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DAS HAUS DER SALESIANER DON BOSCOS IN ESSEN-BORBECK VON DER GRÜNDUNG BIS ZUM II. VATIKANISCHEN KONZIL

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(1)

VON DER GRÜNDUNG BIS ZUM II. VATIKANISCHEN KONZIL

J o h a n n e s W ie lg o ß S D B 1

Abkürzungen

AHE A rchiv H aus Essen

APM A rchiv P rovinzialat M ünchen B AE B istum sarchiv Essen

G estapo Staatspolizei Geheime

H A EK H istorisches A rchiv des Erzbistum s Köln LAD Landesarchiv D üsseldorf

LAK Landesarchiv K oblenz

LThK Lexikon für Theologie und K irche SN Salesianische N achrichten

STAE Stadtarchiv Essen

Teil II

8. Enteignung, Ausweisung und Krieg

Nach dem 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, trug P. Almes seinen Eindruck zur politischen Lage in den letzten Au­

gusttagen ein: “Kritische, spannungsreiche Tage vor Ausbruch des Krieges.” Unter dem Monat September hielt er fest:

man weiß nicht, was und wie es kommt. Fliegeralarm! Fieberhaft wird gear­

beitet für die Verdunkelung, Herrichten der Luftschutzräume unter dem Turm”2.

1 Salesianer Don Boscos. Oberstudienrat i.R. (Kath. Religion, Geschichte, Politik) am Don-Bosco-Gymnasium in Essen-Borbeck (Deutschland).

2 AHE, Chronik 1939.

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S päter streut er n o ch ein, dass d er S peisesaal d er S ch üler zum L u ft­

schutzraum für die B esucher der K irche um gerüstet w ird, dass ein R aum für eventuelle G asvergiftete geschaffen w ird, F enster verpanzert w erden, Splitter­

schutz angebracht w ird und im m er w ieder die N am en v on ju n g en Salesianern und Schülern, die zum M ilitär einrücken m ussten. N o ch gab es keine K riegs­

h an d lu n g en im W esten des R eiches, ab er d er K rieg w a rf im H aus b ereits seine langen Schatten voraus.

M itte S eptem ber gab das H aus no ch 17 M itbrüd ern der H elenenberger N iederlassung U nterkunft. Ihr H aus liegt nahe der G renze zu L uxem burg in der Freim achungszone und diente m ehrere W ochen der W ehrm acht als Quartier.

P. Franz A lm es hat die C hronik des H auses bis zum F ebruar 1940 ge­

führt, dann enden die Eintragungen. P. T heodor F ennem ann h at sie im Jahre 1946 m it ein er rü ck b lick en d en Z u sam m en stellun g ein ig er ze n traler E re ig ­ nisse in den K riegsjahren fortgesetzt. E r erlebte, w ie sich im Jahr 1940 das H aus m ehr und m ehr leerte. N ach dem deutschen E inm arsch in die N ied er­

lande am 10. M ai 1940 konnte die G ruppe der h olländischen Schüler nach den S om m erferien nicht zurückkehren.

A m 7. D ezem ber erlag P. Franz A lm es einem plötzlichen Herztod. D a die T heologische H ochschule in B ened iktbeuern ihren S tudienbetrieb einstellen m usste, bestellte der P rovinzial P. T heodor H artz zum N achfolg er im D irekto­

renam t. Im sichtbaren N iedergang des Jugendheim es - der K atholische Jung­

m ännerverband w ar 1938, der B und N eudeutschland 1939 staatspolizeilich ver­

b oten w orden - und der Spätberufenenschule w urde diese P ersonalentschei­

dung als ein H offnungszeichen gewertet. Im V erkündigungsbuch h at Pfarr-Rek- to r M etzger für den 2. F ebruar 1941 den D ank der S alesianer für die A n teil­

nahm e der G läubigen am Tod v on P. A lm es festgehalten u nd die “freudige M it­

teilung” angefügt, dass das B orbecker H aus einen neu en D irektor habe,

“in der Person des allseits bekannten H. P. Hartz, dem das Salesianerwerk in Bor­

beck durch sein jahrelanges Wirken viel zu verdanken hat”3.

A uch P. T heodor F ennem ann betont noch 1946 in der erw ähnten R ück­

schau, für P. T heodor H artz “gab es kein langes Suchen un d Tasten, vielm ehr w ar er gleich w ieder daheim ”4. E r w ird bald realisiert haben, dass er einem sterbenden H aus vorstand. D ie Zahl der Salesianer im H aus verringerte sich a u f neun. D e r K rie g u n d die k irc h e n fe in d lic h e n A k tio n e n des R eg im es w irkten bedrückend a u f den A lltag. F ü r m ehrere M itbrüder w ar P ostüberw a­

3 AHE, Verkündigungsbuch Kath. Pfarr-Rektorat St. Johannes Bosco, No. 2, S. 60-61.

4 AHE, Chronik 1932-1951, Rückblick auf 1941.

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chung angeordnet, auch Telefongespräche w urden abgehört. W ie bereits dar­

gestellt, gab es w egen der Schuhaktion v on P. A lfred Tebben un d P. W ilhelm W inkels V erhöre u n d H a u sd u rch su ch u n g e n , b e v o r die b e id e n in H aft g e ­ nom m en wurden.

Am 5. A ugust 1941 tra f der “K lostersturm ” auch das St. Johannesstift.

In der ersten H älfte des Jahres hatte die G estapo reichsw eit ü b er 120 K löster aufgelöst und die B ew ohner m it A ufenthaltsverboten in den jew eilig en P ro­

vinzen oder R egierungsbezirken belegt. D a das R eichssicherheitshauptam t in B erlin w egen dieser M aßnahm en gegen das kirchliche L eben in der K riegs­

zeit zunehm end U nruhe beim K irchenvolk w ahrnahm , verfügte A d o lf H itler am 30. Juli 1941 das Ende dieser Ü bergriffe5.

D ie G estapo v o r O rt überging also die vom F ührer ausgegebene R ück­

nahm e des “K lostersturm es” und vertrieb die Jesuiten un d S alesianer w egen ihres “ staats- u n d v o lk sfein d lich en V erhaltens” aus Essen. D ieser Vorgang ze ig t die U nberech en b ark eit u n d die W illkür eines U nrech tstaates, der m it einer unübersichtlichen Fülle von teils sich w idersprechenden V erordnungen regierte.

D irektor H artz verlangte vom L eiter des zw ölfkö pfigen A ufgebots der G estapo B ew eise für die allgem eine B egründung dieser A ktion. P. T heodor F ennem ann und P. Johann K luba (1893-1956) - A ugenzeugen der Szene - er­

in n erte n sich, dass d er L eiter d er G ruppe ih n en in sch arfem Ton erw id ert habe:

“Beweise, Beweise genug! Sind Sie froh, wenn Sie dieses Haus lebend verlassen dürfen!”6.

D ie S alesianer erhielten zw ei Stunden Z eit zum V erlassen des Hauses.

D as S alesian e rh au s H e le n en b erg w u rd e ih n e n als W oh no rt zug ew iesen . W ährend dieser G estapo-A ktion w a r auch R echtsanw alt Steinforth zugegen, der n ach eigenen A n g ab en d en P atres die R eisek o sten auszahlte7. P. Jo se f M etzger u nd P. W ilhelm N euhaus konnten als Seelsorger des Pfarr-R ektorates bleib en 8 und kam en im S chw esternhaus u n ter w ie auch P. Johannes Kluba, der in d er S eelsorge für italien isch e F rem d arb eiter ein g esetzt w ar, m usste aber E ssen auch verlassen, als im Som m er 1943 der italienische D iktator Be-

5 Vgl. zum “Klostersturm”: Annette Mertens, Himmlers Klostersturm. Der A ngriff auf katholische Einrichtungen im zweiten Weltkrieg und die Wiedergutmachung nach 1934. Pader­

born u. a. 2006.

6 AHE, Eidesstattliche Erklärung der Patres Fennemann und Kluba vom 8. Juli 1948.

7 Vgl. ebda., Steinforth am 2. M ärz 1948 an den Direktor des St. Johannesstiftes.

8 Vgl. LAD, RW 58-15825 (Kluba, Johannes).

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nito M ussolini gestürzt w urde9. P. Jo se f R udat erhielt eine W ohnung im Seel­

sorgsbezirk D üppenberg.

Das H aus und die V erm ögensw erte der S alesianer w urden v on der G e­

stapo beschlagnahm t.

W ährend a u f die A u sw eisung der Jesuiten A n w o h n er m it U nm ut re a ­ gierten, blieb es um das St. Johannesstift herum ruhig. D ie D echantenkonfe­

ren z u n ter S tadtdechant H erm ann S chulte-P elkum (1876-1945) form ulierte eine S olidaritätsbekundung für die ausgew iesenen O rdensleute, die in den Sonntagsgottesdiensten am 10. A ugust verlesen w erden sollte:

“In der letzten Woche hat die Geheime Staatspolizei die Klöster der Jesuiten und Salesianer in Essen geschlossen und die Patres ausgewiesen. Wir Essener Katho­

liken danken den unberechtigt Vertriebenen von ganzem Herzen für ihre segens­

reiche Seelsorgsarbeit hier in Essen und grüßen sie bei ihrem Auszug in die Ver­

bannung in inniger, treuer Liebe und Anhänglichkeit. Wir bitten um des allmäch­

tigen Gottes Schutz und Segen für die Ausgewiesenen und für uns: Vater unser [ . . . r 10.

Ob diese E rklärung in allen K irch en v erle sen w urde, b leib t unsicher.

D as hektographierte B latt ist ein zufälliger Fund in einem Pfarrarchiv, w eitere B lätter aus anderen A rchiven liegen b isher nicht vor.

Das G ebäude des St. Johannesstiftes w urde bis Juli 1944 zum Teil von der W ehrm acht (Flak) genutzt. N u r die K irche blieb der G em einde erhalten.

D ie V erw altung des V erm ögens der S alesianer w u rd e der K anzlei der R echtsanw älte Schulte u nd Steinforth, Z w eigertstraße 33, übertragen. M it der Enteignungsverfügung vom 5. F ebruar 1942 w urde festgelegt, dass das G e­

b äu d e zu g u n ste n des D e u tsc h e n R eich e s e in g ez o g en ist. D ie V erw altu ng w u rd e n u n dem F in a n zam t E ssen -O st ü b erg eben . D ie R ech tsan w älte fo l­

gerten, dass nun der Staat ein R echt a u f Einziehung einer M iete habe, da die K apelle zum B estand des G ebäudes gehöre. D er zuständige P farrer Johannes B rokam p m achte sich geschickt die B egründung der N ationalsozialisten für die V ertreibung der Salesianer aus B orbeck zu eigen u nd erklärte, dass diese a u f keinen Fall a u f ein K irchengebäude anzuw enden sei, denn an diesem Ort w ü rd en G ottesdienste abgehalten. D ie aber seien n ich t “ staats- u n d v o lk s­

feindlich” einzustufen. P farrer B rokam ps P ro test g eg en die M ietforderung schleppte sich ein Jahr durch die B ehörden. Am 18. Januar 1943 teilte der O berpräsident der R heinprovinz in K oblenz m it, dass der Seelsorgsbezirk St.

9 Die Stellung als Kaplan bewahrte nicht vor dem Kriegsdienst. Im Januar 1942 wurde P.

Neuhaus eingezogen; sein Nachfolger als Kaplan, Heinrich Gremler, musste im Sommer 1942 einrücken. Vgl. BAE, K 94; Bl. 798-813.

10 Pfarrarchiv St. Engelbert, Essen. Chronik 1939-1943.

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Johannes B osco vorerst seine G ottesdienste m ietfrei in der K apelle des ent- eigneten H auses der S alesianer abhalten kön n e 11.

K rieg un d B om bardierungen belasteten un d bestim m ten den A lltag der Seelsorger und der G em einde: G ottesdienste m ussten w egen B om benalarm u nterbrochen w erden, die G edenkgottesdienste für gefallene G em eindem it­

glieder häuften sich. B ei einem G roßangriff a u f E ssen vom 12. M ärz 1943 brannte das Schw esternhaus vollständig aus, das Jugendheim w u rd e v öllig zerstört. D ie Schw estern verließen B orbeck12 oder kam en in ihren Fam ilien unter.

F ür die A m tsführung der beiden S eelsorger rückte die Fam ilie M arrè in ihrem H aus enger zusam m en, überließ ihnen einen R aum und richtete dazu ein kleines Sprechzim m er ein. Bis zum 29. A pril 1946 lebten sie im H aushalt der G eschw ister M arrè13. D ie F lak gestattete ihnen, den ehem aligen Trocken- und M angelraum u nter der K apelle als Schlafraum z u benutzen.

D ie G roßangriffe vom 1. M ai und 25. Juli 1943 richteten Schäden am obe­

ren Teil und an der S traßenfront am linken Flügel des St. Johannesstiftes an.

Am 24. S ep tem b er 1943 ko n n te P farr-R ek to r J o s e f M etzg e r das vo n B om bardierungen gezeichnete Pfarr-R ektorat verlassen. Das E rzbistum K öln b etra u te ih n m it d er E v ak u ie rten -S ee lso rg e in W ürttem b erg . S ein K ap lan J o s e f R o denbeck (1903-1983), d er für P ater H einrich G rem ler gek om m en war, übernahm nun in Vertretung die verantw ortliche Leitung der Rektorats- G em einde14.

E in w eiterer G roßangriff a u f E ssen am 25. O ktober 1944 zerstörte den linken Flügel des G ebäudes vollständig un d hinterließ auch Schäden an an­

deren G ebäudeteilen, die aber n och bew ohnbar blieben. D a die F lak Ende Juli 1944 abgezogen w a r und das H aus nun leer stand, w ies die N S D A P etw a 50 bom bengeschädigte Personen in das G ebäude ein. Im Januar 1945 rückte eine A bteilung der O rganisation Todt in der A bsicht an, die bestehenden G ebäude­

teile so herzurichten, dass P atienten des zerstörten B ethesda-K rankenhauses au fg en o m m en w e rd en kön nten. D och d ieser w o h l aus b lin d em b ü ro k ra ti­

schem A ktionism us geborene Plan gelangte nicht m ehr zur A usführung. Am 11. A pril 1945 besetzten die am erikanischen Truppen die Stadt.

11 Vgl. BAE, K 482, Bl. 131-132.

12 Vgl. Hermine Marrè, Unseres Elternhauses Glück und Ende, ohne Jahr (1946). Ge­

druckt bei Wilhelm Postberg, Bottrop.

Hermine Marrè erinnert, dass ihre Mutter die Schwestern in der Bombennacht aufge­

nommen hat und die Schwestern noch vier Wochen bis zu ihrer Abreise im Hause Marrè ge­

blieben sind (S. 25-26).

13 Vgl. AHE, Chronik 1932-1951, 1946.

14 Vgl. BAE, K 94, Bl. 798-812.

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Z ur G eschichte des E ssener H auses gehört auch das Schicksal des E s­

se n e r D ire k to rs T h e o d o r H artz, d er n a c h d er A u sw e isu n g w e ite rh in der kleinen G em einschaft der aus E ssen vertriebenen Salesianern in H elenenberg vorstand. Schon in diesem an den Tag gelegten Selbstverständnis des D irek­

tors k an n ein P rotest gegen die u n rechtm äß ig en Ü bergriffe a u f das St. Jo ­ hannesstift und die G em einschaft der Salesianer gesehen w erd en 15.

A m 14. A pril 1942 erschien die G estapo Trier im H elenenberger Haus, um P. H artz zu verhaften. D a er sich a u f einem Spaziergang in der U m gebung befand, w urde er für den folgenden Tag in das Landgerichtsgefängnis an der W in d straß e in T rie r b e ste llt. A n lass zu d ie se r V erh aftu n g gab ein R u n d ­ schreiben, das P. H artz einer F rankfurter W ohltäterin des E ssener H auses zu ­ gestellte hatte und das in die P ostkontrolle der G estapo F rankfurt geriet. M it diesem Schreiben klärte P. H artz die W ohltäter ü ber die Schließung des E s­

sener H auses auf, die sich ü ber das A usbleiben des gew ohnten D ankschrei­

bens a u f ihre Spende hin verw undert geäußert hatten. N üch tern u nd sachlich stellte T heodor H artz dar:

“Hierdurch teile ich ihnen mit, daß am 5. August 1941 das St. Johannesstift der Salesianer Essen Borbeck von der Geheimen Staatspolizei geschlossen worden ist. In wenigen Stunden mußten wir das Haus verlassen. Das Bargeld wurde be­

schlagnahmt und das Postscheckkonto Essen 15500 gesperrt. Wenn Sie seit dem obigen Datum Einzahlungen gemacht haben sollten, so ist das der Grund, daß Sie keine Antwort erhalten haben. Ich werde Sie auch in Zukunft bei der Hl. Messe nicht vergessen”16.

A m 5. Juni 1942 ordnete das R eichssicherheitshauptam t in B erlin gegen T heodor H artz die S chutzhaft u nd Ü berführung in das K onzentrationslager D achau m it folgender B egründung an: E r habe

“das Aufenthaltsgebot der dortigen Dienststelle (gemeint ist das Staatspolizeiamt Düsseldorf, Verf.) nicht beachtet und unter Umgehung des Sammlungsgesetzes durch Verbreiten von Rundschreiben staatsabträglichen und volksverdummenden Inhalts an die Gebefreudigkeit seiner Glaubensgenossen appelliert. Ferner ließ Hartz durch sein Verhalten erkennen, daß er nicht gewillt ist, behördliche Anord­

nungen zu befolgen”17.

D iese A nordnung der nationalsozialistischen B ürokratie beschreib t die innere Einstellung des B ekenners T heodor Hartz. Sie legt offen, dass er in der V erw altung seiner Ä m ter als O rdensm ann die unrechtm äßige, selbsternannte staatliche A utorität nicht anerkannt hat.

15 Vgl. J. Wielgoss, Theodor Hartz, (1887-1942). Ein Salesianer..., S. 134-137.

16 LAD, RW 58-40045 (Hartz, Theodor).

17 Ebda.

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M it einem B ah n tran sp o rt u n te r en tw ü rd ig en d en h y g ien isch e n B ed in ­ gungen und m it m angelhaften E ssensrationen erfolgte zw ischen dem 24. und 26. Juni die Ü berführung nach D achau. E ntkräftet durch die H aftbedingungen starb er dort nach w enigen W ochen am 23. A ugust 1942. D er Salesianerpater K arl Schm idt (1904-1968)18, seit 1940 ein K Z-H äftling, konnte ihm die Ster­

besakram ente spenden.

D ie L agerkom m andatur gab m ehr als eine W oche nach dem Tod, am 2.

Septem ber 1942, die schriftliche T odesnachricht an den in seinem H eim atort Lutten lebenden B ruder H einrich Hartz. D ie Leiche sei am 27. A ugust 1942 eingeäschert w orden. Z ugleich sicherte sie die A uslieferung der U rne zu,

“wenn eine Bescheinigung der örtlichen Friedhofsverwaltung beigebracht wird, daß für ordnungsgemäße Beisetzung Sorge getragen ist”19.

D och nun kam es zu einem B eispiel für den M echanism us des Wegschau- ens und der V erdrängung von U nrecht aus dem persönlichen B lickfeld der M en­

schen unter totalitären Systemen. D er P farrer des H eim atortes von P. H artz fand a u f dem F riedhof keinen Platz für die A sche eines H äftlings aus Dachau. Das M otiv für seine A blehnung bleibt im Dunkeln. Befürchtete er eine Bestattung, die durch eine hohe Teilnahme der katholischen oldenburgischen Bevölkerung leicht einen dem onstrativen C harakter annehm en konnte und für ihn unter U m ständen restriktive M aßnahm en des R egim es zur Folge gehabt hätten?

Eine W ohltäterin aus der N achbarschaft des St. Johannesstiftes, die auch B ezieh u n g en zu r F am ilie H artz in L u tten pfleg te, ko nn te v erm itteln d ein ­ treten, so dass die U rne zum W irkungsort vo n P. H artz gelangte20. D och auch in B orbeck lehnten zw ei P riester die B estattung ab: sein M itbruder, der Pfarr- R ektor P. M etzger als zuerst zuständiger G eistlicher u nd ein O rdenspriester des benachbarten E xerzitienhauses. S chließlich übernahm P farrer Johannes B rokam p Ende O ktober 1942 die B eisetzung der U rne, der n u r w enige T rau­

ergäste beiw ohnten. A uch die Totenm esse w urde nich t in der R ektoratskirche - der K apelle des St. Johannesstiftes - gefeiert, sondern in der K losterkirche St. Im m akulata in Essen-Borbeck.

Im m erhin liegen Z eugnisse von ehem aligen Schülern und ju n g en Salesi­

anern vor, die P. T heodor H artz in E ssen beg egn et w aren un d n un als Sol­

18 Johannes Wielgoss, P. Karl Schmidt SDB (1904-1968). Sechs Jahre priesterlicher Existenz in nationalsozialistischer Schutzhaft, in “Archiv für mittelrheinische Kirchenge­

schichte”, 48. Jahrgang 1996, S. 227-238.

19 Mitteilung der Lagerkommandatur vom 2. September 1942. Privatarchiv Johannes Wielgoß.

20 Vgl. Erklärung von Frau Berta Fleskes am 28. Januar 1987 an den Autor.

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daten im K riege standen, die in ihren B riefen an den Provinzial Dr. T heodor S eelb ac h (1 8 8 3 -1 9 5 8 ) n ic h t n u r ih re B e tro ffe n h e it ü b e r d iesen Tod a u s­

d rü ck en , so n d ern au ch k la re W orte g e g e n das U n re c h t d ieses R eg im es gefunden und ihren ohnm ächtigen Protest kundgetan haben 21.

In losem V erbund m it dem E ssener H aus u nd der deutschen P rovinz w ar die in L eusden (N L) 1937 gegründete N ied erlassu n g für Spätberufene g e­

blieben. Am 19. N ovem ber 1942 w urde sie staatspolizeilich geschlossen. Die dort w irkenden deutschen P atres Jo se f H ilpisch (1899-1958) u n d H einrich K rem er w urden ausgew iesen, ü b er die G renze nach O berhausen gebracht und dort freigelassen. P. H einrich K rem er irrte bis zu m Ende des K rieges durch D eutsch land22. P. J o s e f H ilp isch glaubte n ach k urzem A u fen th alt in seiner W esterw äld er H eim at im Jan u a r 1942 in B o rb eck eine n eue seelsorgliche T ätigkeit gefunden zu haben, obw ohl die Salesianer ausgew iesen w aren, denn P farrer S tephan B erg h o ff (1891-1963) nahm ihn in seine P farrei St. M aria R osenkranz auf. D ort befanden sich große Z w angsarbeiterlager der Fa. F rie­

drich K rupp, deren seelsorgliche B etreuung P farrer B ergho ff ein großes A n ­ liegen war. F ür eine kurze Z eit konnte P. H ilpisch seelsorgliche D ienste an etw a 1.500 niederländischen Z w angsarbeitern übernehm en. D och am 21. M ai 1943 w urde er w egen “unerw ünschter” seelsorglicher B etreuung von N ieder­

län d ern staatsp o lizeilich v erw arn t u n d am 13. Juli 1943 aus den g leich en G ründen aus dem R egierungsbezirk D üsseld o rf ausgew iesen23.

K irchenfeindliche staatspolizeiliche A ktionen un d der K rieg hatten um die M itte des Jahres 1943 auch die letzten Spuren salesianischen Lebens n a­

hezu zerstört. A b S eptem ber 1943 konnten n u r n och die P atres R odenbeck und R udat als Seelsorger in G em einden die salesianische Präsenz in B orbeck bis zum Ende des K rieges fortsetzen.

9. Bewältigung von Kriegsfolgen

9.1. E rste M aßnahm en zu r W iederbelebung salesianischen Lebens

W enige W ochen n ach der bed ingung slosen K ap itu lation D eutschlands am 8. M ai 1945 m achte sich P. T heodor F ennem ann vo n W eism ain aus au f

21 Vgl. J. Wielgoss, Theodor Hartz, (1887-1942). Ein Salesianer..., S. 138-140.

22 Id., In Treue zu Don Bosco., S. 29-31.

23 Vgl. LAD, RW 58-9305 (Hilpisch, Josef).

Vgl. Johannes Wielgoss, Zwangsarbeit in der Wahrnehmung von Kirchenvolk, Klerus und Bischöfen, in Baldur Hermans (Hg.), Zwang und Zuwendung. Katholische Kirche und Zwangsarbeit im Ruhrgebiet. Bochum 2003, S. 104-105.

(9)

den Weg nach Essen. O ffensichtlich getrieben von seiner V erantw ortung für dieses H aus gelang ihm die F ahrt a u f eigene Initiative m it einem A uto und einem G eleitbrief der am erikanischen B esatzungsm acht in der Tasche durch alle M ilitärkontrollen. D ie V erbindungen zu r L eitung der P rovinz bestanden schon seit L ängerem n ich t m ehr. N u n versuchte er, sich eine B ild v on der Situation um das E ssener H aus zu verschaffen.

D er K rieg w ar zw ar vorbei, w as für das R uhrgebiet bedeutete, dass die B om bardierungen eingestellt w aren. F ür die B evölkerung blieb der K rieg in seinen angerichteten V erheerungen präsent. M an begegnete ihm in den T rüm ­ m erbergen un d H äuserruinen, im M angel an elem entarer Versorgung, in K ri­

m inalität und persönlicher U nsicherheit. Es gab keine G edanken an Z ukunfts­

perspektiven, es galt, innerhalb einer zerstörten W elt zu überleben.

E n tsp re c h e n d fro stig u n d z y n isc h w u rd e T h e o d o r F en n em an n v o n seinen beiden M itbrüdern Jo se f R odenbeck un d Johannes K luba in den T rüm ­ m ern des St. Johannesstiftes em pfangen24.

M it seinen Eindrücken kehrte er nach W eism ain zurück und konnte diese bald seinem Provinzial m itteilen, den er in Bam berg traf. B eide w aren sich ei­

nig in dem Ziel, m öglichst zügig in Essen salesianisches L eben w iedererstehen zu lassen. P. T heodor F ennem ann w urde zum D irektor des E ssener H auses er­

nannt. Dank seines Organisationstalents initiierte er in W eismain, das vom Krieg kaum heim gesucht war, eine erfolgreiche H ilfsaktion für das Johannesstift. Sie brachte von der heim ischen Fabrik eine erstaunliche M enge Fleischkonserven und dazu viele Z entner W eizenm ehl zusam m en. A u ch einen L astkraftw agen (H olzvergaser) konnte er auftreiben, so dass der Transport am 21. A ugust star­

ten konnte. M it an B ord w aren noch zw anzig evakuierte Personen, die diese G e­

legenheit nutzten, nun w ieder zurück in ihre W ohnorte im W esten D eutschlands zu gelangen. N ach vier Tagen hatte P. Fennem ann die w ertvolle Ladung durch viele K ontrollen der B esatzungsm ächte ohne Verluste nach Essen gebracht.

D ie erste Phase seines D irektorates stand ganz im Z eichen der B ehebung von K riegsschäden, um das G ebäude w ieder für den D ienst an der Jugend in B etrieb nehm en zu können. M it seiner Amtsübernah m e im A ugust 1945 b e­

gann sein zähes R ingen um die R ückerstattung des salesianischen B esitzes in B orbeck. Ü b e r den O b erp räsid en ten der N o rd -R h e in p ro v in z in D ü sse ld o rf erreichte P. Fennem ann, dass der V orsteher des Finanzam tes E ssen-O st als der­

zeitiger V erw alter der G ebäude m it ihm bei der zuständigen B esatzungsbehör-

24 Vgl. Theodor Fennemann, Das St. Johannesstift der Salesianer in Essen-Borbeck (1945-1951), in 50 Jahre Salesianer Don Boscos in Essen-Borbeck, hrsg. vom St. Johannesstift der Salesianer Don Boscos. Essen 1971, S. 8-10.

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de vorstellig w urde, dam it die V erw altung in die H ände der Salesianer ü b er­

ginge25. M ehr w ar zunächst nicht zu erreichen. D as ju ristische Prozedere nahm einen langen Weg, den die englische B esatzungsm acht allgem ein m it der Kon- trollrats-D irektive26 Nr. 50 ab 1947 vorgab. A llerdings bearbeitete der “A llge­

m ein e O rganisationsausschu ss” in C elle zu e rst n u r die R ü ckerstattu n g vo n Verm ögen, das in den B esitz von N S D A P -O rganisationen gelangt war. D a das St. Johannesstift zugunsten des D eutschen R eiches eingezogen war, m usste der A ntrag a u f R ückerstattung des Vermögens bis zum 1. N ovem ber 1947 ü ber das

“Z entralm eldeam t” in B ad N e n n d o rf gestellt w erden. M it dem B eschluss des

“A llgem einen O rganisationsausschusses” vom 14. Juli 1950 un d dem Eintrag vom 14. Septem ber 1950 in das G rundbuch (A m tsgericht Essen-B orbeck) kam das enteignete V erm ögen w ieder in die H ände der Salesianer27.

O ffen w a r n u n no ch eine R egelung zum ebenfalls enteigneten G rund­

stück am W eidkam p, a u f dem das H aus v o n P. H einrich K noop gestand en hatte. D a es die F riedrich K rupp A G zur E rw eiterung ih rer R üstungsbetriebe erw orben hatte, fiel es n ich t u nter die R ückerstattung aus B esitz des D eut­

schen R eiches. Im Januar 1951 verhandelte P. F ennem ann m it den D irektoren des U nternehm ens ü b er eine W iedergutm achung28. A m 1. F ebruar 1951 kam es zu einem Vergleich v o r dem W iedergutm achungsam t bei dem L andgericht Essen, die F riedrich K rupp A G zahlte D M 30.000,- in drei R aten29. Schließ­

lich brachte T heodor F ennem ann n och die E rsatzansprüche für entzogene G e­

genstände nach dem G esetz Nr. 59 der britischen M ilitärregierung vom 12.

M ai 1949 a u f den W eg30. Z w ö lf Jahre n ach seiner erfolgreichen A rbeit zur B ew ältigung von Folgen der nationalsozialistischen H errschaft konnte dieses V erfahren m it einem V ergleich v o r dem L andgericht D ortm und am 19. F e­

bru ar 1963 abgeschlossen w erden, der Staat zahlte v on 1964 bis 1966 in drei R aten D M 50.000,-31.

M it der P rovinzleitung b estan d w o h l die stille Ü b erein ku nft, aus den R uinen die S pätberufenenschule w ied er zu errichten. W egen der G enehm i­

25 Vgl. APM, Akte Essen bis 1969, Schreiben Fennemann am 27. August 1945 an Ober­

präsidenten und Schreiben Oberpräsident an Oberfinanzpräsident vom 30. August 1945.

26 Der Kontrollrat bestand aus den Oberbefehlshabern der vier Siegermächte und trat an die Stelle der nicht mehr vorhandenen Staatsgewalt in Deutschland. Die Beschlüsse mussten einstimmig gefasst werden. Jeder Befehlshaber konnte für seine Zone eigene Entscheidungen treffen.

27 AHE, Akte zur Rückerstattung. Vgl. auch MERTENS, Himmlers Klostersturm..., S.

358-364.

28 Vgl. APM, Akte Essen bis 1969.

29 Vgl. LAD, Ger. Rep. 324/ 1446, Bl. 40.

30 Vgl. A. Mertens, Himmlers Klostersturm..., S. 363-364.

31 Vgl. AHE, Akte zur Rückerstattung.

(11)

gungen und notw endiger Z uw eisungen vo n B aum aterial suchte P. Fennem ann die S tadtverw altung u n d das en glische K o m m issariat a u f u n d erh ielt auch nach w iederholten V ersuchen nur ablehnende A uskünfte.

S ein Im p ro v isatio n sv erm ö g e n u n d sein B lic k fü r die S itu a tio n der Jugendlichen, die er a u f seinen W egen durch die zerstörte S tadt arbeitslos, w ohnungslos, teils getrennt von ihren Fam ilien in den Trüm m ern antraf, inspi­

rierten ihn z u einem erneuten Vorstoß beim kom m issarischen O berbürgerm ei­

ster Dr. Hugo R osendahl (1885-1964) m it der Frage, w elche Projekte für die Jugend die V erw altung fördere. E r erhielt den H inw eis zu r E röffnung eines Lehrlingsheim s. D er Provinzial gab seine Zustim m ung und P. Fennem ann ent­

w ickelte um gehend eine rege Tätigkeit z u r U m setzung dieses Planes32.

Im Spätsom m er 1945 setzte er in einem G espräch den K ölner G eneral­

v ik a r E m m erich D av id (1 8 8 2 -1 9 5 3 ) ü b e r sein aus d er k o n k re te n N o t der Ju gend geborenes Z iel in K enntnis. V orrangig w urde die B eschaffung vo n B aum aterial für erste R eparaturarbeiten, die n u r ü b er beh ördlich e B ezu g s­

sch e in e o d e r h a lb le g a l ü b e r T au sc h g esch ä fte u n d S ch w a rzh an d e l zu bekom m en w aren33. B eim W irtschaftsam t in E ssen bem ühte er sich um die Lieferung von K oks und K ohlen für H eizung un d K üche34. D ie D ringlichkeit für die Z uteilung unterstrich er m it der utopischen B ehauptung, v on der er w ohl selbst nicht überzeugt war, in “einigen W ochen” w ürde das H aus m it 75 B erglehrlingen belegt35.

D er Fortgang der Instandsetzungsarbeiten w a r nich t planbar, w eil es an A rbeitsk räften m angelte un d die B eschaffung v o n B au m aterialien v ielfach vom Z ufall oder vom gesch ickten A g ieren in einer teilw eise dubiosen G e­

schäftspraxis abhing. D iese V ersorgungslage verschärfte sich zum Jahr 1947 hin. D ie B auarbeiten stockten, w eil die U nternehm er für ihre A rb eiter eine M ahlzeit verlangten. P. F ennem ann konnte sie nicht bieten, w eil die in L utten und Scherm beck erbettelten K artoffeln aus dem K eller des H auses gestohlen w urden36. Trotz dieser w idrigen Z eitum stände hatte er im H ungerjahr 1947 sein aus der örtlichen Situation entw ickeltes erstes Ziel erreicht: A nfang F e­

bruar konnte er 18 Jugendliche aufnehm en, die a u f der Z eche Sälzer-A m alie der F riedrich K rupp B ergw erks A G ausgebildet w urden37. Das St. Johannes­

stift beherbergte nun ein Lehrlingsheim .

32 Vgl. T. Fennemann, Das St. Johannesstift der S alesia n er., S. 9.

33 Vgl. ebda.

34 Vgl. AHE, Fennemann am 12. Oktober 1945 an das Wirtschaftsamt Essen.

35 Vgl. AHE, Chronik 1947.

36 Vgl. ebda.

37 Vgl. AHE, "Hausordnung fü r die Berglehrlinge”.

(12)

M it der K rupp B ergw erks A G hatte P. F ennem ann einen Vertrag ausge­

handelt, d er u. a. die p ädagogische u n d p astorale A rb eit der S alesian er in diesem H aus gew ährleisten sollte, die sich aus der salesianischen Tradition ergab und auch die konkreten lokalen V erhältnisse sow ie die Situation der Ju­

gendlichen der N achkriegszeit berücksichtigte. D ies w ird in der H ausordnung erkennbar, die differenziert nach W erk- und Sonn- un d Feiertagen den Tages­

rhythm us fü r die L ehrlin ge v o rg ab 38. Sie legte die Z eiten für die g em ein ­ sam en M ahlzeiten, das M orgen- und A bendgebet, den freien A usgang, den S onntagsgottesdienst un d die N achtruhe fest. In dem Vertrag w ar ferner ver­

einbart, dass die

“Betreuung und Erziehung der Jugendlichen, außer der beruflichen Ausbildung, von den Salesianern übernommen wird. Die Erziehung ist ausgerichtet nach den beigefügten Erziehungsgrundsätzen der Salesianer”39.

D iese aber w aren in einzelnen Punkten m it der Zw eckbestim m ung des H auses und der B enennung eines E rziehungszieles, das sich an der A uflösung von b ish er konfessio n ell h om ogenen R egion en D eutschlands durch Z uzug von F lüchtlingskontingenten ergab, auch der aktuellen Situation der Jugend angepasst:

“Vor allem soll das Haus ein Heim sein für arme und heimatlose Handwerkslehr­

linge, Jungarbeiter und Jungbergleute. Die Jugendlichen dieses Heimes werden zur gottesfürchtigen, christlichen Haltung angehalten. [...] Alle aber haben die Pflicht, Ehrfurcht zu haben vor der religiösen Überzeugung ihrer Kameraden und diese Ehrfurcht bei öffentlichen religiösen Handlungen zum Ausdruck zu bringen”40.

W enige W ochen n ach der E röffnung des L eh rlin g sh eim s n ah m en die Salesianer in einem instandgesetzten Teil des ehem aligen Jugendheim es das A n g e b o t des K n a b en h eim s w ie d e r auf. D e r N e u p rie s te r P. J o s e f F ö rster (1 9 0 3 -1 9 6 8 ), sch o n aus d er V o rk rieg szeit als P ra k tik a n t u n te r P. A lfre d Tebben m it dieser A rbeit vertraut, w urde vom P rovinzial als L eiter eingesetzt und fand in dieser A ufgabe die Erfüllung seiner salesianischen Berufung. Bis

38 Vgl. AHE, Vertrag zwischen der Krupp Bergwerks AG und den Salesianern in Essen­

Borbeck.

39 AHE, Erziehungsgrundsätze der Salesianer, die im Berglehrlingsheim St. Johannesstift der Salesianer in Essen-Borbeck, Hartzstr. 15 Anwendung finden.

40 Ebda. Zu den Lehrlingswohnheimen vgl. Johannes Wielgoss, Die Errichtung von Lehrlingswohnheimen nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine Antwort der Deutschen Provinz auf den Ruf der Stunde, in RSS 51 (2008) 125-140.

(13)

zum Som m er 1964 blieb er ein guter F reund der ju n g en B esucher im K naben­

heim u nd ein bekannter Salesianer ü b er B orbeck h in aus41.

9.2. E in e fr a g m e n t i e r t e S a le s ia n e r g e m e in s c h a ft

N ationalsozialistische H errschaft und K rieg h atten 150 M itbrüdern der P rovinz - Priestern, B rüdern un d K lerikern - das L eben gekostet, überw ie­

g en d als S oldaten im S anitätsd ien st o der in den k äm p fen d en T ruppen g e­

fallen, einzelne in G efängnislagern verstorben oder bei B om benangriffen u m ­ gekom m en, einer im K onzentrationslager verhungert, viele für M onate oder Jahre in die K riegsgefangenschaft geführt, fruchtbar arbeitende pädagogische und pastorale Strukturen zerstört, H äuser in T rüm m er gelegt und schließlich M itbrüdergem einschaften fragm entiert. D iese letztgenannte Tatsache ist den beteiligten M itbrüdern nicht in der Schärfe bew usst gew orden, w ie ein H isto­

riker heute das Problem aus den Q uellen zu erschließen verm ag. Salesianer, die sehr unterschiedliche E rfahrungen und W ahrnehm ungen aus den Jahren des nationalsozialistischen R egim es m itbrachten, sollten nu n w ieder zu einer H ausgem einschaft versam m elt w erden. Z u denen, die im B om benhagel über der Stadt E ssen ausgehalten hatten, stieß ein Direktor, der den K rieg in einer von B om ben w eitgehend verschonten G egend erlebt hatte un d n un dynam i­

schen A ufbauw illen an den Tag legte. Im D ezem ber 1945 kam der ausgew ie­

sene P. H ilpisch zurück nach B orbeck und vergrößerte den K reis der Salesi­

an e r u m d en T isch im H au se d er c h ristlic h e n G e sc h w iste r M arrè. S eit S ep tem b er 1945 b em ü h te sich P. F en n em an n um die R ü c k k e h r d er D on- B osco-S chw estern in das St. Johannesstift. E nde A pril 1946 zogen sie von ihrer N otunterkunft Am E llenbogen in B orbeck in die w ieder hergerichteten K ellerräu m e u n d ü b ern ah m en die H au sw irtschaft. So w a r eine g ün stig ere B edingung für ein G em einschaftsleben m it der V ersorgung im eigenen H aus­

h alt erm öglicht. K riegsheim kehrer m eldeten sich aus den G efangenenlagern zurück: D er P rovinzial ordnete die P riester H einrich G um m ersbach (1907­

1995) und Jo se f Tognino (1913-1992) dem E ssener H aus zu. Verständnisvoll kam en der Provinzial und P. F ennem ann überein, P. G um m ersbach eine Seel­

sorgstelle in einem V elberter N e u b au g eb iet an zu v ertrau en (B irth er H öfe).

41 Vgl. Baldur Hermans, Pater Josef Förster - Jugenderzieher in Borbecks guter Erin­

nerung, in 50 Jahre Salesianer Don Boscos in Essen-Borbeck..., S. 33-34. Artikel zu fol­

genden Gedenktagen von P. Josef Förster von Johannes Wielgoss in “Borbecker Nachrichten”

Nr. 11/9. März 1984 (Zur misslungenen Benennung eines Platzes in Borbeck nach seinem Namen); Nr. 49/9. Dezember 1993 (Zum 25. Jahrestag seines Todes); Nr. 8/20. Februar 2003 (Zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag).

(14)

P. Tognino übernahm die B etreuung der Berglehrlinge. Ihm standen zw ei M it­

b rü d e r zu r Seite, die in M issio n sg e b ie ten g earb eitet h a tte n u n d n ac h dem K rieg von den Siegerm ächten repatriiert w urden. D em ausgew iesenen P. Tietz w urde der W unsch erfüllt, w ieder nach B orbeck zurückzukehren. E r tra f am 1. Juni 1947 im St. Johannesstift ein. Im gleichen M onat w eilte auch der P ro­

vinzial zur V isitation im Haus. M it H erm ann K rahe (1889-1973), dem Pfarrer von St. M ichael in E ssen-D ellw ig, vereinbarte er, dass P. Tietz in einem ehe­

m a lig e n B u n k e r eine G o tte sd ie n stg e m e in d e fü r die M e n sc h en d e r n ahe liegenden A rb eitersied lu n g B rauk b etre u en w ird. Ü b er diese V ereinbarung w ird noch einm al zu sprechen sein42.

Die Ü bernahm e der A ufgaben im Seelsorgsdienst des Erzbistum s K öln kam der p ersö n lich en B efin d lich k eit der b eid en P atres G u m m ersbach un d Tietz sehr entgegen und sicherte m it ihren V ergütungen zugleich einen guten Teil des Lebensunterhaltes für die H ausgem einschaft.

F ür diese G ruppe der M itbrüder, in die je d e r für sich ein seh r u n ter­

schiedliches Schicksal m itbrachte, m it dem je d e r in der N o t der Z eit auch w eitgehend allein blieb, hat T heodor F ennem ann in der C hronik des H auses an e rk en n en d e W orte gefunden . In d er S itu a tio n ein er “ o ft ersch ü ttern d en A rm ut der L ebenshaltung” seien sie fleißig un d regsam bei der Ü bernahm e von E inkehrtagen für Jugendliche und Erw achsene, v on Exerzitien, Predigten zu besonderen A nlässen und V ertretungen in G em einden43.

Ü b e r das G e m e in sc h a ftsle b e n h a t P. F en n e m a n n in d er C h ro n ik die B esinnungstage und die F eiern der Feste im Laufe des K irchenjahres in der gew ohnten salesianischen W eise m it erfreulicher B eteiligung der G em einde festg ehalten. D ie in d iv id u e lle n E rfah ru n g e n m it d er n ah en V ergan gen heit lösten bei den M itbrüdern allerdings W ünsche nach A nerkennung aus, die die harm onische D arstellu ng der C hronik n ich t offen legt. Sie k am en in m an ­ cherlei S pannungen zw isch en den M itb rü d ern zum A usdruck, die aus den R eskripten des Provinzials an P. F ennem ann zu erschließen sind, ü b er den In­

h alt verraten sie nichts, außer dass der P rovinzial ihn im m er w ieder erm utigte und anerkennende W orte für seine Verdienste um die B eseitigung der K riegs­

schäden zusprach44.

42 Vgl. Johannes Wielgoss, Der erste Gottesdienst wurde im Bunker gefeiert, in “Bor­

becker Nachrichten”, Nr. 1, 4. Januar 2001.

43 Vgl. AHE, Chronik 1945-1948.

44 Vgl. AHE, Provinzialat - Korrespondenz 1945-1950. Zum Problem vgl. auch: Jo­

hannes Wielgoss, Aufbruch oder Stillstand? Über verheerende Folgen von NS-Herrschaft und Krieg auf die deutsche Salesianer-Provinz, in “Ordens-Korrespondenz. Zeitschrift für Fragen des Ordenslebens” 2 (2000) 158-168.

(15)

10. Beginn einer neuen Zeit?

M it dieser unbearbeiteten K onfliktträchtigkeit als verheerende Folge der N S -H e rrsc h a ft g in g in d er H a u sg e m e in sc h a ft v e rstä rk t das B e w u sstse in einher, n u n den B eg in n ein er n e u e n Z e it zu erle b e n u n d m itg e s ta lte n zu können. Im U m feld des St. Johannesstiftes w ar w ahrnehm bar, dass nich t alles v e rlo re n g e g a n g e n war. D an k d er In itia tiv e n v o n G e m e in d e m itg lie d e rn konnten die B om benschäden in der K apelle nach jed em A n g riff notdürftig b e­

seitig t w erden. Sie blieb im m er n u tzb ar u n d w a r an den h o h en F eiertagen überfüllt.

Im Interesse des H auses ließ P. F ennem ann die V ersam m lungen der M it­

arbeiter und W ohltäter w ieder aufleben, sie hatten über den K rieg hinaus der sa lesian isc h en Idee die T reue b ew ah rt u n d fo lg ten den E in lad u n g en zum D on-B osco-Fest, zum M aria-H ilf-F est und zur M itternachtsm esse an W eih­

nachten 1946 u n d in den folgenden Jahren “w ie in alten Z eiten”45 überaus zahlreich. V iele v o n ihnen gehö rten auch dem P farr-R ektorat St. Johannes B osco an.

D ie Sorge um ein w ürdiges G otteshaus blieb auch in den ersten N ach ­ k riegsjahren ein gem einsam es A nlieg en der Salesianer m it ih rer G em einde und den W ohltätern. Am 18. M ai 1947 w eihte D echant Johannes B rokam p ein n eu e s G e lä u t m it v ie r G lo ck e n ein, die v o m B o c h u m e r V erein g e g o sse n w aren. W enige Tage vor W eihnachten w eihte Stadtdechant F riedrich U erlichs (1874-1952) die von der F irm a E uler in H ofgeism ar gebaute Orgel, die der O rganist in St. D ionysius, Fritz P othm ann (1884-1944), der G em einde v o r­

führte46. Im Som m er 1948 gestaltete der K unst- u nd K irchenm aler T heodor Sternberg aus D uisburg in der K apelle die W andflächen der A psis und über den beiden Seitenaltären aus. P. F ennem ann h ielt den Tag des A rbeitsbeginns der A usm alung als “für u n ser H aus, vor allem für die K irche von der größten B edeutung” fest47. Ein erhöhter C hristus, nach dem Schem a des alttestam ent- lic h e n H o h e n p riesters b e k le id e t an einem n u r an g e d eu teten K reuz, seine A rm e, im rechten W inkel vom K örper m ehr ausgestreckt als am Q uerbalken an geheftet, b ild et die A ch se ein er sy m m etrisch en D arstellun g. U n te r dem Q uerbalken, den ausgestreckten A rm en, stehen in liturgischen G ew ändern Jo ­ hannes B osco und F ranz von Sales. Z u beid en Seiten dieser D arstellung sind in rechteckigen B löcken Verse aus dem Te D eum in lateinischer Sprache zu

45 AHE, Chronik 1946.

46 Vgl. AHE, Chronik 1947.

47 Vgl. ebda, Chronik 1948.

(16)

lesen, die ausdeutend zu verstehen sind48. A u f den F lächen ü b er den Seitenal­

tären brachte der M aler links M aria m it dem Jesuskind un d rechts Jo se f m it dem heranw achsenden Jesus an. P. F ennem ann konnte sich m it diesem E nt­

w u rf nicht anfreunden, beugte sich aber der M ehrheit der Salesianer im Haus und dem R at w eiterer M itbrüder aus der Provinz49.

In der N eugestaltung der A psis hatte sich der G eist des A ugenblicks m a­

nifestiert: Sie steht für ein D enken, das der V orkriegstradition verhaftet an die christozentrische liturgische B ew egung anzuknüpfen versuchte, w obei sich in der äußeren Form allerdings ein innerer W iderspruch auftat, w eil die lateini­

sche Sprache gew ählt w urde. P. F ennem ann hat den leider unbekannten alter­

n ativ en E n tw u rf des M alers W ilhelm H o ltrich ter aus B ottrop als “realisti- scher”50 bezeichnet und dam it den ausgeführten Vorschlag m it feinem G espür für die gegenw ärtigen Z eitverhältnisse abgelehnt. U n ter diesem A sp ek t ge­

w in n t T heo d o r F ennem anns anfängliche E insch ätzun g zu r A u sm alu ng der K irche tatsäch lich eine “große B ed eutung” . N a ch zehn Jahren versch w and die A usm alung aus der K irche, diese E ntscheidung hat in den Q uellen keine Spuren hinterlassen.

Was a u f die W ände g em alt w ar, k o n n te le ic h t g e lö sc h t w erden . D ie S p ann ungen um das P roblem , a u f den R u f d er Stunde ein zu g eh en u n d in diesen chaotischen N achkriegsverhältnissen m it der traditionellen salesiani- schen Identität in Einklang zu bringen, hat nachhaltige Spuren in den B iogra­

fien einzelner M itbrüder un d in der G eschichte des E ssener H auses h in ter­

lassen.

M it der W ährungsreform vom 30. Juni 1948 stellte sich endlich auch ein zügiger F ortgang der Instandsetzungsarbeiten am G ebäude ein, so dass der Z ustand des H auses bald vorzeigbar w urde. N eben den ohne M ietvertrag seit dem K rieg im H aus ein q u artie rten fü nfzig b o m b en g esc h äd ig ten P erso nen konnte die Zahl der anfänglich achtzehn Lehrlinge bis zum Som m er 1948 au f ach tzig erh ö h t w erden. Im L eh rlin g sh e im leb te eine ty p isch e G e n eratio n k rieg sg esch äd ig ter und gefäh rd eter Jugendlicher, deren L eb en sgesch ich ten geprägt w aren von Fam ilien, die zerstört w aren durch K riegstote, Vermisste, kriegsgefangene V äter oder traum atisierte H eim kehrer aus K rieg u nd G efan­

genenlagern, verschieden nach K onfession u nd landsm annschaftlicher H er­

48 TU REX GLORIAE CHRISTE TU PATRIS SEMPITERNUS ES FILIUS. TE ERGO QUAESUMUS TUIS FAMULIS SUBVENI QUOS PRETIOSO SANGUINE REDEMISTI.

(Du König der Herrlichkeit, Christus. Du bist des Vaters allewiger Sohn. Dich bitten wir denn, komm deinen Dienern zu Hilfe, die du erlöst mit kostbarem Blut).

49 Vgl. AHE, Chronik 1948.

50 Ebda.

(17)

kunft, m it unaufgearbeiteten E rlebnissen von F lucht u nd Vertreibung, in ei­

nigen Fällen auch m it E rfahrungen aus der krim inellen Szene.

Am Tage der offiziellen Einw eihung, am 14. N ovem ber 1948, w a r das L ehrlin g sh eim fast zw ei Jahre in B etrieb. D ie k irch lich e W eihe n ah m der K ölner D iözesancaritasdirektor K arl B oskam p (1907-1983) vor. E rschienen w aren auch der Stadtjugendseelsorger P eter Zorn (1905-1964) und der B ürger­

m eister Jo se f A ust (1899-1973) m it einigen K om m unalbeam ten. A u ch viele M itarbeiter und W ohltäter w aren der E inladung gefolgt. Sie erlebten einen N achm ittag m it Spielen der Jugendlichen a u f dem Platz und im Haus un d eine Feierstunde m it kurzen Theaterstücken, die P. Fennem ann in der A usw ahl wie in der D arbietung als w eniger gelungen bezeichnete51. D ieser Tag der Einw ei­

hung präsentierte den Vertretern der Stadt Essen u nd der O rtskirche erstm als einen Einblick in die bisher geleistete pädagogische A rbeit u nd w arb bei den M itarbeitern und W ohltätern um Vertrauen und Unterstützung.

T heodor Fennem ann w ar die beachtliche Leistung gelungen, u n ter w i­

drigen Z eitverhältnissen eine w ohnliche Stätte für die arbeitende Jugend g e­

schaffen zu haben, deren A tm osphäre v o r allem die vertriebenen un d geflüch­

teten Jugendlichen nicht m ehr an die N otunterkünfte in den L agern erinnerte.

D azu h atte er a u f v ielen W egen ein N e tz v o n B eziehu ng en geknüpft; zum englischen E rziehungsoffizier, zum W irtschaftsam t der Stadt, zu B ehörden der L andesregierung, zu r F riedrich K rupp B ergw erksgesellschaft, die nicht uneigennützig große H ilfen zum W iederaufbau des St. Johannesstiftes gelei­

stet hat. U nd er fand einen starken R ückhalt in der katholischen H eim stattbe­

w egung, deren M itbegründer er für den B ereich der L ehrlingsheim e w urde52.

Am 5. M ärz 1950 w urde in R om ein Schüler Johannes B oscos, der Ju ­ gendliche D om inikus Savio (1842-1857) seliggesprochen. D ieses in der sale- sian isch en K o n g reg atio n freud ig au fgenom m en e E reig nis n ahm P. F en n e­

m ann zum A nlass, den neuen jug en d lich en Seligen als Vorbild für das L eben der Jugendlichen in der H eim statt-B ew egung vorzustellen. D iesem A nliegen so llte ein T re ffe n v o n ju g e n d lic h e n B ew o h n e rn d e r H e im sta tt-H ä u se r in N ordrhein-W estfalen dienen. Am 11. Juni 1950 richtete das L ehrlingsheim der S alesianer in E ssen-B orbeck eine erste überörtliche Z usam m enkunft m it

51 Vgl. ebda.

52 Vgl. die Teilnehmerliste der 1. Konferenz “Heimstatt” an ihrem Gründungstag, dem 13. November 1947 in Köln, in Anfänge der Heimstatt im Rheinischen Raum. Eine Dokumen­

tation. Herausgegeben von Karl Hugo Breuer. Köln 1968. Die Heimstatt-Bewegung ging auf eine Initiative der katholischen Jugend und des Caritasverbandes im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet und des Aufbauwerkes junger Christen in Bayern unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zurück.

(18)

F e s tc h a ra k te r fü r etw a d re ih u n d e rt T eiln eh m er aus. D e r Tag b e g a n n m it einem P ontifikalam t des K ölner W eihbischofs Jo seph F erche (1888-1965).

N ach dem gem einsam en M ittagessen schlossen sich Fußballspiele der L ehr­

lin g e an. Z um F estak t sp ra ch en d er E sse n e r O b e rb ü rg erm e iste r Dr. H ans Toussaint (1902-1977) und der K ölner D iözesanjugendseelsorger u nd D om ­ vikar F riedrich E ink (1906-1994), der auch L eiter der H eim statt-B ew egung w ar53. D ie L ehrlinge führten ein “W eihespiel” ü b er den seligen D om inikus Savio vo n E rnest Sconti auf. “D er Tag w ar begeisternd und groß”, kom m en­

tierte P. F ennem ann abschließend in der C hronik54.

D er Tag h at in der Ö ffentlichkeit dokum entiert, dass in E ssen-B orbeck eine ansehnliche Initiative der Salesianer entstanden war, die a u f die soziale Jugendnot ausgerichtet w ar und die H erausforderungen der Z eit angenom m en hatte. D ie V erehrung des neu en Seligen im B ereich der E ssener N ied erlas­

sung h at sie kaum gefördert.

Im B lick a u f Spannungen innerhalb der K ongregation, die für die deut­

sche N a c h k rie g sz e it ty p isc h w aren, m uss h era u sg e ste llt w e rd en , dass die Q uellen P. F ennem ann als einen eifrigen V erfechter für eine religiöse E rzie­

hung in den L ehrlingsheim en ausw eisen. Im Vertrag m it der F riedrich Krupp B ergw erks A G und in der H ausordnung sicherte er sie strukturell ab55. Die n o rd rhein-w estfälischen B ischöfe, C aritas-D irektoren u n d V orsitzenden der S tadtsynoden der evangelischen K irche w ies er a u f die N o tw en d ig k eit der re lig iö se n B etreu u n g d er Ju g e n d lic h e n in d en L eh rlin g sh e im en als einen w ichtigen D ienst der K irchen an der Jugend hin 56. Staatlichen B ehörden ge­

genüber verteidigte er die F orderung der Eltern, die in den L ehrlingsheim en eine religiöse B etreuung ihrer Söhne gew ährleistet sehen w ollten57.

A uch v o r O rt verstand P. F ennem ann a u f die Situation der Jugendlichen einzugehen und ein H aus zu schaffen, in dem die arbeitende N achkriegsju­

gend sich nach den salesian ischen P rinzipien angenom m en w usste. Im m er sta n d ein S a le sia n e r fü r die A n lie g e n d e r H e im b ew o h n er b ereit. F ü r die H eim statt-B ew egung verfasste er im Jahre 1951 einen kurzen E rfahrungsbe­

53 Vgl. AHE, Chronik 1950.

Ein Teil der Ansprache von Eink ist abgedruckt in Jugendnot findet Hilfe. Heimstatt 1945-1952. Reden und Aufsätze von Fr. Eink. Herausgegeben von Paul F illbrandt und Karl Hugo Breuer. Köln o. J., S. 41-42. Der Abdruck geht nicht auf den Anlass des Tages ein und nennt den Monat März statt richtig Juni 1950.

54 Vgl. AHE, Chronik 1950.

55 Vgl. oben Anmerkung 157, Erziehungsgrundsätze der Salesianer....

56 Vgl. APM, Essen bis 1969; Schreiben vom 12. Juli 1947.

57 Vgl. AHE, Schreiben Landesarbeitsamt (Dr. Herwegen) an St. Johannesstift vom 21.

Januar 1948.

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ric h t zu se in e r T ätig k eit. D o rt stellte er m it d er E in ric h tu n g e in e r g u ten B ibliothek und der P flege des T heaterspiels, des Singens u n d M usizierens überkom m ene M uster der P ädagogik Johannes B oscos heraus. D ies fordere die Jugendlichen heraus, selbst “W erte zu schaffen un d zu setzen”58.

Im g leich en B erich t äu ßert sich P. F en n em an n zu r E in rich tu n g eines W ohnheim es: E r sch lo ss ac h t P e rso n e n zu e in e r W o h n g e m e in sch aft z u ­ sam m en, die zw ei Schlafzim m er und ein W ohnzim m er belegten. D er Speise­

raum w a r allen gem einsam . A ußerdem gab es ein größeres Spielzim m er für Tischtennis und B illard, einen U nterhaltungsraum m it R adio und einen R aum der Stille. D iese H inw eise sind nicht n u r als praktische R atschläge eines er­

fahrenen E rziehers zu lesen, sie spiegeln v ielm eh r die D y nam ik salesiani- scher Erziehung w ie der Intuition des salesianischen Erziehers wider, die aus der Z eitsituation entstanden waren.

D as H aus m usste frei sein von M ängeln, die die Jugendlichen im K rieg und in der N achkriegszeit erlebt hatten, besonders - w ie zuv or schon ange­

deutet - von einer W ohnsituation, die an N otunterkünfte u nd L ager erinnerte.

So m usste die gem einsam e U nterbringung in Schlafsälen aufgegeben w erden, geschü tzte R äum e u n d M ö glichkeiten in d iv id u eller E n tfaltun g u n d B etäti­

gung m ussten gew ährleistet sein. So kam es in E ssen zum B eispiel dazu, dass sich die L ehrlinge schon A nfang der Fünfzigerjahre in einer G ruppe des K a­

th o lisc h en P fad fin d e rv erb an d es (D P S G ) en g a g ie ren k o n n ten , die tra d itio ­ nellen B ündnisse in den salesianischen H äusern hatten u n ter diesen Jugendli­

chen keine C hance mehr.

M it d iesen V erän d eru n g en , u m die u n te r d en M itb rü d e rn g e stritte n w urde, k ü n d ig te sich auch ein A b sch ie d v o n d er sch a b lo n e n h aften Ü b e r­

nahm e sekundärer R egeln aus der E rziehungspraxis D on B oscos u nd der sale- sianischen Tradition an, eine bisher w enig beachtete Tatsache in der D ynam ik der deutschen Salesianergeschichte.

M it Verständnis und W ohlw ollen hatte Provinzial T heodor Seelbach die Entw icklungen im E ssener H aus unter dem D irektor T heodor F ennem ann b e­

gleitet. Vom 4. bis 8. A pril 1949 w eilte im R ahm en einer außerordentlichen V isitation der deutschen P rovinz P. A lbino F edrigotti (1902-1986), M itglied des O bernkapitels59 in B egleitung des deutschen Provinzials im H aus. Sein V isitationsbericht60 stellte fest, dass in D eutschland die Treue zu den salesia-

58 Theodor Fennemann, Erfahrungsbericht aus einem Bergwerkslehrlingsheim, in An­

fänge der Heimstatt..., S. 47-49.

59 Heute: Generalrat.

60 Vgl. APM Visita Canonica straordinaria alle case della Germania, 1949, im Nachlass Seelbach. (Der Nachlass ist ungeordnet).

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nischen P rinzipien in G efahr sei. D iese B eobachtung w ollte er in der in den W ohnheim en geübten pädagogischen Praxis u nd in der m angelhaften A usbil­

dung der M itbrüder in salesianischer Spiritualität u nd P ädagogik gew onnen haben61. Im A nsatz ging er auch a u f das Problem der fragm entierten G em ein­

schaft ein, indem er die starken Spannungen zw ischen den M itbrüdern der er­

sten deutschen S alesianergeneration, die ab 1916 das W erk D on B oscos in D eutschland aufgebaut hatte, und der jü n g eren G eneration benannte, die zum Teil m it ihren K riegserfahrungen heim gekehrt w ar und nun in den H äusern oder noch außerhalb der G em einschaften arbeitete62. D ie kom plexen H inter­

g rü n d e d ie se r A u se in a n d e rse tz u n g e n b lie b e n dem V isita to r w o h l v e r­

schlossen, er konnte w egen seines zentralistischen D enkansatzes den Weg der jü n g ere n Salesianergeneration nicht begreifen, dass näm lich die Treue zu D on B osco nicht m it seiner form alen K opie gesichert ist, sondern n u r in einer a u f die Z eitum stände und Jugendsituation eingehenden reflektierten Ü bernahm e der Ziele D on B oscos gelingen kann.

Das O berkapitel in Turin reagierte a u f diesen B ericht m it einer rigorosen Personalentscheidung: U m eine Ä nderung des K urses in D eutschland zu er­

reichen, w urde P. Dr. T heodor Seelbach als Provinzial (1941-1949) abgesetzt, w eil er - w ie M itb rü d er aus D eu tsch lan d k o lp o rtiert h a tte n - d en “N e u e ­ rungen” z u verständnisvoll gegenüberstehe63.

Als sein N achfolger w urde P. Johannes G reiner (1905-1970) eingesetzt, dem die E ntw icklung der D eutschen Provinz frem d war, w eil er 1923 nach seiner E rsten Profess nach B rasilien gegangen war, die theologischen Studien in Turin absolviert und nach seiner P riesterw eihe 1930 bis zu dieser B erufung nach D eutschland in B rasilien gearbeitet hatte. D as noch stark italienisch b e­

setzte O berkapitel hinterlässt m it dieser B esetzung den Eindruck, dass diese E ntscheidung m it einer gew issen Siegerm entalität für das vom N ationalsozia­

lism us befreite D eutschland getroffen w urde. A n der Spitze der Provinz stand seit O ktober 1949 eine Person, die für die inneren Problem e einer salesiani­

sch e n fra g m e n tie rte n G e m e in sc h a ft k e in e h in re ic h e n d e S e n sib ilitä t e n t­

w ickeln konnte, w as auch im E ssener H aus nicht ohne Folgen blieb.

Z u einer ersten V erärgerung kam es b ei P. F ennem ann bereits im F rüh­

ja h r 1950 w egen einer allzu forschen V orgehensw eise des Provinzials in einer Personalentscheidung: P. A nton Tietz sollte m it einem w eiteren P riester eine

61 Vgl. ebda, S. 2.

62 Vgl. J. Wielgoss, Aufbruch oder Stillstand., S. 160-161.

63 Zu diesem Vorgang bisher nur: Johannes WIELGOSS, Eine Absetzung zum Wohle der Provinz? Warum Dr. Seelbach 1949 als Provinzial aus einem Amt schied, in “Miteinander”

4/99, S. 4-5. (= Mitteilungsblatt der Norddeutschen Provinz der Salesianer Don Boscos Köln).

(21)

Pfarrstelle in H annover übernehm en, diesen B eschluss solle P. Fennem ann dem zu ständigen P farrer in St. M ichael m itteilen . W ie zu v o r b eschrieben, h atte P. T ietz im B rau k in einem eh em alig en B u n k er eine K ap elle ein g e­

richtet, um die sich seit 1946 eine G em einde gebildet hatte. Sie w ar m it dem N am en der Salesianer verbunden. D a diese E ntw icklung a u f einer V ereinba­

rung zw ischen dem ehem aligen Provinzial Seelbach u nd P farrer K rahe b e­

ruhe, argum entierte P. Fennem ann, könne die A ngelegenheit auch nu r offiziell durch den Provinzial m it dem P farrer und dem K ölner G eneralvikariat gere­

gelt w erden, das inzw ischen auch den D ienst des Priesters so vergüte, dass das E ssener H aus in einer m erklich verbesserten Situation stehe. G egen einen vom P rovinzial v o rgesehenen N a ch fo lg er für P. T ietz erhob P. Fennem ann B edenken. E r w ar gerade von B ochum nach E ssen übergesiedelt, w eil dort die Leitung eines Lehrlingsheim es durch S alesianer u nd auch der pädagogi­

sche E in satz dieses M itbrud ers g esc h eitert w a ren 64. P. F en n em an n w a r in Sorge, dass durch die m angelnde U m sichtigkeit des Provinzials das A nsehen der S alesianer im katholischen B orbeck un d im K ölner O rdinariat Schaden nehm en könnte65.

P. F ennem anns P ro test h atte E rfolg. P. T ietz w u rd e zw ar im Som m er 1950 v ersetzt, seine A u fg ab e im B rau k ü b ern ah m P. H ugo O phey (1 9 0 7 ­ 1979), der bis zum M ärz 1955 den priesterlichen D ienst in dieser Seelsorg­

stelle versah, die am 14. Juni 1954 als R ektorat errichtet w urde66.

Im Som m er 1950 begann für T heodor Fennem ann das letzte Jahr seiner A m tszeit als D irektor des St. Jo h annesstiftes. Sein salesianisches H aup tan­

liegen in Essen, das Lehrlingsheim , sah er in seiner G esam tentw icklung a u f einem guten Weg. M it neunzig Jungen w a r die K apazität voll ausgeschöpft, denn fü r die b o m b en g esc h äd ig ten M itb ew o h n er w a r auch n ac h ü b er fü n f Jahren noch kein W ohnraum gefunden.

Im M ärz 1948 hatte er einen ehem aligen Schüler aus der Vorkriegszeit d er S p ä tb e ru fe n e n sc h u le an das H aus b in d e n k ö n n en , d en M a u re rp o lie r G eorg H e id u tz e k (1919-1981 )67, d er ihm ein v e rlä sslic h e r M ita rb e ite r gew orden war. M it diesem w a r im N o v em b er 1949 der W ied erau fbau des Theatersaals gelungen. N och viele andere K riegsschäden am H aus m ussten beseitigt w erden.

64 Zu Bochum vgl. Johannes Wielgoss, 60 Jahre im Dienst der Jugend. Die Salesianer Don Boscos im Ruhrgebiet, in Steh auf und geh... , S. 79-99.

65 Vgl. APM, Akte Essen bis 1969, Fennemann an Provinzial Greiner, 19. April 1950.

66 Vgl. J. Wielgoss, Der erste Gottesdienst wurde im Bunker gefeiert... Mit Opheys Ein­

tritt in den Dienst des Erzbistums Köln und seinem Fortgang aus Essen gaben die Salesianer diese Seelsorgstelle auf.

67 Vgl. Johannes Wielgoss, Erst Schüler, dann Leiter des Wiederaufbaus, in “Borbecker Nachrichten”, Nr. 46, 16. November 2006.

(22)

D as g en u in salesian isch e A n lieg en T h eo d o r F enn em ann s, den b e ru f­

stä tig e n Ju g e n d lic h e n d en V ollzug des G lau b e n s in d en S a k ra m e n ten zu verm itteln, scheint in seinem hartnäckigen B em ühen auf, im L ehrlingsheim w erktags eine E ucharistiefeier anzubieten. P. F ennem ann bat das G eneralvi­

kariat K öln um die Erlaubnis für zw ei Abende:

“Wir Salesianer selbst legen auf Messe und Sakramentempfang, als die wichtig­

sten religiösen Erziehungsfaktoren, den größten Wert”68.

D er G eneralvikar lehnte m it der B egründung ab, der V atikan habe dem E rzbistum noch keine V ollm acht erteilt, m an m üsse abw arten. Im M ai 1951 m achte P. F ennem ann erneut einen Vorstoß in diesem A nliegen un d erhielt an 30. M ai 1951 die Erlaubnis für eine w öchentliche E ucharistiefeier am Abend, die im H aus a u f den D onnerstag festgelegt w u rde69.

A m 1. M ärz 1951 kehrte der Provinzial m it der überraschenden w ie h er­

au sfo rd ern d e n N a c h ric h t in E ssen ein, dass d er P ro v in zialra t b esc h lo sse n habe, zum folgenden 1. Septem ber neben dem L ehrlingsheim auch die Spät- b erufenenschule w ied e r in E ssen zu eröffnen. Seit 1948 w u rd en m ögliche A spiranten für den O rdensnachw uchs aus dem norddeutschen R aum in M ari­

enhausen unterrichtet. D a die A nfragen zunahm en, sollte an das traditionelle Spätberufenenw erk aus der V orkriegszeit in E ssen angeknüpft w erden.

Z u erst m u sste n die rä u m lic h e n V o rau ssetzu n g en g esc h affe n w erden.

Loyal und tatkräftig nahm P. Fennem ann diese neue H erausforderung an. Da die W iederaufnah m e des S pätberufenenw erk es in E ssen im E igeninteresse der P rovinz lag, m usste ein N eubau für die L ehrlinge auch aus E igenm itteln finanziert w erden, die von der P rovinz u nd durch Spendenaufrufe aufgebracht w urden.

Die B auarbeiten begannen Ende M ärz 1951 und konnten u nter der L ei­

tu ng v o n G eorg H eidutzek zügig voran g eb rach t w erden. Im A u g u st g eriet w egen akuter Finanzierungsproblem e der Innenausbau ins Stocken. Schließ­

lich h a lf ein K redit der Sparkasse E ssen weiter. So konnten die neunzig L ehr­

linge m it einem M onat Verzögerung am 29. S eptem ber in ih r no ch nicht end­

gültig fertiggestelltes H aus um ziehen. M it dem E inzug v on 48 Schülern in die b ish er v o n L ehrlingen bew o h n ten R äum e b eg an n am 1. O k to ber 1951 ein n euer A bschnitt in der G eschichte der E ssener Spätberufenenschule70.

B ereits im A u g u st 1951 w a r die sech sjäh rige A m tszeit des D irektors

68 BAE, K 482, Bl. 175: Brief vom 28. September 1950.

69 Vgl. ebda., Bl. 177 u. 181.

70 Vgl. AHE, Chronik 1951.

(23)

Theodor Fennem ann beendet. D iese Jahre eines N euanfangs in E ssen hatten ihn an die G renzen seiner physischen K räfte gebracht. Die Endphase seines D irektorats w a r w iederum überlagert von einer dieser typischen Spannungen in der fragm entierten G em einsch aft der N achk riegsjah re. A us einem B rie f vom 2. A ugust 1951 an den P rovinzial71 lässt sich die P roblem atik deutlich ablesen, die ihn existentiell stark berührte und ihn z u der Entscheidung führte, die K o n g re g atio n z u v erla ssen 72. V o rau sgeg ang en w a ren im F rü h jah r G e­

spräche über seine Zukunftsperspektiven. A ls K ind des R uhrgebiets und Sale­

sianer, dem die ju n g en M enschen des B ergbaus ans H erz gew achsen w aren u n d der sich in die zeitg em äß en A nlieg en der H eim statt-B ew egu ng ein ge­

bracht hatte, w ollte er a u f diesem F eld w eiterarbeiten. K on k rete Vorstellungen w aren in der Form entw ickelt w orden, dass er seinen schon w ahrgenom m enen A uftrag als D iözesanbeauftragter für die bergm ännische Jugend ausbaute und in der relig iö sen U nterw eisung d er Jugendlichen an der B erufsschule tätig w urde. Z ur B estattung eines M itbruders h ielt sich der Provinzial am 30. Juli w iederum in B orbeck a u f und führte m it P. Fennem ann ein G espräch, in dem er die früheren Z usagen revidierte u nd dem scheidenden D irektor eine A u f­

gabe im L ehrlingsheim V elbert anbot, das sich gerade im B au befand. M it diesem A ngebot beugte sich der Provinzial einer 1947 vom G eneralobern für die deutsch e P ro v in z h erau sg eg e b en en R ich tlin ie, die sein V orgänger m it N achsicht u nd K lugheit angew andt hatte: A lle durch K riegseinw irkungen oder kirchenfeindliche A ktionen des nationalsozialistischen R egim es a u f einzelne S eelsorgstellen verstreuten Salesianer sollten rigoros in das G em einschafts­

leben zurückgeholt u nd die Ü bernahm e von A ufgaben außerhalb von G em ein­

schaften nicht m ehr geduldet w erden. D iese in seinem Fall strikte U m setzung riss bei ihm alte W unden auf, w ie aus dem oben erw ähnten B rie f hervorgeht:

U nter der D iktatur des N ationalsozialism us habe er erlebt, dass der Einzelne sich entscheiden m üsse, die G em einschaft habe Einzelne allein gelassen oder sie seien sogar O pfer von D enunzianten aus den eigenen R eihen gew orden.

Seinen B rie f schloss er m it folgender K onsequenz ab:

71 Vgl. APM, Essen bis 1969, Brief vom 2. August 1951.

72 Theodor Fennemann, Sohn einer Handwerkerfamilie, aufgewachsen in Essen und Gel­

senkirchen, Volksschule, Ausbildung als Kaufmann; Spätberufener in Unterwaltersdorf, Theo­

logie in Benediktbeuern und Bamberg; Priesterweihe 1934; Präfekt in Bamberg 1934-1937;

Gestapo-Haft in Nürnberg vom 19. Juni bis 30. Juli 1937, anschließend als Präfekt nach Essen versetzt und dort 1941 mit Aufenthaltsverbot belegt; 1941-1945 Kaplan in Weismain; 8. März 1952 Inkardination ins Erzbistum Bamberg; nach kurzfristigem Einsatz auf der Jugendburg Feuerstein und Kaplan in Staffelstein von 1953-1962 Pfarrer in Wattendorf; 1962-1970 Pfarrer in Wallenfels; 1970 in den Ruhestand. Archiv des Erzbistums Bamberg, Rep. 3, Nr. 3103/ 1082 und freundl. Auskunft des Archivs vom 1.8.2011 an Verfasser.

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