästhetika.

Wegen ihrer geringen Potenz dient die Substanz jedoch fast ausschließlich der Supplementierung anderer Anästhetika. Beim Herzgesunden sind die kardiovaskulären Wirkungen gering. Zwei Kom- ponenten lassen sich unterscheiden:

1. eine direkt negativ-inotrope Wirkung, nach- weisbar im Ballistokardiogramm von Ver- suchspersonen sowie im Herz-Lungen-Prä- parat des Hundes und am isolierten Papillar- muskel der Katze. Hierbei ist die negativ-ino- trope Wirkung geringer ausgeprägt als die von Halothan und Enfl uran.

2. eine zentrale Aktivierung des sympathoa- drenergen Systems mit Anstieg der Katechol- aminkonzentration sowie Zunahme des peri-

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pheren Gefäßwiderstandes und des arteriel- len Blutdrucks.

Die Herzfrequenz wird nicht beeinfl usst, ebenso- wenig der Herzrhythmus, auch konnte beim Men- schen, trotz sympathoadrenerger Aktivierung, keine Sensibilisierung des Myokards gegen Adre- nalin (wie bei den anderen Inhalationsanästheti- ka) nachgewiesen werden. Durch die Kombinati- on mit anderen Anästhetika werden die kardio- vaskulären Wirkungen von Lachgas modifi ziert.

Inhalationsanästhetika: Zufuhr von 70 % Lach- gas während einer stabilen Halothananästhesie bewirkt einen Anstieg von arteriellem Blutdruck, zentralem Venendruck und peripherem Gefäßwi- derstand, vermutlich durch sympathoadrenerge Aktivierung, während Herzfrequenz, Schlagvolu- men und Herzzeitvolumen unverändert bleiben.

Unter Isofl uran sind diese Wirkungen geringer ausgeprägt, für Enfl uran sind die Ergebnisse wi- dersprüchlich: Beschrieben werden keine Verän- derungen, aber auch eine Abnahme der Herzfre- quenz sowie ein Anstieg des Herzzeitvolumens.

Opioide: Wird Lachgas während einer Basis- narkose mit Opioiden wie Fentanyl beim nicht chirurgisch stimulierten Patienten zugeführt, können folgende Wirkungen beobachtet werden:

Abnahme von arteriellem Blutdruck, Schlagvolu- men und Herzzeitvolumen, evtl. auch der Herz- frequenz sowie Zunahme des peripheren Gefäß- widerstands. Nach Unterbrechung der Lachgaszu- fuhr kehren Blutdruck und Schlagvolumen in den Ausgangsbereich zurück, während die Herzfre- quenz weiter erniedrigt bleiben kann.

Benzodiazepine: Zufuhr von Lachgas unmit- telbar nach der Narkoseeinleitung mit Diazepam oder Midazolam bewirkt gewöhnlich nur geringe kardiovaskuläre Veränderungen, schützt jedoch nicht vor der sympathoadrenergen Reaktion durch den Intubationsreiz.

Weiterhin muss beachtet werden, dass die kar- diovaskulären Wirkungen von Lachgas durch zahlreiche andere Faktoren und Interaktionen modifi ziert werden können, z. B. durch Muskelre- laxanzien, Intubationsreiz, chirurgische Stimula- tion und insbesondere durch Herzerkrankungen.

Abhängig vom Schweregrad der jeweiligen Herz-

erkrankung können folgende ungünstige kardio- vaskuläre Wirkungen auftreten:

5 Abnahme der Myokardkontraktilität und des Herzzeitvolumens,

5 Abfall des arteriellen Blutdrucks; Anstieg des peripheren Gefäßwiderstandes,

5 bei Patienten mit vorbestehender pulmonaler Hypertonie: weitere Zunahme des pulmona- len Gefäßwiderstandes, bei schweren Formen mit Gefahr des Rechtsherzversagens.

! Cave

Bei Patienten mit schweren Störungen der Myokardfunktion können die kardiovaskulären Wirkungen von Lachgas so ausgeprägt sein, dass die Zufuhr reduziert oder sogar eingestellt werden muss!

Häufi g besteht auch in der unmittelbaren Postby- passphase bei zahlreichen Patienten eine gestei- gerte Empfi ndlichkeit des Myokards gegenüber Lachgas (und anderen Anästhetika), sodass ent- sprechende Vorsicht geboten ist (7Kap. 3).

Einsatz in der Herzchirurgie

Die Indikationen für die Verwendung von Lachgas in der Herzchirurgie entsprechen denen für ande- re Eingriffe:

5 Adjuvans für die »Opioidanästhesie«, um Hypnose und Amnesie hervorzurufen.

5 Supplement für volatile Inhalationsanästheti- ka, um deren Dosisbedarf herabzusetzen und damit ihre kardiovaskulär dämpfenden Wir- kungen zu vermindern.

Hierbei sollte folgendes beachtet werden:

5 Patienten mit koronarer Herzkrankheit und deutlich eingeschränkter Funktion des linken Ventrikels reagieren empfi ndlicher auf die ne- gativ-inotropen Wirkungen von Lachgas als Herzgesunde. Bei der Kombination von hoch- dosierten Opioiden mit Lachgas sind diese Wirkungen noch ausgeprägter.

5 In ähnlicher Weise reagieren auch Patienten mit schweren Herzklappenerkrankungen stärker auf Lachgas; wiederum sind die Wir- kungen stärker ausgeprägt, wenn die Sub-

(9)

stanz mit hochdosierten Opioiden kombi- niert wird.

5 Bei Patienten mit schwerer pulmonaler Hy- pertonie sollte auf die Zufuhr von Lachgas verzichtet werden.

5 Lachgas verstärkt die durch hochpotente Opi- oide hervorgerufene Thoraxwandrigidität.

5 Kombination mit volatilen Inhalationsanäs- thetika unterdrückt wahrscheinlich die sym- pathoadrenerge Aktivierung durch Lachgas, sodass die negativ-inotropen Effekte beider Substanzgruppen stärker hervortreten und sich als Blutdruckabfall manifestieren kön- nen.

5 Bei schwerer Beeinträchtigung der Herz- Kreislauf-Funktion (klinisch: starker Blut- druckabfall) durch Lachgas bei Patienten mit Ventrikelfunktionsstörungen muss die Zu- fuhr sofort unterbrochen werden. Gewöhn- lich kehren die hämodynamischen Parame- ter dann innerhalb weniger Minuten zu den Ausgangswerten zurück. Eine längerdauern- de Beeinträchtigung ist jedoch ebenfalls mög- lich.

1.2

Intravenöse Anästhetika

In der Herzchirurgie werden i. v.-Anästhetika für die Einleitung der Narkose verwendet, weiterhin als kontinuierliche Infusion oder wiederholte In- jektion kleiner Boli zur Supplementierung ande- rer Anästhetika. Wie bei den Inhalationsanästhe- tika entstehen die kardiovaskulären Wirkungen der i. v.-Anästhetika (.Tabelle1-2) durch direkte Beeinfl ussung des Myokards und der Gefäße, aber auch durch direkte und indirekte Wirkungen auf das autonome Nervensystem. Daneben müssen unter klinischen Bedingungen zahlreiche modifi - zierende Faktoren beachtet werden, z. B.:

5 Injektionsgeschwindigkeit und Dosis, 5 Interaktion mit Prämedikationssubstanzen,

Begleitmedikation, anderen Anästhetika, Opi- oiden, Sedativa und Hypnotika, Muskelrela- xanzien usw.,

5 Hyper- und Hypokapnie,

5 Volumenstatus des Patienten, insbesondere Hypovolämie,

5 reduzierter Allgemeinzustand, 5 Alter und Geschlecht,

5 chirurgische Stimulation.

1.2 · Intravenöse Anästhetika

.Tabelle 1-2. Kardiovaskuläre Wirkungen von i.v.-Anästhetika

Substanz Mittlerer arterieller Druck

Herzfre- quenz

HZV Myokard-

kontraktilität

Systemischer Gefäßwider- stand

Venodila- tation

Thiopental ↓ oder ↑ ausge-

prägt

Metho hexital ↑↑ ↓ oder ↑ mäßig

Etomidat 0 0 0 0 0 0

Propofol ↓↓ starker ausge-

prägt

Ketamin ↑↑ ↑↑ ↑ oder ↓ a ↑ oder ↓ * 0

Midazolam 0 oder ↓ oder ↑ 0 oder 0 ↓ oder 0 mäßig

0 = keine Veränderung; ↓ Abfall, Abnahme; ↑ Anstieg, Zunahme.

a Veränderungen abhängig von der sympathoadrenergen Reserve

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1.2.1 Barbiturate

Die Barbiturate gehören nach wie vor zu den welt- weit am häufi gsten für die Narkoseeinleitung ver- wendeten Substanzen, auch in der Herzchirurgie.

Von Bedeutung sind v. a. Thiopental und Metho- hexital, beides »ultrakurzwirksame« Anästhetika.

Methohexital ist 3mal stärker hypnotisch wirk- sam als Thiopental, auch ist die Eliminationshalb- wertszeit kürzer (4 h gegenüber 8–12 h). Bei den kardiovaskulären Wirkungen bestehen keine we- sentlichen qualitativen Unterschiede.

Blutdruck. Einleitungsdosen von Thiopental (3–

5 mg) und Methohexital (1–2 mg) bewirken beim Herzgesunden einen Abfall des arteriellen Mittel- drucks um etwa 10–15 %, bedingt durch einen Ab- fall des Herzzeitvolumens und eine Abnahme des venösen Rückstroms aufgrund einer Venodilatati- on mit venösem Pooling. Der periphere Gefäßwi- derstand nimmt unter beiden Substanzen zu. Der Blutdruckabfall soll unter Methohexital stärker ausgeprägt sein als unter Thiopental.

Herzfrequenz. Beide Substanzen bewirken einen Anstieg der Herzfrequenz um etwa 10–36 %, viel- leicht bedingt durch eine barorefl exinduzierte Sti- mulation des Herzens. Herzrhythmusstörungen, meist ventrikuläre Extrasystolen, treten bei bis zu 20 % aller Patienten auf. Wichtigste Ursache soll eine Hyperkapnie aufgrund der barbiturat- induzierten Atemdepression sein. Entsprechend ist dieser Effekt bei spontan atmenden Patienten häufi ger zu beobachten.

Myokardkontraktilität. Barbiturate wirken dosi- sabhängig negativ-inotrop, vermutlich aufgrund einer Beeinträchtigung des Kalziumeinstroms in die Herzmuskelzelle.

Schlagvolumen und Herzzeitvolumen. Das Schlag- volumen nimmt unter beiden Substanzen, v. a. auf- grund der negativ-inotropen Wirkung, um etwa 10–35 % ab. Das Herzzeitvolumen kann mit nied- rigeren Dosen um etwa 10–25 % abfallen, mit ho- hen Dosen sogar um 50 %. Die Reaktion des Herz- zeitvolumens ist jedoch variabel und hängt, abge- sehen von der Dosis, auch von der Injektionsge-

schwindigkeit und den sich entwickelnden Kom- pensationsreaktionen (Refl extachykardie, Zunah- me des Sympathikotonus) ab.

Barorezeptorenrefl exe. Die Aktivität der Barore- fl exe wird durch Barbiturate beeinträchtigt, aller- dings in geringerem Maße als durch Inhalations- anästhetika.

Koronardurchblutung und myokardialer O2-Ver- brauch. Thiopental und Methohexital bewirken eine Zunahme des myokardialen O2-Verbrauchs um bis zu 50 %, bedingt durch den Anstieg der Herzfrequenz und abhängig von deren Ausmaß.

Die Koronardurchblutung nimmt entsprechend zu. Beim Herzgesunden bleibt das myokardia- le O2-Gleichgewicht unter beiden Substanzen er- halten.

Einsatz in der Herzchirurgie

Während beim Herzgesunden die kardiovaskulä- ren Wirkungen von Thiopental und Methohexital gewöhnlich von geringer Bedeutung sind, muss beim Herzkranken mit einer stärkeren Beeinträch- tigung gerechnet werden. Daher ist bei diesen Pa- tienten besondere Vorsicht geboten.

Im einzelnen sollte folgendes beachtet wer- den:

5 Bei kompensierter Herzerkrankung können Thiopental und Methohexital verwendet wer- den. Die Injektion sollte langsam erfolgen, die Dosis möglichst niedrig gewählt werden.

5 Bei eingeschränkter kardiovaskulärer Reser ve bzw. manifester Herzinsuffi zienz sowie Herz- tamponade oder Hypovolämie sollten die Substanzen möglichst nicht eingesetzt wer- den, um einen schweren Abfall von Blutdruck und Herzzeitvolumen zu vermeiden.

5 Thiopental und Methohexital blockieren häu- fi g nicht die sympathoadrenerge Reaktion auf Laryngoskopie und endotracheale Intubation:

Arterieller Blutdruck und Herzfrequenz kön- nen drastisch ansteigen – ein unerwünsch- ter Effekt, der meist durch Vorinjektion von 0,01 mg/kgKG Fentanyl verhindert werden kann.

5 Der durch beide Substanzen ausgelöste An- stieg der Herzfrequenz ist beim Koronarkran-

(11)

ken wegen der hierdurch bewirkten Steige- rung des myokardialen O2-Verbrauchs ein unerwünschter Effekt. Ungünstig ist bei die- sen Patienten auch der Abfall des mittleren Aortendrucks, weil hierdurch der koronare Perfusionsdruck kritisch vermindert werden kann. Darum: langsame Injektion und niedri- ge Dosierung!

5 Bei Patienten mit schweren Herzklappener- krankungen oder kongenitalen Vitien können Thiopental und Methohexital die Myokard- funktion schwerwiegend beeinträchtigen.

Hier sollte möglichst ein anderes Einleitungs- anästhetikum gewählt werden.

5 Eine hirnprotektive Wirkung von Thiopental und Methohexital, vor und während des kar- diopulmonalen Bypasses zugeführt, ist bisher nicht erwiesen.

1.2.2 Etomidat

Etomidat (Etomidat-Lipuro) ist das Einleitungs- anästhetikum mit der größten hypnotischen Po- tenz, außerdem die Substanz mit den geringsten kardiovaskulären Wirkungen. Wegen seiner gro- ßen Sicherheitsbreite wird Etomidat v. a. bei kardi- alen Risikopatienten eingesetzt, erfüllt jedoch kei- neswegs alle Anforderungen in optimaler Weise.

Blutdruck. Beim Herzgesunden oder Patienten mit kompensierter Herzkrankheit ändert sich der arterielle Blutdruck nach Einleitungsdosen von Etomidat (0,3 mg/kgKG) zumeist nicht wesent- lich, ebenso bei Koronarkranken mit guter Vent- rikelfunktion. Peripherer Gefäßwiderstand, rech- ter Vorhofdruck, pulmonalarterieller und -kapil- lärer Druck bleiben ebenfalls im Wesentlichen un- verändert. Bei alten Patienten bewirkt Etomidat hingegen häufi g einen Blutdruckabfall, besonders wenn wesentliche Begleiterkrankungen bestehen.

Auch bei Patienten mit Aorten- oder Mitralklap- penfehlern können der systolische und diastoli- sche Blutdruck um jeweils etwa 20 % abnehmen.

Pulmonalarteriendruck und Lungenkapillaren- verschlussdruck nehmen ebenfalls ab. Während des kardiopulmonalen Bypasses zugeführt, be- wirkt Etomidat eine leichte Vasodilatation.

Herzfrequenz. Sie ändert sich unter Etomidat ge- wöhnlich nicht, jedoch wird bei älteren, unstimu- lierten chirurgischen Patienten öfter eine Brady- kardie beobachtet.

Myokardkontraktilität. Beim Herzgesunden sind negativ-inotrope Wirkungen kaum nachweis- bar, während bei Herzkranken des funktionellen Schweregrades III die Myokardkontraktilität in geringem Maße beeinträchtigt werden kann (Ab- nahme von dp/dtmax bei unveränderter Herzfre- quenz und LVEDP).

Schlagvolumen und Herzzeitvolumen. Beide Para- meter bleiben beim Herzgesunden insgesamt un- verändert, gelegentlich wird ein leichter Anstieg des Herzzeitvolumens bei geringfügigem Abfall des mittleren Aortendrucks und des peripheren Gefäßwiderstands beobachtet. Bei Patienten mit Herzklappenerkrankungen kann das Herzzeitvo- lumen nach 0,3 mg/kgKG Etomidat um etwa 13 % abfallen.

Koronardurchblutung und myokardialer O2-Ver- brauch. Bei unveränderter Hämodynamik unter Etomidat sind auch keine Veränderungen des my- okardialen O2-Verbrauches nachweisbar. Die Ko- ronardurchblutung kann jedoch beim Herzgesun- den um bis zu 20 % zunehmen, bedingt durch ei- ne geringe koronardilatierende Wirkung von Eto- midat.

Interaktionen. Die gleichzeitige Zufuhr anderer Anästhetika hat beim Herzgesunden nur geringen Einfl uss auf die kardiovaskulären Wirkungen von Etomidat. Hingegen muss beim Herzkranken mit eingeschränkter Ventrikelfunktion mit stärkeren Reaktionen gerechnet werden, wenn Etomidat mit Benzodiazepinen, Fentanyl oder Lachgas kombi- niert wird.

Einsatz in der Herzchirurgie

Theoretisch betrachtet wäre Etomidat ein nahe- zu ideales Einleitungsanästhetikum für den Herz- kranken, weil die kardiovaskulären Nebenwir- kungen wesentlich geringer sind als die aller an- deren Anästhetika. Die Substanz weist jedoch ei- nige nachteilige Wirkungen auf, die ihren Wert 1.2 · Intravenöse Anästhetika

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einschränken. Hierzu gehören u. a.: Myokloni, deren Prävention die Vorinjektion eines Opioids in ausreichender Dosierung erfordert; Blockie- rung der Kortisolsynthese in der Nebennierenrin- de, die eine kontinuierliche Infusion von Etomi- dat nach allgemeiner Auffassung verbietet; oft un- genügende sympathoadrenerge Refl exdämpfung mit Blutdruckanstieg und Tachykardie bei der en- dotrachealen Intubation. Trotz dieser Vorbehalte gilt aber:

!Etomidat ist das Einleitungsanästhetikum der Wahl beim kardiovaskulären Risikopatienten.

Folgendes sollte klinisch beachtet werden:

5 Indiziert ist Etomidat besonders bei Herzin- suffi zienz, Herztamponade oder Hypovolämie sowie bei Notfalloperationen. Bei guter Vent- rikelfunktion sind hingegen die Vorteile, ge- messen an den Nebenwirkungen, eher gering.

5 Bei schwerer Herzerkrankung, insbesondere Herzklappenfehlern sowie der Kombination von koronarer Herzkrankheit und Klappen- fehler, kann auch Etomidat die Herzfunkti- on beeinträchtigen bzw. zum Blutdruckabfall führen. Daher sollte bei diesen Patienten die Substanz langsam injiziert und evtl. die Dosis reduziert werden.

5 Blutdruckanstieg und/oder Tachykardie wäh- rend der endotrachealen Intubation sind ty- pische Reaktionen, wenn Etomidat zur Nar- koseeinleitung verwendet wird, da die Sub- stanz ein reines Hypnotikum ist. Diese Reak- tionen sind beim Herzkranken gefährlich und darum grundsätzlich unerwünscht! Zur Prä- vention ist die Injektion einer ausreichend hohen Fentanyldosis (ca. 7–10 µg/kgKG) eini- ge Minuten vor der Intubation erforderlich.

1.2.3 Propofol

Propofol ist ein rasch und kurz wirkendes Hypno- tikum ohne analgetische Eigenschaften. Die Sub- stanz wird v. a. zur Narkoseeinleitung verwendet, kann jedoch auch zur Supplementierung von Opi- oiden als kontinuierliche Infusion zugeführt wer- den. Für die Narkoseeinleitung sind Dosen von et-

wa 1,5–3,5 mg/kgKG erforderlich, für die kontinu- ierliche Infusion (nach Bolusinjektion) etwa 3–

12 mg/kgKG/h.

Blutdruck. Propofol bewirkt bei Versuchsperso- nen einen Abfall des systolischen und diastoli- schen Blutdrucks um durchschnittlich 10–20 und 5–15 mmHg; der Pulmonalarteriendruck nimmt ebenfalls ab. Bei chirurgischen Patienten ist der Blutdruckabfall variabel und kann bis zu 55 % vom Ausgangswert betragen. Modifi zierende Fak- toren sind u. a.: Dosis, Prämedikation, gleichzei- tige Zufuhr von Opioiden und Benzodiazepinen oder Lachgas, chirurgische Stimulation, Hypovolä- mie, Sympathikotonus, Begleiterkrankungen, Al- ter. Mit ausgeprägter Hypotension ist v. a. bei geri- atrischen Patienten und bei Herzkranken zu rech- nen. Der Blutdruckabfall durch Propofol beruht v. a. auf einem Abfall des Herzzeitvolumens; Vaso- dilatation spielt jedoch ebenfalls eine Rolle, da der periphere Gefäßwiderstand abnimmt.

Herzfrequenz. Die Reaktion der Herzfrequenz auf Propofol ist variabel: beschrieben wurden kei- ne Veränderungen sowie Abnahme oder Zunah- me. Bei Herzgesunden sollen die Veränderun- gen der Herzfrequenz weniger ausgeprägt sein als nach Methohexital oder Thiopental. Nach Injek- tion oder während einer kontinuierlichen Infusi- on von Propofol sind andererseits schwere Brady- kardien beobachtet worden, insbesondere bei Pa- tienten unter β-Blockertherapie sowie bei unsti- mulierten geriatrischen Patienten.

Myokardkontraktilität. Die bisher vorliegenden Befunde weisen auf eine dosisabhängige negativ- inotrope Wirkung von Propofol hin. Die negativ- inotropen Wirkungen sollen ausgeprägter sein als die von Thiopental und auch länger anhalten.

Schlagvolumen und Herzzeitvolumen. Schlagvo- lumen und Herzzeitvolumen fallen unter Propofol signifi kant ab (um bis zu etwa 35 %), v. a. bedingt durch die negativ-inotrope Wirkung. Abnahme des Preloads und Bradykardie können ebenfalls zum Abfall des Herzzeitvolumens beitragen, ins- besondere bei geriatrischen Patienten.

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Koronardurchblutung und myokardialer O2-Ver- brauch. Blutdruckabfall, Bradykardie und nega- tive Inotropie bewirken eine Abnahme des myo- kardialen O2-Verbrauchs unter Propofol. Die Ko- ronardurchblutung nimmt ebenfalls ab. Die koro- narvenöse O2-Sättigung steigt leicht an, die arterio- koronarvenöse O2-Gehaltsdifferenz wird kleiner – Hinweise auf eine geringe koronardilatierende Wirkung von Propofol.

Einsatz in der Herzchirurgie

Grundsätzliche Nachteile sind die blutdrucksen- kende und die negativ-inotrope Wirkung, eben- so die potenzielle Bradykardie, die bei Patienten unter β-Blockertherapie möglicherweise häufi ger auftritt und evtl. auch stärker ausgeprägt ist. Die ungünstigen kardiovaskulären Wirkungen sind beim Herzkranken zumeist deutlich stärker aus- geprägt, sodass entsprechende Vorsicht geboten ist: langsame Injektion und Reduktion der Dosis!

Zur Unterdrückung der sympathoadrenergen Re- aktion auf die Intubation empfi ehlt sich die Vor- injektion eines Opioids. Über die Sicherheit der Substanz bei den einzelnen Herzfehlern ist bisher wenig bekannt. Hier müssen systematische und umfassende Untersuchungen zunächst abgewar- tet werden. Aus den bisher vorliegenden Befun- den ergibt sich jedoch Folgendes:

! Cave

Propofol sollte beim kardiovaskulären Risikopati- enten mit eingeschränkter Ventrikelfunktion nicht für die Narkoseeinleitung eingesetzt werden.

Hingegen kann die Substanz in Kombination mit Fentanyl oder Sufentanil bei Patienten mit koro- narer Herzkrankheit und guter Ventrikelfunkti- on für die Narkoseeinleitung verwendet werden.

Aufrechterhaltung der Narkose mit Propofol- und Opioidinfusion in 7Kap.1.4.

1.2.4 Ketamin

Ketamin gehört wegen seiner Nebenwirkungen nicht zu den Standardnarkoseeinleitungsmitteln, sondern ist im Wesentlichen besonderen Indikati- onen vorbehalten. Die kardiovaskulären Wirkun-

gen sind v. a. gekennzeichnet durch eine Stimula- tion des Herz-Kreislauf-Systems mit Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz. Wichtigste Ursache für die kardiovaskuläre Stimulation ist sehr wahr- scheinlich eine zentrale Aktivierung des sympa- thoadrenergen Systems und nicht eine periphere Wirkung. Außerdem setzt Ketamin Noradrenalin frei und hemmt vermutlich, wie Kokain, die Wie- deraufnahme von Noradrenalin in die Nervenen- digungen.

Blutdruck. Einleitungsdosen von Ketamin (0,5–

2 mg/kgKG) steigern beim Herzgesunden den ar- teriellen Mitteldruck um bis zu 30 %, bei einigen Patienten auch stärker. Der Effekt ist von der Do- sis unabhängig. Peripherer Gefäßwiderstand, pul- monaler Gefäßwiderstand und Pulmonalarteri- endruck nehmen ebenfalls zu, während der rechte Vorhofdruck sich nicht ändert.

Herzfrequenz. Ketamin bewirkt einen Anstieg der Herzfrequenz bzw. eine Tachykardie um bis zu 37 %. Wie der Blutdruckanstieg ist auch die Zu- nahme der Herzfrequenz bei den einzelnen Pa- tienten unterschiedlich stark ausgeprägt, jedoch ebenfalls nicht von der Dosis abhängig.

Myokardkontraktilität. Ketamin wirkt am Papil- larmuskel und am isolierten Herzen wie auch beim intakten Tier direkt negativ. In vivo wird dieser Effekt jedoch gewöhnlich durch die zen- trale Sympathikusaktivierung überspielt, sodass nach der ersten Injektion sogar eine Steigerung der Kontraktilität nachgewiesen werden kann.

Bei Nachinjektionen sollen die negativ-inotropen Wirkungen stärker hervortreten und sich als Ab- fall von Blutdruck und Herzzeitvolumen manifes- tieren.

Schlagvolumen und Herzzeitvolumen. Der Schlag- volumenindex kann bei Herzgesunden um bis zu 24 % abnehmen. Das Herzzeitvolumen steigt auf- grund der Tachykardie und evtl. Kontraktilitäts- zunahme leicht an oder bleibt unverändert.

Koronardurchblutung und myokardialer O2-Ver- brauch. Blutdruckanstieg und Tachykardie stei- gern die Herzarbeit, entsprechend nehmen der 1.2 · Intravenöse Anästhetika

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myokardiale O2-Verbrauch und die Koronar- durchblutung zu, bei unprämedizierten Freiwil- ligen um bis zu 70 %. Diese Wirkungen sind aus- schließlich hämodynamisch bedingt: Ist die hä- modynamische Stimulation geringer ausgeprägt, nehmen auch der myokardiale O2-Verbrauch und die Koronardurchblutung weniger zu.

Interaktionen. Durch Vorinjektion von Benzodi- azepinen (z. B. Midazolam, Diazepam, Flunitraze- pam) können der Blutdruckanstieg und die Tachy- kardie durch Ketamin zumeist – jedoch nicht im- mer – verhindert werden. Auch durch Kombinati- on mit Allgemeinanästhetika wie Halothan, Enfl u- ran oder Isofl uran kann der gleiche Effekt erzielt werden, allerdings treten dann die negativ-ino- tropen Effekte von Ketamin stärker hervor; Blut- druck und Herzzeitvolumen fallen ab; außerdem wird der MAC-Wert vermindert. β-Blocker, Kal- ziumantagonisten, Phenoxybenzamin und Phen- tolamin sind ebenfalls (mit wechselndem Erfolg) eingesetzt worden, um die kardiovaskuläre Stimu- lation abzuschwächen.

Einsatz in der Herzchirurgie

Ketamin ist eine umstrittene Substanz; und dies gilt in besonderem Maße für den Einsatz in der Herzchirurgie. Klinisch sollte folgendes beachtet werden:

5 Ketamin sollte nur bei besonderer Indikation angewandt werden, z. B. bei Herztamponade, Hypovolämie, möglicherweise auch bei mani- fester Herzinsuffi zienz.

5 Ketamin sollte nicht als Monosubstanz, son- dern in Kombination mit anderen Anästheti- ka, v. a. aber mit Benzodiazepinen (z. B. Mida- zolam) zugeführt werden, um die kardiovas- kulären Reaktionen zu unterdrücken.

5 Bei Kindern mit kongenitalen Herzfehlern kann Ketamin für die Narkoseeinleitung (i.m.

oder i. v.) verwendet werden, jedoch muss grundsätzlich mit den gleichen kardiovasku- lären Reaktionen wie beim Erwachsenen ge- rechnet werden.

5 Bei Koronarkranken sollte Ketamin wegen der Steigerung des myokardialen O2-Bedarfs nicht eingesetzt werden, ebenfalls nicht bei Hypertonikern sowie allen anderen Erkran-

kungen, bei denen eine Tachykardie oder ein Blutdruckanstieg vermieden werden muss.

1.3

Benzodiazepine

Die Benzodiazepine werden wegen ihrer gerin- gen kardiovaskulären Wirkungen häufi g in der Herzchirurgie eingesetzt, v. a. zur Prämedikation und als Adjuvanzien während der Narkoseeinlei- tung sowie intraoperativ zur Supplementierung von hochpotenten Opioiden. Die am meisten ge- bräuchlichen Substanzen sind Diazepam, Mida- zolam und Flunitrazepam. Sie unterscheiden sich v. a. in Wirkungsstärke und Pharmakokinetik, während die kardiovaskulären (wie auch andere Wirkungen) im Wesentlichen gleich sind.

1.3.1 Diazepam

Die Substanz wird v. a. für die orale Prämedikati- on eingesetzt. Als Einleitungshypnotikum ist Di- azepam wenig geeignet, da die Wirkung langsam einsetzt, die hypnotische Wirkung nicht sicher ist und sympathoadrenerge Reaktionen auf den In- tubationsreiz nicht zuverlässig ausgeschaltet wer- den. Beim Herzgesunden sind die kardiovaskulä- ren Wirkungen gering, ebenso beim kompensiert Herzkranken. Nach i. v.-Injektion von 0,1–0,5 mg/

kgKG Diazepam können folgende Wirkungen ein- treten:

5 Der mittlere Aortendruck fällt leicht ab (etwa 20 %) oder bleibt unverändert. Die Wirkung ist unabhängig von der Dosis und der Injek- tionsgeschwindigkeit. Auch bei Patienten mit Koronarkrankheit oder Herzklappenerkran- kungen ist meist ein nur geringer Blutdruck- abfall zu beobachten.

5 Die Herzfrequenz bleibt unverändert oder nimmt leicht zu (etwa 13 %), gelegentlich auch etwas ab (9 %).

5 Die Myokardkontraktilität wird beim Men- schen kaum beeinträchtigt; das Schlagvolu- men kann leicht abnehmen (etwa 10 %), das Herzzeitvolumen ändert sich nicht. Auch bei Koronarkranken und bei Patienten mit Herz- klappenerkrankungen sind die myokardia-

(15)

len Wirkungen von Diazepam gering. Erhöh- te Pulmonalarteriendrücke wie auch erhöh- te linksventrikuläre enddiastolische Drücke können unter Diazepam abnehmen.

5 Bei den Interaktionen muss beachtet werden, dass Diazepam in Kombination mit Opioiden wie Fentanyl einen stärkeren Blutdruckabfall hervorrufen kann, als wenn die Substanz je- weils allein zugeführt wird. Ursache soll eine stärkere Abnahme des Sympathikotonus un- ter der Kombination sein. Bei Patienten mit Herzklappenfehlern kann, neben dem arteri- ellen Blutdruck, auch das Herzzeitvolumen si- gnifi kant abfallen.

5 In der Herzchirurgie können kardiovaskulä- re Risikopatienten mit Diazepam eingeleitet werden. Hier ist jedoch Etomidat wegen der zuverlässigen Wirkung bei ebenfalls sehr ge- ringen Nebenwirkungen vorzuziehen.

1.3.2 Midazolam

Diese wasserlösliche Substanz weist einen raschen Wirkungseintritt bei relativ kurzer Wirkungsdau- er und Eliminationshalbwertszeit auf. Die kardi- ovaskulären Wirkungen sind gering, aus diesem Grund wird die Substanz häufi g in der Herzchi- rurgie eingesetzt, meist zur intraoperativen Sup- plementierung von Opioiden (v. a. wenn kein Lach- gas zugeführt wird), daneben zur Narkoseeinlei- tung von Risikopatienten (hypnotischer Effekt nicht immer zuverlässig!) sowie für die orale und rektale Prämedikation von Kindern. Im einzelnen können folgende kardiovaskuläre Wirkungen auf- treten:

5 Der arterielle Blutdruck fällt nach i. v.-Einlei- tungsdosen (0,2–0,5 mg/kgKG) um etwa 20 % ab – oft nicht sofort, sondern nach etwa 4–

5 min. Die Wirkung von Midazolam auf den Blutdruck ist stärker ausgeprägt als die von Diazepam. Bei Hypovolämie ist mit stärkeren Blutdruckabfällen zu rechnen.

5 Die Herzfrequenz kann unter Midazolam un- verändert bleiben oder um 10–20 % zuneh- men.

5 Die Myokardkontraktilität wird beim Men- schen nur wenig beeinträchtigt, möglicher-

weise jedoch stärker als mit Diazepam. Das Schlagvolumen kann leicht abnehmen, das Herzzeitvolumen bleibt unverändert oder steigt leicht an (Herzfrequenzzunahme!). Die Füllungsdrücke (LVEDP) können unter Mi- dazolam deutlich abfallen. Koronardurchblu- tung und myokardialer O2-Verbrauch ändern sich im Wesentlichen gleichsinnig zu den hä- modynamischen Veränderungen, d. h. ei- ne entsprechend geringe Abnahme bei gerin- gen Veränderungen der hämodynamischen Determinanten des myokardialen O2-Ver- brauchs.

5 Unter den möglichen Interaktionen ist v. a. die mit Opioiden von Bedeutung. Die Kombina- tion von Midazolam und Fentanyl bewirkt ei- nen stärkeren Blutdruckabfall als die alleinige Zufuhr der jeweiligen Substanz. Bei Patienten mit Koronarkrankheit oder Herzklappener- krankungen kann dieser Effekt noch stär- ker ausgeprägt sein. Mit einer Abnahme des Herzzeitvolumens muss bei diesen Patienten ebenfalls gerechnet werden.

5 Vorteile gegenüber Diazepam ergeben sich v. a. aus der guten Venenverträglichkeit und geringeren Thrombophlebitisrate sowie der kürzeren Wirkungsdauer.

Trotz geringer kardiovaskulärer Wirkungen ist Midazolam nicht die ideale Substanz für die Narko- seeinleitung von kompensiert Herzkranken: Die Wirkung und der Dosisbedarf sind variabel; nicht alle Patienten verlieren das Bewusstsein, auch wer- den Blutdruckanstieg und Tachykardie als Reakti- on auf den Intubationsreiz zumeist nicht unter- drückt (hierfür ist die Vorinjektion ausreichend hoher Opioiddosen erforderlich).

Soll die Substanz intraoperativ zur Supple- mentierung von Opioiden (bei Verzicht auf Lach- gas) eingesetzt werden, empfi ehlt sich eine kon- tinuierliche, am Bedarf orientierte, d. h. variable Infusion von Midazolam. Auf Hypotension muss hierbei besonders geachtet werden. Andererseits werden sympathoadrenerge Reaktionen auf star- ke chirurgische Stimuli oft nicht ausreichend un- terdrückt.

1.3 · Benzodiazepine

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1.3.3 Flunitrazepam

Die Substanz ist 3- bis 4mal stärker wirksam als Diazepam; die Dosierung beträgt etwa 0,02–

0,03 mg/kgKG als Bolus; die Wirkung ist, im Ver- gleich zu Diazepam, mittellang. Flunitrazepam wird v. a. zur oralen und intramuskulären Präme- dikation eingesetzt, daneben zur Narkoseeinlei- tung beim kardiovaskulären Risikopatienten so- wie zur intraoperativen Supplementierung von Opioiden. Die kardiovaskulären Wirkungen beim Herzgesunden sind minimal und entsprechen de- nen von Diazepam (s. oben). Klinisch sollte fol- gendes beachtet werden:

5 Bei Herzkranken muss nach der Injektion von Flunitrazepam mit stärkeren Blutdruckabfäl- len (bis zu 30 %) gerechnet werden als nach Diazepam. Peripherer Widerstand und Myo- kardkontraktilität nehmen ebenfalls ab, wäh- rend das Herzzeitvolumen sich zumeist nicht ändert.

5 Auch bei geriatrischen Patienten fällt der ar- terielle Blutdruck stärker ab als beim jünge- ren, sodass entsprechende Vorsicht geboten ist.

5 Bei der Kombination mit Opioiden sind, wie für Diazepam und Midazolam, auch für Flu- nitrazepam stärkere kardiovaskuläre Wirkun- gen, insbesondere ein Blutdruckabfall, zu er- warten.

Für die Narkoseeinleitung beim Herzkranken ist Flunitrazepam ebenfalls nicht die ideale Substanz:

Die maximale Wirkung tritt langsam ein, der Do- sisbedarf ist variabel, eine tiefe Hypnose wird nicht immer erreicht, die sympathoadrenerge Re- aktion auf den Intubationsreiz zumeist nicht un- terdrückt (Vorinjektion von Fentanyl erforder- lich).

Bei der intraoperativen Supplementierung von Opioiden sind oft hohe Dosen von Flunitraze pam erforderlich, um hämodynamische Reaktionen zu unterdrücken. Hierdurch kann die Aufwachzeit erheblich verlängert werden. Häufi ger können auch unter der Kombination von Opioiden mit Flunitrazepam die sympathoadrenergen Reaktio- nen nicht ausreichend kontrolliert werden.

1.4

Opioide

Die Opioide gehören wegen ihrer geringen kardi- ovaskulären Nebenwirkungen bei hoher analgeti- scher Potenz zu den Standardsubstanzen der An- ästhesie in der Herzchirurgie. Zahlreiche Substan- zen sind in klinischem Gebrauch, die sich v. a. in ihren pharmakokinetischen Eigenschaften und der Wirkungsstärke unterscheiden, pharmako- dynamisch jedoch weitgehend der Referenzsub- stanz Morphin entsprechen. Für Narkosezwecke in der Herzchirurgie wird in Deutschland zumeist Fentanyl oder Sufentanil verwendet, gelegentlich auch Alfentanil, alternativ auch Remifentanil; der Einsatz von Morphin beschränkt sich weitgehend auf angloamerikanische Kliniken. Opioide beein- fl ussen die Herz-Kreislauf-Funktion beim Herz- gesunden nur wenig, selbst wenn hohe oder sehr hohe Dosen angewandt werden.

Blutdruck. Opioide können den Blutdruck senken, jedoch sind die Befunde über Ausmaß und Me- chanismus nicht einheitlich. Beim Herzgesunden ist der Blutdruckabfall gewöhnlich gering, hinge- gen muss bei Herzkranken mit eingeschränkten Kompensationsmechanismen mit einer stärke- ren Hypotension gerechnet werden. Zwischen den einzelnen Opioiden bestehen in äquipotenten Do- sierungen keine wesentlichen Unterschiede in ih- ren Wirkungen auf den mittleren Aortendruck. Ei- ne Ausnahme bildet das Pethidin (Dolantin): Diese Substanz kann einen ausgeprägten Blutdruckab- fall (um mehr als 50 %) hervorrufen, vermutlich bedingt durch eine zusätzliche negativ-inotro- pe Wirkung, die klinisch für die anderen Opioi- de nicht nachweisbar ist. Opioide beeinträchtigen die Orthostasereaktion und bewirken, z. B. bei La- gerungsmaßnahmen, einen orthostatischen Blut- druckabfall; ebenso wird ein durch Hypovolä- mie oder Hypokapnie ausgelöster Blutdruckab- fall durch die Zufuhr von Opioiden verstärkt. Da- neben wirken die Opioide dilatierend auf die Ka- pazitätsgefäße, sodass ein venöses Pooling auftre- ten kann. Warum Opioide vasodilatierend wirken, ist unbekannt. Diskutiert werden eine Beeinfl us- sung der neuralen Kreislaufkontrolle, eine direk- te Vasodilatation und eine Dilatation der Gefäße durch die Freisetzung von Histamin.

(17)

Sehr wahrscheinlich spielt bei der Dämpfung der Herz-Kreislauf-Funktion durch Opioide ihre Wirkung auf die Opioidrezeptoren in der Medul- la oblongata eine Rolle. Dieser Hypothese zufolge sollen durch die Reaktion mit den Rezeptoren kar- dioinhibitorische vagale Efferenzen aktiviert und sympathische Efferenzen gedämpft werden. Diese Wirkungen sind dosisabhängig und sättigbar, d. h.

ab einer bestimmten Konzentration der Opioide sind keine weiteren Wirkungen auf den Blutdruck (und die Herzfrequenz) mehr zu erwarten. Hista- minfreisetzung spielt wahrscheinlich v. a. eine Rol- le bei der Arterio- und Venodilatation durch Mor- phin und einige andere Opioide. Diese Reaktion kann durch die vorangehende kombinierte Zu- fuhr von H1- und H2-Blockern abgeschwächt wer- den. Fentanyl in Dosen bis zu 50 µg/kgKG soll die Plasmahistaminspiegel nicht erhöhen, was die ge- ringeren Wirkungen dieser Substanz auf die peri- pheren Gefäße z. T. erklären könnte.

Herzfrequenz. Alle Opioide, mit Ausnahme von Pethidin, vermindern bei Versuchstieren und beim herzgesunden Menschen die Herzfrequenz (Anstiege oder keine Veränderungen sind jedoch ebenfalls beschrieben worden). Die opioidindu- zierte Bradykardie beruht sehr wahrscheinlich auf einer zentralen Aktivierung kardioinhibito- rischer Vagusefferenzen bei Dämpfung zentraler Sympathikusefferenzen. Ein direkter Einfl uss auf den Sinusknoten des Herzens ist ebenfalls postu- liert worden; er scheint jedoch klinisch keine we- sentliche Rolle zu spielen. Die Bradykardie kann durch i. v.-Injektion von Atropin oder Pancuroni- um beseitigt werden. Eine Prophylaxe durch i.m.- Prämedikation mit Atropin ist hingegen von ge- ringem Wert, besonders bei Patienten, die unter Erhaltungsdosen von β-Blockern stehen. Durch Präkurarisierung mit Pancuronium scheint das Ausmaß der Bradykardie vermindert zu werden, ebenso durch eine langsame Injektionsgeschwin- digkeit bei Zufuhr der hochpotenten Opioide Fen- tanyl, Alfentanil und Sufentanil.

Myokardkontraktilität. Experimentell und unter klinischen Bedingungen sind die Wirkungen der Opioide auf die Myokardkontraktilität gering. Am isolierten Papillarmuskel wirken alle Opioide in

hohen Konzentrationen (die unter klinischen Be- dingungen nicht erreicht werden) negativ-inotrop.

Beim herzgesunden Patienten führen hohe Dosen von Morphin, Fentanyl, Alfentanil und Sufentanil nur zu einer geringen Abnahme der Myokardkon- traktilität, vermutlich bedingt durch die Abnahme der Herzfrequenz (negative Frequenzinotropie).

Herzzeitvolumen. Selbst hohe Dosen von Fenta nyl und anderen potenten Opioiden bewirken beim Herzgesunden keine wesentlichen Veränderun- gen des Herzzeitvolumens. Hingegen kann bereits nach 2 mg/kgKG Pethidin das Herzzeitvolumen (und der Blutdruck) signifi kant abfallen und die Herzfrequenz deutlich ansteigen.

Koronardurchblutung und myokardialer O2-Ver- brauch. Opioide können in vielfältiger Weise auf die koronare Hämodynamik und den myokardia- len O2-Verbrauch einwirken: durch Beeinfl ussung der hämodynamischen Determinanten des myo- kardialen O2-Verbrauchs, durch direkte Dilatation oder Konstriktion der Koronargefäße oder durch eine neurogen vermittelte Beeinfl ussung der Ko- ronargefäße. Hierzu liegen widersprüchliche tier- experimentelle Befunde vor. Beim Menschen be- wirken die Opioide eine geringe Abnahme der Ko- ronardurchblutung und des myokardialen O2-Ver- brauchs, bedingt durch eine Abnahme der Druck-, Volumen- und Frequenzbelastung und der Kon- traktilität des Herzens. Andere Mechanismen scheinen keine wesentliche Rolle zu spielen.

Interaktionen. Zufuhr von Lachgas nach Injekti- on von 2 mg/kgKG Morphin bewirkt bei Koronar- kranken einen konzentrationsabhängigen Abfall von arteriellem Blutdruck, Schlagvolumen und Herzzeitvolumen (mit 50 % Lachgas um 44 %).

Hingegen sind die Wirkungen bei der Kombina- tion von Fentanyl (50–100 µg/kgKG i. v.) mit 50–

70 % Lachgas in Sauerstoff oft wesentlich geringer.

Bei Patienten mit schlechter Ventrikelfunktion muss jedoch ebenfalls mit einer stärkeren Beein- trächtigung der Herz-Kreislauf-Funktion gerech- net werden. Die Kombination von Opioiden mit Benzodiazepinen kann, v. a. beim Herzkranken, zu einem deutlichen Abfall von arteriellem Blut- druck, peripherem Gefäßwiderstand und Herz- 1.4 · Opioide

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zeitvolumen führen. Interaktionen mit Muskelre- laxanzien sind ebenfalls beschrieben worden: So kann durch Zufuhr von Vecuronium unter hoch- dosierter Fentanylanästhesie die Herzfrequenz er- heblich abnehmen (< 45 Schläge/min); mit einem Abfall des Herzzeitvolumens muss ebenfalls ge- rechnet werden. Hingegen kann Pancuronium die durch Fentanyl induzierte Bradykardie aufheben oder vermindern. Tachykardien und Blutdruckan- stiege mit Myokardischämien beim Koronarkran- ken sind jedoch ebenfalls beobachtet worden.

Opioidantagonisten. Die i. v.-Zufuhr von Opioid- antagonisten wie Naloxon (Narcanti) zur Aufhe- bung der opioidbedingten Atemdepression kann zu schweren hämodynamischen Reaktionen füh- ren. Beobachtet werden v. a. starke Blutdruckan- stiege und Tachykardien, die mit einer entspre- chenden Steigerung des myokardialen O2-Ver- brauchs einhergehen und besonders für den Ko- ronarkranken bedrohlich sein können. Massi- ve Lungenödeme und sogar Todesfälle sind nach höheren Dosen Naloxon beschrieben worden. Ur- sache der hämodynamischen Reaktionen soll die Freisetzung von Katecholaminen und eine Über- aktivität des sympathoadrenergen Systems sein, bedingt durch die schlagartige Aufhebung der Analgesie; diskutiert werden auch Veränderungen der Barorefl exaktivität. Patienten, die keine Opio- ide erhalten haben, zeigen keine kardiovaskulären Reaktionen auf die i. v.-Zufuhr von Naloxon. Kli- nisch gilt folgendes:

Grundsätzlich sollte die Indikation für den Einsatz von Opioidantagonisten streng gestellt werden. Zur Prophylaxe hämodynamischer Reak- tionen ist die vorsichtige (»titrierende«) Zufuhr niedriger Dosen erforderlich. Eine komplette Auf- hebung der Analgesie ist in der Regel nicht wün- schenswert.

1.4.1 Einsatz in der Herzchirurgie

Zwar sind die Opioide wesentlicher Bestandteil der Anästhesie für Herzoperationen, jedoch ist bisher kein Standardverfahren für ihren Einsatz entwickelt worden. Entsprechend herrscht metho- dische Vielfalt, ohne dass bisher die Überlegenheit

eines bestimmten Verfahrens, erkennbar an ge- ringerer Morbidität und Mortalität, nachgewiesen werden konnte. Welches sind die Gründe hierfür?

Wichtigste Ursache ist die außerordentliche Varia- bilität der Opioidwirkungen: So besteht nicht nur eine schlechte Korrelation zwischen den Blutspie- geln und der analgetischen Wirksamkeit, sondern auch zwischen Blutspiegeln und sympathoadren- ergen Herz-Kreislauf-Reaktionen auf starke chir- urgische Reize. Entsprechend schwanken die An- gaben über effektive Plasmakonzentrationen von Fentanyl für herzchirurgische Eingriffe beträcht- lich. Selbst Konzentrationen von 20–30 ng/ml, die nur mit sehr hohen Dosen Fentanyl zu erreichen sind, gewährleisten nicht bei allen Patienten kar- diovaskuläre Stabilität oder einen sicheren Verlust des Bewusstseins. Ähnliche Befunde sind auch für Alfentanil und Sufentanil erhoben worden. Kri- tisch ist hierbei v. a. die Phase zwischen Sternoto- mie und Beginn des kardiopulmonalen Bypasses, die offensichtlich eine maximale Stimulation dar- stellt. Hypertensive Phasen können jedoch auch nach dem Bypass auftreten, besonders bei Koro- narkranken mit guter Ventrikelfunktion.

1.5

Droperidol

Die Substanz wird, wenn überhaupt, nur noch in niedriger Dosierung in der Herzchirurgie einge- setzt.

Blutdruck. Kurz nach der Injektion von 2,5–10 mg Droperidol fällt der Blutdruck für etwa 5–10 min ab, bedingt durch eine Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands. Auslösender Mechanismus soll eine partielle Blockade der α-Rezeptoren sein. Die blutdrucksenkende Wirkung ist jedoch meist zu gering und variabel, um die Substanz bei kardio- vaskulären Reaktionen durch chirurgische Stimu- lation einsetzen zu können. Bei Hypovolämie oder Kombination von Droperidol mit Fentanyl kann der Blutdruckabfall stärker ausgeprägt sein.

Herzfrequenz. Das Verhalten der Herzfrequenz ist variabel; meist steigt sie vorübergehend an.

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