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Ich liebe dieses Land (Auszug)

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Academic year: 2021

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I

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Ich liebe dieses Land (Auszug)

von Peter Turrini

I. Akt

(Ein Häftlingszimmer im Abschiebegewahrsam, ein nüchterner Raum: eine Bank, ein Stuhl, kein Fenster. Der Raum wird von einer Glühbirne beleuchtet, mit schwachem Licht. Auf der Bank sitzt ein Schwarzer: ein junger Mann, er ist groß und schlank. Er hat ein kariertes Hemd und jeans an. Seine Hände sind mit Handschellen gefesselt. Die Handschellen sind mit einer dünnen Kette an die Heizungsrohre gekettet. Der Schwarze dämmert im Halbdunkel vor sich hin. Stille. Eine ältere Putzfrau öffnet die Türe und tritt ins Zimmer, die Türe war offensichtlich nicht abgesperrt. Die Putzfrau betätigt einen Drehschalter neben der Türe, das Licht wird greller. Der Schwarze schreckt auf und wird unruhig. Die Putzfrau trägt übergroße Gummihandschuhe über ihren Händen und ihren Unterarmen. Sie bringt Putzutensilien in den Raum und beginnt zu putzen. Sie beobachtet den Schwarzen. Der Schwarze weicht ihrem Blick aus. Langes Schweigen. Die Putzfrau kommt dem Schwarzen mit ihren Putzutensilien langsam näher. Sie bleibt vor ihm stehen und schaut ihn an. Sie nimmt ein Putzmittel aus ihrem Plastikkübel und hält es dem Schwarzen hin. Schweigen.)

DIE PUTZFRAU:

(mit polnischem Akzent):

Meister Proper ist jetzt bei Aldi dreißig Pfennig weniger.

DUR SCHWARZE: (vorsichtig):

Ich liebe dieses Land.

DIE PUTZFRAU:

Deutschland sehr gut. Meister Proper Zitrusfrische. (Sie zeigt ihm einige Putzmittel.) Pirol Allzweckreiniger von Schlecker. General Antibakteriell bei Rossmann. Eine Literflasche Demark 1,59. Casablanca von Drospa.

Domestus. Atagel. Frosch … (Sie lächelt ihn an.)

DER SCHWARZE: (ruhiger):

Ich liebe dieses Land.

II

(3)

DIE PUTZFRAU:

Deutschland Mehrzahl, alles gut, Polen Einzahl, nix gut. Schauen Sie, es hat gegeben in Polen nur ein Putzmittel, es hat geheißen Jawox, es hat gestunken wie WC in Abschiebegewahrsam. Strasznie! Fürchterlich!

(Sie lacht. Schweigen).

DIE PUTZFRAU:

Wenn ich Ihnen erzähle Geschichte von Ketchup, dann Sie verstehen mich. ln Deutschland zehn, zwanzig Ketchup in Geschäft, so viel wollen. In Polen ein Ketchup, aber nicht in Geschäft, selber gemacht. Tomaten mit Gewirze kochen und in die Flaschen versenkt. Warten. Probieren. Bei Anfang alles war gut, aber mit vergehende Zeit ist Schimmel gekommen, erst eine Schimmel, dann viele mehr Schimmel, und auf dem Ende Ketchup war verloren. Polnischer Ketchup war verloren. Jesusmaria, und hat so gut geschmeckt bei Anfang.

Frische Tomaten, Essig, Zwiebel, Ingwer, feines Gewirz, alles war hineingetan und bei Ende, alles war für nix. Man sagt, Jeszcze Polska nie zginęła, noch ist Polen nicht verloren, aber mit verschimmelte Ketchup Polen war verloren.

Traurig, aber wahr, wie wir sagen in Deutschland.

(Sie seufzt.) DER SCHWARZE:

(mit einer Spur von Anteilnahme):

Ich liebe dieses Land.

(Sie schaut ihn an und wartet, dass er weiterspricht. Schweigen.) DIE PUTZFRAU:

No, weitersprechen, wird's bald. Tempo. Beeilung.

(Der Schwarze schweigt.) DIE PUTZFRAU:

Bitte schön, man muss deutsche Sprache sprechen in Deutschland, sonst geht einem Menschen wie polnischer Ketchup, man ist verloren …

(Sie hebt den Zeigefinger und schaut ihn sehr ernst an.)

III

(4)

DER SCHWARZE: (etwas verlegen):

Ich liebe dieses Land.

(Sie hält sich die gummibehandschuhte Hand ans Herz.) DIE PUTZFRAU:

Ist auch meinige Liebe. Deutschland, große Liebe. Bin ich geboren in Miłosna, was ist Niederschlesien. Eltern sind gekommen von Kolomyja, was ist Ukraina. Nach Ende von Krieg Deutsche aus Miłosna weg, wird's bald, Tempo, Beeilung, russische Polen von Kolomyja nach Milosna. Vater Tomasz, Mutter Wieslawa. Vater Tischler. Mutter Lehrer. Alle in Kolchose, PGR, Państwowe Gospodarstwo Rolne, Wohnung neben Schloss ... Hunger ... so viel Hunger ... (Sie hält inne.) ... hab ich verloren rote Faden ...

DER SCHWARZE: (will ihr helfen):

Ich liebe dieses Land.

DIE PUTZFRAU:

(greift sich an den Kopf):

Jesusmaria, die Liebe. Wie hab ich vergessen können Liebe zu Deutschland.

Bin ich gewesen ein Kind, wird gewesen sein in Neunzehnhundert- fünfundfünfzig, werd ich gewesen sein fünf Jahre, ist gekommen Miliz, hat aufgebrochen vermauerte Zimmer in Schloss, was ist gewesen Versteck von die Deutschen, Loch ist größer und größer geworden, ist herausgequollen Teppich, Porzellan, Bilder in echte Öl, Gold, Silber, hab ich gedacht, Deutschland muss sein Paradies. Jesusmaria, so viele Prächtigkeit …

(Sie schüttelt den Kopf und macht Laute des Entzückens.) DER SCHWARZE:

(lächelt ein wenig):

Ich liebe dieses Land.

DIE PUTZFRAU:

Bin ich nach Deutschland gegangen in Neunzehnhunderteinundachtzig, was ist andere Geschichte, bin ich angekommen in Düsseldorf Bahnhof, hab ich gefunden Paradies? Hab ich gefunden Paradies?

(Sie schaut ihn fragend an, wartet auf seine Antwort.)

IV

(5)

DIE PUTZFRAU:

No? Hab ich gefunden Paradies?

DER SCHWARZE: (verlegen):

Ich liebe dieses Land.

DIE PUTZFRAU: (ausrufend):

Ich hab gefunden Paradies! Ich hab gefunden Paradies! Schauen Sie, wenn Sie haben Fixanstellung bei Polizeidirektion Berlin, wenn Sie haben Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, wenn Sie sind in Krankenversicherung, AOK, was ist Allgemeine Ortskrankenkasse, niemand kann Sie vertreiben aus Paradies.

Niemand kann mehr sagen, weg, wird's bald, Tempo, Beeilung. Deutschland ist Paradies. Niemcy to raj. Muss man gut deutsch sprechen in Deutschland, gut deutsch sprechen. Muss man. Soll ich Ihnen eine Übung geben in Deutsch?

(Sie hält Meister Proper hoch und zeigt es ihm. Sie spricht jedes Wort ganz langsam aus.)

DIE PUTZFRAU:

Meister! Proper! Putzmittel!

(Sie wartet auf seine Antwort. Der Schwarze schweigt.) DIE PUTZFRAU:

Bitte sehr. Putzmittel!

(Der Schwarze schweigt.) DIE PUTZFRAU:

(verliert ein wenig die Geduld, wird laut):

Putzmittel! Putzmittel! Środek do czyszczenia! Środek do czyszczenia!

(Ein Wachebeamter im Abschiebegewahrsamsdienst kommt in den Raum. Er dreht das Licht etwas zurück.)

DER WACHEBEAMTE: (zur Putzfrau, lachend):

Tschüss, Putze. Weg. Wird's bald? Tempo! Beeilung!

V

(6)

(Die Putzfrau sammelt ihre Putzutensilien zusammen und schimpft vor sich hin.)

DIE PUTZFRAU:

Czy ty jesteś człowiekiem? Co z ciebie za człowiek? Zły z ciebie człowiek…

(Der Wachebeamte schaut zum Schwarzen, grinst und macht ein Zeichen, dass die Putzfrau verrückt sei. Die Putzfrau verschwindet. Ein Arzt im weißen Mantel kommt in den Raum. Er ist aufgeräumter Stimmung und pfeift eine Opernmelodie. Er stülpt sich mit besonderer Akribie einen Gummihandschuh über die rechte Hand.)

DER WACHEBEAMTE:

Das ist er. Kein Name. Keine Papiere. Keine Angaben. Hat bei seiner Verhaftung auf zwei Kollegen eingeschlagen, gilt als extrem gewalttätig.

(Der Wachebeamte stellt den Stuhl in die Mitte des Raumes. Er geht zum Schwarzen und sperrt das Schloss der Kette, mit welcher der Schwarze an die Heizungsrohre gekettet ist, auf. Die Handschellen schließt er nicht auf. Der Schwarze wird unruhig, er beginnt zu zittern. Der Beamte führt ihn zum Stuhl.

Der Arzt schmiert einen Finger seiner gummibehandschuhten Hand mit Vaseline ein.)

DER ARZT: (lachend):

Ich würde lieber drei Handschuhe für ein Arschloch nehmen als einen Handschuh für drei Arschlöcher, (zum Wachebeamten): Sie wissen, was einem Kollegen von mir passiert ist? Er wurde zu einer Analvisitation geholt und hatte in der Eile nur einen Handschuh mit, aber drei Arschlöcher zu untersuchen. Es waren Beamte anwesend, die fremdenfeindliche Witze über die Schwarzen machten. Wissen Sie, wer zur Verantwortung gezogen wurde?

Nicht etwa Ihre rassistischen Kollegen. Nein. Nein. Den Arzt hat es erwischt.

Er bekam ein Disziplinarverfahren, wegen Übertretung der Hygienevorschriften.

(Der Beamte zieht dem Schwarzen die Hose und die Unterhose hinunter und drückt dessen Oberkörper über die Stuhllehne. Der Schwarze schaut mit dem Gesicht zum Publikum. Der Wachebeamte schlägt das Hemd des Schwarzen hoch. Der Schwarze zittert am ganzen Körper und versucht sich zu wehren.

Der Wachebeamte hält ihn fest).

DER WACHEBEAMTE: Ruhig, Kumpel, ruhig.

VI

(7)

DER SCHWARZE: (voller Angst):

Ich liebe dieses Land.

DER ARZT: Was sagt er?

DER WACHEBEAMTE: Er liebt dieses Land.

DER ARZT: (lacht):

Ich nicht.

(Er fährt dem Schwarzen mit dem gummibehandschuhten Finger in den After.

Der Schwarze schreit auf.) DER ARZT:

Wenn mir im Urlaub eine Gruppe Deutscher entgegenkommt, gehe ich auf die andere Straßenseite. Ich wollte nie zu den Deutschen gehören, deutscher Faschismus und so. Als junger Mann habe ich mich mit Bräunungscreme eingeschmiert, sie hieß Tamloo, ich wollte wie ein Italiener oder wie ein Spanier aussehen. Ich wurde tatsächlich braun, an diversen Stellen, sah aus wie ein Fleckenteppich.

(Er lacht. Sein Finger ist noch immer im After des Schwarzen. Der Schwarze zittert am ganzen Körper.)

DER ARZT:

Später kamen Dragees auf den Markt, sogenannte Selbstbräuner. Man sollte davon aussehen wie Harry Belafonte. Meine Haut färbte sich orange, ich sah aus wie eine Karotte. (Er lacht.) Keine Pute im Rohr, kein Koks im Arsch, alles clean.

(Der Arzt zieht seinen Finger aus dem Afier des Schwarzen und schaut den herausgezogenen Finger an.)

DER ARZT:

Es lebe die Hygiene.

(Er greift mit der behandschuhten Hand in eine Tasche seines Arztmantels und holt einen Flachmann heraus. Er macht einen tiefen Schluck und lacht.)

VII

(8)

DER ARZT:

Ich kenne Afrika nur von hinten. Ein dunkler Kontinent.

(Er eilt aus dem Zimmer. Der Schwarze versucht, seine Blöße zu bedecken, mit den gefesselten Händen. Der Wachebeamte führt ihn zurück zum Heizungsrohr und kettet ihn wieder an diesem fest. Der Wachebeamte geht aus dem Raum. Stille. Der Schwarze versucht, sich die Unterhose hochzuziehen, es gelingt ihm nicht. Die Putzfrau schaut durch einen Spalt der halboffenen Türe und kommt herein. Sie sieht, wie sich der Schwarze abmüht. Sie schließt die Türe, dreht sich mit dem Rücken zu ihm und wartet. Stille. Der Schwarze versucht immer wieder, die Hose hochzuziehen, es gelingt ihm einfach nicht.) DIE PUTZFRAU:

(steht mit dem Rücken zu ihm im Raum):

Bitt Ich sehr diskret und tue warten. Sag ich nicht, wird's bald, Tempo, Beeilung.

(Der Schwarze gibt seinen Versuch, wenigstens die Unterhose hochzuziehen, auf. Er bedeckt seine Blöße mit den gefesselten Händen. Schweigen.)

DIE PUTZFRAU:

Bin ich nicht neugierig wie viele andere Frau.

DER SCHWARZE: (bittend):

Ich liebe dieses Land.

(Er zeigt mit den gefesselten Händen auf seine heruntergelassene Hose.

Schweigen. Die Putzfrau dreht sich nicht um.) DIE PUTZFRAU:

Obwohl ist Sehnsucht in diese Richtung manchmal vorhanden, bin ich sehr schüchtern, wegen religiöse Erziehung.

(Schweigen.) DUR SCHWARZE: (flehentlich):

Ich liebe dieses Land.

(Er zeigt mit den gefesselten Händen immer wieder auf seine Hose. Die Putzfrau dreht sich ein klein wenig um und sieht seine Geste.)

VIII

(9)

DIE PUTZFRAU:

Wenn ist reine Nächstenliebe, ist möglich.

(Sie dreht sich um und hält sich die Hände vor die Augen.) DIE PUTZFRAU:

Wenn einverstanden, ich mache blinde Methode.

(Sie geht — mit den Händen vor den Augen — auf ihn zu und bleibt knapp vor ihm stehen. Schweigen.)

DIE PUTZFRAU:

Mit diese Methode ist nicht möglich.

(Sie nimmt ihre Hände langsam von ihrem Gesicht. Sie versucht nicht

»hinzuschauen«. Sie zieht ihm die Unterhose und die Überhose hoch.) DIE PUTZFRAU:

Bitte schön.

(Der Schwarze verbeugt sich ein wenig.) DER SCHWARZE:

Ich liebe dieses Land.

DIE PUTZFRAU:

(verbeugt sich vor ihm):

Bitte schön. Danke schön.

IX

(10)

luisas preis.

von

Samya Hamieda Lind.

ein föhniger tag. die luft atmet sich dick. sie bringt saharasand. er legt sich auf die dächer. die glocken läuten den mittag ein.

greta kommt nicht oft in diese stadt. es tut ihr nicht gut. hier hat sie kämpfe gefochten. wunden einstecken müssen. nicht alle sind verheilt. das braucht zeit. entfernung. neue erfahrungen.

jetzt bleibt greta für ein paar tage.

sie muss in die alterswohnsiedlung am rande der stadt. sie will dort die kleine wohnung ihrer grosstante lea räumen. diese war vor zehn tagen gestorben. bei der verabschiedung war greta nicht dabei. lea hat ihr einen brief hinterlassen.

sie bittet sie, einen umgang mit ihren habseligkeiten zu finden.

vier mädchen. zehn buben. die familie finci.

sie lebte aus dem 19. jahrhundert in den ersten weitkrieg hinein. dann in den zweiten. nur sechs von den vierzehn kindern weit darüber hinaus. lea ist die letzte. ihr leben hat sich geschlossen. 91-jährig. ein familienname wird zu ende gehen. greta hat keine kinder.

die urgrossmutter kannte sie. auch die drei Schwestern von lea. ihre Zwillingsschwester luisa. anna. ihre grossmutter magdalena. die zwei brüder.

robert und josef. die beiden konnten sich damals aus dem blick in den tod nach Schweden retten. die anderen brüder. sie waren längst nicht mehr am leben, als greta geboren wurde. karl. jakob. michael. abel. isaak. jeremias. isidor. samuel.

ermordet in lagern. auf der flucht erschossen. der urgrossvater ist daran zugrunde gegangen. zugeschüttet mit alkohol.

die zwillinge waren wichtig für greta.

von den beiden wurde sie geliebt.

von ihnen hörte sie geschichten.

mit ihnen konnte sie lachen. herzlich. viel.

bei tante luisa gab es den besten apfelkuchen.

tante lea kochte ein leckeres rhabarbermus.

träume öffneten sich.

die unzahl von büchern der zwillinge beeindruckte greta.

noch mehr. das grosse wissen. das kritische denken.

in den wohnungen von lea und luisa fühlte sie sich wohl.

ihr geschmack war klar. reduziert. beide waren in allem wesentlich.

X

(11)

die kleine wohnung von lea ist bereits geräumt.

sie wird schon wieder bewohnt.

greta ist erstaunt.

»die Wohnungen hier sind sehr begehrt. die menschen wollen ihre betagten verwandten versorgt wissen. das ist doch schön, oder?«

die leiterin entschuldigt sich beinahe.

greta stösst das »menschen versorgen« sauer auf. sie antwortet nicht.

mit dem lift geht es in ein untergeschoss. dort gibt es holzvergitterte abteile.

ordentlich. mit namen versehen. »lea finci 1923 - 2014«. sechs quadratmeter beherbergen das leben einer starken frau. greta schluckt schwer. die leiterin der alterswohnsiedlung gibt ihr eine chipkarte.

»damit kommen sie in den lagerraum. da drüben sind container für das, was sie nicht mitnehmen wollen. wir entsorgen das. kann ich noch etwas für sie tun?«

»nein. nein. ich komm schon klar.« wut steigt in greta auf.

sie beschliesst, eine runde zu gehen. der friedhof. er bietet sich an. sie kennt ihn.

sie geht über den kinderhain. früher. viele kleine gräber. Jetzt. nur noch drei dutzend. eines gehört zu ihrer familie. mit steinen aus dem stadtfluss ist sie immer wieder mit ihrer mutter hierhergekommen. auf einer platte waren vier buchstaben eingraviert. i m a d. eine losung. ihr bruder. sie kannte ihn nicht.

bis heute steht sein kinder-tod für das scheitern der beziehung ihrer eltern.

sie sucht. am vertrauten ort. kein name mehr.

nach all den jähren hat der ort seine wichtigkeit verloren. das grab ist aufgelöst. gretas mutter schneidet immer wieder teile ihrer geschichte ab. sie verstümmelt sich selbst. sie ist so.

die gründe dafür gibt es. greta kennt sie.

von einem schmerz zum anderen. jetzt wieder zurück.

alterswohnsiedlung. untergeschoss. kellerabteil. schachteln. weiss.

nummeriert. eins bis dreiundsechzig. der song »little boxes on the hill side«

kommt ihr in den sinn. »there's a pink one and a green one and a blue one and a yellow one ... and they all look just the same.« bunte schachteln hätten es sein müssen. lea war bunt.

XI

(12)

auf schachtel nummer eins. »was ist wo«. alles ist organisiert.

perfekt. kalt. tot.

sie wird jede schachtel öffnen. zuerst die mit den schuhen.

aufgespannt. geputzt. alle. dieselbe grösse wie sie.

ein paar haferlschuhe. rahmengenäht. feste sohle.

greta probiert sie. sie passen. sie gefallen ihr.

unterwäsche. kleider. handtücher. kosmetik. geschirr. mischmasch. alles bleibt hier. zwei teetassen. zwei gläser. die möchte sie. aus ihnen hat sie getrunken.

ihre besuche bei lea waren regelmässig. ein kleiner elefant aus holz. er kommt mit. ein füllhalter gefällt ihr. er funktioniert. sie steckt ihn in ihre tasche.

bald ist sie bei den büchern. sieben schachteln. greta will sie. alle. die grosse bibliothek von lea. schon vor jähren ging sie an greta. es waren viele bücher.

lea hat die von luisa übernommen. nach deren tod.

was aus einem leben übrig bleibt. schachteln. nicht mehr.

greta ist traurig.

da ist noch ein grauer koffer. nicht gross. sie kennt ihn.

in allen Wohnungen von lea stand er neben der eingangstür. auch hier. in der alterswohnung. sein platz genau dort. wann immer lea auf reisen ging, er kam mit. »leas handgepäck« nannte ihn gretas vater.

ob greta ihn jetzt öffnen darf? ist er verschlossen? fehlen die schlüssel? hängt ein zettel dran »nach meinem tode zu vernichten«? greta ist verunsichert. jetzt möchte sie nicht alleine sein. sie nimmt den grauen koffer. Vorsichtig. er ist nicht schwer. nichts hängt dran. er lässt sich leicht öffnen.

viel ist nicht drin. ein kleines weisses tischtuch. zwei silberne ker-zenleuchter.

ein silberner becher. eine menora. zwei kerzenstumpen. zündhölzer. eine stark abgelesene ausgäbe von johanna spiris »heidis lehr- und wanderjahre«. ein foto von lea. den brüdern. den schwestern. den eitern. sechzehn menschen. ein blick auf eine noch gute zeit. ein foto von lea und luisa. beide etwa zwanzig.

Lachend. in Sommerkleidern. sie scheinen glücklich. das datum der fotografie.

18. Juli 1943. ein tag in einem sommer. das glück hat sich schon verdunkelt.

der zweite weitkrieg zieht seine grausame spur durch europa. die nationalsozialisten setzen ihre menschenverachtenden ideen tag für tag gewaltvoller um.

XII

(13)

ein grauer koffer. nicht gross. aus leder. bestens gepflegt.

eigentlich erhoffte sich greta immer liebesbriefe darin. auch heute. sie ist überrascht.

alles. ein geheimnis. sie breitet das tischtuch aus. die habseligkeiten. zärtlich.

einem ritual gleich. der graue koffer. sie will ihn behalten. auch das, was er in sich bewahrt hat. all die jähre.

das buch. sie mag es sehr.

lea und luisa haben es ihr einmal in die ferien mitgeschenkt.

luisa in ihrer unverkennbar schönen schrift »komm gesund wieder.« und lea.

gezeichnet. ein schiff. nicht eines, das wegfährt. eines, das zurückkommt.

dieses heidibuch hat greta immer noch. es ist ihr wichtig. und jetzt sind es zwei.

ein kleines schwarzweissfoto fällt auf den boden.

lea auf einem auslaufenden schiff.

strenge zöpfe. dirndl. dicke strickjacke. derbe kniestrümpfe. haferlschuhe.

mit lea menschen. viele. junge. alte. wenig gepäck.

lea winkt. in der einen hand hält sie den grauen koffer.

unten links. das datum. 16. September 1944. auf der rückseite »ich habe es geschafft«.

lea musste ihre heimat verlassen. von jetzt auf gleich.

die nazis raubten ihr pläne. möglichkeiten. die nazis wollten leas tod.

die geschichte kennt greta von ihrer mutter.

darüber sprechen darf sie nicht. das ist ein tief vergrabenes geheimnis. es beginnt. 21. juli 1944. freitag.

lea, luisa und die mutter müssen zur zwangsarbeit. nach einer schlimmen nacht für lea. mit schmerzhaften krämpfen. blutungen. die mutter drängt sie, zu hause zu bleiben. lea tut das. sie versucht, ihre blutung zu stillen.

plötzlich. die tür wird eingetreten. zwei männer überwältigen sie. schleifen sie in ein auto. transportieren sie ab. im städtischen durchgangslager findet sie sich wieder.

XIII

(14)

hier werden menschen zusammengetrieben, die in die lager verschoben werden. ihre gruppe. dachau. lea weiss, was das bedeutet.

in der seifenfabrik. die mutter. luisa. sie haben von leas verhaftung gehört.

besorgt. voll von angst. das dienstende will nicht kommen. endlich. da ist es.

luisa läuft. durch die stadt. an den rand. zum durchgangslager. dort schlägt sie an die tür.

»ich bin da. ich bin da. hört doch: ich bin da.«

sie schreit es wieder und wieder. ihre hände beginnen zu bluten.

nichts geschieht. ihre verzweiflung. gross. ihre kraft lässt nach.

zwei soldaten kommen auf luisa zu. sie treten sie zu boden.

»mädel. was willst du hier? geh nach hause! er kommt nicht mehr zurück.«

sie lachen, spucken auf sie.

»meine schwester. ich weiss. sie hier ist. sie ist krank.«

luisa steht auf. sie will den soldaten in die augen schauen.

»hübsch. hübsch. mädel.«

»eine judenhure halt.«

»was bietest du für deine schwester?«

»ich wüsst da schon was.«

»oder willst du gleich mit deiner Schwester mit?«

»das wären wohl schöne ferien.«

wieder lachen sie. wieder spucken sie auf luisa.

sie zerren sie in ein büro. luisa redet um das leben. um das von lea.

um ihres.

sie hat angst. sie weiss, was jetzt passieren wird. es geschieht. schnell ist es vorbei.

luisa weint nicht. sie hat schmerzen. sie ist stark. mutig.

»und jetzt?« luisa spürt nichts.

»was und jetzt?«

»wir hatten eine abmachung.« luisa steht auf.

»eine abmachung mit dir? nicht wirklich.« die Soldaten lachen.

XIV

(15)

»doch. mit mir.« luisa geht einen schritt auf die Soldaten zu.

beide bringen ihre uniform wieder in ordnung. der eine soldat flüstert dem anderen was zu.

»also, deine Schwester? wie heisst sie? tauet sie was?«

luisa stockt. »lea. lea finci.«

einer der Soldaten schaut auf eine liste.

»dachau. na, dann hol sie halt her.« der eine soldat deutet dem anderen, dass er gehen soll.

luisas angst ist grösser als ihr glaube.

der eine soldat reisst sie wieder an ihren brüsten. fasst ihr zwischen die beine.

ihm gefällt das. sie ekelt sich.

dann geht die tür auf.

lea wird vom anderen Soldaten ins büro gestossen. sie ist blutverschmiert.

»mit der wird das wohl nichts.«

»sieht so aus.«

»und? was sollen wir jetzt tun mit den beiden? zwei kugeln?«

»lass sie gehen! nimm ihnen aber den stern ab. sonst sind sie gleich wieder da. ich schreib >bei der flucht erschossen<.«

der eine soldat tritt luisa und lea aus dem büro.

»na los. wird's bald. haut ab, ihr zwei. abflug. auf nimmerwiedersehen.«

lea schaut ihn verwundert an. luisa packt sie am arm.

dann laufen sie. mehr schlecht als recht. lea ist schwach. luisa zieht sie mit.

bald sind die beiden ausser Sichtweite des lagers.

sie bleiben stehen. atmen durch. nehmen sich in den arm. halten sich ins leben fest.

ganz leise sagt luisa: »wir haben es geschafft, lea. wir haben es geschafft.«

»du hast es geschafft.« flüstert lea.

XV

(16)

sie weinen.

luisa hat einen schuh verloren, den anderen wirft sie weit hinter sich. jetzt lachen die beiden.

sie kommen nach hause, die augen der mutter sind verschwollen. sie hat ihre Zwillinge wieder.

»ihr müsst weg. beide. jetzt. sofort. wascht euch. zieht euch an.«

sie befiehlt, wie das nur eine mutter kann. die beiden gehorchen.

nach kurzer zeit. gewaschen. strenge zöpfe. dirndl. dicke strickjacken. derbe kniestrümpfe. haferlschuhe. ordentlich. beinahe deutsch.

»ich hab euch den rucksack gepackt. hier, etwas geld. viel ist es nicht. es ist nicht mehr da.«

beinahe entschuldigend schiebt die mutter ihre Zwillinge hinaus in die nacht.

sie drückt lea noch einen grauen koffer in die hand.

kein blick zurück.

es geht ins oberland. über den arlberg zum bodensee. dann durch den schwarzwald an die französische grenze. gehen und gehen und gehen.

manchmal nimmt die beiden jemand mit.

luisa kriegt heimweh. die sorge um die mutter. sie schafft es zurück.

lea geht weiter. sie muss weg. raus aus dieser zeit.

sie zieht durch den krieg. der graue koffer. immer bei ihr.

was ihre schwester für sie getan hat, weiss sie nicht.

und dann. le havre. ein schiff nimmt sie auf.

eine unzahl von menschen. frauen. männer. kinder. lea mittendrin.

in england wird sie willkommen sein. ganz bestimmt. sie weiss es.

greta hat das weggeschoben. immer weiter hinein in die angst.

die geschichte. sie hat sich hochgegraben. seit jähren. mitten ins leben.

menschen fliehen wieder.

die verbrecher. mitten unter uns.

die rufer hört keiner. wieder nicht.

die schachteln mit leas lebensresten. da stehen sie.

XVI

(17)

greta hat die haferlschuhe angezogen,

sie nimmt den grauen koffer. sie löscht das licht. sie geht.

XVII

(18)

Fluchtarien von

Julya Rabinowich

Slowakei ist eine Glocke. Slowakei ist eine Glocke. Slowakei ist eine Glocke

Dunkelheit vor mir. Feuerschein hinter mir. Schweigen in mir und Stille rundum. Das eine Kind an einer Hand, das andere im Arm, der Bub geht vor, vorsichtig im Dunklen.

Rucksack schneidet ein, ist schwer, die ganze Vergangenheit zusammengeschnurrt auf einen Rucksack, und die will man nicht loslassen, irgendwas muss man festhalten, sonst wird man zu leicht, und immer leichter, ausgedünnt von Geschichte, bis man halb durchsichtig ist und dann ganz weg.

Der Rucksack ist wichtig, er verankert mich auf fremder Erde, die wir unter unseren Füßen weiterschieben, wir stoßen uns ab, wie Schlittschuhläufer stoßen wir uns ab, und gleiten, gleiten aus dem Bekannten ins Ungewisse, und es ist kalt, wie beim Schlittschuhlaufen, aber kein heißes Teeglas in unseren Fingern, die ich kaum noch spüre, weder meine noch die vom Kind.

Ich atme sie an, ich stoße alle Hitze hervor, die mir noch gehört, ich will ein Drache werden, ich werde rasend vor Wut, weil meine Wärme so eine erbärmliche kleine Wärme ist im großen Dunkel des Waldes, wütend wie ein Drache, aber nicht mal halb so warm, das Feuer ist hinter uns, kein Widerschein gegen den Nachthimmel.

Ich schnappe nach der kalten Luft, stoße die kalte Luft hervor, und die Finger vor mir bleiben, wie sie sind.

Viel später werden wir uns wieder erwärmen, wir drei, der ältere Bub, die Tochter und ich. Und die kleinen Finger werden so bleiben, wie sie sind, ich werde meine eigenen kaum aus ihnen lösen können, nur mit Gewalt, und ich werde nicht weinen, weil ich ja noch zwei Kinder weiterbringen muss und keine Zeit ist für solche Kinkerlitzchen wie Stehenbleiben.

Ich geh also und geh, und meine Augen werden Stein, ich kann die Lider nicht senken, ich kann den Blick nicht lösen von dem Ziel, und das Ziel heißt:

vorwärts. Das Ziel heißt: nicht innehalten.

Und während ich so geh und geh, hör ich meinen Mann, und er sagt mir, wo ich langgehen soll, und er verspricht, dass alles gut wird, und als er mich umarmt, und ich meinen Kopf endlich anlehnen kann an seine Brust und mich wieder beschützt fühle, wie früher, als ich alle seine Entscheidungen mittrug, so, wie ich es gewohnt bin, und als ich aufatme, weil ich ihm endlich alles überlassen kann, rüttelt mich mein Sohn, rüttelt mich ganz brutal, mit so viel Kraft, wie ich sie ihm nicht zugetraut hätte, und sagt: Mama, steh auf.

XVIII

(19)

Und seine Stimme hat auf einmal einen Klang, den ich von den Soldaten kenne, von unseren und von den feindlichen. Heiser, ängstlich, brutal.

Und mir wird klar, dass ich diese Stimme aus seinem Kindermund nicht hören will, und das bedeutet, dass ich General werden muss, um ihn vor dem Soldatendasein zu bewahren.

Und ich lache, und sage, alles wird gut, und ich stehe auf, schüttele den Schnee ab und setze wieder einen Fuß vor den andern.

An der Grenze fangen sie uns ab, fangen sie uns auf, ich falle, falle in ihre helfenden Hände, in ihre wärmenden Decken, in ihren Bus, und ich denke, mein Mann hatte recht, alles wird wieder gut.

Und als wir schon in Wien sind, und alle gegessen haben, und geschlafen, und sogar beim Arzt, als mir ganz klar ist, dass wir leben, da fällt mir der Wald wieder ein. Und der Schnee. Die Stille. Und dann wird mir klar, mein Kleiner hat nicht mal ein Grab, das sich Grab nennen könnte, während wir hier in Traiskirchen ein Bett haben und ein Dach über dem Kopf und billiges Essen.

Es geht uns gut.

Uns geht es gut, aber der Wald liegt hinter der Grenze, die wir überwunden haben, der Wald gehört nicht zu Österreich, wie mein Kind nicht mehr zu mir gehört, es ist hinter uns zurückgeblieben und ich habe nicht mal einen Stein für sein Grab.

Und ich werde von vielen Unbekannten befragt, und ich rede und rede, und je mehr ich rede, desto sinnloser kommen mir die Worte vor, weil sie der Realität nicht standhalten können, weil »Weg« und »Kälte« und »Wald«

sinnlos sind. Und weil es so sinnlos ist, lache ich und lache und lache, und meine Kinder finden das nicht lustig, und wollen auch reden, und ich hasse die Worte, die mir fehlen und die ich sorgsam verteilen muss, damit ein jeder zufrieden ist, ich lache also und dann schweige ich.

Und dann kommen andere, die wissen wollen, wo dieser Wald denn ist, und ich weiß es natürlich nicht, und ich lache wieder und sie geben mir Medizin, ich nehme sie statt den Worten in meinen Mund und schlafe. Und dann fragen sie mich wieder, und wieder, wo, warum, weshalb, woher.

Wo ich über die Grenze gekommen bin. Ich wüsste es selber gerne, weil ich in den Wald zurückwill. Unbedingt zurückwill. Dann bin ich artig, weil ich so viel erzählt habe, und sie sagen mir das Zauberwort: Slowakei. Und ich weine gleich wieder, vor Freude diesmal, weil der Wald kein namenloser mehr ist, sondern ein bekannter, fast ein verwandter. Slo-wa-kei.

Und sie geben mir Blätter zum Unterzeichnen, ich mach so, als ob ich die Zeichen deuten könnte, weil es mir peinlich ist, ich habe es nie gelernt, und mach eine Wellenlinie drunter, die wie Zeichen, ja nicht wie ein Kreuz aussehen soll, und sie lassen mich in Ruhe.

XIX

(20)

Slowakei ist eine Glocke. Deren Klang breitet sich in mir aus und schwingt und lässt mich beben. Und ich erkläre meinen Kindern, dass ich unbedingt in die Slowakei muss, ihr Geschwister holen, damit es endlich wieder bei uns ist. Sie klammern sich an mich, sie lassen mich gleich darauf nicht mehr alleine aufs Klo, in die Küche, nirgendwohin, ich gehe mit einer Traube Kinderkörper an mir umher, meine Zimmernachbarin meint: So ein großer Junge, schäm dich, und mein Sohn kritzelt Zeichnungen an ihre Tür, und wird natürlich ertappt und es gibt Ärger, weniger mit ihr, aber mit der Hausverwaltung, weil die Tür kostbar ist und der Lack auf ihr erst recht.

Unser Lack ist jedenfalls ab. Das wird auch Ärger geben. Ich erfahre: Wir sind mutwillig aus der Slowakei weitergezogen. Jetzt sind wir hier. Lange sind wir schon hier, ich würde sagen: fast zu lange, meine Kinder versuchen aus allen Kräften, hier zu sein. Ich will in die Slowakei. Nur einmal.

In die Slowakei! Mit Kerzen und Blumen. In die Slowakei!

Mit allem, was dazugehört. Wenn ich wieder über die Grenze gehe, dürfen wir nicht mehr rein. Hier dürfen wir nicht rein.

Wir müssen dann leider draußen bleiben.

Mein Sohn kommt mit neuen Worten, immer neuen. Ich lerne heimlich mit ihm mit, ich bitte ihn, die Worte zu lesen und die Zeichen zu zeigen, und während ich ihn lobe, versuche ich mir alles zu merken.

Meine Tochter hat Freundinnen. Ältere. Sie mag keine kleinen Kinder mehr sehen. Wenn sie nicht zu Hause sind, setze ich mich still in eine Ecke und läute innen die große Glocke Slowakei.

XX

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Auf unseren Straßen ist alles ruhig von

Anna Weidenholzer

Kommt eine Reisende in dieser Frühlingsnacht hierher, wird sie frieren. Es ist zu kalt für März, werden wir erklären, es sollte wärmer sein, die Temperaturen verhalten sich in letzter Zeit oft unangemessen, bitte treten Sie ein, bitte setzen Sie sich. Die Reisende wird sich umblicken, sie wird nicht gedacht haben, dass der Imbissstand so geräumig ist. Hinter der Kassa wird Hermann freundlich grüßen und ich werde auf die Ribiselschnitten hinweisen, solche Mehlspeisen erwartet man nicht von einem Imbissstand. Die Reisende wird ihre Tasche neben der Tür abstellen und sich müde zu uns an den Tisch setzen. Was möchten Sie trinken?, werde ich fragen, hier ist Selbstbedienung, ich hole Ihnen ein Getränk.

Ich weiß nicht, sagt Mathilde, meinst du, sie findet vom Hauptbahnhof gleich hierher? Bestimmt, es sind genügend Auskunftspersonen in der Gegend.

Draußen auf dem Parkplatz beißen zwei Polizisten in ihre Bosna, sie tragen Schlagstöcke und Funkgeräte. Pass gut auf, sagt Erika zu Mathilde, die in diesem Moment mit einer Serviette über den Tisch wischt, hör gut zu, so wird es sein:

Die Reisende wird einen großen Schluck trinken, weil sie durstig ist. Sie befinden sich an einem beliebten Punkt, sage ich, hier schmecken die Würste besonders gut. Sind Sie hungrig? Wenn die Reisende den Kopf schüttelt, fuge ich hinzu: Wir brechen gleich auf, Sie sind in einem City-Apartment untergebracht, das ist besser als ein Hotel, dort sehen Sie mehr, es befindet sich im Hochhaus hinter uns, ein Haus, obwohl es wirkt wie ein Turm. City- Apartment, Sie haben richtig verstanden, hier sagen wir so.

Mathilde spuckt auf die Serviette, sie beginnt erneut, den Tisch zu putzen.

Was, möchte Erika fragen, was siehst du da, aber sie spricht schnell weiter, aus Angst, Mathilde könnte den Tisch verlassen, weil er zu schmutzig ist.

Am zweiten Tag erwacht die Reisende von den Klängen des Radios. Auf unseren Straßen ist alles ruhig. Sie braucht eine Weile, bis sie das Radiogerät findet und den Alarm ausschalten kann, lange genug, um wach zu werden. Sie blickt aus dem Fenster und bemerkt die Farben: das Gelb des Bankenlogos auf dem Finanzamtsturm, das Gelb der Postfiliale, das Gelb der Postbusdächer, der Plastikmüllcontainer. Guten Morgen, werde ich an dieser Stelle sagen, bitte wundern Sie sich nicht, die Farben stehen in keinem Zusammenhang.

XXI

(22)

Ich weiß nicht, wirft Mathilde ein und hält die Serviette kurz in ihr Bier, ehe sie wieder über die Tischplatte wischt, wie wirst du in die Wohnung kommen?

Ich habe einen Schlüssel. Du kannst nicht einfach in die Wohnung kommen, du erschreckst die Reisende viel zu sehr. Das ist Teil unseres Konzepts.

Unseres? Erika nickt und Mathilde spricht davon, dass sie noch nicht zugestimmt habe, bei dieser Sache mitzumachen, dass sie doch gar nicht wisse, was Erika damit bezwecken möchte und dass das keinen Sinn mache, zu etwas ja zu sagen, von dem sie den Ausgang nicht kennt. Draußen starten die Polizisten einstweilen den Motor. Du weißt doch gar nicht, beginnt Erika und stoppt, als das Polizeiauto losfährt. Wir sollen uns nicht mit solchen Dingen aufhalten.

Bitte folgen Sie mir auf den Balkon, werde ich zu der Reisenden sagen, von dort aus sehen wir bis zu den Alpen, hohe Berge, Sie sollten einmal in diese Richtung fahren. Die Reisende wird sich am Geländer halten, ich hoffe, sie ist schwindelfrei. Unten patrouillieren zwei Polizisten, hinter dem ehemaligen Busbahnhof gehen sie den Zaun entlang, die Stadtwache spaziert in Richtung Bahnhofspark. Wir kneifen die Augen zusammen, es ist ein sonniger Tag. Und dann beim Biobäcker, es muss vor einer Woche gewesen sein. Entschuldigen Sie, fragt die Reisende hoffentlich an dieser Stelle, ich möchte Sie nicht unterbrechen, aber spricht da jemand? Hören Sie das auch?

Dann werde ich einen Schritt näher an sie herantreten und die Hand - an mein Ohr halten. Beim Biobäcker bin ich gewesen. Ach das, sage ich, keine Angst, das sind die Stimmen der Bevölkerung, wir spielen sie vom Nachbarbalkon zu. Warum, möchte die Reisende vielleicht fragen, aber die Stimme ist lauter:

Ich kaufe mein Brot immer dort, es ist das beste der Stadt. Jedenfalls, dort stand ein dunkelhaariger Mann hinter mir, als ich gezahlt hatte, ging er nach mir hinaus, ich hatte schon vorher gewusst: Der kauft dort nichts. Bis zur nächsten Kreuzung ist er mir nachgegangen, ich blieb stehen, hielt mein Telefon ans Ohr, schaute ihn an, dann ging er weg, dunkle Haare, ja.

An dieser Stelle wird es interessant sein, wie die Reisende reagiert, ausdruckslos oder runzelt sie die Stirn? So oder so werde ich sagen: Wenn Sie jetzt bitte ein Stück nach links schauen, erkennen Sie ein türkises Gebäude, es ist das Landesdienstleistungszentrum. Sehen Sie die Leute dort? Drei dunkelhaarige Männer, zwei davon tragen neonfarbene Kappen, aber unsere Polizei lässt sich nicht täuschen. Drei Männer, drei Polizisten, alle gehen sie den Platz auf und ab. Die Reisende schweigt und wendet ihren Blick ab, sie sieht einem gelben Helikopter nach, der stadtauswärts fliegt. Was Sie von hier aus nicht sehen, sind die Bürofenster, hinter denen in jedem Stockwerk Orchideen blühen. Die Landesdienstleistungszentrumsangestellten pflegen ihre Blumen gut. Das Land Oberösterreich. Einen kleinen Moment bitte, wir dürften hier eine technische Panne haben.

XXII

(23)

Du planst technische Pannen ein?, fragt Mathilde. Das erhöht die Spannung, im Falle eines Aufmerksamkeitsverlusts hört das Gegenüber danach wieder besser zu. Also, das Landesdienstleistungszentrum, während wir auf die Einspielung warten, bitte ich die Reisende, sich ein Stück über das Balkongeländer zu beugen. Vorsichtig, sage ich und halte sie am Arm, es soll Ihnen nichts geschehen. Sehen die Orchideen? Die Reisende schüttelt den Kopf. Ich werde nicht sagen, dass es unmöglich ist, von hier aus die Orchideen zu sehen. Ich werde wiederholen: Die Landesdienstleistungs- zentrumsangestellten pflegen ihre Blumen gut. Hören Sie, jetzt spricht wieder jemand zu uns. Es soll sichergestellt werden, dass nicht nur während des Unterrichts, sondern auch in den Pausen und auf dem gesamten Schulareal deutsch gesprochen wird. Ich eröffne hiermit das Büffet. Um Vorurteile und Ausgrenzungen zu vermeiden, werden wir auch außerhalb des Unterrichts Deutsch als gemeinsame Sprache verwenden.

Und wenn die Reisende das alles nicht hören möchte?, fragt Mathilde. So lange dauert es auch wieder nicht und wo sollte sie hin, sie kennt die Gegend nicht. Du glaubst doch nicht, beginnt Mathilde, aber Erika spricht weiter:

Jedenfalls, werde ich die Stille nach der Einspielung unterbrechen, die Landstraße ist unsere Einkaufsstraße, sie finden dort alles und hinter dem Hauptbahnhof nichts. Dort warten leerstehende Häuser auf ihren Abrisstag, die Bewohner mussten ausziehen, es wird eine neue Straße gebaut. Aber haben Sie keine Angst, von den Häusern geht keine Gefahr aus, sie werden von Sicherheitsfirmen bewacht. Mit meinem Kind. Auf dem Wiesenstreifen darunter haben Familien ihr Lager aufgeschlagen, ihre bunten Zelte sind von der Westbahnstrecke und der Stadteinfahrt gut zu sehen. Hören Sie, da spricht schon wieder jemand: Mit meinem Kind möchte ich nicht mehr auf den Spielplatz gehen, es sitzen so viele Roma dort. Sie nehmen kein Spielzeug, nein, aber sie sitzen den ganzen Tag und schauen, eine große Gruppe, da bekommt man Angst. Die Roma-Zelte brannten ein erstes Mal, ein zweites und ein drittes Mal. Es muss ein Streit unter den Familien gewesen sein, schrieben die Zeitungen, Sie müssen wissen, es leben mehrere Familien dort und niemand außer denen kennt die Zelte am Beginn der Stadt.

Vielleicht wird die Reisende an dieser Stelle laut ausatmen und dabei zur Kreuzung schauen, wo ein Polizeiauto zum Bahnhof abbiegt. Vielleicht trägt sie einen Seidenschal, den sie abnimmt und neu wickelt, vielleicht verschränkt sie danach die Arme vor der Brust.

In der einen Hand hält Mathilde die Serviette, mit der anderen führt sie ihr Glas zum Mund. Und jetzt kommt dein Einsatz, sagt Erika und greift zu Mathilde über den Tisch: Du musst auf mein Winken hin beginnen, dann werden auch die anderen einsetzen. Mathilde schaut aus dem Fenster, sie schweigt, manchmal ist das ein gutes Zeichen, denkt Erika, manchmal nicht.

XXIII

(24)

Manchmal hilft es in solch einer situation, Ribiselschnitten anzubieten, manchmal ist es besser, einfach weiterzusprechen, ohne sich dem auszusetzen, was sie denkt.

Die Reisende wird mein Zeichen nicht bemerken, sie schaut nach unten, zur Kreuzung, zur Bushaltestelle, zum Bahnhofsvorplatz. Und dann, plötzlich, verbeugen sich alle, sie winken mit weißen Taschentüchern herauf zum Turm.

Auch ich verbeuge mich: Das Linz verändert, präsentiert von Seeber Reisen.

Linz, seit dreißig Jahren Friedensstadt, um die Friedenssehnsucht und das Friedensengagement der Menschen in der Stadt aufzugreifen und zu einem Grundprinzip künftigen kommunalpolitischen Handelns zu machen. Das habt ihr gut gespielt, das habt ihr wirklich überzeugend gemacht, ruft die Reisende und klatscht, die Stadtwache steht mitten am Zebrastreifen und winkt herauf.

Achtung, die Autos, möchte ich schreien, aber da stoppen sie schon und blinken freundlich mit den Scheinwerfern, auch die Scheibenwischer bewegen sich auf und ab. Die Reisende wird nicht aufhören zu klatschen, sie wird lachen, sie wird sagen: Zum Glück leben so freundliche Menschen hier.

XXIV

(25)

Eine Egusi-Soup für die Frau Minister von

Kurt Palm

»Und Sie glauben wirklich, dass das eine gute Idee ist, wenn ich mich mit diesem — wie heißt er noch einmal?«

»Chimamanda Nkwongu.«

»Wie?«, fragte die Innenministerin.

»Chimamanda Nkwongu«, wiederholte ihr Pressereferent leicht genervt.

»Schreiben Sie mir den Namen auf, ich kann mir das alles nicht mehr merken. Ich soll mich also tatsächlich mit diesem Nigerianer fotografieren lassen?«

»Ja, Frau Ministerin«, antwortete Magister Besendorfer beflissen,

»glauben Sie mir, das wird Ihnen viel Sympathie einbringen. Ich habe mit der Leiterin des Asylantenheims in Pichlwang bereits alles besprochen. Sie wird die beiden Kinder des Nigerianers so herrichten, dass wir ein richtig schönes Foto zusammenbringen. Ich stelle mir so eine Art Familienfoto vor, wo Sie quasi die Mutterrolle einnehmen. Die Frau von diesem Nkwongu ist ja von Boko-Haram-Kämpfern entfuhrt worden. Da werden selbst die Herzen der Kronen-Zeitungs-Leser höher schlagen. Der Chefredakteur hat mir übrigens versprochen, dass das Foto am Samstag auf die Titelseite kommt. Und auf Facebook werden bei diesen Fotos viele Daumen nach oben zeigen. Was wollen Sie mehr?«

»Na ja, aber warum ausgerechnet ein Nigerianer?«

»Dieser Nkwongu ist der perfekte Vorzeige-Asylwerber. Er ist mit seinen beiden Kindern vor den Islamisten geflüchtet, um im katholischen Österreich Schutz zu suchen. Außerdem hat er in Nigeria als Lehrer gearbeitet. Das ist keine undurchsichtige Figur wie dieser Tschetschene, der kürzlich im Höllengebirge ermordet wurde.«

Die Innenministerin hob abwehrend die Hände. »Hören Sie mir mit diesem Mord auf. Der darf heute auf keinen Fall zur Sprache kommen. Ich habe keine Lust, mich in die Nesseln zu setzen. Mir steht ohnehin schon das Wasser bis zum Hals.«

»Nein, nein«, antwortete Besendorfer. »Das ist ja auch der Grund, weshalb wir diesen Nkwongu als positives Beispiel präsentieren wollen.«

»Aber, was ist mit dem Dubliner Abkommen? Wieso ist dieser Nigerianer nicht schon längst nach Italien oder Spanien abgeschoben worden?«

Magister Besendorfer warf einen Blick in seine Unterlagen. »Aus seinem Akt geht hervor, dass er bisher nur in Österreich um Asyl angesucht hat. Er hat ausgesagt, dass er mit seinen Kindern ausschließlich in der Nacht unterwegs gewesen ist und sie daher von niemandem gesehen werden konnten.«

Besendorfer hielt kurz inne. »Sie sind ja schwarz und in der Nacht —«

XXV

(26)

Die Ministerin schüttelte den Kopf. »Wenn ich so etwas sage, heißt es gleich wieder, die Breitfurtner-Brandstätter ist eine Rassistin.«

Besendorfer machte eine entschuldigende Geste. »Aber schrecken Sie sich bitte nicht, der Nigerianer ist nämlich wirklich schwarz. Und zwar pechschwarz. Ich sag's ja nur.«

Die Innenministerin sah beim Fenster ihres Dienstwagens hinaus und war sich noch immer nicht sicher, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Oed hieß die Ausfahrt, an der sie gerade vorbeifuhren, und sie fragte sich, weshalb solche Orte im Interesse des österreichischen Fremdenverkehrs nicht einfach umbenannt wurden. Ihr war heiß, außerdem hatte sie Wallungen. Zeit für den Wechsel hatte ihre Partei bei den letzten Wahlen im ganzen Land plakatieren lassen. So ein Slogan konnte auch nur Männern einfallen. Habe ich eigentlich Binden dabei? Seit ein paar Tagen hatte sie einen merkwürdigen Ausfluss. Nervös kaute sie an ihren Fingernägeln. Sie warf einen Blick in ihren Handspiegel und betrachtete nachdenklich ihr Gesicht. Sie war in einem Alter, in dem die Halsketten immer opulenter, die Ohrringe immer größer und die Haut immer schlaffer wurde. Vielleicht sollte ich mir meine schmalen Lippen doch aufspritzen lassen? Und wieder fiel ihr ein, was sie kürzlich auf der Toilette des Ministeriums gehört hatte. »Diese verhärmte Spinatwachtel hat ihren Job ja auch nur bekommen, weil sie ein Protektionskind vom Kim Jong Un aus Radibrunn ist.« Sie war so perplex gewesen, dass sie sich zehn Minuten lang nicht aus dem WC herausgetraut hatte.

Besendorfer reichte ihr den Zettel mit dem unaussprechlichen Namen.

Widerwillig nahm sie ihn an sich. Warum konnte der Mann nicht einen normalen Namen haben? Wie zum Beispiel Dietlinde Breitfurtner- Brandstätter, das konnte sich jeder Depp merken.

»Der Ablauf sieht also folgendermaßen aus«, riss Besendorfer die Ministerin aus ihren Gedanken. »Zuerst werden Sie mit einigen Asylwerbern zusammenkommen, da sind die Asylwerber aber nur Staffage.«

»Aber keine Afghanen oder Marokkaner. Die kann ich nicht ausstehen.«

»Nein, wir haben ein paar Frauen und Kinder aus Somalia, die sehen irgendwie niedlich aus, und ein paar Jugendliche aus dem Irak und aus Syrien.«

»Sie sollen mir halt nicht zu nahe kommen«, sagte die Innenministerin.

»Man weiß ja nie, was die für Krankheiten haben. Sie wissen schon: Zika, Cholera, Syphilis und wie das ganze Zeug heißt.«

»Nein, nein, da passen wir schon auf«, antwortete Besendorfer genervt.

»Das eigentliche Treffen mit Nkwongu und seinen beiden Kindern findet dann anschließend im Beisein ausgewählter Medienvertreter in der Küche statt.«

»In der Küche?«, fragte die Ministerin erschrocken. »Warum ausgerechnet in der Küche?« Ihr schwante Übles.

XXVI

(27)

»Na ja, Nkwongu möchte unbedingt eine nigerianische Spezialität für Sie zubereiten. Das bringt noch ein paar zusätzliche Pluspunkte. Vergessen Sie nicht, dass die Leute ganz verrückt sind nach Kochshows.«

»Um Gottes willen, muss ich das Zeug auch essen?« Der Innenministerin wurde jetzt schon schlecht, wenn sie daran dachte, dass sie die Leibspeise eines nigerianischen Asylwerbers essen musste. Und das womöglich auch noch vor laufenden Kameras. Sie bevorzugte österreichische Hausmannskost und hielt nicht viel von kulinarischen Experimenten. Okay, ab und zu aß sie eine Pizza oder einen Döner Kebab, aber das war's dann auch schon wieder.

»Was kocht er denn, dieser —« Sie sah auf den Zettel. »Chimamanda Nkwongu.«

»Ein traditionelles Eintopfgericht aus Nigeria. Es nennt sich Egusi-Soup, ist aber keine Suppe im herkömmlichen Sinn.«

»Aha.« Die Ministerin warf ihrem Pressereferenten einen skeptischen Blick zu. »Und wann sind wir mit dem ganzen Tamtam dort fertig? Vergessen Sie nicht, dass ich um zwanzig Uhr beim Prix in Weyregg sein muss.«

Besendorfer verzog das Gesicht. Dass die Ministerin in der Villa des Investors Prix zum Abendessen eingeladen war, während er mit dem Zug nach Wien zurückfahren musste, kränkte ihn zutiefst. »Das geht sich alles aus, keine Angst«, murmelte er kurz angebunden.

»Anikulapo, komm her, und hilf mir beim Zwiebelschneiden.« Chimamanda Nkwongu sah auf die alte Uhr, die an der vergilbten Tapetenwand hing. »In zwei Stunden müssen wir fertig sein.«

Der Junge war gerade dabei, sein Hemd zuzuknöpfen, das er von der Leiterin des Asylantenheims bekommen hatte. Seine Schwester Ayesha stand vor der Fensterscheibe, die sie als Spiegel benutzte, und flocht sich Zöpfchen.

»Em nau«, sagte der Junge und ging zum Tisch. Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, damit er das Schneidbrett überhaupt erreichen konnte.

Wenn sie unter sich waren, unterhielt sich Chimamanda Nkwongu mit seinen Kindern auf Kanuri. Es war die Sprache der gleichnamigen Volksgruppe, der sie angehörten.

Auf dem Tisch lagen die Zutaten für die Egusi-Soup, die Nkwongu mit einem zufriedenen Lächeln betrachtete.

XXVII

(28)

Er hatte lange überlegt, durch welches Tier er die Buschratte ersetzen sollte, und war schließlich auf die Bisamratte gestoßen. Bei seinen illegalen Angelausflügen an der Ager hatte er diese Tiere oft gesehen und da er ein geübter Jäger war, war es für ihn ein Leichtes gewesen, diese Ratten zu erlegen. Und wenn man ihn fragte, welches Fleisch er für die Egusi-Soup verwendete, würde er sagen: Ziegenfleisch, Rindfleisch und Geflügel.

Aufgrund der vielen Zutaten wie Reis, Erbsen, Tomaten, Paprika, Mais oder Yamswurzeln würde kein Mensch auf die Idee kommen, dass sich in der Egusi-Soup auch das Fleisch von drei Bisamratten befand.

Als er die getrockneten Melonenkerne in den Topf gab, begann Ayesha plötzlich zu weinen. Sie setzte sich auf den Boden und verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Was ist denn los?«, fragte Nkwongu, obwohl er die Antwort längst kannte.

»Wegen Mama«, schluchzte das Mädchen. »Sie hat ja immer die Melonenkerne in die Suppe getan.«

Nkwongu seufzte und hob das Mädchen auf.

»Wo ist die Mama jetzt?«, fragte Ayesha mit tränenerstickter Stimme. »Du hast gesagt, dass sie bald zu uns kommen wird.«

Anikulapo stand am Herd und beobachtete die Szene aufmerksam.

Nkwongus Herz schnürte sich zusammen, als er seine beiden Kinder ansah. »Sie ist noch zu Hause, aber ich verspreche euch, dass wir sie bald wiedersehen werden.«

»Wann?«, fragte Ayesha trotzig.

Noch bevor Nkwongu etwas sagen konnte, betrat die Leiterin des Asylantenheims, Barbara Grobelnik, die Küche.

»Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen?« Nervös zupfte sie an ihrer frisch gebügelten Bluse. Sie hoffte inständig, dass die Innenministerin keine Vegetarierin war. Aber das hätte ihr Besendorfer sicherlich gesagt.

Chimamanda Nkwongu deutete auf den Topf. »Es alles gut«, sagte er in seinem kaum verständlichen Deutsch.

Barbara Grobelnik fand, dass die Suppe gar nicht so schlecht roch. Sie warf Ayesha einen besorgten Blick zu. »Das Mädchen soll lachen, wenn die Ministerin kommt, nicht weinen.«

»Nicht Problem«, antwortete Nkwongu und strich seiner Tochter über die Zöpfe.

XXVIII

(29)

Nachdem Barbara Grobelnik die Küche verlassen hatte, setzte sich Nkwongu an den Tisch. Mit dem Finger fuhr er die Wörter entlang, die ihm ein Landsmann auf einen Zettel geschrieben hatte: Allein essen ist wie allein sterben. Immer wieder las er dieses nigerianische Sprichwort laut vor und versuchte, es sich zu merken. Aber es fiel ihm schwer. Zur Not würde er den Zettel zur Hand nehmen, wenn die Ministerin mit ihm und seinen Kindern Egusi-Soup aß. Anikulapo und Ayesha standen neben ihm und sahen ihn erwartungsvoll an.

Er hatte seinem Sohn den Namen Anikulapo gegeben, weil er ein großer Bewunderer des nigerianischen Musikers Fela Anikulapo Kuti war. Wenn er daran dachte, wie er zu Hause in Zaghawa gemeinsam mit seiner Frau Boulama diese Musik gehört hatte, wurde er so traurig, dass er fast zu weinen begonnen hätte. Aber Nkwongu wusste, dass er stark sein musste. Er griff nach seinem Amulett, das an einem Lederband um seinen Hals hing, und dachte nach. In dem Beutel, den er wie seinen Augapfel hütete, befanden sich die Pfote einer Rotmeerkatze, getrocknete Bambara-Erdnüsse, ein Stück Schlangenhaut, Yambohnen und zwei Krallen eines Flughundes.

Nkwongu legte den Beutel auf den Tisch und holte die Krallen des Flughundes hervor. Er schloss die Augen und murmelte eine Beschwörungsformel. Wenn es ihm gelänge, die magische Kraft des Flughundes auf sich zu übertragen, dann würde er womöglich in der Lage sein, jene bösen Geister zu vertreiben, die ihn und seine Kinder seit ihrer Flucht aus der Heimat so sehr quälten. Alles, was er tun musste, war, die Krallen des Flughundes kurz in der fertigen Egusi-Soup ziehen zu lassen, um sich auf diese Weise die Kraft dieses geheimnisumwitterten Tiers einzuverleiben.

Was Nkwongu nicht wusste, war, dass sich auf den Krallen des Flughundes noch getrocknete Fleischreste befanden, in denen Millionen von Ebola-Viren nur darauf warteten, endlich zum Leben erweckt zu werden.

XXIX

(30)

Als der Dienstwagen der Innenministerin auf den Parkplatz des Asylantenheims in Pichlwang einbog, bereute sie endgültig, dass sie dem Vorschlag ihres Pressereferenten gefolgt war. Auf dem Gehsteig standen nämlich ein paar Männer, die neben einem FPÖ-Plakat Flugblätter verteilten.

Der Bezirksparteiobmann der FPÖ, Tassilo Reichberger — von Freunden auch gerne Heim-ins-Reich-Berger genannt -, zeigte seinen fetten Bierbauch, auf dem der Wahlspruch der SS Meine Ehre heißt Treue eintätowiert war. Von den knapp zweihundert Asylwerbern, die im ehemaligen Gasthof Teuflmayer untergebracht waren, beobachteten etwa fünfzig die Szene. Einige standen in Gruppen beisammen und versuchten, den Text des Flugblatts zu lesen.

Obwohl viele der Asylwerber einen Deutschkurs besucht hatten, taten sie sich mit dem Entziffern des Flugblatts schwer:

Wir haben zu viele Ausländer im Bezirk1.

Auch wenn es einige noch immer nicht wahrhaben wollen, aber die Ausländer machen nur Probleme und anstatt sie hier ins Gefängnis zu stecken, sollte man sie sofort abschieben!

Einmal wollten ein paar Einheimische in Weibern in eine neu eröffnete Disco gehen. An der Kassa haben sie noch kassiert und dann dachten sie sich schon, dass es hier so komisch riecht, nur Ausländer. Als sie eine Runde drehten, schrien schon die Ersten: »Raus, ihr Scheißösterreicher!«

Oder in St. Georgen im Attergau, wo die Flüchtlinge überall einbrechen gehen. Die Chinesen grapschen die »Schlecker«-Verkäuferinnen an usw.

In Pichlwang nimmt der Teuflmayer die Flüchtlinge von Afrika ja auch nur auf weil er vom Staat dafür Geld bekommt. Oder in Lenzing das Waldcafe, wo die Flüchtlinge den ganzen Tag faul auf der Bierbank sitzen und nur durch die Luft schauen. Kriegen alles zugesteckt, Essen, Kleidung, Unterkunft... Das alleine im Bezirk Vöcklabruck!

Aber man darf ja nichts sagen, weil es sind ja sooo arme Ausländer.

Dabei könnte man die notgeilen Muslime ja auch kastrieren. Wir von der FPÖ sagen es ganz offen: Pichlwang darf nicht Köln werden!

Und in Wien, Frau Minister, ist es besonders schlimm. Am Naschmarkt, nur Inder! Man könnte noch mehr erzählen, z.B. von einer 48-jährigen Attnangerin, die einen Neger nur geheiratet hat, damit er hierbleiben kann.

Die beiden haben dann ihren Nachbarn das Leben zur Hölle gemacht, nur weil die Nachbarn zwei Pitbulls hatten!

Wir haben einfach zu viele Ausländer im Bezirk.

Natürlich hatten sich die Fernsehleute und Fotografen so postiert, dass sie das Zusammentreffen der Innenministerin mit den Flugblattverteilern optimal ins Bild bekamen. Und die Asylwerber im Hintergrund waren die perfekten Statisten.

XXX

(31)

»Und, was jetzt?«, fragte Dietlinde Breitfurtner-Brandstätter.

Magister Besendorfer überlegte fieberhaft. »Am wichtigsten ist, sie es sich gerne durchlesen werden, sich jetzt aber um wichtigere Angelegenheiten kümmern müssen. Betonen Sie, dass es Ihnen um die Menschen geht, und dass Sie nicht hergekommen sind, um ein Flugblatt zu lesen.«

»Mir bleibt auch nichts erspart.« Mit einem breit aufgesetzten Lächeln öffnete die Innenministerin die Autotür.

Dass in der Zwischenzeit die Egusi-Soup bereits ihr ganz spezielles Aroma verbreitete, ahnte die Ministerin natürlich nicht.

XXXI

(32)

Willkommenskultur /Welcome culture

Now listen,

you motherfucker you, and hör mir good zu:

This country is not Australia.

We are not shooting kangaroos

and schleifen them kilometerweit durch die Wüste.

This is a zivilisertes country and we are stolz drauf.

Our Fleisch comes from animals, who live in peace and who are happy.

Happy chickens!

Never gehört davon?

Bio-flesh from the almen, this is Austria.

Our Wurstsemmeln are the best in the world and our animals are proud to die for us, for us Austrians, who love animals.

We love our dogs

and we love our hot-dogs.

That all belongs together forever.

Forever Austria.

And now schleich di, you neger you, and let me in peace!

XXXII

(33)

Geht, ihr Jungen!

von Susanne Scholl

Als er vor dem Graben stand, in dem jene lagen, die man vor ihm schon erschossen hatte, zitterte er in der warmen Sommerluft vor Kälte und Grauen.

Und dachte an die Töchter. Er hatte sie weggeschickt. Die älteste hatte geweint und sich nicht trösten lassen wollen. Die zweite hatte ihn nicht verstanden und ihm vorgeworfen, sie loswerden zu wollen. Nur die jüngste hatte freudig gelacht, als er sie zum Zug gebracht hatte. Er hatte sie noch ermahnt, ihre orthopädischen Schuhe immer zu tragen, und sie hatte aus dem Zug gewinkt und versprochen, zurückzukommen und von ihren Erlebnissen in der großen weiten Welt zu erzählen. Jetzt, da er hinter sich die Gewehrschlösser klicken hörte und auf die Leichen im Graben hinabsah, die genauso nackt dort unten lagen, so nackt, wie er jetzt hier vor diesem Massengrab stand, wusste er, dass es richtig gewesen war, die Töchter wegzuschicken. Obwohl er nicht sagen konnte, ob sie wirklich sicher waren. Was, wenn jene, die hinter ihm die Gewehre hoben, um ihn zu jenen da unten im Graben zu schicken, auch dorthin vordrangen, wohin er die Töchter geschickt hatte?

Was, wenn er sie vergebens gedrängt hatte, sich von ihm und ihrer Mutter zu trennen? Von jener Mutter, die jetzt neben ihm stand. Genauso nackt und zitternd. Erschöpft von der Reise und den Tagen im Viehwaggon unter der brütenden Sonne ohne Wasser und Nahrung.

Sie hatten aufgeatmet, als man sie hinausgetrieben hatte aus dem Waggon, in dem die Toten übereinanderlagen. Die, die die Reise nicht überstanden hatten. Und dann hatten sie den Graben gesehen und waren gezwungen worden, sich vor allen auszuziehen und ihre Kleider fein säuberlich zusammenzulegen.

Seine Frau sah ihn nicht an. Sie hatten sich nie besonders verstanden. Er hatte sie und die Töchter oft geschlagen, war jähzornig und eigensinnig gewesen, hatte sich mit Gewalt Respekt zu verschaffen versucht. Die Töchter hatten ihn gefürchtet, seine Frau hatte resigniert.

Sie hatte mit den Töchtern weggehen wollen, das hatte er nicht erlaubt. Er war überzeugt gewesen, dass ihnen, den »Alten«, nichts passieren konnte.

Jetzt stand er nackt und gedemütigt vor dem Graben, hinter sich das Erschießungskommando, neben sich seine Frau. Die er trotz allem geliebt hatte. Was er ihr jetzt nicht sagen konnte. Nie hatte sagen können. Auch den Töchtern nicht, die er weggeschickt hatte. Was ihm jetzt als einzige gute Tat seines Lebens erschien. Seine Frau stand mit gesenktem Kopf neben ihm, diese Frau, der das Lachen so locker saß und die mit den Töchtern immer um die Wette gesungen hatte. Jetzt schwieg sie und sah ihn nicht an.

Sie hasste ihn wohl, aber das Grauen überdeckte alle anderen Gefühle.

XXXIII

(34)

Er aber dachte. Dachte fieberhaft, als müsse er noch alles genau festlegen, bevor ihn die Kugel treffen würde.

Er hätte der Frau an seiner Seite nachgeben und weggehen müssen mit den Töchtern. Er hätte fliehen sollen vor den Mörderbanden, aber er hatte es nicht gelesen, das Menetekel an der Wand. Er hatte nicht sehen wollen, was unübersehbar gewesen war. Er hatte gehofft, nicht wichtig genug zu sein, übersehen zu werden. Er hatte sich geirrt.

Er hatte die Töchter zur Flucht getrieben. Und hoffte, dass sie jetzt in Sicherheit waren, sicher vor den Barbaren, die ihnen nach dem Leben trachteten, weil sie waren, was sie waren.

Die ihm jetzt das Leben nehmen würden, ihm, dem alten Eisenbahnbeamten, und der ausgezehrten, müden, traurigen Frau neben ihm, die ihn einst mit ihrer Rundlichkeit so angezogen hatte.

Fünf Kinder hatte sie geboren, vier Töchter und einen Sohn, der nicht älter als drei Monate geworden war.

Die eine Tochter war von selbst weggegangen. Zu fremden Menschen, die ihr eine Perspektive boten in einem Land, wo sie vermutlich sicher sein würde, vor allem, weil sie bei diesen fremden Menschen lebte.

Die drei anderen hatten sich das Weggehen erkämpfen müssen. Sie waren tage- und nächtelang Schlange gestanden, hatten beweisen müssen, dass sie ein Badezimmer putzen oder eine Suppe kochen konnten, hatten sich von den Grenzsoldaten demütigen und aus dem Zug holen lassen müssen. Aber jetzt waren sie in Sicherheit. Sie mussten in Sicherheit sein, er hatte sie weggeschickt, mit blutendem Herzen und der falschen Hoffnung, sie bald wieder zurückkommen zu sehen. Er hatte sie weggeschickt. Die Jungen, die überleben mussten. Er hatte sich nur in einem geirrt. Er hatte gedacht, dass ihm nichts geschehen könne. Er hatte sich geirrt.

Kurz bevor ihn die Kugel traf, griff er nach der Hand seiner Frau. Sie sah nicht auf, als er sagte:

»Verzeih mir.«

XXXIV

(35)

Sina ist da von Eva Rossmann

Ich gehe die Straße entlang. Es ist ganz hübsch hier. Und sehr sauber. Auch wenn niemand zu Fuß unterwegs ist. Eingeschossige Häuser, manche frisch herausgesputzt, meist gelb oder weiß, andere hätten längst eine Renovierung notwendig. Mein Vater hat mich von Kleinkind an gelehrt, darauf zu achten.

Verfärbte Sockel, abgeblätterte Farbe an den Fensterrahmen. Das hier ist keine reiche Gegend, jetzt nicht einmal eine grüne. Entlang der Straße stehen Bäume, aber sie tragen keine Blätter. Hinter den Häusern sind Gärten. Die sieht man freilich nicht, weil die Häuser zusammengewachsen sind. Eine Front. Mit Fenstern wie Augen und Toren wie Mündern. Ob ich beobachtet werde? Vielleicht sind die Häuser zusammengewachsen, damit ich nicht dahinter sehen kann. Immerhin regnet es heute nicht. Gestern sind seltsame Tropfen gefallen, so als möchten sie Schneeflocken sein, hätten es aber nicht geschafft. Schneetropfentränen. Dagegen helfen keine Jacke und kein Schirm.

Dagegen helfen nur gute Gedanken.

Eigentlich haben sie mir gesagt, ich soll nicht zu viel rausgehen. Das hat wohl trotzdem wenig mit dem Wetter zu tun. Es war ein Ratschlag wie viele, die ich schon in den Wind geschlagen habe. Dort vorne ist ein Lebensmittelgeschäft. Ich spähe hinein. Sehe Orangen und frage mich, woher sie kommen. Welche Sonne sie gesehen haben, wer sie gepflückt hat. — Ich stehe tatsächlich da und frage mich, woher die Orangen kommen! Du würdest über mich lachen, meine Freundin. Du würdest sagen, das sieht Sina gar nicht ähnlich. Sie kauft welche oder sie kauft keine und für solche Gedanken hat sie keine Zeit. Aber ich habe Zeit. Kann man zu viel Zeit haben und gleichzeitig zu wenig? Es würde nichts nützen, dass ich losrenne, wie ich es als Mädchen so oft getan habe, wenn ich wütend war. Einfach losrennen, bis die Wut vorbei ist, mit dem Atem aus dem Körper, aus dem Kopf.

Ich lehne mich für einen Moment an die Wand. Hinter mir ein gelbes Plakat mit schwarzen Buchstaben. Aus der Tür des Ladens kommt eine ältere Frau mit zwei Einkaufstaschen. Sie geht schwer. Soll ich ihr die Taschen abnehmen? Aber tut man das hier? Sie muss meinen Blick gesehen haben. Ich versuche ein Lächeln.

»Tasche?«, frage ich und mache eine entsprechende Geste. Sie sieht mich erschrocken an und drückt die schweren Taschen an ihren Leib.

»Helfen«, versuche ich sie zu beruhigen und lächle weiter.

Sie stellt die Taschen zwischen ihre Beine, hat Brot und Butter und Bananen fest eingeklemmt und sucht und holt ihre Geldbörse heraus und kramt und hält mir wortlos eine Münze hin. Ich schüttle den Kopf. Helfen heißt doch helfen. »Ich helfen«, sage ich und versuche weiterzulächeln. Aber die Schneetropfentränen sind ganz nah.

XXXV

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