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Über die Bedeutung mehrsprachiger KommunikationsexpertInnen für die interne und externe Unternehmenskommunikation

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Academic year: 2021

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Università degli Studi di Modena e Reggio Emilia D

IPARTIMENTO DI STUDI LINGUISTICI E CULTURALI

C ORSO DI L AUREA M AGISTRALE IN

L ANGUAGES FOR COMMUNICATION IN INTERNATIONAL ENTERPRISES AND ORGANIZATIONS ( LACOM )

Über die Bedeutung mehrsprachiger

KommunikationsexpertInnen für die interne und externe Unternehmenskommunikation

Prova finale di:

Jenny Caforio Relatore:

Antonie Hornung

Correlatore

Vincenzo Gannuscio

Anno Accademico 2018-2019

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Abstract

In der vorliegenden Masterarbeit geht es um die Rolle mehrsprachiger KommunikationsexpertInnen in internationalen Unternehmen und Institutionen. Entgegen der weitverbreiteten Meinung, dass ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen vorwiegend als Freelancer für Direktkunden oder in Übersetzungsagenturen arbeiten, haben sich, wie aus den hier durchgeführten Untersuchungen hervorgeht, für Sprachexpertinnen und -experten im Zuge der Globalisierung die beruflichen Möglichkeiten erweitert und ausdifferenziert.

Als festangestellte KommunikationsexpertInnen in internationalen Unternehmen, Organisationen oder Institutionen können sie einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der internen und externen Kommunikation leisten.

This study is an attempt to outline a portrait of the role of globally competent communicators in international enterprises and organizations. In most cases, they are very likely to take up a translation or interpreting career, usually as freelancers, working for direct clients or translation agencies. The present thesis goes beyond that and investigates other opportunities, which proved to have increased and diversified as a result of globalization, according to the results of the present study Thanks to their work in international enterprises, institutions, or organizations, these profiles contribute to the successful internal and external corporate communication.

Il presente lavoro di tesi ha il principale obiettivo di fornire una visione del ruolo delle figure professionali degli esperti linguistici come interpreti, traduttori ed esperti della comunicazione interculturale in imprese ed organizzazioni internazionali. Spesso si pensa che queste figure siano destinate a svolgere esclusivamente lavori di traduzione e/o interpretazione linguistica, in qualità di freelance, per clienti diretti o agenzie di traduzione.

Da questo assunto la presente tesi si propone di andare oltre e dimostrare che, fra le varie conseguenze della globalizzazione, le opportunità di lavoro per questi esperti linguistici si sono diversificate e moltiplicate, come dimostrato dai risultati del presente studio. I benefici apportati alla comunicazione aziendale interna ed esterna dalla presenza di un servizio linguistico interno, nel quale sono attive le figure professionali citate, sono dunque innegabili.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...1

1. Globalisierung und ELF (English as a Lingua Franca) ...3

1.1 Hintergründe der Globalisierung ...3

1.2 Englisch als Weltsprache...4

1.2.1 Erfolgsfaktoren der Dominanz der englischen Sprache ...5

1.3 Ist eine Weltsprache wirklich global? ...9

1.4 Sprachmittlungsdienste werden im Rahmen der Globalisierung immer mehr benötigt ...11

1.5 EU Mehrsprachigkeit vs. US Sprachdefizit...16

1.6 ÜbersetzerIn, DolmetscherIn und interkulturelle/r MediatorIn. Schwerpunkte und Unterschiede ...21

1.6.1 ÜbersetzerIn: Schwerpunkte ...21

1.6.2 DolmetscherIn: Schwerpunkte ...24

1.6.3 Interkulturelle/r MediatorIn: Schwerpunkte ...27

1.6.3.1 Interkulturelle MediatorInnen in Italien ...29

2. Status der Berufsblider ÜbersetzerIn, DolmetscherIn und interkulturelle/r MediatorIn ...32

2.1 Status der Berufsgruppe ÜbersetzerIn ...32

2.1.1 Stand der Forschung ...35

2.2 Status der Berufsgruppe DolmetscherIn und interkulturelle/r MediatorIn ...37

2.2.1 Stand der Forschung ...38

2.3 LaiendolmetscherInnen und -übersetzerInnen ...43

3. Arbeitsfelder für SprachvermittlerInnen ...47

3.1 (Fest-)Anstellung und Freiberuflichkeit ...47

3.1.1 Fakten aus der europäischen Union ...53

3.1.2 Fakten aus den USA ...54

3.1.3 Wo arbeiten die meisten FreiberuflerInnen? ...56

3.1.4 Wo werden SprachvermittlerInnen angestellt? ...57

3.2 Stellenangebote ...62

3.2.1 Untersuchungsmaterial ...62

3.2.2 Analyse der Stellenangebote ...64

3.3 Sprachendienste im Unternehmen ...71

3.3.1 Sprachendienst in einem US-multidisziplinären Labor...72

3.3.2 Sprachendienst im Forschungszentrum Jülich ...74

3.3.3 Sprachendienst in der Universität ...75

3.3.4 Sprachendienst bei Bosch GmbH ...76

3.3.5 Sprachendienst bei Volkswagen AG ...77

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3.4 Lokalisierung ...80

3.4.1 Lokalisierung einer Unternehmenswebseite ...83

3.4.2 Softwarelokalisierung ...85

3.4.3 Lokalisierung der Werbung ...86

3.5 Beispiele aus der Lokalisierung-Praxis ...87

4. Empirische Untersuchung und Erläuterung der Methode ...91

4.1 Datenerhebung ...91

4.2 Untersuchungsmethode ...92

4.3 Interview 1- Übersetzungsagentur ...93

4.4 Interview 2- Speditionsunternehmen ...96

4.5 Interview 3- Bistro ...98

4.6 Interview 4- Forschungsinstitut ...100

4.7 Interview 5- Reisebüro ...102

4.8 Interview 6- Marketing im Grafikdesign ...104

4.9 Interview 7- Motorradhersteller ...105

4.10 Vergleichende Analyse ...107

4.11 Zusammenschau der Antworten ...110

4.12 Schlussfolgerungen ...110

5. Fazit ...113

6. Literaturverzeichnis ...115

7. Anhänge ...124

7.1 Transkription Interview 1 ...124

7.2 Transkription Interview 2 ...132

7.3 Transkription Interview 3 ...140

7.4 Transkription Interview 4 ...146

7.5 Transkription Interview 5 ...150

7.6 Transkription Interview 6 ...154

7.7 Transkription Interview 7 ...155

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1

Einleitung

Politik, Migration, globaler Handel und weltweites Reisen mit einem kleinen Budget: Diese und viele anderen Aspekte der zeitgenössischen Gesellschaft setzen die gemeinsame Verständigung zwischen Personen verschiedener Kulturen voraus. Dieser Zustand ist selbstverständlich der Globalisierung zurückzuführen, die oft als Hauptursache für die meisten positiven oder negativen Ereignisse erachtet wird, die um uns herum geschehen. Die unbestreitbare Dominanz der englischen Sprache hat eine Entwicklung bzw. Änderung der Herangehensweisen im Unternehmenswelt sowie in der globalen Politik ausgelöst. In einer Welt, wo English as a Lingua Franca (ELF) als das einzige, wirkungsvollste Mittel zur weltweiten Kommunikation betrachtet wird, nimmt jedoch die Nachfrage nach Sprach- und Kulturvermittlung immer zu.

Diese Masterarbeit widmet sich der Frage, welche Unternehmen heutzutage ÜbersetzerInnen, DolmetscherInnen und im Allgemeinen Experten der interkulturellen Kommunikation zur Deckung ihrer Kommunikationsbedürfnisse anstellen. Hiermit werden die Unternehmen gemeint, die international tätig sind und dadurch ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten mit ihren Internationalpartnern brauchen, um nicht aus dem globalen Markt zu verschwinden. Dieses Thema steht im Zentrum der Forschung über den Arbeitsmarkt für Sprachenexperten weltweit, da es bekannt ist, dass der Status dieser Berufe unterschätzt und in den meisten Ländern Europas wenig gesetzlich geregelt wird. Ganz viele Aspekte müssen in Betracht genommen werden, um den heutigen Zustand dieser drei (miteinander engverbundenen, manchmal von der breiten Öffentlichkeit auch nicht unterscheidbaren) Berufe tiefer zu beobachten und hoffentlich zu verbessern.

Ziel dieser Arbeit ist es also zu verstehen, wie Unternehmen entscheiden, ihre Internationalisierung aus einer sprachlichen Perspektive zu fördern und ob sie sich der Vorteile eines internen Sprachendienstes überhaupt bewusst sind. Neben einer allgemeinen Darstellung wird auf den gegenwärtigen Stand der Forschung eingegangen und dabei überblicksweise einige empirischen Studien vorgestellt, die rund um die Welt durchgeführt worden sind. Alle diese Aspekte werden untersucht, um die Schlussfrage zu beatworten: Wo und wie arbeiten ÜbersetzerInnen, DolmetscherInnen und ExpertInnen der multikulturellen Kommunikation? Verdienen diese Berufe nähere Aufmerksamkeit, damit beim großen Publikum und vor allem bei den Akteuren der Globalisierung bzw. Unternehmer mehr Bewusstsein geschafft wird?

(8)

2 Die vorliegende Arbeit beruht auf einem theoretischen und einem empirischen Teil. Das erste Kapitel widmet sich den historischen und wirtschaftlichen Ereignissen, die im Kontext der Globalisierung zum steigenden Bedarf an Sprachkenntnissen geführt haben und eine der Ursachen für die Durchsetzung von Englisch als weltweiter Lingua Franca sind. Hier geht es deshalb um die Frage, ob eine gemeinsame Lingua Franca die einzige und beste Lösung für die Weiterentwicklung der internationalen Beziehungen von Unternehmen und Organisationen sein kann. In diesem Zusammenhang werden auch die entsprechenden Bezeichnungen ÜbersetzerIn, DolmetscherIn und SprachmittlerIn und deren spezifische Eigenschaften analysiert.

Kapitel zwei befasst sich mit der Beschreibung des Status der drei Berufe, was Objekt zahlreicher empirischer Untersuchungen ist. Internationale Konferenzen und Studien in ausgewählten Referenzländern werden hier genannt. In diesem Zusammenhang wird auch die Problematik der Laien, d.h. derjenigen, die als DolmetscherInnen, ÜbersetzerInnen oder KulturvermittlerInnen ohne die erforderlichen Qualifikationen arbeiten, untersucht. Es handelt sich dabei um eine direkte Folge der mangelnden Regulierung dieser Berufe in vielen Ländern der Welt.

Im dritten Kapitel erfolgt die Analyse einiger Stellenangebote für Sprachprofis aus dem deutschen Markt, um deutlich zu machen, dass ihre Fähigkeiten am Markt sehr gefragt sind.

So ist z.B. Lokalisierung ein wesentlicher Aspekt der Arbeit der Sprachexperten in einem international tätigen Unternehmen, die in der Anpassung der Inhalte an die entsprechenden Zielkulturen sowohl auf schriftlicher als auch auf mündlicher Ebene besteht. Zum Beweis ihrer Wichtigkeit habe ich eine Reihe Werbekampagnen ausgewählt, die in ihrem internationalen Marketing von einer professionellen Sprachunterstützung profitiert oder nicht profitiert haben.

Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurden schließlich im vierten Kapitel leitfadenzentrierte Experteninterviews durchgeführt, die mittels einer vergleichenden Analyse qualitativ ausgewertet werden. Sieben Personen aus internationalen Unternehmen und Instituten wurden befragt. Die Interviewten haben verschiedene Positionen in ihren Firmen, von der Koordinierungs- bis zur Mitarbeiterrolle. Ziel der empirischen Untersuchung ist auszuloten, inwiefern sich die Arbeitnehmer der Notwendigkeit einer mehrsprachigen Vermittlungsperson in einem Team bewusst sind, die über starke interkulturelle Fähigkeiten verfügt, um zum Erfolg des Unternehmens beizutragen.

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3

1. Globalisierung und ELF

Umfangreiche technologische Fortschritte im 21. Jahrhundert haben eine sofortige globale Kommunikation ermöglicht, die die Barrieren von Raum und Zeit überwunden und damit die Natur der Globalisierung verändert haben. Heutzutage spielt die Weltwirtschaft eine immer wachsende Rolle bei der Entwicklung sowohl der Sprachindustrie als auch der Technologie. Die Kommunikationsinstrumente machen die Welt immer kleiner und ermöglichen uns einen Austausch mit Gesprächspartnern jederzeit und überall auf der Welt.

Durch Internet, E-Mails oder Skype sind fast alle Kommunikationshürden überwunden.

Immer mehr Länder haben in der Geschichte den freien Handel durch die Schaffung vom GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) und später der World Trade Organisation gefördert. Mit der darauffolgenden Unterschrift von multilateralen Handelsabkommen hat sich die Ökonomie drastisch verändert, z.B. wegen des Phänomens der Delokalisierung von Produktion und Dienstleistungen und die Einführung der Containerschifffahrt. Da die Welt zu einem vernetzten globalen System geworden ist, wurde eine gemeinsame Sprache benötigt. Englisch hat dieses Bedürfnis erfüllt, indem es zur globalen Lingua Franca des 21.

Jahrhunderts wurde. Sei es bei der Bewerbung für einen neuen Job, die Exportförderung eines Unternehmens oder einfach beim Reisen, wird Englisch als erste Fremdsprache benötigt (wenn man Nicht-Muttersprachler ist). Die Präsenz von Englischsprechern in weiten Teilen der Welt aufgrund der Kolonisation hat dazu geführt, dass es zur Weltsprache geworden ist. Englisch ist eine einzigartige Lingua Franca aufgrund ihrer globalen Verbreitung,ihrer großen Vielfalt und ihrer Interaktion mit Muttersprachlern. Insbesondere wird das von unterschiedlichen, nicht unbedingt Muttersprachlern gesprochene Englisch als English as a Lingua Franca bezeichnet.

1.1 Hintergründe der Globalisierung

Man kann drei Hauptphasen der Globalisierung erkennen, um sich einen umfassenden Überblick über ihre Entwicklung zu schaffen und letztlich zu verstehen, wie sie mit ELF und der Arbeit von Sprachmittlern verbunden ist.

Die erste Phase beginnt mit der Entdeckung Amerikas 1942. Es sind die großen europäischen Nationen, die im Zeitalter des Imperialismus großen Teil der Welt erobern und entdecken, diese Phase einleiten. Die zweite Phase der Globalisierung beginnt im 19. Jahrhundert: Diese Zeit ist durch die Industrialisierung und internationale Unternehmen geprägt. Technische Entwicklung sorgt dafür, dass Kosten für Transport senken, und der Handel findet zwischen

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4 mehreren Ländern statt. Die dritte Phase beginnt mit dem neuen Millennium: Nicht nur Länder und Unternehmen sind global unterwegs, sondern auch Menschen. Technische Neuerung, wie Telefon, Handys, Flugzeuge und das Internet haben die Ausbreitung von Transport und Kommunikationsnetze ermöglicht, u.a. können Menschen aus verschiedenen Ländern unkomplizierter Informationen und Fragen austauschen. Diese sind einige der Hauptfaktoren der Globalisierung, die die weltweite Annährung von Nationen bedeutet.

Durch die technische, kulturelle, und wirtschaftliche Entwicklungen der Globalisierung können Unternehmen in verschiedenen Ländern ihre Produkte preiswerter verkaufen. Somit wächst die Welt weiter zusammen und es herrscht ein Austausch zwischen den Ländern:

mehr Produkte werden für mehr Menschen verfügbar und bezahlbar. Doch nicht nur Produkte und Wirtschaftsgüter werden ausgetauscht, sondern auch Dienstleistungen, Wissen, kulturelle Güter und sogar Sprachen. Diese einzelnen Elemente hängen alle zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Natürlich gibt es eine Kehrseite der Medaille der Globalisierung, wie z.B. Jobverluste (durch das Outsourcing der Firmen), die höheren Schwierigkeiten für Kleinunternehmen gegen die großen Unternehmen, die Umweltzerstörung, die Kinderarbeit in den ärmsten Ländern sowie die ungerechte Wohlstandverteilung. In dieser Arbeit ist allerding der Fokus darauf, wie die Globalisierung den Markt der Sprachen heutzutage beeinflusst.

1.2 Englisch als Weltsprache

Englisch hat nach Chinesisch die höchste Anzahl an Muttersprachlern auf der Welt und was die Verbreitung der Sprache auf der Erde angeht, liegt sie sogar am ersten1. Zwischen Ende des Reichs von Elizabeth I 1603 und dem Reich von Elizabeth II im 20. Jahrhundert ist die Anzahl an Englischsprechern von fünf/sieben Millionen auf eineinhalb/zwei Milliarden gestiegen2. Es ist klar, dass diese „Gemeinschaft“ sich aus einem begrenzten Gebiet der britischen Inseln auf fast die ganze Welt verbreitet hat. Wie schon erwähnt, umfasst sie aber mehr Nicht-Muttersprachler als Muttersprachler. Laut Crystal (1997) wird Englisch in 75 Ländern entweder als Muttersprache (L1) oder als offizielle zweite Sprache (L2 im Gesundheitswesen, Schule und Bürokratie, und andere öffentliche Bereiche) gesprochen3. Wenn man die ELF-Sprecher damit einschließt, d.h. diejenige, die Englisch nicht als offizielle Sprache in ihrem Land, trotzdem sehr gute Englischkenntnisse haben, dann wird

1 Taylor 2014:102

2 Jenkins 2003:2

3 ebd. 2

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5 diese Zahl viel höher (um eine Milliarde, laut Crystal in Jenkins 2003:4). ELF ist nämlich das Englisch, das zwischen Nicht-Muttersprachlern in ihren gegenseitigen Begegnungen benutzt wird, und zwar eine sogenannte „Kontaktsprache“. Daraus ergibt sich, dass es hauptsächlich drei verschiedene Arten Englisch vorhanden sind, d.h. ENL (English as a Native Language), ESL (English as a Second Language) und ELF (English as a Lingua Franca). An dieser Stelle möchte ich betonen, dass diese kurze Beschreibung sich auf die drei Hauptgruppen beschränkt, und auf andere dazugehörige Themen wie z.B. die Debatte über English as a Foreign Language und English as a Lingua Franca wird hier nicht eingegangen. In diesem Rahmen wäre hier zu fragen, welche die Faktoren solcher Verbreitung der englischen Sprache über Zeit und Raum waren und wie man bis zu der heutigen Situation gekommen ist.

1.2.1 Erfolgsfaktoren der Dominanz der englischen Sprache

Zahlreiche Faktoren, die zur heutigen Dominanz dieser Sprache beigetragen haben, sollen nicht unberücksichtigt bleiben. Sie sind unterschiedlicher Natur, daher braucht man einen kurzen Überblick. Folgend werden sie aufgelistet und analysiert.

Zunächst sind historische Ereignisse zu betrachten, wie die Verbreitung des britischen Empire durch die große Kolonisation und in moderner Zeit die Rolle der USA als Weltmacht und Vorbild der Modernität. England begann seine Kolonisationsphase relativ spät im Vergleich zu anderen Ländern wie Portugal. Trotzdem ist es England gelungen, langfristig das erfolgreichste Land zu sein. Bemerkenswert ist die Rolle der englischen Sprache heutzutage in Afrika: Nach der Kongokonferenz (1884-85) wurden die afrikanischen Kolonien unter den europäischen Mächten verteilt. Dabei wurden aber die kulturellen, sprachlichen und ethnischen Unterschiede der Bevölkerungen vernachlässigt und als Konsequenz befanden sich divergierende Gruppen in einem gemeinsamen Staat. Sie wurden gezwungen, die jeweiligen europäischen Sprachen zu lernen. Diese Umstände waren für den Status vom Englischen als zweite Sprache maßgeblich. Beispielsweise ist Englisch wegen seiner ethnischen Neutralität in einer multiethnischen Nation wie Nigeria besonders wichtig4. Kolonisation war überhaupt nicht homogen: je nach Begründung für die Ansiedlung entwickelten sich verschiedenen sprachlichen Verhältnissen in den jeweiligen Kolonien. Mufwene (2001) beschreibt vier Arten von Kolonisation:

4 Schneider 2011:42-45

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6 Handelskolonien (trade): Der Austausch von Luxusgütern, Sklaven oder Gewürzen mit den Einheimischen war das Ziel. Das bedeutet, der Kontakt war kurzfristig und ein Pidgin- Englisch (eine Lingua Franca zwischen den Kolonen und den Einheimischen) entstand aus der Notwendigkeit, eine praktische, unkomplizierte Lingua Franca zum reinen Zweck des Handels zu benutzen. In einigen Gebieten ist dieser Kontakt ständig geworden, sodass sich das Pidgin-Englisch gefestigt hat;

Förderungskolonien (exploitation): Das Ziel der englischen Kolonen im 18.-19. Jahrhundert war, die Rohstoffquellen der Kolonie zu Gunsten des Mutterlandes auszunutzen und politische Macht auszuüben. Die englischen Ansiedler konnten die Sprache als Zeichen für Zivilisation beibringen. Wer als zivilisiert gelten wollte, musste Englisch können. Mit dem Entlohnen einer leitenden Rolle in ihrer Gesellschaft, v.a. bei der Regierung des Gebietes, wurden Stammesoberhaupte der verschiedenen Kolonien dazu überzeugt, Englisch zu lernen. Englisch war zum ersten Mal mit Status und Autorität verbunden. Das hier gelehrte Englisch war eher formell, vom schriftlichen Styl beeinflusst. Parallel entwickelte sich unter den nicht-elitären Menschen eine andere Form Englisch, die von den wenig gebildeten Soldaten oder Händler beigebracht wurde. Hauptbeispiel davon ist Indien, wo man ein

„Butler English“ (unterrichtetes, formelles Englisch) und eine umgangssprachliche Variation findet;

Ansiedlungskolonien (settlement): Massenmigration von Menschen aus England nach neuen Kolonien. Gründe dafür waren unterschiedlich, u.a. Religion, Deportation wegen Straftaten (v.a. nach Australien), das Starten eines neuen Lebens für Schuldner oder einfach das Streben nach Reichtum und Land. Sprachlich gesehen, brachte diese Art Kolonisierung zwei Varietäten. Die erste war eine Kompromiss-Varietät unter den Kolonen, die aus verschiedenen Regionen Englands kamen; die zweite war die von den Einheimischen gesprochene Varietät als Ergebnis des Kontaktes zu den Invasoren;

Letztens hat man die Anbaukolonien (plantation): diese Kolonien entstanden zum reinen Zweck des Landbaus. Zwischen dem 17. Und 19. Jahrhundert wurden Afrikaner als Sklaven v.a. in die Karibik und Amerika gebracht. Diese Überlappung von der kleineren Führungsklasse und der größeren Arbeitsklasse aus Afrika verursachte das Entstehen von kreolischen Sprachen. Später wurde die Bevölkerung noch vielfältiger durch das Ankommen von Menschen aus Indien, China, Japan, Portugal. Heute sind die Philippinen und Hawaii mit ihren Kreolen die multikulturellsten Länder der Welt5. Sogar nach Ende des britischen

5 Mufwene 2001 in ebd. 45

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7 Imperiums wurde Englisch in den unterschiedlichen Kolonien noch gesprochen, als Zeichen dafür, dass die Bevölkerung sie noch als Kontakt-, Arbeits-, und Öffentlichkeitssprache betrachtete und damit gut auskommen konnte.

Davon ausgehend kann man feststellen, dass Englisch auch in der Politik eine Rolle spielt.

Indien hat eine sehr vielfältige Bevölkerung mit verschiedenen Regionalsprachen, wie Hindi und Dravidisch. Obwohl Hindi die offizielle Amtssprache ist, wurde Englisch von der Regierung als assoziierte Amtssprache gewählt, um Diskriminierungen zwischen den Hindi- Sprechenden aus dem Norden und den Dravidisch-Sprechenden (sowie anderen Regionalsprachen) aus dem Süden zu vermeiden. Englisch ist in diesem Land de facto Lingua Franca. Auf Weltebene kann man die starke Rolle vom Englischen in den Vereinigten Nationen nennen: die USA waren die einzige übergebliebene Macht nach dem zweiten Weltkrieg, was zur steigenden Wichtigkeit der englischen Sprache in Bezug auf den Wiederaufbau brachte6. Gleichfalls würden viele der Auffassung sein, Englisch sei auf EU- Ebene trotz der Bemühungen zum Schutz der Mehrsprachigkeit eine Art interne Lingua Franca7.

Außerdem verdankt der Erfolg der englischen Sprache der modernen Wirtschaft. In mehreren Wirtschaftssektoren sind UK- und am meisten US-angesiedelte Firmen branchenführend. Es handelt sich um ein weites Spektrum, das von der Arzneimittel- zur Technologieindustrie variiert. Wie Taylor (in Dear/Hampel 2014:118) beleuchtet, ist „die Referenz- bzw. Originalsprache für Beipackzettel von Arzneimittel Englisch. Die Beipackzettel für EU-weite im zentralen Verfahren zugelassene Arzneimittel werden aus dem Englischen in die verschiedenen Landessprachen übersetzt“. Und zur Technologieindustrie: die Silicon Valley bei San Francisco, Kalifornien, gilt weltweit als bedeutendster Standort für unzählige IT- und High-Tech-Unternehmen. Wer in dieser Branche sein Unternehmen starten will, muss unbedingt Englisch sprechen, da der IT-Sektor in dieser Sprache entstand, dementsprechend ist die Fachterminologie im Ausland auf Englisch geblieben. Ganz eng mit IT verbunden ist die rasche Entwicklung der Medien: vom Telefon und Zeitung, zum Fernseher, Mobiltelefon, SMS, Internet und Social Media. In einer ziemlich begrenzten Zeitspanne von ca. 100 Jahren haben sich Medien schnell entwickelt und Englisch als erste Kommunikationssprache weiter gefestigt. In der Wirtschaft, in den Medien, Unterhaltungsindustrie, Handel und Mode dominiert heutzutage die Tendenz, Englische Wörter mittendrin im Diskurs zu benutzen, weil es einfach chic klingt. Dabei

6 Stein 2014:135

7 Modiano 2000 in ebd. 139

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8 spielen Hollywood und die Filmindustrie eine wesentliche Rolle, indem die ersten weltberühmten Filme auf Englisch waren und zum Entstehen vom sogenannten American Dream stark beigetragen haben. Die USA waren die leitende Nation, sowohl aus einem politischen als auch sozialen Gesichtspunkt. Dadurch wird auch Englisch die leitende Sprache der Welt. Letztens befördert das Internet das Prestige der englischen Sprache, die immer mehr international wird und die weltweite Kommunikation erleichtert.

Die Wissenschaft und die akademische Welt sind auch von der englischen Sprache dominiert. Wenn im letzten Jahrhundert Deutsch oder Französisch die Sprachen der Politik, Wissenschaft und Philosophie waren (alle Autoren und Wissenschaftler wie Einstein und Marie Curie veröffentlichten in ihrer eigenen Sprache), veränderte sich dieser Stand radikal nach dem zweiten Weltkrieg. Deutsch verlor in allen Bereichen das hohe Ansehen und viele Wissenschaftler zogen in die USA um, um ihre Forschungen weiterzuführen. Dadurch wurde Deutsch langsam vom Englischen als Sprache der Publikationen ersetzt8. Denn das Land, wo sich eine Branche etabliert und weiterentwickelt, wird der Marktführer der Branche.

Diesen Ansatz fasst Stein (in Dear/Hampel 2014:136) kurz und bündig als „Gründer- Prinzip“: „Wer eine Domäne einführt, bestimmt die praktischen und sprachlichen Spielregeln der Domäne“. Da dies im Großenteil in den USA geschah, wurde Englisch die Publikations- und Arbeitssprache und dadurch hat sie an Prestige verdient. Ausländische Wissenschaftler lesen auf Englisch und müssen unbedingt auf Englisch veröffentlichen, wenn sie im akademischen Kontext wahrgenommen werden wollen. Gleichzeitig haben nicht alle Mitarbeiter in Firmen genügende Englischkenntnisse, um sich überzeugend auszudrücken, und das kann wohl zu Missverständnissen führen. Diese haben nicht mit den professionellen Fähigkeiten der/des Mitarbeiterin/s zu tun, sondern mit dessen/deren verbalen Fertigkeiten in der Fremdsprache. Trotzdem muss man zugeben, dass Englisch sehr

„praktisch“ ist: In internationalen Konferenzen wird es von der Mehrheit der Teilnehmer verstanden.

Darüber hinaus sind Linguisten, Lehrer und Sprachwissenschaftler davon überzeugt, dass verschiedene Erfolgsfaktoren in der Sprache selbst zu finden sind. Man kann nämlich nicht verneinen, dass sowohl die historischen als auch die sprachlichen Faktoren den Erfolg dieser Sprache mitbestimmt haben. Folgend werden einige Aspekte analysiert.

Zur Lexik: Obwohl Englisch zusammen mit Deutsch, Schwedisch, Dänisch, Norwegisch und Niederländisch als germanische Sprache betrachtet wird, hat es einen umfangreichen,

8 Taylor 2014:110

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9 Wortschatz, der viel vom Latein abstammende Substantive beinhaltet. Das schließt nicht aus, dass der Grundwortschatz natürlich aus germanischen Wörtern besteht. Eine wesentliche Auswirkung hatte Französisch während der normannischen Eroberung nach der Schlacht von Hastings (1066) auf das damalige Englisch. Das meist angebotene Beispiel hierfür sind die Bezeichnungen von Tieren mit germanischem Ursprung (z.B. pig, cow, sheep) und die entsprechenden Bezeichnungen für die Speisen mit französischem Ursprung (pork, beef, mutton) als Zeichen der starken Kultur, die die Normannen nach England mit sich brachten9. Das gleiche gilt für Wörtern mit skandinavischem Ursprung aufgrund der Eroberung der Dänen, oder die aus den Kolonialsprachen, wie Indien10. Alle diese Einflüsse machen Englisch zu einer „weltoffenen Sprache, mit der viele Ausländer einen bestimmten Anteil des Wortschatzes schon beim frühen Lernen erkennen können.

Zur Grammatik: Alle Englischlernende schätzen die Flexionsarmut bzw. die ganz einfache und reguläre Konjugation der Verben oder den Wegfall der Deklination von Substantiven und Adjektiven (außer dem Komparativ- und Superlativgrad). Ein großer Vorteil für Englisch ist die Abwesenheit von einem Genussystem. Wenn Deutsch und andere indoeuropäische Sprachen zwischen drei Genera und die romanischen Sprachen zwischen zwei Genera unterscheiden, weist Englisch gar kein Genus auf. Man kann sich gut vorstellen, das sei für Fremdsprachler eine große Hürde (wie beim Deutschlernen) weniger. Sexus im Englisch wird durch die Bedeutung bestimmt: Lebewesen können entweder Maskulin oder Feminin (grammatisches Geschlecht) dem Sexus entsprechend (natürliches Geschlecht) sein; alle anderen Substantive sind Neutrum.

Zur Phonetik: Man soll zuletzt die einzige, aber schon große Schwierigkeit nennen, die Englischlernenden treffen. Diese ist die chaotische Natur der Rechtschreibung und der Mangel an phono-graphematischer Übereinstimmung.

1.3 Ist eine Weltsprache wirklich global?

Die Welt scheint zugänglicher und transparenter zu sein. Aber sind Menschen dank der unbegrenzten Verfügbarkeit von Informationen wirklich besser informiert? Im Gegenteil, zu viel Informationsflut kann zu mehr Unsicherheit bringen, da die unvorstellbare Menge auch unkontrollierbar ist. Bisher wurde über die besonderen Eigenschaften und Ereignisse, die Englisch zur Weltsprache gemacht haben, berichtet. Wenn diese Aussage -Englisch ist die

9 ebd. 104-105

10 ebd. 108

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10 Sprache der Welt- gültig für alle Bewohner der Welt wäre, wäre das Forschungsvolumen über dieses Thema um die Hälfte niedriger als es jetzt ist. Man bräuchte nämlich nicht so viel zu forschen, wenn diese Weltsprache tatsächlich von allen gleichermaßen gesprochen wäre. Aber doch gibt es Unterschiede in den verschiedenen Regionen der Welt, wie oben schon erwähnt. Nur 20% der ESL-Sprecher spricht verhandlungssicheres Englisch. Indien (30%) und die Philippinen (46%) sind eine Ausnahme (Kingsley 2008). In den Ländern, wo Englisch eine einfache Fremdsprache ist (also keine Amtssprache), sinkt der Prozentsatz noch weiter11. Daraus lässt sich ableiten, dass es doch unmöglich ist, sich nur mit Englisch überall auf der Welt zu verständigen. Crystal vertritt in seiner Arbeit „English as a global language“ seine Position bezüglich des Zustandes der englischen Sprache heutzutage bzw.

inwiefern eine globale Sprache als Bedrohung betrachtet werden kann. Unter Voraussetzung, dass eine einheitliche Sprache nicht unbedingt Frieden bedeutet und Mehrsprachigkeit nicht unbedingt mit Konflikt zu verbinden ist, geht er den einzelnen Bedrohungen einer Weltsprache- in diesem Fall Englisch- im Detail nach.

Die erste Bedrohung ist die linguistische Macht (linguistic power): Diejenige, die Englisch als Muttersprache haben, werden automatisch zu einer Elite. Somit sind Wissenschaftler gezwungen, auf Englisch zu publizieren, auch wenn es nicht ihre Muttersprache ist, und Manager mit einer anderen Muttersprache als Englisch sind benachteiligt. In diesem entmutigenden Rahmen hebt Crystal hervor, dass Kinder zum Erwerb einer zweiten Sprache sehr geneigt sind. Es geht nur darum, ihnen die Möglichkeit zu geben, eine zweite Sprache ganz früh und ständig zu lernen, damit sie zu echten Zweisprachigen werden. Wenn ein Land die finanziellen Mittel zum Erwerb einer Fremdsprache in der frühen Kindheit zur Verfügung stellt, ist das Problem der sprachlichen Elite gelöst. Alle zukünftigen Erwachsene könnten eine gemeinsame zweite Sprache haben. Das ist natürlich wegen der großen finanziellen Unterschiede von einem Land zum anderen nicht vorstellbar. Englisch als Zweitsprache beizubringen ist bisher den nordeuropäischen Ländern gelungen.

Die zweite Bedrohung heißt linguistische Nachlässigkeit (linguistic complacency): Man kann behaupten, englische Muttersprachler seien weniger motiviert, Fremdsprachen zu lernen. Das stellt man sofort fest, wenn Amerikaner oder Engländer im Ausland verlangen, dass man mit ihnen auf Englisch spricht. Wenn der/die Ansprechpartner/in es nicht kann, dann ist er/sie daran schuld. Das zeigt offensichtlich, dass es eher nicht mit Unfähigkeit, sondern mit Motivation zum Sprachenlernen zu tun hat. Trotzdem wird man sich der

11 Mufwene 2010:45

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11 Wichtigkeit der Fremdsprachenkenntnisse auch in diesen Ländern mehr bewusst. Englische Unternehmen, die unter extrem niedrigeren Exportsätzen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern leiden, bilden immer mehr Manager sprachlich weiter aus. Auf diese Weise können sie ihren Markt auch dort erweitern, wo die englische Sprache nicht so dominierend ist.

„[…] a European Business Survey by Grant Thornton reported in 1996 that 90 per cent of businesses in Belgium, The Netherlands, Luxembourg and Greece had an executive able to negotiate in another language, whereas only 38 per cent of British companies had someone who could do so. In 2002 the figures […] had fallen to 29 per cent in Britain. “(Grant Thornton 2002 in Crystal 2003:19)

Die dritte Bedrohung ist der Sprachtod (linguistic death): Crystal erläutert, dass der Tod einer Sprache nicht mit der Entwicklung einer globalen Sprache zu begründen ist. Eine Sprache kann aus vielen anderen Gründen keine Muttersprachler mehr haben (z.B. sie wurde nur mündlich übertragen). Natürlich gibt es aber auch Fälle, wo das passiert, wie mit der einheimischen Sprache Australiens und Amerikas, die vom Englischen als dominante Sprache aggressiv überwunden wurden. Die andere Seite der Medaille ist allerdings, dass sich mehr Bewusstsein für die Regional- bzw. Nationalsprachen entwickelt hat. Dieses Streben nach Identität stellt eine starke Antwort zur Globalisierung der Sprache und der Kommunikation dar. Übrigens betont Crystal, dass doch auch Umfelder existieren, wo Identität und Globalisierung zusammenleben, d.h. Zweisprachigkeit: Hier hat man die sog.

Globale Sprache, die zur interkulturellen Kommunikation befähigt, und parallel die Regionalsprache, die die Identität des/r Sprechers/in bezeichnet. Es soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass eine globale Sprache auf eine andere einwirkt, indem die zweite durch Lehnwörter bereichert (oder verarmt, je nach Perspektive) wird12.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass Englisch das sprachliche Tor zur Unternehmenswelt darstellt, und das hat Konsequenzen auch auf andere Sprachen. Trotzdem ist ein Ungleichgewicht in den verschiedenen Regionen der Welt, was die Englischkenntnisse angeht, nicht irrelevant.

1.4 Sprachmittlungsdienste werden im Rahmen der Globalisierung immer mehr benötigt

12 Crystal 2003:14-24

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12 Englisch ist die Sprache, die von allen, unabhängig von Herkunft und finanziellem Stand, beherrscht werden soll. In der Zeit der Digitalisierung und der weltweiten Kommunikation, bemerkt man immer mehr, wie viele Varianten vom Englischen es gibt. Hinter den zahlreichen Varianten stecken verschiedene Kulturen und natürlich verschiedene Sprachen, die die translatorische Natur der englischen Sprache zeigen13. Diesen interessanten Aspekt stellt Stefania Taviano in ihrem Artikel „ELF as a translational Lingua Franca: reciprocal influences between ELF and translation“ heraus. Auf der Grundlage von Jenkins Fokus auf der mehrsprachigen Natur von ELF, geht Taviano einen weiteren Schritt weiter, und zwar die Analyse von ELF als übersetzungsbasierte, hybride Sprache zum Zweck der interkulturellen Kommunikation.

„My argument underlines the importance of translation as the coexistence of different languages below what might only at first sight appear as a homogenous surface.“ (Taviano 2018:250)

Sprachen sind unterschiedlich ausgestaltet, sie können andere Sprachen treffen und sich dadurch ändern; man kann nicht vorhersehen, wie sie in einhundert Jahren aussehen werden.

Wenn ein/e ÜbersetzerIn sich mit einem ELF-Text auseinandersetzt, kann er/sie in ihm keine bestimmte Kultur erkennen. Jede Kultur hat nämlich seine eigene Art und Weise, Ideen im schriftlichen Text einzuordnen (Hinds, 1990) und das wirkt sich auf die professionellen Genres wie Wirtschaftstexte, Bucheinbände, Lebensläufe: Alle diese Schriftstücke sind unvermeidlich von der soziokulturellen Einstellung einer Gesellschaft beeinflusst14. EU- Texte auf Englisch sind laut Taviano ein ganz klarer Ausdruck der Überlappung von soziokulturellen Systemen, weil sie von mehreren Autoren geschrieben wurden15. Was in den EU-Institutionen passiert, passiert dann auch in international tätigen Unternehmen:

„[…] these texts present certain features because they are not written in a distinct, autonomous language, but in a complex, translational and hybrid lingua franca, and are affected by different socio-cultural values and rhetorical norms. Such hybridity can be attributed to a translation process intrinsic in the drafting itself.“

(Taviano 2018:254)

Es ist kein Zufall, dass die EU- English style guides den Autoren und nicht nur den Übersetzern/Innen gewidmet sind: Diese werden dazu aufgefordert, ein klares, einfaches und

13 Taviano 2018:258

14 Kathpalia 1997:417

15 Taviano 2018:253

(19)

13 verständliches Englisch zu schreiben. Trotzdem wird in den style guides bedauerlicherweise nicht betont, dass wir Menschen unbewusst aus unserer Muttersprache übersetzen. Das bringt oft als Ergebnis zu unklaren, unverständlichen ELF-Texten. Insbesondere übt Taviano eine Kritik an den Befürwortern eines vereinfachten Englischen, die das allgemeine, globale Verstehen einer Sprache mit derer einfachen Übersetzung verbinden. STE (simplified technical English) basiert auf der Voraussetzung, dass einfaches, regelbasiertes Englisch zur erfolgreichen globalen Kommunikation und wenigeren Missverständnissen bringt. Diese Ansicht hält Taviano als fraglich, denn Übersetzungskosten werden laut STE-Theorie in der Zukunft viel niedriger sein, bis irgendwann kein Bedarf mehr an professionellen Übersetzungen bestehen wird. Ein weiterer umstrittener Punkt ist die open-source Übersetzung, wo alle nicht professionelle Übersetzer durch eine Software zur online- Übersetzung umsonst beitragen. Somit wird die professionelle Übersetzung und dementsprechend das Berufsbild ÜbersetzerIn abgewertet. Wenn ELF leicht übersetzbar ist, wird kein Übersetzer gebraucht, STE zufolge16. Doch ELF hat schon in sich selbst eine translatorische Natur, da es am meisten von Nicht-Muttersprachlern gesprochen und geschrieben wird, die wiederum aus ihrer Muttersprache übersetzen. Aus diesem Grund fördert Taviano eine neue Aufwertung der guten, professionellen Übersetzung17.

Die markante Umgestaltung der Wirtschaftslandschaft hat für alle Beteiligten erhebliche Folgen verursacht. Der weltweite Handel von Produkten und Dienstleistungen hat die Ländermarktgrenzen aufgehoben. Anstatt der Zollgrenzen gibt es heute Binnenmärkte und internationale Handelsabkommen. Gewinner dieses globalen Austausches sind alle: Die Unternehmen, die sich vergrößert haben, die Verbraucher, die von den sinkenden Preisen profitieren können, und Sprachmittler, weil alle diese Gruppen miteinander kommunizieren müssen. Aus sprachlicher Sicht ist eigentlich die offensichtlichste Notwendigkeit, dass Menschen miteinander interagieren können. Es hat sich gezeigt, dass ein Mangel an Sprachkenntnissen die internationalen Ambitionen kleinerer und größerer Unternehmen behindern kann. Ein spannendes Thema im Rahmen der Globalisierung und Sprechverständigung ist die berufsbezogene interkulturelle Kommunikation. Abgesehen davon, welche Sprache als Verständigungsmittel benutzt wird, wird sie sicherlich nicht die Muttersprache eines der Teilnehmer sein. Daher sind international führende Sprachen zum Objekt der neusten Bemühungen in der Gesellschaft und im Beruf geworden.

Hochschulabsolventen werden gedrängt, sobald wie möglich diese Sprachen zu lernen, wenn

16 ebd. 259

17 ebd. 249

(20)

14 sie im Arbeitsmarkt wettbewerblich sein wollen. Und nochmal: Da sich die meisten modernen Berufsfelder im englischsprachigen Räumen etabliert haben, ist Englisch die herrschende Lingua Franca, die die berufliche Kommunikation monopolisiert hat18. In ihrer Arbeit erläutert die interkulturelle Sprachtrainerin Marion Dathe wie interkulturelle Missverständnisse sogar schon bei dem Fremdsprachenunterricht auftauchen. Russische Manager, die im Rahmen eines Hilfsprogrammes Deutsch lernen, haben ihre Unzufriedenheit ausgedrückt, genauso wie die deutschen Trainer. Auf einer Seite, waren die russischen Manager davon enttäuscht, dass sie während ihrer Aufenthalte in Deutschland das Land nicht entdeckt haben, sondern nur im Unterricht gesessen haben. Auf der anderen Seite unterstrichen die Trainer, sie seien keine Reisebegleiter. Diese Anmerkungen haben beide Seiten unabhängig voneinander, also nicht direkt voreinander gemacht. Anscheinend war die gelernte (und nach dem Kurs endlich gemeinsame) Sprache nicht genug, um das Gefühl von Unzufriedenheit jeder Partei gegenüber der anderen auszusprechen19. Das heißt, dass „[…] die Methoden des traditionellen Fremdsprachenunterrichts […] zur Klärung des Phänomens nicht ausreichen. Unter traditionellem Fremdsprachenunterricht sollen die Arbeit am Text, Pattern drills, Rollenspiele in vorgegebenen Kommunikationssituationen u.ä. verstanden werden“ (Dathe 2000:218). Es ist nämlich vielen von uns schon passiert, etwas auf einer Fremdsprache nicht erklären zu können, obwohl wir ein gutes Niveau in der Sprache haben: das wäre damit zu verbinden, dass einige Lebenssphären einfach schwieriger zu beschreiben sind. Dathe identifiziert die Verwendung eines „metasprachlichen Systems zur Beschreibung von Kommunikationssituationen“ (Dathe 2000:219) als Lösung interkultureller Missverständnisse, was aber in Fremdsprachenunterricht nicht beigebracht wird. Unter Metasprache versteht man Folgendes:

„Um über Sprache zu sprechen, bedienen sich Sprachinteressierte, Lehrerinnen und Linguisten der Metasprache. Die Bezeichnung „Meta“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „hinter“ oder „über“. Die Metasprache ist also eine Sprache, mithilfe derer man sozusagen hinter die Kulissen einer Sprache blicken kann. Sie ist eine Sprache über Sprache.“ (https://www.global- translations.ch/de/blog/metasprache)

Nur wenn die Metasprache im Unterricht zusammen mit den üblichen sprachlichen Teilen integriert wird, erst dann ist man in der Lage, die eigenen Kommunikationsprobleme zu

18 Meyer 2000:31-34

19 Dathe 2000:218

(21)

15 thematisieren. Dathe führt noch hinzu, dass der/die ÜbersetzerIn oder LinguistIn bei einem Mangel an Metasprache in einer bestimmten Sprache die notwendige Hilfe leisten soll, indem er/sie „die Begriffe in neuen semantischen Zusammenhängen in die Fremdsprache“

(Dathe 2000:219) einbringt. Diese sind einige der mehreren Gründe wofür Globalisierung den Sprachdienstleistungen viele Chancen anbietet: Übersetzer, Dolmetscher und die Berufsbilder mit interkulturellen Kompetenzen sind notwendig für alle international tätigen Marktmitspieler. Man kann sagen, dass der internationale Wettbewerb die Grundlage des Erfolgs von SprachmittlerInnen ist. In Ihrem Artikel aus der MDÜ-Zeitschrift, die auflagenstärkste Fachzeitschrift für Dolmetschen und Übersetzen in deutscher Sprache, berichten De Palma, Sabel und Rudavin von ganz positiven Aussichten. Laut den Analysten begünstigt die zunehmend internationalisierte Verflechtung der Wirtschaft die Nachfrage nach mehrsprachigen Dokumenten und multimedialen Darstellungen. „Übersetzung ist durch die Globalisierung abwechslungsreicher und lukrativer geworden“, so Sabel 20. Es gibt in der Tat eine zunehmende Anfrage von zu übersetzenden Unterlagen, die unbedingt die menschliche Übersetzungsarbeit brauchen, wie z.B. im Wirtschafts-, Marketing- und Literaturbereich. Früher wurden Waren und Dienstleistungen meist lokal verkauft, konsumiert und gelegentlich an andere Sprachstandorte exportiert. Heute sind immer mehr Waren und Dienstleistungen für den weltweiten Vertrieb bestimmt. Klügere Unternehmen berücksichtigen dies und planen die Übersetzungskosten im Voraus. Sie verstehen, die sprachliche Komponente ihrer Produkte ist die einzige Eigenschaft, die sie von ähnlichen Waren und Dienstleistungen ausprägt21. Die Translation-Memory-Systeme haben bisher ungenügende Technologie entwickelt, um bestimmten Texten im Ganzen zu übersetzen, unterstreicht Rudavin. Die Experten sind im Allgemeinen derselben Meinung: In einem Kontext der zunehmenden Globalisierung und Verbindungsfähigkeit sind die großen Sprachendienstleister diejenige, die am meisten davon gewinnen. Die Begründung dafür ist, dass sie sich die kleineren Unternehmen eingliedern und werden dadurch in der Lage, die Nachfrage nach größeren Auftragsvolumen zu befriedigen22. Durch das mehrsprachige Informationsangebot tragen Sprachdienste zur Effizienz, Transparenz, Demokratie und Rechtmäßigkeit des jeweiligen Arbeitsnehmers (egal ob ein Unternehmen oder eine öffentliche Institution) bei.

20 De Palma/Sabel/Rudavin 2009:10

21 Rudavin 2009:70

22 ebd. 11

(22)

16

1.5 EU Mehrsprachigkeit vs. US Sprachdefizit

Nicht nur Unternehmen und Firmen aus der Wirtschaft, sondern auch internationale Institutionen, wie die UNO oder die EU basieren auf und benötigen Mehrsprachigkeit.

Sprachdienste spielen eine wesentliche aber nicht immer ersichtliche Rolle bei den internationalen Entscheidungsfindungsprozessen. Die UNO, der Internationale Währungsfonds oder die Weltbank sind z.B. internationale Organisationen, deren Entscheidungen fast direkt auf den einzelnen Bürgern einwirken. Die europäische Union ist das Hauptbeispiel, wenn wir Europäer an mehrsprachigen Institutionen in unserem Kontinent denken. Es gibt kaum Institutionen auf der Welt, die so viel Wert auf die Mehrsprachigkeit legen wie die EU. Die Generaldirektion Übersetzung der europäischen Kommission (Directorate-General for Translation, DGT) übersetzt Texte in die und aus den 24 Amtssprachen der EU. 2017 wurden hier dank der Arbeit interner und freiberuflicher ÜbersetzerInnen insgesamt 2.047.921 Seiten übersetzt23. Die DGT verfügt zusammen mit der Europäischen Kommission über ein formelles Einstellungsverfahren für ihre internen Mitarbeiter, das sowohl transparent als auch anspruchsvoll ist. Woher kommt dieses Engagement eigentlich? Aufgrund der tiefgreifenden Auswirkungen der Globalisierung sind Sorgen für kulturelle Vielfalt in der Forschungswelt aufgetaucht. Der Bedarf an einem standardisierten Markt wegen der Globalisierung hat die einzelnen kulturellen, länderspezifischen Besonderheiten neutralisiert oder gar vernichtet. Diese tragische Folgerung ist Grund für Bemühungen seitens internationaler Organisationen wie UNESCO und der Europarat für mehr Vielfalt geworden24. Deshalb sehen wir das Streben nach dem Schutz kultureller Vielfalt durch die Verabschiedung der Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen vom 20. Oktober 2005. Laut Statistiken werden in den kommenden 100 Jahren ungefähr 6000 Sprachen sterben. Da die Art und Weise, wie man sich ausdrückt ein Bestandteil der Kultur im Sinne von Gefühlenzeigen, Denkart, und Umweltbeschreibung ist, darf sich die sprachliche Vielfalt für die Menschheit auf gar keinen Fall reduzieren, genauso wie Biodiversität wesentlich für die Natur ist25. Unter dieser Voraussetzung, fällt uns nicht schwer nachzuvollziehen, wie sehr sich die EU der Sprachenvielfalt bewusst ist. Obwohl die Sprachenvielfalt im EU-Raum ziemlich gering

23 2017 Annual Activity Report Directorate-General for Translation, letzter Abruf am 16.10.19 https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/dgt_aar_2017_final.pdf.

24 Arzoz 2008:1

25 ebd. 3

(23)

17 im Gegensatz zu anderen Weltregionen ist (3-4%)26, liegt dieses Thema am Herzen vieler Europäer. Beweis dafür ist Art.22 Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der „Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen“27 lautet. Aus der offiziellen Webseite der EU wird ganz eindeutig erläutert:

Das Prinzip der Mehrsprachigkeit ist in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert: Als EU-Bürger/in haben Sie das Recht, bei der Korrespondenz mit den Organen der EU eine der 24 Amtssprachen zu verwenden und eine Antwort in der gleichen Sprache zu erhalten.“

(https://europa.eu/european-union/about-eu/eu-languages_de, letzter Abruf am 06.10.19)

Von diesem Ansatz profitieren alle EU-Bürger aus kleineren Ländern, dessen Sprachen weniger verwendet werden aber nicht dafür benachteiligt werden sollten. Das sprachliche Umfeld ist den Menschen nicht egal, denn sie würden lieber in einer sprachlich bunten als in einer neutralen Gemeinschaft leben28. Die Anerkennung der sprachlichen Vielfalt entspricht letztendlich der Anerkennung der Identität eines Landes. Man darf auch nicht unerwähnt lassen, dass die Entscheidung für 24 Amtssprachen viele Konflikten zwischen EU-Mitgliedern vermieden hat. Aus diesem Prinzip ergibt sich ein großes Arbeitsvolumen für ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen, die in alle 24 Amtssprachen übersetzen/dolmetschen müssen. Es wird immer eine unvorstellbare Menge an internen Übersetzern/Innen benötigt, die mit den EU-Politiken, Rechtsvorschriften und Terminologie vertraut sind, um die rechtlichen Verpflichtungen der Institutionen im Bereich der Übersetzung zu erfüllen. Zumal Dokumente, die die Rechte und Pflichten der Bürger festlegen, in allen Amtssprachen verfügbar sein müssen und diese Sprachfassungen von höchster Qualität sein müssen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten29. Aufgrund dieser Tatsache steht außer Zweifel, dass die EU wohl ein der besten Beispiele der Bewältigung von Kommunikationsbarrieren unter verschiedenen Aktoren mit verschiedenen Muttersprachen ist. Dieses Thema wird trotzdem kontrovers diskutiert. Melchers und Shaw vertreten in ihrer Arbeit „World Englishes“ die gegenüberstehende Ansicht, die EU sei von verschiedenen Marktkräften dazu geführt, vorwiegend Englisch zu benutzen. Wenn der

26 ebd. 4

27 Webseite Eurlex, der Zugang zum EU-Recht

28 Grin 2008:81

29 Lönnroth 2009:37

(24)

18 Dolmetschereinsatz bei öffentlichen Treffen im EU-Parlament oder -Kommission auf der Tagesordnung ist, beherrschen Englisch oder Französisch bei informellen Treffen unter den Abgeordneten. Unterlagen werden in allen Amtssprachen erstellt, jedoch wird die englische Version vor allem benutzt, da sie zuerst verfügbar ist. Es wurde u.a. festgestellt, dass die Routinearbeit normalerweise auf Englisch oder Französisch abläuft, wobei Englisch immer am ersten Platz liegt. Wenn man in die Vergangenheit hinblickt, ist dieser Vorrang immer deutlicher geworden, da junge Leute eher English als Französisch als Fremdsprachen lernen.

Nebenbei bemerken die Autoren, dass das Prinzip des Dolmetschens in die eigene Muttersprache (und nicht umgekehrt) leider oft nicht respektiert werden kann. Der Grund liegt in dem Mangel an Muttersprachlern, die aus den weniger gesprochenen Sprachen (wie z.B. Finnisch) dolmetschen. In den 90er Jahren ist deshalb das „Retour-Dolmetschen“

eingeführt worden: Hier sollen Dolmetscher aus ihrer (weniger gesprochenen) Muttersprache in die Pivot-Sprache (English oder Französisch) dolmetschen, damit die anderen Dolmetscher aus der Pivot-Sprache in ihrer Muttersprache alles übertragen können.

Somit ist zu schlussfolgern, dass das Prinzip vom Schutz der Vielfalt ebenso beim Dolmetschen zum Teil ausfällt; deshalb etabliert sich Englisch als die meist gesprochene Sprache in der EU30. Die dargestellten Daten und Fakten zeigen, dass die Frage, ob die Arbeit der europäischen Institutionen durch die gemeinsame Verwendung einer Sprache wie Englisch möglich ist, zurzeit noch unbeantwortet bleibt. Es ist schwer, sich eine Plenarsitzung vorzustellen, in der sich alle EU-Abgeordnete ihre Meinungen fleißig auf Englisch ohne Missverständnisse austauschen. Aus den in den vorherigen Paragraphen vorgenannten Gründen, warum das Bestehen einer einzigen Weltsprache sehr unwahrscheinlich ist, gilt das auch für die Mikrowelt der EU. Dazu kommt u.a. der besonders, spannende und noch ungewisse Stand vom Brexit: Wie wird die europäische Sprachpolitik nach dem endgültigen Brexit aussehen? Es wird sicherlich spannend sein, zu wissen, welche Rolle Englisch nach dem Brexit haben wird. Eins bleibt sicher: In beiden Szenarien werden Sprachmittlungsdienste noch gebraucht. Sicherlich stellt Englisch das bevorzugte Kommunikationsmittel in größeren Metropolen, vor allem unter jungen Leuten dar. Das schließt aber nicht aus, dass Englisch in anderen Regionen Europas gar nicht oder kaum verstanden wird. Da muss man entweder Kompetenzen in der spezifischen Sprache haben, oder nach Hilfe eines/r Dolmetschers/in fragen, da mehrere Nationalsprachen vorhanden sind. Aber was passiert außerhalb Europas?

30 Melchers/Shaw 2003:181

(25)

19 Wenn man einen Blick weiter auf das gegenüberliegende Ufer der Atlantik wirft, finden wir Amerika. Sicherlich würde man sagen, Amerika bietet weniger Sprachenvielfalt im Vergleich zu Europa an. Überraschenderweise konnten Linguisten feststellen, dass mehr als 1000 autochthone Sprachen in Nord-, Mittel- und Südamerika gegen die 225 in Europa gesprochen werden. Auf jeden Fall wird über das Thema Mehrsprachigkeit hierzulande mehr diskutiert und der Unterschied wird somit ausgeglichen31; wie Kraus kurz betont

„Administrative work in the EU means, in the first place, linguistic work“ (Kraus 2008:86).

Trotz der großen sprachlichen Vielfalt wurde festgestellt, dass nur ein Amerikaner aus vier eine weitere Sprache außer Englisch kann (McComb 2001) im Gegensatz zum europäischen Durchschnitt von 56% (laut Eurobarometer 2006)32. Wie oben schon erwähnt, neigen englischsprachigen Schüler in den USA dazu, später als die europäischen einen Sprachkurs anzufangen. Viele Programme wurden eingesetzt, um Bürger der anglophonen Länder für das Sprachenlernen zu sensibilisieren, damit sie mit den anderen Akteuren der Globalisierung Schritt halten. Es bleibt jedoch noch ein langer Weg zu gehen.

Sprachwissenschaftlerin Stein-Smith aus der Fairleigh Dickinson University (New Jersey, USA) bietet in ihrem Beitrag vom 2015 eine kritische Analyse des Fehlschlages von USA Parteiideologen, Pädagogen und amerikanischen Bürgern an, die Bedeutung vom Sprachenlernen anzuerkennen. Sie erforscht, warum Amerikaner unter den am wenigsten fremdspracheninteressierten Bevölkerungen der Welt sind und wie dieses US-amerikanische Sprachdefizit negative Einflüsse auf die nationale und ökonomische Sicherheit, Geschäfte und Aufstiegsmöglichkeiten verursacht. Die Autorin verdeutlicht, wie Individuen durch ihre Unfähigkeit benachteiligt werden, sich in dem globalen Arbeitsmarkt und den multikulturellen Gemeinschaften einen Weg zu bahnen, wie ihre Karriere-Optionen durch das Sprachdefizit beschränkt werden. Sogar das Genießen eines Auslandsurlaubs wird dadurch verringert. Basis ihrer Überlegungen sind die Ergebnisse von Studien, nach denen amerikanische Schüler der Arbeitsmöglichkeiten als Sprachenexperte/in oder der Verstärkung einer Karriere durch hohe interkulturelle Fähigkeiten unbewusst sind. Dadurch, dass sie von dem Status der englischen Sprache als Weltsprache überzeugt sind und dass sie nicht ganz nah an anderen Nationen mit anderen Sprachen leben, nehmen sie den echten Umfang des Sprachsektors nicht wahr. Die Realität ist ganz anders: Sie referiert über die Forschungsergebnisse von Rivers (2013), laut denen die wirtschaftliche Wichtigkeit der im Sprachensektor arbeitenden Menschen 25 Milliarden Dollars pro Jahr wert ist. Die gesamte

31 Kraus 2008:86

32 Stein-Smith 2015:705

(26)

20 Größe dieses Markts beträgt für die USA 15 Milliarden Dollars (aus den mehr als 35Md.

weltweit), und dazu soll man auch betonen, dass 5 der 10 Top Unternehmen US- amerikanisch sind33. Während Hochschulstudiengänge in Übersetzen oder Dolmetschen in Deutschland eine lange Tradition haben, wurden diese Berufe nur später mit der Globalisierung in den USA unter dem großen Publikum bekannt. Stein-Smith ist große Befürworterin einer Sensibilisierungskampagne, die US-weit herangehen sollte, um Schüler von der Wichtigkeit der sprachlichen Kompetenzen zu überzeugen. Die Nummer von abgeschlossenen Doktoraten in Fremdsprachen und -literatur im Jahr 2008 in den USA war nur 627 aus 48802 und diese Nummer ist zwischen 643 und 627 im Zeitraum 1998-2008 geblieben34.

„Obwohl die ATA [American Translators Association] schon viel Aufklärungsarbeit geleistet hat, kennen die wenigsten den Unterschied zwischen Übersetzen und Dolmetschen und die meisten wissen nicht einmal, was ein translator denn eigentlich genau macht und wozu man diesen braucht. […]. In den Medien ist meist nur die Rede von translators, auch dann, wenn ein Dolmetscher gemeint ist.“ (Marcano 2009:85)

Darüber hinaus betont die Autorin, wie die Ereignisse vom 11. September 2011 die Aufmerksamkeit auf das US-Sprachdefizit auch unter dem großen Publikum gezogen haben, und mit der Zeit haben sich die Initiativen zur Förderung dieser Kompetenzen vermehrt, wie die Regierungs- und Senatsberichte beweisen. US-amerikanische Schüler oder Studenten profitieren nicht von der Angelegenheit, im Ausland in einer Fremdsprache zu lernen, sondern wählen sie hauptsächlich Kurse auf Englisch. Die Autorin kommt daher zu dem Ergebnis, dass Motivation das entscheidende Faktor ist, um diese Situation endlich zu ändern. Das ist praktisch schwieriger als gesagt, aber man soll auf jeden Fall das Interesse trotz der größeren Mühen und langfristigen Vorteile erregen, z.B. durch das Essay- Wettbewerb und globales Jugendforum der UNO „Many Languages One World“ (MLOW).

Viele US-Studenten wissen nicht, dass neben der Karriere in Sprachdienstleistungen Fremdsprachenkenntnisse sowohl die Beschäftigungsfähigkeit als auch die Aufstiegsmöglichkeiten in vielen scheinbar nicht sprachbezogenen Berufen verbessern können. Das Nachrichten- und Medienunternehmen Bloomberg hob 2011 die Bedeutung von Sprachen für das internationale Geschäft hervor und veröffentlichte eine Tabelle der

33 ebd. 706

34 ebd. 708

(27)

21 Sprachen, die für das internationale Geschäft am nützlichsten sind, wo die drei wichtigsten Sprachen Englisch, Mandarin-Chinesisch und Französisch waren. Sogar die September- Ausgabe 2014 des Harvard Business Review hat eine Titelseite über „Adapt Your Strategy to Any Location“ und einen Artikel mit dem Titel „What‘s Your Language Strategy“

publiziert. Der Exportanstieg ist laut dem US-Wirtschaftsministerium eng mit der wirtschaftlichen Erholung in den USA und den Fremdsprachenkenntnissen der Mitarbeiter verbunden. Karrieremöglichkeiten für DolmetscherInnen diejenigen mit Fremdsprachenkenntnissen gibt es in den Bereichen Gesundheitswesen, bildende Kunst und darstellende Kunst, Museen, Verlagswesen, Export und vielen anderen Bereichen35. Nach Angaben von Marcano ist aber eine Zunahme an angebotenen Übersetzerstudien in den letzten 25 Jahren zu unterstreichen: Von nur zwei sind die Universitäten, die solche Abschlüsse anbieten, im Jahr 2009 auf 25 gestiegen36. Stein-Schmidts Untersuchungen weisen nach, dass 85% erwachsener Amerikaner an der Wichtigkeit der Mehrsprachigkeit glaubt, jedoch bleibt 79% noch einsprachig37. Somit ist schlusszufolgern, dass US- Sprachdefizit heutzutage noch relativ hoch bleibt, aber es gibt Hoffnung für Verbesserungen durch Aktion.

1.6 ÜbersetzerIn, DolmetscherIn und interkulturelle/r MediatorIn. Schwerpunkte und Unterschiede

Wer nicht im Bereich der Sprachwissenschaften studiert oder beschäftigt ist, könnte wahrscheinlich den Fehler machen, die Bezeichnungen ÜbersezerIn, DolmetscherIn und interkulturelle/r MediatorIn leicht verwechseln. In den meisten Fällen würden viele auch zugeben, sie kennen den Unterschied zwischen den drei gar nicht und würden die Bezeichnungen gleicherweise benutzen, wobei der Begriff „Übersetzer“ der meistbenutzte ist. Ziel dieses Kapitels ist es, eine eindeutige und strukturierte Erklärung und Differenzierung zwischen diesen drei Berufen zu schildern, soweit möglich.

1.6.1 ÜbersetzerIn: Schwerpunkte

Eine Standarddefinition von ÜbersetzerIn kann folgend lauten: „ÜbersetzerIn bezeichnet im Allgemeinen eine Person, die schriftliche Texte von einer Sprache in eine andere überträgt“

(Snell-Hornby 2006 in Frischauf 2017:4). Wenn man im Internet schaut, erklärt das italienische Online-Wörterbuch Treccani die Etymologie des Wortes, das aus dem

35 ebd. 707

36 Marcano 2009:82

37 ebd. 711

(28)

22 Lateinischem „Traductor-oris“ stammt, d.h. der/diejenige, der/die überträgt, weitergibt.

ÜbersetzerIn wird vom Treccani als die Person bezeichnet, die normalerweise schriftliche Werke in eine andere Sprache übersetzt oder übersetzt hat, weniger häufig benutzt man diesen Begriff für die mündliche Kommunikation, wofür der passende Begriff DolmetscherIn ist38. Viel Literatur über die Definition von Übersetzen im Rahmen der Übersetzungswissenschaften ist zurzeit vorhanden, obwohl es relativ spät zwischen den Tätigkeiten Übersetzen und Dolmetschen unterschieden wurde. Nennenswerte Beschreibungen von Übersetzen sind folgende:

„[...] ein Informationsangebot in einer Sprache z der Kultur Z, das ein Informationsangebot in einer Sprache a der Kultur A funktionsgerecht (!) imitiert.

Das heißt ungefähr: Eine Translation ist nicht die Transkodierung von Wörtern oder Sätzen aus einer Sprache in eine andere, sondern eine komplexe Handlung, in der jemand unter neuen funktionalen und kulturellen und sprachlichen Bedingungen in einer neuen Situation über einen Text (Ausgangssachverhalt) berichtet, indem er ihn auch formal möglichst nachahmt.“ (Vermeer 1986: 33 in Snell-Hornby 2006:53)

wobei der Fokus auf dem Endziel „Übertragung“ in eine andere Sprache und dementsprechende Kultur liegt. Die zweite Beschreibung lautet wie folgt:

„From a linguistic and text-theoretical perspective, translation can be understood as the result of a text-processing activity, by means of which a source-language text is transposed into a target-language text. Between the resultant text in L2 (the target language text) and the source text in L1 (the source-language text) there exists a relationship, which can be designated as a translational or equivalence relation. “(Koller 1995: 196 in Snell-Hornby 2006:156)

Im Kontrast zur ersten Zitierung liegt hier der Fokus eher auf der Entsprechung zwischen Ausgangstext L1 und Zieltext L2, die der/die ÜbersetzerIn bei der Übertragung des Inhalts mehr als seine/ihre eigene Kreativität im Auge behalten soll. Eine zeitlich ältere Beschreibung, die immer noch aktuell bleibt, kommt von Otto Kade im Jahre 1968:

„Wir verstehen daher unter Übersetzen die Translation eines fixierten und demzufolge permanent dargebotenen bzw. beliebig oft wiederholbaren Textes der Ausgangssprache in einen jederzeit kontrollierbaren und wiederholt

38 http://www.treccani.it/vocabolario/traduttore/, letzter Abruf am 06.10.19

(29)

23 korrigierbaren Text der Zielsprache.“ (Kade 1986 in Snell-Hornby 2006:37, in

Frischauf 2017:4)

Es ist allgemein bekannt, dass Übersetzen eine anstrengende trotzdem nicht genug geschätzte Tätigkeit ist, daher wird es mit niedrigem Status und demnach niedrigem Lohn verbunden. ÜbersetzerInnen sind Fachleute, die die hochwertige Aufgabe haben, Angehörigen verschiedener Kulturen (und Sprachen) in Kommunikation zu setzen. In der heutigen globalisierten Welt ist es kaum vorstellbar, sich einen Tag ohne auf einen übersetzen Text, Video oder was auch immer zu stoßen, vorzustellen. So viel übersetztes Material, das wir täglich lesen, sehen und hören ist vorhanden, dass wir es nicht mehr merken, es sei denn, es wurde schlecht übersetzt. Übersetzen ist ebenfalls für grenzüberschreitend tätige Unternehmen lebensbestimmend, denn ohne es könnten sie auf dem globalen Markt keine Konkurrenz machen. Übersetzt wird seit es die Schrift gibt. Denkt man an die Bibel: Sie ist ein leitendes Beispiel für übersetztes Werk der Vergangenheit. Aus dem Althebräisch wurde sie zuerst ins Griechische zum Predigen außer Israels durch die Apostel und später ins Lateinische übersetzt, da ihr Predigen sich weit bis zu Nordafrika und Italien schnell verbreitete39. Mit der gutenbergschen Revolution der Presse verdiente die Figur des/der ÜbersetzerIn ein gewisses Ansehen und in der Goethezeit erhielten Übersetzer auch ein Honorar für ihre Leistungen, obwohl man keine bestimmte Berufsausbildung dazu brauchte. Das ist der Grund warum die Berufsbezeichnung ÜbersetzerIn damals nicht existierte: Wer zwei Sprachen gut beherrschte, konnte ein Werk übersetzen. Wenn man die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in Betracht zieht, erleben die ÜbersetzerInnen eine dichte Zunahme an Arbeit durch die wachsende Alphabetisierung in der Gesellschaft. Auch hier, trotz des großen Bedürfnisses nach übersetzter Literatur genießen ÜbersetzerInnen keine Statusverbesserung40. Der Beruf der ÜbersetzerIn wird endlich nach dem zweiten Weltkrieg mit den ersten Schritten der heutigen Globalisierung und dem virtuellen, wirtschaftlichen Annähern der Länder in der Gesellschaft anerkannt. Viele Lebensbereiche wurden internationalisiert, sodass man von einer „explosionsartigen Entwicklung des Sprachmittlerwesens“ (Wills 2005:91 in Frischauf 2017:6) sprach. In den 50er Jahren werden die ersten Institute zur Übersetzer- und Dolmetscherausbildung gegründet: Triest, Mainz, Germersheim, Heidelberg Graz gehören dazu. Durch die Einrichtung von Universitätsstudiengängen wurde endlich die Wichtigkeit dieser Beschäftigung offiziell

39 http://www.nataledelsignore.it/bollettino/2008-10/vitachiesa56_2.htm, letzter Abruf am 06.10.19

40 Frischauf 2017:6

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