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Zweiter Teil: Ergebnisse

6. Ergebnisse

6.3. Die große Wundarznei

6.3.3. Didaktisierung

Legitimation. Die Rechenschaft wird im Extremfall zur wissenschaftlichen Autobiographie. […] In der Großen Wundarzney von 1536 gibt es Passagen, in denen er glaubwürdig macht, daß er dies Werk auf Kopf, Auge und Ohr gegründet habe. Es ist nicht mehr nur, als der umstrittene einsame prophet, die Identifikationsfigur, sondern auch die Induktionsfigur des Lesers. […] Das Ich, sein Erfahren und Prüfen, wird zur Sonde der Wahrheit. (ebd.: 52- 53)

Die Daten aus der Themenentfahltungsanalyse unterstützen diese Interpretation, denn das Vorkommen von Narrationen scheint, funktionell bedingt zu sein, und dabei Pracelsus Einstellungen zur erfahrungsbasierten Medizin zu unterstützen.

wölchs alein ein ursauch himlischs laufs ist zu gleicher weis wie etwan ein holz abgehauen wird in böser constellation, nimer wider wachsen will, auch in solcher ursach ein zweig der gepflanzt ist. also wiewol selten, iedoch aber geschiht auch den wunden solcher eintrag, sarumb du dich der erkantnis himlischs laufs nit eußeren solt, sonder zu lernen empfig sein, auf das du nicht do standest als ein schuchmacher, der den ganzen schuch machen kann bis ans umbkeren. (ebd.: 42-43)

also wiß auch von dem menschen.ein holz ist besser zu schmizlen dan das ander, eins eftiger dan das ander, eins herter dan das ander, eins widerspennig und widerhelzig wie man es angreift, jedoch wirts alles gehobelt. also auch mit den steinen mancherlei art. wie also in solchen dingen vil underscheit sind, also wissent auch vom menschen; dan wir komen all aus der erden und wachsen aus ir und in ir ist grobs, rauchs, ungeschlachts, geschlachts und milts auch, und wie also in der erden ist, also gat es auch aus ir. darumb wo solche natur und eigenschaft erfunden wurden, ungeschlachter oder milder zu sein, sol der arzet solcher natur nachgeben und bestrachten, das ein linden holz ehe gehoblet wird, dan ein krustbelte

tannen. weiter begibt sich auch das etwan die kranken solcher subtilerart sind, das sonderlichen bei inen etwan tötlich wunden werden, die eim anderen gar nit dahin reichen mügent. dan die natur im menschen ist so wunderbarlich underscheiden in dem leib, das wol und große betrachtung ist, wo solche sondere leib sind auch sonderlich gehandelet sol werden. es ist ein große ursach, darumb ich der vermeinten arzeten arznei verwürf, das ir arznei etwan auf ein leib dienet und darnach in zehenen nimer helfen wille. aus der ursach weis ich euch auf die recept des anderen tractats; wan ir dieselbigen gebrauchen, so habt ir ein hobel der alle hölzer hoblet; und ob gleich wol mit einem schneller dan mit dem andern, so wirts doch am lezten auch gehoblet. und wiewol sie oft widerhölzig sind, so ist doch nicht not die arznei zu verendern, sonder der zeit zu erwarten. (ebd.:58)

Die Metapher kommt also zu unterschiedlichen Zwecken vor, nicht nur um medizinische Prozesse und die Untreschiede in der Natur der Menschen zu erläutern, wie im zweiten und letzten Beispiel, sondern auch argumenativ, um die Existenz des Balsams der Natur

(erstes Beispiel) und die Wichtigkeit der Astrologie (drittes Beispiel) zu beweisen.

Interessanterweise sind nicht alle Metaphern unmittelbar mit medizinischen Prozessen verbunden. In der Einleitung zu dem ersten Buch seines Werks verwendet Paracelsus die Metapher WISSEN ALS KRIEG, um die Wichtigkeit der Erfahrung in der medizinischen Ausbildung zu unterstützen:

gros ist ir anhang, verzettelt sich aber ie lenger ie mer durch mißgeratung irer künsten. so eur Rö. Kü. majestat alein die erfarenheit schirm traget […] dan so ein ding auf das höchst kompt, so fellet es ganz schnell zu boden. so die kunst der wundarzeni warhaftig on allen gepresten grüntlich erfunden wird und bewert, wie in disem buch verzichnet, ist gut zu gedenken, dieweil sich die warheit spüren und merken laßt, das ir seint den kampfe verilieren wird. (Paracelsus, 18)

Durch die Erfahrung allein kann also der Arzt seinen Krieg (bzw. das Wissenserwerb, das jeweils zur Heilung dient) gewinnen.

In der darauffolgenden Vorrede werden weitere Metaphern zur Veranschaulichung des Wissenserwerbs bzw. dessen, was Paracelsus sich als angemessen medizinischen Wissenserwerb vorstellt, verwendet und dabei werden seine kritischen Positionen hinsichtlich der traditionellen Medizin unterstützt:

befand sovil, das ir keiner diese kunst im grunt nie gewißt noch erfaren noch verstanden hat, und das sie umb die kunste der arznei gangen sind und noch gingen wie ein kaz umb den brei, und das sie lerneten, das sie selbst nicht wißten, das ei ir disputiren nicht verstunden, us das sie die kranken heimsuchten und ratschlagen, erkanten weder krankheit noch kunst darzu, und das also der fel alein was in dem der sie brauchte. das so vil geret ward und ist: schreier und schwezer waren sie im pracht und pomp und war in inen nichts als toten grab, das auswendig schön ist, inwendig ein stinkents fauls as voller würm. […] Nun ist nit minder, bei meinen zeiten wird ich das fabelwerk nicht umbstoßen mügen; dan es sind alt unbending hunt, lernen nichts weiter, schemen sich abzustehen in die bekantnus irer torheit. iedoch aber ligt in den nicht vil, sonder es ligt an dem das ich verhoff, die jungen werden in ein andere haut schliefen. so die alten abgehen werden, werden sie ir wunder auch verlassen und mit der zeit wird der grund ein fürgang haben. so muß ich das auch melden. sie pflegen in der wundarzney große ratschleg etwan zu tun, komen doctor, scherer, bader zusamen und ist doch bei in allen der verstant nit. will ich mit ir eigen gewissen anzeigen und beweisen, das iezt auf bis mal kein doctor ist,

der doch künde ein wunden heilen, ich geschweig ein hilf zu raten, und schreiben sich doctor beider arzneien. es ist also under den scherern und badern auch, das sie geschworen meister sind einer stat und schweren das den eid nit bestetigen mag, dan sie haben den kunst nit auf die sie schwörent. sovil sag ich euch darzu, es bedarf keins ratschlags, sonder es sit ein gewisse kunst und ein warhafte, gleich so fertig

als ein zimerman in seim zimern, der muß recht lernen zimern, so kann ers recht, darf keins rat darzu. kann ers aber nit recht, so ratschlag er all tag und noch wird nichts guts daraus; felt am lezten alles ein. also ist mit der arznei auch der wunden. das ich sage, das ist ein gewisse kunst, dem ist also wie das ist. (ebd.: 21-22)

Diesen allgemeinen Überlegungen zum Thema der medizinischen Ausbildung folgt die Auflistung der Gründe, die den Autor bewegt haben, das Buch zu schreiben, das eben die als lückenhaft gehaltene medizinische praxisorientierte Bildung verbessen sollte.

Dass viele Metaphern zu argumentativen Zwecken dienen, lässt sich auch im ersten Kapitel erkennen:

dan also sol er sich der wunden understan, das er in der vermüglicheit der natur sein wort seze, nit sich mer understant, dan der natur müglich sei, oder minder volbring, dan die natur wol het mügen leisten. (ebd.30)

Der Wundarzt soll nach Paracelsus das Wesen der Wunde erkennen, um sie nach den Gesetzten bzw. nach dem Gesagten der Natur zu heilen und nicht dagegen zu verstoßen.

Auch die bekanntesten, sehr konventionellen Metaphern des medizinischen Diskurses (vgl. Kapitel 2.4) kommen in unterschiedlicher Ausprägung in diesem Text vor. Im folgenden Textausschnitt wird z.B. die Gleichgewichtsmetaphorik, die theoriekonstitutiv für medizinische Prozesse war (und immer noch ist), verwendet:

Dieweil unordnung ein gesunden leib verderbt, wie vil mer in einem kranken, als dan in den verwunten solle werden, sonderlich so wir sehen, das durch speis, trank und gute ordnung die wunde geheilt mögen werden, auch gleich so wol verderbt. darumb solle in allen bringen ein ordnung gehalten werden, die zur gesuntheit diene, und wider dieselb nit handle; dan böse ordnung und gute arznei mag nit ein gut werk machen, auch böse arznei und gute ordnung gleich als wenig. (ebd. 85-86)

Auch die Konzeptualisierung von PROZESSEN ALS REISE kommt mehrmals in den Texten vor. Im ersten Beispiel kommt auch die politische Dimension der

Krankheitsauffassung vor (die mit der Konzeptualisierung KÖRPER ALS STAAT verbunden ist):

 darums so gwiß von tötlichen wunden nit mag warhaftig erkantnus erfunden werden, gewiß und eigentlich ein iegliche wunt zum tot oder zum leben zu urteilen, die also verborgen wie ein dieb herein scheichen (KRANKHEIT ALS VERBRECHEN). die aber so entlich zum tot geschlagen werden und in den kein wider aufbringen ist, sind die: als die hirnwunden, wo dasselbig ein ausgang gewint, ist kein leben zu erwarten.

aus wölche stich oder wunden umb das herzgrüblin beschehent, sind auch zum tot, dan das herze will sein region unverlezt haben. (ebd.:45)

 was weg ein wund geheilt wird (ebd. 33)

 es sei dan das mentruum in seinen rechten gang gebracht worden (60)

Die bekannte Metapher HEILUNG ALS KRIEG wird auch in diesem Text verwendet, im ersten Beispiel werden dabei auch weitere Metaphern verwendet, die im Klammer spezifiziert werden:

 solchs bringt dich zu spot, das du der kunst den grunde nit gewißt hast. so ist auch des menschen natur so verporgen und heimlich, das niemant im menschen sehen kan, wa ein dieb oder mörder (KRANKHEIT ALS VERBRECHEN) verschlagen ligund mit keiner ursach bewegt, wider dich zu hantlen. darum so fleiß dich; vil besser zu vil sorg dan zu wenig. es sind so vil zufell die den menschen angreifen, das gar nahent ein iegliche wunde mer tötlich dan lebendig geurteilt muß werden. dan stunt und zeit, natur und complex sehen ungleich. mer zu dem ergern geneigt dan zum bessern (KRANKHEIT ALS UNGLEICHGEWICHT). also soltu vorhin trachten und wissen, was zu dem ganzen werk gehöre, geschikter und besserer geordnet und mit wenigerm gebresten, dan ein kein zimerman oder steinmez (ARZT ALS HANDWERK) (ebd. 32 -33)

so aber der arzet vermeint, er sei der der da heile, so verfürt er sich selbst und

erkennt sein eigene kunst nit. aber damit du wissest, warzu du wundarzet gut seiest und nutzlich und warzu die kunst, ist also, das du der natur an dem verletzten schaden schirm und schutzung tragest vor widerwertigen feinden, damit das die eußerlichen feint den balsam der natur nit zurück schlagen, nit vergiften noch verderben, sonder das sie bleib in irer balsmischen kraft und

würkung durch bewarung des schirmes. dan das ist ein mal gewiß und vor augen, so die wunt offen ist und nit bewart oder beschirmpt, das sie in keinerlei weg mag ir würkung volbringen. darum der wol beschirmen und hüten kann, derselbig ist ein guter wundarzet. also ist der wundarzet durch die arznei ein schirmer der natur vor den eußeren elementen, die wider die natur

streben. und wa die natur bresthaftig erfunden wird, da gedenken sie noch mer bresten einzufürn. solche feint und elementische kraft sol der arzet durch die arznei hinweg treiben. so mag die natur in irem balsam fertig und glücklich hindurch faren (PROZESSE ALS REISE).so sie also durch den schirm in frid und ruwe behalten wird und in ir selbst, und sich die natur befint einer solcher schirmung und dein geschicklichkeit der verbindung, heilet sie sich selbst zusamen und machet das fleisch wachsen, das geeder oder was das ist nach dem vermügen so in wunden sein mag. (ebd. 34)

 halt sie sauber und beschirms vor den eußeren und zufallenden feinden, also werden alle wunden geheilt. (ebd.:37)

Die zugrundeliegende Auffassung von KRANKHEIT ALS ÜBEL bzw. die Zuschreibung von moralischen Werten einem natürlichen und deshalb moralisch neutralen Prozess lässt sich auch erkennen:

Du solt auch underricht sein, gut und bös zeichen der wunden erkennen, ob etwas in der wunden widerwertigs begegnen wollte, das du die selbigen teglich erkennest und wissest ir bedeutung, was sie fürbilden und was argst die zeichen anzeigen, damit du teglich solchem zufall fükomest. dan ein gesunder leib ist nit on zufell, wie vil mer ein verlezter. dan also begegnen wunden die zum schlag gedeien, zur glitsucht, zur schwintsucht, zur fallenden sucht und ander mer. (ebd.: 32)