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Weißburgunder.
Globale Sorge
Diese Befürchtungen betreffen nicht nur das Südtiroler Anbaugebiet: Rund um den Globus gibt es mehr und mehr Wissenschaftler, welche sich mit Anpassungsstrategien der Land- wirtschaft an die steigende Luft- und Bodentemperatur sowie die zuneh- mende Unregelmäßigkeit der Nieder- schläge beschäftigen. Die Rebe ist dabei unter den landwirtschaftlich ge- nutzten Pflanzen eine sehr klimatole- rante- und unempfindliche Nutzpflan- ze. Reben vertragen so einiges an Wasserstress und unter den Rebsor- ten gibt es eine Vielzahl, welche von warm-heißen und trockenen Umwelt- bedingungen profitieren, wie z.B. die Sorten Cabernet, Merlot, Shiraz und die autochthone Südtiroler Rebsorte Lagrein. Diese Rebsorten haben in un- serer alpinen Region in den vergange- nen Jahrzehnten deutlich an Qualität zugelegt. Verbesserte Anbautechniken und gewollt geringere Ertragsmengen sind neben den deutlich wärmeren Anbaubedingungen Faktoren, auf wel- che diese Qualitätsverbesserung zu- rückzuführen sind.
Davon abgesehen ist der Südtiroler Weinanbau ebenso dem Klimawan-
Der Südtiroler Weißburgunder und der Klimawandel
Erste Ergebnisse des EFRE-Projekts PinotBlanc, Teil 1
Florian Haas, Selena Tomada, Ulrich Pedri, Martin Zejfart, Fenja Hinz, Peter Robatscher, Valentina Lazazzara, Versuchszentrum Laimburg
Weine der Rebsorte Weißburgunder (Pinot blanc) erreichen in Südtirol eine sehr hohe Qualität und
werden regelmäßig ausgezeichnet. Die Weinwirtschaft befürchtet jedoch, dass der Klimawandel ne-
gative Folgen für die Weinqualität dieser Sorte haben könnte: Der Temperaturanstieg kann zu einem
Säure- und Aromaverlust führen und folglich Frische und Trinkigkeit des Pinot blanc mindern.
weltweit. Südtirols Weißweine leben von ihrer Frische und Fruchtigkeit, welche auf einen guten Säure- und in- tensiven Aromagehalt gründen. Diese Frische wird durch die hohen Tempe- raturunterschiede zwischen Tag und Nacht erhalten. Kühle Nächte und nicht allzu heiße Tage sind dafür die beste Voraussetzung.
Die wärmeren Wachstumsbedingun- gen führen zu einem deutlich frühe- ren Vegetationsbeginn und damit zu Leseterminen in immer wärmeren Zeiträumen des Jahres. Das bedeutet, dass einerseits die Zuckereinlagerung in den Beeren durch höhere Tempe- raturen beschleunigt wird und gleich- zeitig die Säure durch die wärmeren Nachttemperaturen während der Rei- fephase immer schneller und intensi- ver veratmet wird. Viele Forschungs- ergebnisse belegen die Entkoppelung der Zuckereinlagerung und der Phe- nol- bzw. Aromaproduktion. Das heißt, dass die Beeren eine ausreichende Zuckerkonzentration erreichen, ohne dass die Phenole ihre volle qualitative Reife vollzogen haben und die Aroma- vorläufer ausreichend in die Beeren eingelagert wurden.
Anbau verschiebt sich
In anderen Kontinenten, wie zum Bei- spiel in Australien, verschiebt sich die Anbauzone in Richtung Antarktis und
Anbaulage °KMW pH titrierbare Gesamtsäure
(g/L)
Apfelsäure
(g/L) Weinsäure
(g/L) HVS
(mg/L) Aminosäure
(mg/L) Ammonium (mg/L) niedrig 18,90
± 0,80 3,40
± 0,07 5,99
± 1,38 2,81
± 0,90 6,37
± 0,63 183,08
± 52,11 135,83
± 4,93 47,2
± 17,57
hoch 18,92
± 0,89 3,29
± 0,04 7,04
± 0,46 3,61
± 0,39 6,183
± 0,76 163,33
± 65,25 125,00
43,41 38,33
± 23,07 Tabelle 1: Entwicklung der Parameter des Reifetests von 1985-2014 bei
Weißburgunder in Terlan.
Dekade Nr. Tag im Jahr bei
18° KMW pH g/L titrierbare
Gesamtsäure
1985-1994 261,5 ± 6,2 3,2 ± 0,1 6,5 ± 0,9
1995-2004 254,7 ± 9,9 3,4 ± 0,0 6,7 ± 0,6
2005-2014 244,7 ± 9,0 3,3 ± 0,1 6,5 ± 0,8
Tabelle 2: Durchschnittstemperaturen der acht Versuchsanlagen in niedrigen und hohen Anbaulagen 2017.
Durchschnittliche Lufttemperatur (°C) Anbaulage Vegetationsperiode
(April-Oktober) Beerenentwicklung Blüte/Farbumschlag Farbumschlag/Reife
niedrig 18,6 ± 0,8 22,2 ± 1,2 22,1 ± 0,6 22,3 ± 1,6
hoch 17,1 ± 0,5 20,1 ± 1,4 21,2 ± 0,4 18,9 ± 1,2
Tabelle 3: Mostanalysen der Ernte des Jahrgangs 2017.
vier Südtiroler Gemeinden (rot hinterlegt) verteilt.
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Standorte der EFRE PinotBlanc-Versuchsanlagen in der Gemeinde Tramin.
somit in kältere Regionen, wie z.B.
nach Tasmanien, in den USA nach Norden in Richtung Kanada und in Nordeuropa wird schon in England Sekt produziert. Südtirol kann noch im Rotweinbereich auf einige hitzeto- lerante italienische und internationale Sorten zurückgreifen, wie z.B. Caber- net Sauvignon, Merlot oder Shiraz und vielleicht auch im Weißweinbereich auf Sorten wie Fiano, Pecorino oder Arneis.
Eine weitere Anpassungsmöglichkeit, welche in Südtirol und im gesamten Al- penraum ziemlich einzigartig ist, ist die Möglichkeit, die Anbauzonen mit den bestehenden Sorten in höhere Lagen zu verlegen. Mit dieser möglichen An- passungsstrategie beschäftigen sich die Arbeitsgruppen Physiologie und Anbautechnik des Fachbereichs Wein- bau, Verfahren und Wissenstransfer des Fachbereichs Önologie und das Labor für Aromen und Metaboliten des Fachbereichs Lebensmittelchemie
am Versuchszentrum Laimburg seit 2017 im Forschungsprojekt PinotBlanc sehr intensiv. Die ersten Erkenntnisse dieser Studien über die Sorte Weiß- burgunder werden im Folgenden vor- gestellt.
Projekt PinotBlanc
Im Rahmen des vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ge- förderten Projekts PinotBlanc (EFRE 1010) untersucht das Versuchszen- trum Laimburg, ob angesichts des anstehenden Klimawandels der An- bau des Weißburgunders in höheren Lagen mit derselben Qualität möglich ist, wie er bereits in tieferen Lagen produziert wird.
Das Projekt versucht dabei, alle Pro- duktionsphasen von den Trauben bis hin zum Wein im Glas zu berücksich- tigen.
Ein erster Bereich der Forschung be- trifft die detaillierte agronomische Be-
schreibung der jährlichen Entwicklung der Reben in den Versuchsanlagen, des Reifeverlaufs der Trauben bis zur Lese durch die Arbeitsgruppe Physio- logie und Anbautechnik.
Der Fachbereich Önologie beschäftigt sich infolge mit der Mikrovinifikation der Trauben aus den Versuchsanlagen und mit der sensorischen Analyse der gewonnenen Weine.
Der dritte Bereich betrifft die Analyse aller qualitätsbeeinflussenden Inhalts- stoffe des Endprodukts durch das Labor für Aromen und Metaboliten, beginnend bei den Beeren, über den Most bis hin zum Wein im Moment der sensorischen Analyse.
In Absprache mit den Kellereigenos- senschaften Tramin, Eppan, Terlan und Nals-Margreid wurden im Jahr 2017 acht repräsentative Weißburgunderan- lagen ausgewählt. Die Versuchsfelder sind auf die vier Gemeinden Tramin, Eppan, Terlan und Nals verteilt und befinden sich zwischen 220 und 730
m ü.d.M. Dabei wurde darauf geach- tet, dass sich das Anlagenpaar in der jeweiligen Gemeinde auf demselben Hang befindet und den höchst mög- lichen Höhenunterschied aufweist (Grafik 1, S. 16).
In einer der ausgewählten Anlagen in der Gemeinde Terlan hat das Ver- suchszentrum Laimburg seit 1985 Jahr für Jahr historische Daten über die Reifeparameter gesammelt. In der De- kade 1995-2004 ist das Erreichen des technischen Reifegrads der Trauben deutlich früher erkennbar. Statistisch absichern lässt sich der Unterschied erst, wenn man die Dekade 2005 - 2014 mit jener von 1985-1994 ver- gleicht (Grafik 2). Hierbei sind nun 16
a
b b
230 235 240 245 250 255 260 265 270
2005-2014 1995-2004 1985-1994
Nr. Tag im Jahr
Dekade
Zuckergehalt von 18°KMW im Most
im Most in einer Anlage in Terlan erreicht wurde; Zeitspanne 1985 - 2014.
17,5 18 18,5 19 19,5 20
1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
Durchschnittstemperatur während der Vegetationsphase in Bozen (°C)
Jahr
Grafik 3: Entwicklung der Durchschnittstemperatur während der Vegetationsperiode von 1985 - 2014 in einer Anlage in Terlan.
Tage Unterschied beim Erreichen des- selben Reifegrades zu verzeichnen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass, um si- gnifikante Unterschiede dieser klimati- schen Änderungen zeigen zu können, es eine sehr lange Aufzeichnungsdau- er braucht, da es im Laufe der Jahre immer wieder große Schwankungen zwischen frühen Jahren gibt und es auch immer wieder späte Jahrgänge gegeben hat.
Dieser Reifevorsprung kann vor allem durch die Erhöhung der Temperatur um +0,8 °C von 1985 - 2014 erklärt werden (Grafik 3). Höhere Lufttem- peraturen und vor allem höhere Bo- dentemperaturen führen zu früherem Austrieb, früherer Blüte und dadurch
16).Die Ergebnisse dieser historischen Daten am Versuchszentrum Laimburg und die laufenden Beobachtungen der Kellermeister und Önologen führ- ten zur Entscheidung, die bestimmen- den Qualitätsparameter des Südtiroler Weißburgunders in Abhängigkeit der Höhe der Anbaulage und Erntefens- ters genauer zu studieren und diese Studie in Form des vierjährigen EFRE- Projekts PinotBlanc (2017-2020) zu verwirklichen.
Mikroklimatische Unterschiede
Für den agronomischen Teil des Pro- jekts wurde das Mikroklima der acht Versuchsanlagen analysiert. Aus den bereits ausgewerteten Daten (Tabelle 2, S. 16) geht hervor, dass die Anlagen auf Grund ihrer durchschnittlich 300 m Höhendifferenz signifikant vonein- ander unterschieden werden können und somit deutlich unterschiedliche Anbaubedingungen für die Rebe auf- weisen. Die größten Unterschiede (3,4 °C) wurden in der Endphase der Traubenreife (Reifebeginn-Lese) ge- messen. In dieser Zeitspanne spielen sich die entscheidenden Prozesse zur Erhaltung und Einlagerung der für die Frische und Trinkigkeit verantwortli- chen Inhaltsstoffe, wie Säuren und Aromavorläufer, ab.
Die Auswirkungen dieser Tempera- turunterschiede sind deutlich in den Ergebnissen der Mostanalysen zu er- kennen (Tabelle 3, S. 16). So wurde in den Tallagen ein um 15% geringe- rer titrierbarer Gesamtsäuregehalt bei durchschnittlich 6 g/L gemessen. Der durchschnittliche Apfelsäuregehalt lag dabei bei 2,8 g/L und der pH-Wert bei 3,5. Die höheren Lagen konnten bei der Lese einen Gesamtsäurege- halt von durchschnittlich 7,0 g/L, ei- nen Apfelsäuregehalt von 3,6 g/Liter und einen pH-Wert von 3,3 aufwei- sen.Da die Weinsäure während der Wein- bereitung großteils ausfällt, bleibt die Apfelsäure für die Frische der Weine
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Die Versuchsanlagen von Tramin aus einer anderen Perspektive.
erhalten. Die niedrigere Apfelsäure bereitet daher in den Tallagen einige Sorgen um die Frische und Trinkig- keit unseres Weißburgunders. Der hefeverwertbare Stickstoffgehalt lag durchschnittlich bei 190 mg/L in den Tallagen und bei 140 mg/L in den hö- heren Lagen.
Der Einfluss der veränderten Klima- bedingungen in Südtirol auf die Reife- bedingungen des Weißburgunders in Tallagen kann durch die Analyse der historischen Daten aus Terlan deutlich gezeigt werden. Der Erntezeitpunkt hat sich signifikant um 16 Tage ver- früht und somit in wärmere Phasen des Jahresverlaufs verschoben.
Die Auswirkungen der Höhenlage der bisherigen Ergebnisse zeigen deutlich, wie der Einfluss der Höhenlage und des Erntezeitpunktes sich auf die In- haltsstoffe der Trauben auswirkt. Der Anbau derselben Sorte in höhere Lagen könnte somit dem Trend der Erwärmung in den Tallagen entgegen- wirken.
Ob der durchschnittliche Höhenun- terschied von 300 m ausreicht, um auch die sensorische und analytische Weinqualität deutlich zu beeinflussen, wird im Folgeartikel zu diesem Projekt dargestellt.
Önologie
Für die önologische Weiterverarbei- tung der Trauben wurden zwei unter- schiedliche Lesezeitpunkte gewählt.
Der erste Lesetermin entsprach dabei der technologischen Reife um 19°
KMW während der zweite und damit spätere Temin um 20° KMW festge- setzt wurde. Die Trauben wurden mit einem standardisierten Weißweinpro- tokoll im Versuchskeller des Versuchs- zentrums Laimburg mikrovinifiziert.
Die Trauben werden dabei gequetscht und samt Rappen praxisnahe ge- presst. Der Most wird vor der Zugabe von Reinzuchthefen und Diammoni-
Erste Ergebnisse des EFRE-Projekts PinotBlanc, Teil 2
Florian Haas, Selena Tomada, Ulrich Pedri, Martin Zejfart, Fenja Hinz, Peter Robatscher, Valentina Lazazzara, Versuchszentrum Laimburg
In diesem zweiten Teil werden die Ergebnisse der ersten Versuchs- jahre aus kellerwirtschaftlicher, sensorischer und chemisch-analyti- scher Sicht dargestellt.
umphosphat eine Nacht lang kalt se- dimentiert. Die Gärungen wurden so standardisiert wie möglich gesteuert, um die Unterschiede aus den Ver- suchsanlagen, also Höhenlage und Lesezeitpunkt, hervorzuheben. Die so erhaltenen Versuchsweine wurden durch ein geschultes Verkosterpanel sensorisch analysiert. Die Verkoster wurden in spezifischen Sessionen zu den charakteristischen Aromen und den typischen Weinstilistiken des Weißburgunders geschult, um die Qualitätsparameter des Südtiroler Weißburgunders erfassen zu können.
Sensorische Analyse
Die Auswertung der ersten sensori- schen Analyse der Jahrgänge 2017 und 2018 ergab einige Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Versuchsfragen „Höhenlage“ und „Le- sezeitpunkte“.
Dabei wurden die Weine aus den hö- her gelegenen Lagen als weniger aro- matisch bewertet, mit Aromen nach Pfirsich und Zitrone. Bei den Kriterien Frische (Säure) bekamen diese Weine deutlich höhere Punkte im Vergleich zu den Talweinen. Letztere überzeug- ten hingegen mit klar fruchtigeren Aro- men, vor allem nach Banane, welche den Eindruck von reifen Fruchtaromen wiedergibt (Grafik 4 A, S. 20). Die tie- fen Lagen wurden weiters noch mit in- tensiveren Aromen nach Ananas und Quitte bewertet. Die reifere Aromatik, der höhere Alkoholgehalt und dem-
Versuchsanlage Nals in der höheren Anbaulage (650 m ü.d.M.).
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0Apfel
Birne Quitte
Ananas Banane
Pfirsich Zitrone Pompelmo
Walnuss Weißdorn Lindenblüte Honig Grüne AromenHeu Pilze Komplexität Typizität
Fülle Länge Säure
Bitterkeit EntwicklungGesamteindruck
Tiefe Lagen Hohe Lagen
unterschiedlichen Lesezeitpunkten (rechts) der Jahrgänge 2017 und 2018 (Mittelwerte der Jahre).
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0Apfel
Birne Quitte
Ananas Banane
Pfirsich Zitrone Pompelmo Walnuss Weißdorn Lindenblüte Honig Grüne AromenHeu
Pilze Komplexität
Typizität Fülle Länge Säure
Bitterkeit
EntwicklungGesamteindruck frühe Lese
späte Lese
Grafiken 5 A+B: Chromatogramme der Analysen von Most und Wein des Jahrgangs 2017. (A) Typisch für Weißburgunderweine aus der Anlage Eppan auf 570 m ü.d.M. (B) Typisch für Weißburgunderweine aus der Anlage Terlan auf 280 m ü.d.M.
Grafiken 6 A+B: Hauptkomponentenanalyse (PCA) der Weißburgundermoste aus Terlan (A), und
Weißburgunderweine aus Eppan (B). Die Unterschiede zwischen den höheren und niederen Anlagen (rote oder blaue Farbe) sowie auch den Erntemomenten (▲ oder ●). Loc=Herkunft, Har= Erntezeitpunkt.
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Zu den Autoren
Florian Haas und Selena Tomada sind Mitglieder der Arbeitsgruppe Physiologie und Anbautechnik; Ul- rich Pedri, Martin Zejfart und Fenja Hinz der Arbeitsgruppe Verfahren und Wissenstransfer; Peter Robat- scher und Valentina Lazazzara ar- beiten im Labor für Aromen und Metaboliten des Versuchszent- rums Laimburg.
entsprechender Körper, zusammen mit dem geringeren Säuregehalt, ver- ringern den Eindruck von Frische.
Wie erwartet, wurde durch die spätere Lese die Ausdrucksstärke und die Aro- matik des Weißburgunders verstärkt, bei etwas geringerer Frische der Wei- ne (Grafik 4 B). Reife Fruchtaromen und tropische Früchte nach Birne, Äp-
fel, Quitte, Pampelmuse (Grapefruit) und deutlich mehr Banane charakteri- sieren die Versuchsweine des zweiten Lesezeitpunktes. Insgesamt waren die Weine des späteren Lesezeitpunktes komplexer mit intensiverem Körper und wurden im Durchschnitt als typi- scher befunden als jene der Lese bei technologischer Reife.
Chemische Analysen
Die Weine des Jahrgangs 2017 wur- den mittels modernster chemischer Analysetechnik untersucht, um alle
vorhandenen flüchtigen organischen Verbindungen (Volatile Organic Com- pounds - VOCs) erfassen zu können.
Das dafür verwendete Analyseinstru- ment besteht aus einem Gaschroma- tographen, welcher vor ein Massen- spektrometer geschaltet ist, um damit alle Aromen des Weines und des Mos- tes zuerst aufzutrennen und nachfol- gend identifizieren zu können. Nach der Auftrennung der Verbindungen werden diese mittels Elektronen ioni- siert und strömen so durch ein Mas- senspektrometer, welches Ionen mit unterschiedlichen Massen bestimmen kann. Das Signal wird dabei verstärkt und in ein Chromatogramm umge- wandelt, wo jeder Peak (höchster Aus- schlag) auf dem Chromatogramm ei- nem Aroma entspricht (Grafik 5 A+B).
Mittels dieser Analysetechnik konn- ten im Most mehr als 40 verschiede- ne Moleküle und im Wein mehr als 60 Moleküle nachgewiesen werden, welche potenziell für das spezifische Aroma verantwortlich sind. Durch die- se Analysen gelang es der Forscher- gruppe, die Proben aus den einzel- nen Versuchsanlagen voneinander zu unterscheiden. Dabei konnten die Unterschiede zwischen den Proben sowohl den Herkünften als auch den Lesezeitpunkten zugewiesen wer- den. Das generelle Profil des Aromas des Weißburgunders war relativ klar festzustellen und bei allen Proben wiederzuerkennen, auch wenn inter- essanterweise die analytische Unter- scheidbarkeit zwischen den Versuchs- varianten zum Teil sehr deutlich war (Grafik 6 A+B).
Fazit Teil 1 und 2
Die bisherigen Ergebnisse zeigen sehr deutlich den Einfluss der Hö- henlage und des Erntezeitpunkts auf die Inhaltsstoffe der Trauben und in der Folge auf die Weine. Die ersten Zwischenergebnisse bestätigen die Annahme, dass mit steigender An- bauhöhe auch die Frische der Weine zunimmt, während in Tallagen mehr Körper und intensivere Aromen nach reifen Früchten vorzufinden sind. Die
Weine aus den Tallagen wurden vom Verkosterpanel als typischere Süd- tiroler Weißburgunder bewertet. Es kann angenommen werden, dass bei steigenden Anbautemperaturen auch jene der höheren Lagen diese Typizi- tät erreichen werden.
Der große Mehrwert dieses Projek- tes liegt im Detail, mit welchem die Weine aus Trauben unterschiedlicher Höhenlage chemisch und sensorisch untersucht werden. Beim Projekt Pi- notBlanc versucht die Forschergruppe, die ermittelten Charakteristiken der Weine auf die klimatischen Eigen- schaften der Anbaulage und die ag- ronomischen Anbaufaktoren der Trau- ben zurückzuführen. Für Südtirol ergibt sich hiermit erstmals die Möglichkeit, eine detaillierte Analyse der Aromen des Weißburgunders mit agronomi- schen Daten der Anbaubedingungen der Trauben zu vergleichen sowie die kellertechnischen Werte während der Gärung und Lagerung der Weine mit einer wissenschaftlichen sensorischen Analyse derselben zu verrechnen. Da- durch erhofft man sich die wichtigs- ten Einflussfaktoren auf die Qualität des Südtiroler Weißburgunders in den Zeiten des Klimawandels erfassen zu können.
Das Projekt PinotBlanc wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Programms „Investitionen in Wachs- tum und Beschäftigung“ 2014–2020 gefördert.