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Pans et al

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Academic year: 2021

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Hernien

Hernien 4

S. Kübler, J. Jähne

Vorbemerkungen 108

4.1 Diagnostik und Indikation 109 4.1.1 Diagnostik 109

4.1.2 Indikation 111 4.1.2.1 Allgemeines 111

4.1.2.2 Spezielles zu den einzelnen Bruchformen 111 4.2 Operative Therapie 113

4.2.1 Operative Therapie, Allgemeines 113

4.2.1.1 Netzfreie Reparation: Nahttechniken, Material 113 4.2.1.2 Reparationsverfahren mit Netz 113

4.2.1.3 Narkoseform 115

4.2.1.4 Operatives Vorgehen: Konventionell vs. endoskopisch 115 4.2.2 Operative Therapie, Spezielles 117

4.2.2.1 Primäre Bruchformen der Leiste 117

4.2.2.2 Primäre Bruchformen der vorderen Bauchwand 120 4.2.2.3 Rezidivhernien 121

4.2.2.4 Narbenhernien 123

4.3 Operationsvorbereitung 127

4.4 Spezielle operationstechnische Gesichtspunkte 128 4.4.1 Technisches bei Hernienoperationen 128

4.4.2 Antibiotikaprophylaxe 128

4.4.3 Vorgehen bei komplizierter Hernie 128 4.4.4 Vorgehen bei Gefäßverletzung 129

4.4.5 Vorgehen bei Verletzung von Samenstranggebilden 129 4.4.6 Vorgehen bei Verletzung von Darm oder Blase 130 4.4.7 Vorgehen bei Verletzung von Nerven 130

4.4.8 Drainage und Wundverschluss 130 4.5 Postoperative Behandlung 131 4.6 Spezielle postoperative Probleme 132

4.7 Spezielle Gesichtspunkte der Indikation und Operation bei kindlichen Hernien 134

Literatur 135

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Vorbemerkungen

Aufgrund ihrer Prävalenz und der durch sie hervorgerufenen Beschwerden haben Her- nien eine enorme sozioökonomische Bedeutung. Bei zunehmender Alterung der Bevölke- rung und steigender Frequenz auch größerer abdomineller Eingriffe bei einer immer äl- ter werdenden Bevölkerung ist hier eher mit einer Zunahme der Häufigkeit zu rechnen (Horeyseck 1997).

Eine gesicherte pathophysiologische Ursache für die Entstehung von Hernien ist bis- lang nicht bekannt, vielmehr muss von einer multifaktoriellen Entstehung ausgegangen werden (Abrahamson 1998). Neuere Untersuchungen deuten auf einen möglichen Defekt der Kollagensynthese, ausgedrückt durch einen verminderten Kollagen I/Kollagen III- Quotienten hin (Klinge et al. 1999, 2001; Pans et al. 2001). Hier werden in Zukunft weitere Untersuchungen notwendig sein, ein therapeutischer Ansatz ergibt sich hieraus bislang nicht. In Ermangelung einer sinnvollen, erfolgversprechenden konservativen Therapie werden Hernienoperationen als einzige Behandlungsmöglichkeit auch in Zukunft der häufigste chirurgische Eingriff bleiben.

Für die operative Therapie aller typischen Bruchformen sind Standardverfahren ent- wickelt worden, die sich durch eine hohe Erfolgsquote und geringe Gefährdung auszeich- nen. In diese Verfahren gehen sowohl neue Erkenntnisse über die Pathophysiologie und Anatomie der Hernien als auch Weiterentwicklungen in der Technik endoskopischer Ope- rationen und Neuentwicklungen alloplastischer Materialien ein. Sie finden ihre Anwen- dung im Rahmen differenzierter Therapiekonzepte, die u. a. die Lokalisation und die Größe der Brüche, das Lebensalter des Betroffenen und auch deren Narkosefähigkeit ein- beziehen. Unter differenzierter Anwendung dieser Standardoperationsverfahren ist es ge- lungen, die perioperative Komplikationsrate und Rezidivhäufigkeit zu minimieren.

Auch wenn neuere Untersuchungen eine nur noch geringe Morbidität und Letalität bei der Behandlung komplizierter Brüche beschreiben, muss dennoch davon ausgegangen werden, dass unbehandelt Beschwerden und Komplikationsrisiken der Bruchbildung kontinuierlich steigen. Damit besteht eine Operationsindikation für die überwiegende Mehrzahl primärer Bruchformen zu einem frühem Zeitpunkt, d. h. in der Regel schon beim Auftreten.

Bei besonders großen Brüchen, Rezidiv- und Narbenbrüchen ergeben sich bei abwar- tendem Vorgehen hohe Komplikationsraten und Notoperationen, so dass die Indikation zur Elektivoperation auch hier die Regel ist. Aufgrund des im Gegensatz zu primären Her- nien häufig höheren Operationsrisikos kommt einer sorgfältigen präoperativen Behand- lung und Vorbereitung eine wesentliche Bedeutung zu.

Das Problem der Rezidivbildung wird nicht nur durch eine mögliche Störung des Kol- lagenstoffwechsels, sondern entscheidend auch von Operationstechnik und Asepsis des Eingriffes bestimmt (Israelsson 1996, 1998, 1999). Zur Korrektur von Rezidivbrüchen wer- den heute neben einem – bei Fehlen von technischen Fehlern bei der Voroperation – obli- gaten Verfahrenswechsel fast ausschließlich Rekonstruktionen mit alloplastischem Mate- rial genutzt, wobei unterschiedliche Materialien und sowohl endoskopische als auch offe- ne Reparationsverfahren zur Anwendung kommen. Die Versorgung von Rezidivbrüchen durch aufwendige Lappenplastiken mit ortsfremdem Material ist demgegenüber weitge- hend verlassen worden.

Nur die typischen und häufigsten Bruchformen werden im Folgenden berücksichtigt, die sehr seltenen inneren Hernien, die meist einer präoperativen Diagnostik entgehen und im Rahmen einer Laparotomie wegen Ileus entdeckt werden, werden hier nicht be-

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sprochen. Hiatushernien als eine Form der inneren Hernie gehören wegen der durch sie hervorgerufenen Symptomatik der Refluxerkrankung und den daraus resultierenden Komplikationen zum Komplex Ösophagus, Kardia, Zwerchfell und werden dort abgehan- delt (Kap. 7).

4.1

Diagnostik und Indikation

Aufgrund der Anatomie, der Entstehungsweise, aber auch der Operationsvorbereitung und -durchführung wird folgende Einteilung gewählt:

Primäre Bruchformen der LeisteLeistenhernie

– indirekte (angeborene, erworben) – direkte

– Sonderformen: „weiche Leiste“, HydrozelenbildungSchenkelhernie

Primäre Bruchformen der vorderen BauchwandNabelhernie (angeboren/erworben)

Epigastrische Hernienbildung (präperitoneales Lipom oder echte Hernie; auch die paraumbilikale Hernie gehört hierzu)

BauchwandhernieRektusdiastase Rezidivhernien

Leistenhernienrezidive (Häufigkeit für das Auftreten eines Erstrezidivs bis 12%) Bruchrezidive im Bereich der vorderen Bauchwand

Narbenhernien nach Laparotomie oder retroperitonealen Eingriffen (ggf. auch als Rezidiv)echte Hernien (z. B. nach Oberbauchlängsschnitt)

parastomale Hernien als Sonderform einer Narbenhernie Bruchbildung nach primär offener Bauchbehandlung

muskuläre Degeneration (z. B. nach langem Pararektalschnitt, nach Subkostalschnitt mit Verletzung des N. subcostalis)

4.1.1 Diagnostik

Die Diagnose erfolgt fast ausschließlich durch die gründliche klinische Untersuchung im Liegen und im Stehen unter Provokation durch Pressen oder Husten. Daneben kann in zweifelhaften Fällen eine Sonographie zusätzlich richtungsweisend sein, ggf. erlaubt sie ergänzende Aussagen über den Bruchinhalt (Lilly et al. 2002). Gegenüber der für den Pa- tienten wenig belastenden Sonographie haben apparative Untersuchungen (z. B. Leisten- herniennachweis durch Kontrastinjektion in die Bauchhöhle, Brierly et al. 1999; Hamlin et al. 1998; Jones et al. 1998) trotz teilweise hoher Aussagekraft kaum klinische Bedeutung, eine Ausnahme kann hier die Computertomographie oder die Kernspintomographie sein, insbesondere bei den seltenen Fällen der Bauchwandhernie.

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CAVECAVE

Schwierigkeiten kann die Erkennung früher Bruchstadien gerade in der Leistengegend bereiten, häufig gehen subjektive Beschwerden besonders beim Stehen und Gehen der objektiv nachweisbaren Hernienbildung voraus. Die Diagnose einer sog. weichen Leiste ist jedoch meist problematisch; sie wird gestellt, wenn bei entsprechenden Beschwerden eine leichte Vorwölbung beider Leistengegenden beim Pressen festgestellt wird. Bei der wei- chen Leiste tastet man im Gegensatz zu einer Hernie keine Vorwölbung des Peritoneal- sacks über das Niveau der Fascia transversalis. Kriterium einer weichen Leiste ist ein weiter innerer Leistenring und eine schlaffe Hinterwand des Leistenkanals (Fascia trans- versalis; Schumpelick 1987).

Sehr genau müssen dabei andere mögliche Schmerzursachen ausgeschlossen werden, besonders eine beginnende Coxarthrose, ein Uretersteinleiden, eine Sigmaaffektion und ggf. gynäkologische Erkrankungen.

Die Differenzierung echter Narbenbruchbildungen gegenüber Bauchwandvorwölbungen bei muskulärer Degeneration nach ungünstigen Schnittrichtungen kann unklar sein; ge- legentlich bildet auch bei Letzterer der Übergang von normalem zu degenerativem Bezirk eine Art Bruchring.

Der Anamneseerhebung und der gründlichen, sich auf den ganzen Körper erstrecken- den klinischen Untersuchung kommt besondere Wichtigkeit zu, da nur hierdurch die präoperativ zusätzlich notwendigen technischen Untersuchungen auf ein Mindestmaß re- duziert werden können.

In der Anamnese müssen neben Symptomen für kardiale, pulmonale, hepatische und metabolische Erkrankungen bewusst Tumorsymptome (B-Symptomatik, Stuhl- und Miktionsgewohnheiten, Blutauflagerungen) abgefragt werden, da tumorbedingte Beschwerden leicht auf die sichtbare, dann „symptomatische“ Bruchbildung bezogen werden und so eine vermeintliche Erklärung fin- den.

Weitere präoperative Untersuchungen richten sich nach den Ergebnissen der gezielten Anamnese und klinischen Untersuchung, die generelle Durchführung einer endoskopi- schen gastroenterologischen Abklärung ist nicht notwendig (Gerson et al. 2001).

Infektionen lokaler und genereller Art müssen vor der hoch aseptischen Operation ausgeschlossen werden bzw. behandelt sein.

Bei der Beurteilung von Bruchkomplikationen ist zwischen Irreponibilität ohne und Irre- ponibilität mit Einklemmung zu unterscheiden; ein irreponibler Leistenbruch ist stets als eingeklemmt zu betrachten (Ausnahme: Irreponibilität wegen enormer Größe), während ein großer Nabel- oder Narbenbruch wegen Adhäsionen auch ohne Einklemmung irrepo- nibel sein kann.

Differentialdiagnostisch kann die Unterscheidung einer kleinen eingeklemmten Leis- ten- bzw. Schenkelhernie von entzündlich vergrößerten Lymphknoten schwierig und ggf.

nur intraoperativ zu treffen sein.

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Insgesamt behält die klinische Untersuchung die Hauptbedeutung für die Diagnose und – zusammen mit dem intraoperativen Befund – auch für die Wahl des therapeuti- schen Verfahrens.

4.1.2 Indikation 4.1.2.1 Allgemeines

Aufgrund der durch sie hervorgerufenen Beschwerden und des ohne Behandlung steigen- den Komplikationsrisikos besteht praktisch für alle Hernien ohne momentane Komplika- tionen eine Indikation zur Elektivoperation. Bei der Indikationsstellung sind einerseits in- dividuell Beschwerdestärke der Bruchbildung und kalkuliertes Risiko der Bruchkompli- kationen, andererseits Risiko und Erfolgsaussichten der Operation zu berücksichtigen.

Häufig handelt es sich um eine Kombination ungünstiger Faktoren auf beiden Seiten. Bei hohem Operationsrisiko hängt die Operationsindikation und der Zeitpunkt der Opera- tion u. a. ab vom Grad einer durch Vorbehandlung erreichbaren Besserung kardiovaskulä- rer, respiratorischer oder metabolischer Schäden. Eine präoperative Gewichtsreduktion wird generell ebenfalls als günstig angesehen, ist jedoch in aller Regel nicht zu erreichen.

Die Indikation zur kurzfristigen, nur in seltenen Fällen zeitverzögerten elektiven Bruchoperation besteht nach der Reposition eines eingeklemmten Bruches. Die Reposi- tion bei einem zunächst irreponiblen Leisten- oder Schenkelbruch lässt sich hierbei viel- fach durch geduldiges, kontinuierliches und leichtes Zurückdrücken am gut entspannten und analgesierten Patienten (z. B. in warmen Badewasser liegend) erreichen.

Diese Manöver müssen stets zu einer sofortigen Erleichterung der Beschwerden führen, anderen- falls liegt der Verdacht auf eine Reposition en-bloc oder Reposition einer bereits durchblutungsge- schädigten Darmschlinge vor. Nach einer solchen Reposition muss eine stationäre Beobachtung durchgeführt werden, um sich z. B. bei einer Reposition en-bloc ergebende Komplikationen früh- zeitig zu erfassen.

Eine absolute Operationsindikation besteht bei jeder Form der Einklemmung. Sie er- streckt sich auch auf Situationen, in denen eine Einklemmung nicht ausgeschlossen wer- den kann, sowie bei Verdacht auf die zwar seltene, jedoch besonders gefährliche Reposi- tion en bloc. Hierbei ist die Operationsindikation zeitlich absolut dringend, ein Abwarten der 6-Stunden-Nüchternheitsgrenze ist nicht berechtigt, denn die zeitliche Grenze zwi- schen dem Stadium der Erholungsfähigkeit eines eingeklemmten Bruchinhaltes und sei- ner irreversiblen Schädigung ist niemals bestimmbar und eine notwendige Darmresek- tion erhöht das Operationsrisiko wesentlich.

4.1.2.2

Spezielles zu den einzelnen Bruchformen

Aufgrund der durch sie hervorgerufenen Beschwerden besteht bei den meisten Leisten- brüchen, auch denen mit offensichtlich weiter, besonders medialer Bruchpforte und stets

CAVE

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leichter Reponierbarkeit eine Operationsindikation. Im hohen Alter oder bei hohem Ope- rationsrisiko sind Operationen in Lokal-, Spinal- oder Periduralanästhesie unter Implan- tation alloplastischen Materials Verfahren der ersten Wahl. Ausnahmen können große, länger bestehende Skrotalhernien bei kardiopulmonal erheblich vorgeschädigten Patien- ten darstellen, bei denen durch die Reposition der längere Zeit eventerierten Darmanteile ein erhöhtes Risiko für postoperative kardiopulmonale Komplikationen besteht.

Eine sog. weiche Leiste sollte nur nach gründlicher Diskussion mit dem Patienten und unter differenzierter Bewertung des Beschwerdebildes als Operationsindikation gewertet werden.

Bei Hydrozelenbildung ist eine Operationsindikation (Operation evtl. in Lokalanästhe- sie) gegeben, wenn eine ein- bis zweimalige Punktion erfolglos war.

Bei einem Schenkelbruch besteht eine hohe Einklemmungsgefahr, hier ist stets eine Operationsindikation gegeben. Sollte eine Schenkelhernie nach Ausschluss anderer schmerzhafter Affektionen der Leistenregion differentialdiagnostisch nicht sicher auszu- schließen sein, kann eine Probefreilegung indiziert sein.

Im frühen Kindesalter ist eine Nabelbruchbildung physiologisch und daher außer in wenigen Ausnahmefällen keine Operationsindikation. Die Rückbildung ist meist bis zum 2. Lebensjahr abgeschlossen, anschließend neigen Nabelhernien sehr zu Komplikationen und sollten daher frühzeitig operiert werden.

Epigastrische Hernien sind häufig sehr klein und können einer sicheren klinischen Diagnosestellung entgehen. Bei persistierenden Beschwerden ist nach Ausschluss anderer Oberbaucherkrankungen ggf. eine Probefreilegung indiziert, ggf. wird die „Bruchopera- tion“ mit einer Probelaparotomie zu verbinden sein.

Bei der seltenen Spieghel-Hernie, die häufig als interstitielle Hernie vorliegt, besteht im Rahmen der allgemeinen Vorbemerkungen ebenfalls eine Operationsindikation.

Eine Rektusdiastase, die kaum je Beschwerden verursacht, stellt selten eine Opera- tionsindikation dar.

Bei Rezidiv- und Narbenhernien ist die Operationsindikation großzügig zu stellen, ab- wartendes Verhalten erhöht die Rate an Komplikationen, speziell die der Einklemmung.

Nach sicher primärer Wundheilung ist als Mindestintervall zur ersten Operation im All- gemeinen ein Zeitraum von etwa 3 bis 6 Monaten zu empfehlen, nach abgelaufener Infek- tion sollten zumindest über 2 bis 3 Monate normalisierte Entzündungsparameter vorlie- gen und klinisch keine Entzündungszeichen mehr bestehen. Sofern Fadenfisteln o. ä. vor- liegen, müssen diese zunächst exzidiert werden, eine Bruchoperation soll frühestens 2 bis 4 Monate nach deren vollständiger Abheilung erfolgen.Weiter müssen vor einer geplanten Narben- bzw. Rezidivbruchoperation intraabdominelle Erkrankungen ausgeschlossen werden, bei häufig ursächlich für eine vorangegangene Laparotomie vorliegenden malig- nen Erkrankungen sollte eine gründliche Nachsorge in entsprechendem Zeitintervall zur Erstoperation oder einer evtl. erfolgten adjuvanten Chemotherapie einer Hernienopera- tion vorangehen. Es gilt hier besonders, individuell Beschwerdestärke der Bruchbildung und kalkuliertes Risiko der Bruchkomplikationen einerseits, sowie Risiko und Erfolgsaus- sichten der Operation andererseits abzuwägen. Im Zeitintervall bis zur Durchführung der Operation kann das Tragen eines Bruchbandes, einer Bruchbinde bzw. eines Korsetts empfohlen werden, ebenso, falls eine operative Behandlung nicht in Betracht kommt. Der Wert dieser Methoden zur Verhütung von Komplikationen ist zwar fraglich, doch wird das Tragen entsprechender Bandagen vom Patienten meist gewünscht, sie empfinden diese als Halt gebend.

Zur Indikation bei kindlichen Bruchformen Abschn. 4.7.

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4.2

Operative Therapie

4.2.1

Operative Therapie, Allgemeines

Die verwendeten Operationsverfahren unterscheiden sich grundsätzlich durch die An- wendung oder den Verzicht auf Netze zur Verstärkung der Faszie als tragendem Anteil der Bauchwand sowie durch das konventionelle oder endoskopische Vorgehen.

Obligate Bestandteile jeder Bruchoperation sind die Darstellung der Bruchgebilde und der sichere Verschluss der Bruchpforte. Die Notwendigkeit einer Bruchsackeröffnung, Bruchinhaltreposition und Bruchsackabtragung hingegen ist von der jeweiligen Bruchform und dem jeweiligen Opera- tionsverfahren abhängig.

4.2.1.1

Netzfreie Reparation: Nahttechniken, Material

Bei den reinen Nahttechniken ohne Netzimplantation hat sich bis auf wenige Ausnahmen die reine Stoß-auf-Stoß-Naht durchgesetzt. Die Fasziendoppelung hat demgegenüber in groß angelegten Untersuchungen nicht zu einer Verminderung der Rezidivraten geführt (Paul et al. 1998). Die Naht erfolgt vorwiegend in fortlaufender Technik (Stelzner 1988).

Zwar zeigt auch der Verschluss mit Einzelnähten keine statistisch signifikanten Unter- schiede im Auftreten von Narbenhernien, jedoch ist hier der Zeitaufwand erheblich höher, es verbleibt mehr Fremdmaterial in der Wunde, und bei fortlaufender Naht kommt es zu einer günstigeren, gleichmäßigeren Verteilung der Nahtspannung in der Wunde.

Als Nahtmaterial kommen verzögert resorbierbare Materialien (Vicryl, Dexon, Maxon, PDS) oder nichtresorbierbare Materialien (Mersilene, Polypropylen) in monofiler oder geflochtener Form und unterschiedlicher Fadenstärke zur Anwendung. Ein eindeutiger Vorteil einer der Materialien ist hier nicht zu erkennen, tendenziell sollten jedoch vorwie- gend nichtresorbierbare Polypropylen- oder langresorbierbare PDS-Fäden benutzt wer- den (Hilgert et al. 1999). Für Hernien der Leistenregion ist eine Fadenstärke von 2/0 emp- fehlenswert, bei Bauchwandbrüchen sollte eine Fadenstärke von 0 oder größer Verwen- dung finden.

Sollte es unter Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial zu einer Narbenhernie kommen, kann bei der Versorgung im Rahmen des dann notwendigen Verfahrenswech- sels ggf. die Verwendung nichtresorbierbaren Nahtmaterials ausreichend sein (Anthony et al. 2000; Hoer et al. 2001; Grantcharov et al. 2001; Bucknall et al. 1982).

4.2.1.2

Reparationsverfahren mit Netz

Die Verfahren mit Implantation von Netzen ähneln sich sowohl hinsichtlich der Rezidiv- quote (Bay-Nielsen et al. 2001; Collaboration 2000) als auch hinsichtlich typischer durch die Verwendung von Kunststoffnetzen hervorgerufener Komplikationen (Klinge et al.

1999). Zu diesen gehören die Netzschrumpfung, Netzmigration, aber auch der durch den Fremdkörper hervorgerufene lokale Reiz mit Irritation von Nachbarstrukturen und

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Serombildung. Auch ist die Problematik der langfristigen Auswirkungen der Fremdmate- rialien bislang nicht abschließend geklärt (Heise et al. 1998; Decker et al. 1999; Hofbauer et al. 1998; Klinge et al. 1999, 1998; Welty et al. 2001).

Sämtliche Netze können – in Relation zur Muskulatur bzw. zur Faszie – „sublay“,„inlay“

oder „onlay“ verwendet werden. Die Inlay-Technik ist aufgrund der unbefriedigenden Er- gebnisse hierbei weitgehend verlassen worden. Die Sublay-Technik wird aufgrund der biomechanischen Eigenschaften der Bauchwand und der entsprechenden mechanisti- schen Vorstellungen bislang als das günstigste Verfahren angesehen, ist jedoch präparato- risch ungleich aufwändiger und mit einer größeren Gewebetraumatisierung als das Onlay-Verfahren behaftet.

An Materialien stehen voll resorbierbare Vicryl-Netze, Mischnetze (Vicryl-Polypropy- len) und reine, nichtresorbierbare Netze auf Polypropylen- oder PTFE-Basis (Gore-Tex) zur Verfügung.

Vicryl-Netze können der Bauchwand aufgrund ihrer Resorbierbarkeit keine langfristi- ge Stabilität verleihen und sind somit nicht zur Versorgung von Brüchen geeignet. Ande- rerseits neigen sie nicht zur Fistelbildung, ihre Domäne liegt daher in der Behandlung des Abdomen apertum, wobei sie inlay implantiert und am umliegenden Faszienrand fixiert werden.

Die kleinporigen PTFE-Netze fördern bei Kontamination die Persistenz von Bakterien, induzieren jedoch praktisch keine Adhäsionen, was sie für die intraperitoneale Anwen- dung prädestiniert. Die PTFE-Netze werden von intraabdominell auf das Peritoneum auf- gebracht (sublay) und müssen straff fixiert werden. Sie scheinen jedoch langfristig einer Aufsplitterung zu unterliegen, ihre Langzeitstabilität ist also zweifelhaft.

Durchgesetzt in der Behandlung der Brüche haben sich aufgrund ihrer mechanischen Stabilität im Wesentlichen die Netze auf Polypropylen-Basis. Insbesondere die gewichtsre- duzierten, weitmaschigen Polypropylen-Netze zeigen hinsichtlich ihrer Elastizität ähnli- che Eigenschaften wie die Bauchwand (Junge et al. 2001; Klinge et al.; 1998). Sie haben je- doch materialspezifische Anwendungseinschränkungen. Da es bei direktem Kontakt von Polypropylen mit der Darmwand gehäuft zur Fistelbildung kommt, verbietet sich bislang die intraabdominelle Anwendung von Polypropylen-Netzen. Wichtig ist eine vollständige Barriere aus Peritoneum und/oder Faszie gegenüber dem implantierten Netz, in seltenen Fällen kann auch das Omentum maius als Grenzfläche dienen, sollte dann jedoch sicher fixiert werden. Möglicherweise kann hier in Zukunft durch die Weiterentwicklung be- schichteter Netze („composite meshes“) Abhilfe geschaffen werden.

Wegen einer zu erwartenden Netzschrumpfung von bis zu 40% sollten die Polypropylen-Netze die Bruchpforte in jede Richtung um mindestens 3, besser 5 cm überdecken (Klinge et al. 1998; Knook et al. 2001).

Bei den offenen Verfahren ist eine Netzfixation durch Nähte zumeist unabdingbar, im Rahmen endoskopischer Eingriffe wird die Fixierung mittels spezieller Tacker auch in Ab- hängigkeit vom verwendeten Verfahren kontrovers diskutiert. Durch sie lässt sich einer- seits eine Migration verhindern, andererseits erhöhen sich dadurch auch Komplikatio- nen, z. B. Nervenirritationen (Macintyre 1998; Ferzli et al. 1999; Smith et al. 1999; Stark et al. 1999; Welty et al. 2001; Zieren et al. 1999; Klinge et al. 1998; Leber et al. 1998; Lepere et al. 2000; Moreno-Egea et al. 2001; Trivellini et al. 2001; Zieren et al. 1999).

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4.2.1.3 Narkoseform

Leistenbruchoperationen und Reparationen bei kleinen Nabelhernien können in Loka- lanästhesie, rückenmarksnahen Leitungsanästhesieverfahren (peridural, spinal) und in Allgemeinnarkose durchgeführt werden. Bei kardiopulmonal gefährdeten und alten Pa- tienten wird man die Lokalanästhesie bevorzugen. Auch aufgrund der zunehmend von den Kostenträgern geforderten ambulanten Durchführung von Hernienreparationen ist von einer Zunahme der Lokalanästhesie als Anästhesieverfahren der Wahl auszugehen.

Bei komplizierten Brüchen und bei solchen der vorderen Bauchwand ist die Intubations- narkose am besten geeignet, da sonst die erforderliche Entspannung und eine entspre- chende Analgesie durch Zug auf das Peritoneum etc. nicht erreicht wird.

Ebenso sind die endoskopischen Reparationsverfahren aus dem gleichen Grunde in der breiten Anwendung bislang nur in Intubationsnarkose möglich (Frezza et al. 2000;

Ferzli et al. 1999).

4.2.1.4

Operatives Vorgehen: Konventionell vs. endoskopisch

Insbesondere durch die Weiterentwicklung endoskopischer Techniken der letzten Jahre sind minimal-invasive Operationsverfahren zur Hernienreparation zu einer Alternative zum offenen Vorgehen geworden. Für die Reparation von Leistenbrüchen stehen etablier- te Verfahren zur Verfügung (Collaboration 2000; Ferzli et al. 1998; Go 1998). Für die endo- skopische Versorgung von Narbenhernien und Bauchwandhernien hat sich bislang trotz zahlreicher viel versprechender Ansätze noch keine Operationsmethode wirklich durch- setzen können (Bageacu et al. 2002; Carbajo et al. 1999; Costanza et al. 1998; Franklin et al.

1998; Horgan 1998; Wright et al. 1998; Toy et al. 1998; Wright et al. 2002).

Während über den konventionellen, vorderen Zugangsweg sowohl netzfreie Reparatio- nen als auch Netzimplantationen möglich sind, ist bei den endoskopischen Verfahren zur Reparation von Leistenhernien bei Erwachsenen (oder bei erwachsenen Patienten) und zur Reparation aller übrigen Hernien aufgrund des posterioren Zuganges eine Netzim- plantation zwingend. Zusätzlich sind die posterioren Zugänge bislang nur in Vollnarkose möglich, was ihre Anwendbarkeit gerade bei älteren Patienten limitiert (Arvidsson et al.

2000; Bittner et al. 1998; Krähenbühl et al. 1998; Larson 2000; Lucas et al. 1999; Schultz et al. 2001).

Insgesamt erlaubt die große Zahl angegebener Operationsverfahren mit Modifikatio- nen unter Einbeziehung der vorgenannten Prinzipien eine individuelle Anpassung der Vorgehensweise an die jeweilige Situation und das jeweilige Risikoprofil des Patienten. Ein einheitliches, zu standardisierendes Vorgehen innerhalb differenzierter Behandlungskon- zepte ist jedoch möglich und im klinischen Betrieb wünschenswert. Hauptindikationen für eine operative Behandlung von Bauchdeckenhernien sind in Tabelle 4.1 zusammenge- stellt.

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Tabelle 4.1.Hauptindikationen operativer Behandlung von Bauchdeckenhernien Art der Hernie Indikation zur Methode der Wahl

Operation Primäre Bruchformen der Leiste

Leistenhernie Meist gegeben s. Tabelle 4.4

Schenkelhernie Stets gegeben Meist inguinales Vorgehen, Einengung der Lacuna vasorum Primäre Bruchformen der vorderen Bauchwand

Nabelhernie Meist gegeben Zumeist offenes Vorgehen, bei Bruchlücken <4 cm quere Naht (Stoß-auf-Stoß), bei Bruchlücken >4 cm Augmentation mit Polypropylen-Netz (sublay/onlay) Epigastrische Hernie Meist gegeben Ggf. zu kombinieren mit Probelaparotomie, sonst

bei Bruchlücken <4 cm Naht (Stoß-auf-Stoß), bei Bruchlücken >4 cm Augmentation mit Polypropylen- Netz (sublay/onlay), s. oben

Bauchwandhernie Meist gegeben s. oben

Rektusdiastase Kaum gegeben Ggf. Netzaugmentation Rezidivhernien

Leistenbruchrezidiv Meist gegeben s. Tabelle 4.5

Bruchrezidiv im Meist gegeben Ggf. Verfahrenswechsel (nichtresorbierbar vs.

Bereich der vorderen resorbierbar), zumeist jedoch Netzaugmentation

Bauchwand (Polypropylen-Netz (sublay/onlay)

Narbenhernien

Echte Hernie Meist gegeben Ggf. Verfahrenswechsel (nichtresorbierbar vs. re- sorbierbar), zumeist jedoch Netzaugmentation (Polypropylen-Netz (sublay/onlay), ggf. nach pro- gressivem Pneumoperitoneum

Parastomale Hernie Meist gegeben Direkte Naht, ggf. Netzimplantation über Median-

als Sonderform schnitt (stomafern)

der Narbenhernie

Bruchbildung nach Meist gegeben Netzaugmentation (Polypropylen-Netz primär offener (sublay/onlay), evtl. composite mesh, ggf. nach

Bauchbehandlung progressivem Pneumoperitoneum

Muskuläre Degeneration Selten gegeben, da wenig aussichtsreich Kindliche Hernien

Leistenbruch Stets gegeben Abtragung des proximalen Bruchsackanteils, keine routinemäßige Exploration der Gegenseite

Nabelbruch Ab dem Einfache Fasziennaht

2. Lebensjahr Verdacht auf Einklemmung

Immer absolut Herniotomie, sorgfältige Revision des Bruchsack- und dringlich inhaltes, ggf. zusätzliche Laparotomie

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4.2.2

Operative Therapie, Spezielles 4.2.2.1

Primäre Bruchformen der Leiste Leistenhernien

Für die differenzierte Therapie der Leistenhernien ist eine entsprechende Klassifikation notwendig, verschiedene sind von unterschiedlichen Autoren (z. B. Rutkow et al. 1998) in den vergangenen Jahren propagiert worden.Wir verwenden aufgrund ihrer einfachen An- wendung und Übersichtlichkeit die in Tabelle 4.2 dargestellte Klassifikation von Schum- pelick (Schumpelick 2000). Durch Anwendung dieser Klassifikation sind u. a. die Lang- zeitergebnisse der verwendeten Reparationsverfahren besser vergleichbar.

Wichtigstes Verschlussprinzip der Leistenhernienreparation ist die Verstärkung der Leistenkanalhinterwand, wobei der Fascia transversalis entscheidende Bedeutung zu- kommt (Memon et al.1999). Hierbei kann je nach Zugang zur Fascia transversalis ein an- teriores oder posteriores Vorgehen unterschieden werden. Die zur Leistenhernienrepara- tion des Erwachsenen entwickelten Verfahren sind in Form einer Übersicht nach Zu- gangsart und/oder Netzimplantation in Tabelle 4.3 aufgezeigt.

Im Rahmen der offenen, vorderen Reparationsverfahren ohne Netzimplantation hat sich im Wesentlichen die Operation nach Shouldice durchgesetzt, da sie – wie durch große Übersichtsarbeiten belegt ist – die geringste Rezidivquote aufweist. Das Prinzip der

Lokalisation der Bruchpforte Größe der Bruchpforte

L, lateral I, <1,5 cm

M, medial II, 1,5–3 cm

F, femoral III, >3 cm

C oder MC, kombinierte Hernie Rx, Rezidivhernie

(x, Anzahl der Voroperation)

Referenzgröße 1,5 cm, konventionell-offen: Zeigefingerkuppe, endo- skopisch: Branchenlänge der Endoskopieschere.

Tabelle 4.2.Klassifikation der Leistenhernien nach Schum- pelick

Tabelle 4.3.Reparationsverfahren der Leistenhernie

Operationsverfahren Zugangsweg Naht Mesh

Konventionell Anterior Shouldice Lichtenstein

McVay

Bassini Rutkow

Zimmermann

Posterior Nyhus TIPP

Ugahary Wantz Stoppa

Endoskopisch Posterior TEP

TAPP IPOM

TIPP transinguinale, präperitoneale Netzplastik, TEP total extraperitoneale präperitoneale Netzplastik, TAPP transabdominelle präperitoneale Netzplastik, IPOM laparoskopische intraperitoneale Onlay-Netz- plastik.

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Operation besteht zunächst in einer Doppelung der Fascia transversalis durch zweireihi- ge, fortlaufenden Naht. Hierbei beginnt die erste Nahtreihe am Schambeinhöcker, wo zunächst geknotet wird, anschließend verläuft sie nach lateral, dabei darf der innere Leis- tenring nicht zu weit eingeengt werden. Hier erfolgt eine Nahtumkehr, nach medial hin wird nach erneuter fortlaufender Naht der Knoten zunächst überstochen, anschließend mit dem lang belassenen Faden des ersten Stiches verknotet. Die dritte Nahtreihe beginnt am inneren Leistenring und fasst die Muskulatur des M. transversus abdominis, der so an das Leistenband fixiert wird. Nach Nahtumkehr medial wird anschließend mit dem glei- chen Faden der M. obliquus internus ebenfalls an das Leistenband fixiert, der Faden wird wiederum mit dem lang belassenen Faden des ersten Stiches geknotet. Die Naht erfolgt je- weils fortlaufend, verwendet werden können nichtresorbierbare oder langzeitresorbier- bare Fäden, wobei sich eine Fadenstärke von 2/0 oder stärker empfiehlt. Eröffnung und Abtragung des Bruchsacks erfolgen bei indirekten stets, bei direkten Leistenbrüchen sel- ten. Zwar scheint diese Methode bei den seltenen Fällen von kleinen indirekten Hernien, bei denen sich eine intakte Fascia transversalis findet, eine Übertherapie darzustellen, die- se Fälle sind jedoch außerordentlich selten. Mit der Reparation nach Shouldice werden im eigenen Vorgehen insbesondere primäre Hernien bei jüngeren Patienten unabhängig von der Größe und kleine Hernien bei älteren Patienten versorgt.

Bei großen direkten oder indirekten Leistenbrüchen im höheren Lebensalter favorisie- ren wir eine Reparation unter Implantation von Prolene-Netzen. Entweder wird in der TEP-Methode ein Prolene-Netz in einer Größe von 15×10 cm endoskopisch präperitone- al (sublay) platziert oder ein entsprechend zugeschnittenes Polypropylen-Netz wird in der von Lichtenstein beschriebenen Weise onlay über einen anterioren Zugang auf der Leis- tenkanalhinterwand fixiert.

Bei der TEP (total extraperitoneale präperitoneale)-Methode erfolgt über eine halb- kreisförmige Inzision am Nabel die Freilegung des vorderen Blattes der Rektusscheide, welches quer auf ca. 3 cm Breite inzidiert wird. Anschließend wird der Rektusmuskel stumpf beiseite gedrängt, digital wird auf dem hinteren Blatt der Rektusscheide ein klei- ner Hohlraum präpariert, in den anschließend ein Dissektionsballon eingebracht wird.

Dieser wird unter Kamerakontrolle und gleichzeitiger Insufflation bis zum Schambein vorgeschoben, so erfolgt die Dissektion des präperitonealen Raumes. Anschließend er- setzt ein spezieller Blunt-Tip den Dissektionsballon. Nach Gasinsufflation und erneut un- ter Sicht werden im eigenen Vorgehen zwei Trokare der Größe 5 mm in der Mittellinie ca.

3 und 6 cm unterhalb des Nabels eingebracht, anschließend wird der Peritonealkegel von lateral beginnend nach medial hin ausgelöst und nach kaudal abgeschoben. Meist sind hierbei direkte Leistenhernien bereits durch den Dissektionsballon reponiert, indirekte Bruchsäcke werden schrittweise aus dem inneren Leistenring ausgelöst und vom Ductus deferens abgelöst. Sollten hierbei Defekte im Peritoneum entstehen, so werden diese ent- weder durch Naht oder mittels Röder-Schlinge verschlossen. Bei großen direkten Bruch- säcken sollte zusätzlich eine Raffnaht der parietalen Anteile erfolgen, um so der Ausbil- dung eines „Pseudorezidivs“ vorzubeugen. Nach ausreichender Präparation insbesondere nach kaudal erfolgt in Rendezvous-Technik das Einbringen eines 15×10 cm großen Pro- lene-Netzes, das ca. 2 cm über die Mittellinie hinausragt und so vor die Bruchpforten platziert wird, dass diese um jeweils mehrere Zentimeter zu jeder Seite überragt werden.

Auf eine Fixation kann verzichtet werden, vielmehr erfolgt nach regelhaftem Einbringen einer Drainage das Ablassen des Gases unter Sicht, so dass die regelrechte Lage des Netzes kontrolliert wird.

Zu dieser Technik sind zahlreiche Modifikationen, insbesondere hinsichtlich der Tro- karauswahl und -platzierung, aber auch hinsichtlich der Präparation des präperitonealen

(13)

Raumes beschrieben worden. Ein Vorteil der Methode besteht im extraperitonealen Vor- gehen und in der Möglichkeit, im Rahmen eines Eingriffes ggf. eine beidseitige Versor- gung bei bilateraler Hernierung durchzuführen.

Bei der Operation nach Lichtenstein erfolgt die übliche Freilegung der Leistenhernie über einen anterioren Zugang, anschließend wird ein entsprechend zugeschnittenes Netz (Polypropylen) fortlaufend am Leistenband, mit Einzelnähten an der Aponeurose des M. obliquus internus fixiert. Zum Durchtritt des Samenstranges wird das Netz hierbei nach lateral schwalbenschwanzartig inzidiert, die beiden Flügel des Schwalbenschwanzes werden nach Umfahren des Samenstranges lateral erneut zusammengeführt und mit Ein- zelnaht fixiert. Sämtliche Nähte erfolgen hierbei mit Prolene-Faden der Stärke 2/0.

Die jeweilige Entscheidung für eine Methode ist hierbei u. a. von den beim einzelnen Patienten vorliegenden Operations- und Narkoserisiken abhängig und erfolgt für den Fall, dass beide Methoden bei gleichem Risiko möglich sind, nach ausführlicher Bespre- chung in Absprache mit dem Patienten.

Eine Übersicht des eigenen Vorgehens abhängig von Herniengröße und Lebensalter ist aus Tabelle 4.4 ersichtlich. Hierbei ist eine eindeutige Altersgrenze zur Unterteilung alter und junger Patienten nicht gegeben, im eigenen Vorgehen werden Patienten unterhalb des 35. Lebensjahres jedoch selten primär mit Netzen versorgt.

Bei bilateralen Hernien wird entweder zeitversetzt eine Reparation nach Shouldice oder Lichtenstein oder eine TEP mit gleichzeitiger Versorgung beider Seiten durch zwei Prolene-Netze durchgeführt (Frankum et al. 1999; Kald et al. 2000).

Zu den alternativ möglichen Operationsverfahren (TAPP-Methode, Rutkow-Plug, Uga- hary, Wantz, Stoppa) liegen zahlreiche Publikationen vor, die durchweg gute Erfolge auf- zeigen. Im englischsprachigen Raum findet insbesondere die in Lokalanästhesie durch- führbare Patch-and-plug-Methode breite Anwendung. Im eigenen Vorgehen finden die vorgenannten Verfahren bislang keine Anwendung, weil uns entweder das Prinzip der Operation, die verwendeten Netze oder der hierzu nötige Aufwand nicht überzeugen (Shouldice 1945; Lichtenstein 1987; Chung et al. 1999; Jähne, 2001; Crawford et al. 1998;

Dirksen et al. 1998; Ferzli et al. 1998; Heikkinen et al. 1998; Johansson et al. 1999; Juul et al.

1999; Kapiris et al. 2001; Kark et al. 1998; Khoury 1998; Kingsnorth et al. 2000; Knook et al.

1999; Krähenbühl et al. 1998; Kugel 1998; Kurzer et al. 1998; LeBlanc 2001; Leibl et al. 1999, 2000; Lepere et al. 2000; Lorenz et al. 2000; Lucas et al. 1999; McGillicuddy 1998; McGreevy 1998; McVay et al. 1942; Metzger et al. 2001; Millikan et al. 2001; Mori et al. 2001; Nilsson et al. 1998; Nishimura et al. 2000; Patino et al. 1998; Robbins et al. 1998; Rutkow et al. 1998;

Schmedt et al. 2002; Schoots et al. 2001; Schultz et al. 2001; Tschudi et al. 2001; Vrijland et al. 2001; Wantz 1998; Wellwood et al. 1998; Wright et al. 1998, 2002; Zieren et al. 1998; Über- sicht bei Schumpelick 2000).

Schenkelhernien

Prinzipiell können Schenkelhernien sowohl über einen inguinalen als auch über einen kruralen Zugang versorgt werden. Da bei Männern eine Schenkelhernie häufig mit einer

Herniengröße Junger Patient Alter Patient

L I – L II Shouldice Shouldice

L III Shouldice Lichtenstein/TEP

M I – M II Shouldice Lichtenstein/TEP

M III Shouldice/TEP/Lichtenstein Lichtenstein/TEP Tabelle 4.4.Leistenhernienrepa-

ration

(14)

direkten Leistenhernie gemeinsam auftritt, wird hier im eigenen Vorgehen der inguinale Zugang bevorzugt. Die Reparation folgt den für die Leistenhernienchirurgie aufgezeigten Prinzipien, erfährt jedoch durch die Notwendigkeit zum Verschluss der Schenkelbruch- pforte eine Modifikation. So erfolgt in der offenen Technik zunächst die Fixation der Fas- cia transversalis und des M. transversus an das Lig. Cooperi. Hierbei darf die V. femoralis nicht eingeengt werden. Bei Frauen hingegen sind gleichzeitige inguinale Hernien selten, so dass hier der krurale Zugang gleichermaßen möglich ist. Nach Freilegung des Bruch- sackes und Reposition erfolgt hier der Verschluss der Bruchlücke durch Naht des Lig. Coo- peri (Lig. pubicum superius) an das Leistenband und die Fascia transversalis. Hierzu bie- ten sich sowohl die Methode nach Fabricius mit Einzelnähten an als auch die Methode nach Kummer mit U-Nähten zwischen Fascia iliopectinea, Lig. Cooperi und unterer Bauchdecke. Alternativ kommt im eigenen Vorgehen die TEP zur Anwendung, da hierbei eine gute Übersicht über sämtliche Bruchpforten der Leistenregion zu erzielen ist und die Implantation eines Netzes zu niedrigen Rezidivquoten führt (Lotheisen 1989).

4.2.2.2

Primäre Bruchformen der vorderen Bauchwand

Die primären Bruchformen der vorderen Bauchwand werden nach den gleichen Thera- pieprinzipien behandelt. Bruchlücken mit einer Größe <4 cm werden durch fortlaufende Naht mit PDS oder Prolene (Stärke 0 oder größer) behandelt. Da Bruchlücken mit einer Größe >4 cm bei ausschließlicher Versorgung mit direkter Naht zu häufigen Rezidiven führen, wird hier eine Augmentation der vorderen Bauchwand durch ein gewichtsredu- ziertes Polypropylen-Netz in Onlay- oder Sublay-Technik durchgeführt. Im Sublay-Ver- fahren erfolgt eine präparatorisch aufwändige Darstellung des hinteren Blattes der Rek- tusscheide, anschließend der direkte Verschluss des hinteren Blattes durch Naht. Auf die somit vollständige hintere Faszie wird dann ein entsprechend zugeschnittenes Polypropy- len-Netz aufgebracht und entlang des Netzrandes mit Einzelnähten (Prolene 2/0) fixiert, anschließend wird das vordere Blatt der Rektusscheide ebenfalls fortlaufend verschlossen.

Im eigenen Vorgehen kommt wegen des erwähnten präparatorischen Aufwandes und der ausgedehnten Gewebetraumatisierung der Sublay-Technik zumeist das Onlay-Verfahren zur Anwendung. Hierbei wird zunächst die Bruchlücke verschlossen, anschließend wird das Netz zunächst an den Eckpunkten mit nichtresorbierbaren Einzelnähten (Prolene 2/0) fixiert. Zusätzlich erfolgt im eigenen Vorgehen eine fortlaufende Prolene-Naht um- laufend direkt entlang der zuvor verschlossenen Bruchlücke, um so Rezidiven entlang des Netzrandes vorzubeugen.

Bei jeder Versorgung mit einem Netz ist eine Überlappung des Netzes über die Bruchpforten hin- aus von 5 cm einzuhalten, um der Schrumpfungstendenz der Netze Rechnung zu tragen.

Analog des Vorgehens bei der TEP oder TAPP der Leistenbrüche sind für Brüche der vor- deren Bauchwand ebenfalls zahlreiche endoskopische Reparationsverfahren durchge- führt worden. Langzeiterfahrungen stehen hier jedoch noch aus, so dass diese Verfahren im eigenen Vorgehen bislang nicht zur Anwendung kommen (Larson, 2000; LeBlanc et al.

2001; Moreno-Egea et al. 2001; Ramshaw et al. 1999; Toy et al. 1998).

CAVE

(15)

Nabelhernien (angeboren vs. erworben)

Bei kleinen Nabelhernien erfolgt eine Freilegung des Nabels durch Inzision an der kauda- len Zirkumferenz nach Spitzi, größere Hernien werden durch linkslaterale Freilegung nach Drachter dargestellt. Die Versorgung erfolgt nach den oben dargestellten Prinzipien.

Bei kleinen Hernien ist die direkte Naht in querer Richtung günstiger als im Längsverlauf.

Im Regelfall erfolgt die vollständige Ablösung des Bruchsackes am Nabel, der anschlie- ßend mittels Einzelnaht an der Faszie refixiert wird. Gelegentlich muss bei großen akkre- ten Bruchsäcken ein Teil des Bruchsackes am Nabel belassen werden, um eine Nabel- nekrose zu verhindern.

In seltenen Fällen großer Nabelhernien kann ein Nabelerhalt unmöglich sein, deshalb gehört die Omphalektomie zum Inhalt der präoperativen Aufklärung (Arroyo et al. 2001).

Epigastrische Hernien, paraumbilikale Hernienbildung

Die Freilegung erfolgt durch mediane Inzision, ggf. unter Linksumschneidung des Nabels.

Insbesondere bei den epigastrischen Hernien ist eine gründliche Exploration der Faszie der Umgebung notwendig, da häufig multiple kleinere Bruchlücken vorliegen. Diese müs- sen dann im Rahmen der Präparation miteinander verbunden und schlussendlich in Längsrichtung verschlossen werden.

Bauchwandhernien

Hierbei handelt es sich vorwiegend um kleine Hernien der Linea semilunaris an der Kreu- zungsstelle mit der Linea arcuata. Zumeist liegen hier kleine Bruchlücken vor, so dass ei- ne direkte Naht ausreichend ist. Bei größeren Bruchpforten erfolgt ebenfalls eine Aug- mentation durch Prolene-Netze wie oben angeführt.

Rektusdiastase

Sofern eine Operation indiziert ist, ist hier aufgrund der hohen Rezidivrate jedweder rei- nen Naht ebenfalls eine Augmentation durch Netz angezeigt. Hierbei kann rein extraperi- toneal vorgegangen werden.

4.2.2.3 Rezidivhernien

In der Reparation von Rezidivhernien jedweder Lokalisation ist aufgrund der erhöhten Re-Rezidivrate, die möglicherweise durch eine Störung des Kollagenstoffwechsels hervor- gerufen wird, fast ausschließlich eine Bauchwandaugmentation durch Netzimplantation angezeigt. Hierbei kommen ebenfalls überwiegend Prolene-Netze zur Anwendung, es gel- ten die in Abschn. 4.2.2.2 genannten Prinzipien.

Leistenbruchrezidiv

Angaben über Rezidive nach Leistenbruchoperationen variieren je nach Studie und Nachuntersuchungszeitraum, nach Angaben verschiedener jüngerer Studien zur Qua- litätssicherung werden jährlich fast 12% Rezidivleistenhernien operativ versorgt. Zur Ver- sorgung einer Rezidivleistenhernie ist zumeist eine Netzimplantation angezeigt. Nur in seltenen Fällen technischer Fehler oder bei einem Rezidiv nach Versorgung eines kindli- chen Leistenbruches kann eine Shouldice-Reparation aussichtsreich sein. Im eigenen Vor-

CAVE

(16)

gehen richtet sich die Wahl der Operation nach dem klinischen Befund und insbesondere nach der Art der Voroperation mit oder ohne Netzimplantation und dem Zugangsweg bei der oder den Voroperationen. Im Regelfall erfolgt nach primär anteriorem Zugang mit rei- nem Nahtverfahren oder anteriorer Netzreparation und fehlenden Kontraindikationen zur Durchführung einer Intubationsnarkose und fehlenden lokalen Kontraindikationen (z. B. ausgedehnte Unterbauchlaparotomie) die endoskopische Reparation mittels TEP. Da hierbei der häufig erheblich vernarbte frühere Zugangsweg umgangen wird, werden we- sentliche Gefahren einer konventionellen Rezidivoperation, nämlich die Verletzung von Samenstrang und Hodengefäßen, umgangen. Sollten allgemeine Kontraindikationen ge- gen eine Vollnarkose bestehen, so erfolgt im Regelfall eine Netzimplantation nach Lich- tenstein.

Bei Rezidivhernien nach vorangegangener TEP oder TAPP erfolgt in der Regel eine Lichtenstein-Reparation. Da hier ursächlich meist die Fehlplatzierung, Dislokation oder Wahl eines zu kleinen Netzes ist, kann auch eine erneute TEP oder TAPP erfolgreich sein.

Diese von einigen Autoren berichtete Methode setzt jedoch eine entsprechend große Er- fahrung voraus.

Bei wiederholten Rezidiven kann je nach dem klinischen Befund sowie den Voropera- tionen evtl. auch eine Netzimplantation nach Wantz (unilateral) oder Stoppa (bilateral) notwendig werden. Hierbei wird durch Medianschnitt, also abseits der bestehenden Ope- rationsnarben, ein entsprechend größer dimensioniertes Netz präperitoneal eingebracht und von innen an die Bruchränder fixiert. Eine Aufstellung über die benutzten Verfahren bietet Tabelle 4.5.

In höherem Alter sowie bei Mehrfachrezidiven und insbesondere anteriorem Vorgehen muss eine Entfernung von Testis und Samenstrang vor allem wegen der Möglichkeit der Durchblutungsstörung erwogen werden (präoperative Besprechung mit dem Patienten ist Voraussetzung); bei Belassung des Samenstranges kann hier ausnahmsweise eine sub- kutane Vorverlagerung desselben richtig sein (Beets et al. 1999; Frankum et al. 1999; Ha- wasli et al. 2002; Janu et al. 1998; Jarhult et al. 1999; Kurzer et al. 2002; Leibl et al. 2000;

Sayad et al. 1999; Solorzano et al. 1999; van der Hem et al. 2001).

Bruchrezidive im Bereich der vorderen Bauchwand

Sie sind entsprechend dem Vorgehen bei Narbenbruchversorgung bei Fehlen technischer Fehler bei der Voroperation regelhaft durch eine Netzimplantation zu versorgen (Costan- za et al. 1998)

Voroperation Revisionsoperation

Bassini Shouldice

Zimmermann Shouldice/TEP

Shouldice TEP

Lichtenstein TEP

TEP/TAPP Lichtenstein/Re-TEP/Re-TAPP/Wantz/Stoppa Tabelle 4.5.Reparationsverfah-

ren bei Rezidivleistenhernie

(17)

4.2.2.4 Narbenhernien Echte Hernien

Narbenhernien nach Laparotomien treten in zunehmender Häufigkeit bei 4–15% aller Patienten auf. Neben patientenspezifischen Risikofaktoren spielen im Rahmen des multi- faktoriellen Geschehens vor allem technische Aspekte des primären Laparotomiever- schlusses und Wundinfektionen eine wesentliche Rolle. Keinen eindeutigen Einfluss hat die Wahl der Schnittrichtung im Rahmen des Primäreingriffes.

Zum primären Faszienverschluss bewährt hat sich insgesamt die allschichtige, fortlau- fende Stoß-auf-Stoß-Naht, wobei die Stiche mit einem Nahtabstand von ca. 1 cm zum Wundrand in Abständen von 1 cm erfolgen sollten, es sind hier auch Einzelnähte in ent- sprechendem Abstand möglich. Auf den Verschluss des Peritoneums kann verzichtet wer- den. Bevorzugt werden Fäden der Stärke 0 oder 1 verwendet.

Kommt es trotz regelrechter Anwendung dieser Technik zur Ausbildung einer Nar- benhernie, dann ist zu deren Versorgung in jeden Fall ein Verfahrenswechsel zu for- dern. Nur bei sehr seltenen kleinen Narbenhernien mit einer Ausdehnung von <4 cm kann z. B. der Wechsel von resorbierbarem zu nichtresorbierbarem Nahtmaterial im Rahmen einer Stoß-auf-Stoß-Naht Erfolg versprechend sein, in allen anderen Fällen ist die Netzimplantation obligat. Das Netz kann, wie bereits zuvor erläutert, sowohl „sublay“

als auch „onlay“ platziert und sowohl offen als auch endoskopisch eingebracht werden.

Zusätzliche Methoden unter Verwendung sog. composite meshes (vgl. Abschn. 4.2.1.2), bei denen Netze intraperitoneal aufgebracht werden können, werden zurzeit noch eva- luiert. Bei zum Teil ermutigenden Ergebnissen stehen Langzeiterfahrungen bislang noch aus.

Etablierte Verfahren sind hingegen die offenen Reparationsverfahren. Im eigenen Vor- gehen erfolgt hierzu nach Exzision der Hautnarbe und Eröffnung des Bruchsackes die Darstellung der Faszienränder jeweils 3 bis 4 cm zu allen Seiten hin. Anschließend erfolgt nach eventueller Teilresektion des Bruchsackes ein fortlaufender Verschluss von Perito- neum und zumeist hinterem Blatt der Rektusscheide mit dem Ziel, eine adäquate Barrie- re zwischen zu implantierendem Netz und Darm zu erhalten. In seltenen Fällen kann es aufgrund des Auseinanderweichens der Faszienränder nicht möglich sein, diese durch di- rekte Naht zu adaptieren. In diesen Fällen ist es möglich, das Omentum maius mittels Naht am Faszienrand zu fixieren, um eine vollständige Trennschicht zwischen dem zu im- plantierenden Netz und dem Darm zu erhalten. Auch eine Inlay-Implantation von Vicryl- Netz kann hier durchgeführt werden. Anschließend wird ein entsprechend zu dimensio- nierendes Polypropylen-Netz mit einer Überlappung von mindestens 3, besser 5 cm über jeden Bruchrand hinaus, sublay, d. h. auf das hintere Blatt der Rektusscheide, jedoch unter die Rektusmuskulatur aufgebracht und an den Rändern durch Prolene-Einzelnähte fi- xiert. Zusätzlich erfolgt im eigenen Vorgehen noch eine weitere, fortlaufende Prolene- Naht direkt entlang des Faszienverschlusses, um Nahtrandrezidiven vorzubeugen. Den Abschluss bildet ein erneut fortlaufender Verschluss des vorderen Blattes der Rektus- scheide. Da für diese Form der Reparation eine aufwändige Präparation des hinteren Blat- tes der Rektusscheide mit erheblicher Traumatisierung der Weichteile notwendig ist, kommt im eigenen Vorgehen alternativ die Platzierung des Netzes onlay zur Anwendung.

Hierzu erfolgt nach Darstellung der Faszienränder wie oben zunächst ein fortlaufender Verschluss von Peritoneum und Rektusscheide mit allen Blättern. Das Netz wird nach den gleichen, oben angeführten Kriterien ausgewählt und auf das vordere Blatt der Rektus- scheide aufgebracht, die Fixierung erfolgt analog.

(18)

Besondere Beachtung muss bei der Behandlung großer, länger bestehender Narben- hernien dem durch Reposition des Bruchsackinhaltes möglicherweise auftretenden intra- abdominellen Kompartmentsyndrom geschenkt werden. Hier kann die Vorbehandlung durch ein progressives Pneumoperitoneum über einen Zeitraum von 2 bis 6 Wochen an- gezeigt sein, um über eine regelmäßige Luftinsufflation eine Vordehnung der Bauchwand zu erreichen und so einen spannungsfreien oder spannungsarmen Verschluss der Faszie zu ermöglichen.

Gegenüber dem Verschluss durch alloplastische Materialien ist die Verwendung auto- logen Materials (Fascia-lata-Streifen, Kutislappen, lyophylisierte Dura) besonderen Ein- zelfällen vorbehalten, die Fasziendoppelung nach Mayo ist praktisch obsolet (Paul et al.

1998; Hodgson et al. 2000; Israelsson et al. 1996, 1998, 1999; Stelzner 1988; Rucinski et al.

2001; Cassar et al. 2002; Wantz 1998; Wantz et al. 1999; Luijendijk et al. 2000; Turkcapar et al. 1998; Vrijland et al. 2000; Whiteley et al. 1998; LeBlanc et al. 2001; Park et al. 1998; We- ber et al. 1999; Hooker et al. 1999; Tsimoyiannis et al. 1998; Utrera et al. 1999; Höer et al.

2002).

Parastomale Hernie als Sonderform der Narbenhernie

Parastomale Hernien nach Anlage eines dauerhaften Anus praeter können als eine Son- derform einer Narbenhernie verstanden werden. Zur Reparation einer parastomalen Her- nie kommt bei einer Hernie <4 cm eine direkte Naht in Frage, bei Hernien mit einer Größe

>4 cm jedoch nur entweder eine Neuanlage des Anus praeter an anderer Stelle oder eine Verstärkung um die Bruchlücke herum mittels eines nichtresorbierbaren Netzes. Hierbei empfiehlt sich ein Zugang abseits des künstlichen Darmausganges, um eine Kontamina- tion des Implantates nach Möglichkeit zu vermeiden. Dies bedeutet in der Regel eine Frei- legung von der Mittellinie aus mit Darstellung der Fasziendurchtrittsstelle des Anus prae- ter. Hier erfolgt dann wie bereits im Vorausgegangenen beschrieben eine Freilegung der Bruchpforte und des hinteren Blattes der Rektusscheide und die Einengung der Durch- trittsstelle auf ca. 3 cm. Anschließend wird ein Prolene-Netz, das die Bruchpforte um ca. 5 cm zu jeder Seite überlappt, an einer Seite aufgeschnitten, zentral wird eine kreis- runde Öffnung in der gewünschten Größe geschaffen. Dieses wird um den Darm herum platziert, anschließend wird die Inzisionsstelle zunächst mit Prolene-Nähten verschlos- sen. Die Fixation an den Eckpunkten und um den Darm herum erfolgt in üblicher Weise (Kasperk et al. 2000).

Bruchbildung nach primär offener Bauchbehandlung

Ist zur Behandlung einer komplizierten intraabdominellen Erkrankung (Peritonitis, ab- dominelles Kompartmentsyndrom) eine offene Bauchbehandlung (z. B. dorsoventrale Spülbehandlung) notwendig, so erfolgt im eigenen Vorgehen zumeist die Inlay-Implanta- tion eines Vicryl-Netzes, das fortlaufend am Faszienrand fixiert wird und so wiederholte Relaparotomien ermöglicht. Ist im Verlauf der Heilung ein sekundärer Bauchdeckenver- schluss nicht möglich, resultiert in der Regel eine größere Hernienbildung, wobei die Bruchwand aus Granulationsgewebe besteht, das entweder von den Rändern her epithe- lialisiert oder durch Meshgraft gedeckt ist. Bei der Korrekturoperation – frühestens ab dem sechsten Monat nach Peritonitisbehandlung – lassen sich häufig die auseinander ge- wichenen Bauchdeckenränder für die Durchführung einer direkten Naht adaptieren, evtl.

kann auch hier die Vorbehandlung durch ein progressives Pneumoperitoneum angezeigt sein. Zur Sicherung der Naht erfolgt auch hier regelhaft eine Netzaugmentation nach den vorher beschriebenen Prinzipien. Bei weit auseinanderweichenden Faszienrändern infol- ge größerer Bauchdeckenverluste durch Eiterung und Nekrose können die bei Narben-

(19)

Notizen

hernien beschriebenen Verfahren durch Interposition von Omentum maius oder Inlay- Positionierung eines Vicryl-Netzes mit anschließender Augmentation durch ein Prolene- Netz angewendet werden.

Muskuläre Degeneration

Bauchwandvorwölbungen infolge muskulärer Degeneration bei ausgedehnter Denervie- rung sind im Allgemeinen schwierig zu behandeln. Im Wesentlichen bestehen zwei Mög- lichkeiten:

ein Vorgehen ähnlich dem bei echter Narbenbruchbildung (dies ist angezeigt, wenn der Übergang des degenerierten zum normalen Gewebe eine Art Bruchrand darstellt, der eine Vereinigung ohne zu große Spannung erlaubt, häufig bei Degeneration des M. rectus abdominis infolge eines langen Pararektalschnittes) und

bei mehr kontinuierlichem Übergang des degenerierten in normales Gewebe (z. B.

nach Verletzung des N. subcostalis bei Subkostalschnitt), ist ein direkter Nahtver- schluss der meist weit auseinander liegenden gesunden Bauchdeckenpartien nicht möglich und die Verstärkung der leicht gerafften Bauchdecke durch nichtresorbierba- res Netz erscheint hier günstiger.

Bei ausgedehnten Bruch- und Narbenbildungen nach Verletzungen mit Bauchwanddefekten, Strahlennekrosen u. a. kommt vor allem eine plastische Deckung mit gestielten oder freien Muskel- Haut-Lappen (vor allem mit einem Latissimus-dorsi-Lappen) in Betracht (s. Operationslehre Plas- tische Chirurgie).

!

(20)

4.3

Operationsvorbereitung

Voruntersuchungen Allgemein Bei primären Bruchformen und jungen, gesunden Patien- ten erscheint prinzipiell Schema I möglich (s. Kap. 24), im eigenen Vorgehen wird jedoch zumindest ein Blutbild und Gerinnungsstatus sowie ein HIV-Test durchgeführt Bei primären Bruchformen bei Patienten >40 Jahre sowie allen Rezidivhernien, Narbenhernien routinemäßig Sche- ma II, ansonsten abhängig von bei Anamnese und klini- scher Untersuchung diagnostiziertem Risikoprofil ggf.

Schema IV (s. Kap. 24)

Bei Notoperationen (Einklemmung): Blutbild, Elektrolyte, Gerinnungsstatus, EKG und Röntgen-Thorax

Krankheitsbezogen Speziell tumororientierte Bauchdiagnostik Ausschluss lokaler und allgemeiner Infektionen Speziell Bei Verdacht auf epigastrische Hernie Oberbauchdiagno-

stik

Vorbehandlung Bei primären Bruchformen im Allgemeinen keine Abhängig von Risikoprofil und Herniengröße ggf. bei Pa- tienten mit chronischen Atemwegserkrankungen entspre- chende atemgymnastische Vorbehandlung

Bei großen Hernien mit größeren eventerierten Anteilen ggf. progressives Pneumoperitoneum

Bei Rezidiv- oder Narbenbrüchen und Adipositas ggf.

Gewichtsreduktion

Nota bene: Verdacht auf Einklemmung: dringende Opera- tionsindikation! Abwarten der 6-Stunden-Nüchterngrenze nicht möglich, ggf. Magenentleerung über Magensonde Cave: Reposition en-bloc

Verschiedenes Blutkonserven- Keine bereitstellung

Aufklärung Hinweis auf geringe Gefahr einer Hodenatrophie bzw.

Samenstrangverletzung bei Leistenbruchoperationen beim Mann, erhöhtes Risiko bei Rezidivoperationen

Hinweis auf ungeklärte Langzeitfolgen der Netzimplanta- tion

Hinweis auf mögliche Nervenverletzungen und Nerven- irritationssyndrome

Hinweis auf Verletzung von Gefäßen

Hinweis auf Verletzungen von Harnblase, Darm, Adhä- sionsbildung, Darmfistelbildung (insbesondere bei endo- skopischer Netzimplantation)

Besprechung einer möglichen Semicastratio (besonders bei älteren Männern) zur Sicherung des Operationserfol- ges bei Rezidivoperationen

Hinweis auf Serombildung bei Netzen

Hinweis auf mögliche Konversion zu offenem Verfahren bei primär endoskopischem Vorgehen

Hinweis auf höhere Komplikationsrate bei Mehrfachrezi- diven, nach Sekundärheilungen und bei notwendiger Im- plantation von Fremdmaterial

Einverständniserklärung einer ggf. notwendigen Nabelent- fernung bei schwierigen Nabelbrüchen

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