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Intertextualität

Zweiter Teil: Ergebnisse

6. Ergebnisse

6.3. Die große Wundarznei

6.3.4. Intertextualität

würkung durch bewarung des schirmes. dan das ist ein mal gewiß und vor augen, so die wunt offen ist und nit bewart oder beschirmpt, das sie in keinerlei weg mag ir würkung volbringen. darum der wol beschirmen und hüten kann, derselbig ist ein guter wundarzet. also ist der wundarzet durch die arznei ein schirmer der natur vor den eußeren elementen, die wider die natur

streben. und wa die natur bresthaftig erfunden wird, da gedenken sie noch mer bresten einzufürn. solche feint und elementische kraft sol der arzet durch die arznei hinweg treiben. so mag die natur in irem balsam fertig und glücklich hindurch faren (PROZESSE ALS REISE).so sie also durch den schirm in frid und ruwe behalten wird und in ir selbst, und sich die natur befint einer solcher schirmung und dein geschicklichkeit der verbindung, heilet sie sich selbst zusamen und machet das fleisch wachsen, das geeder oder was das ist nach dem vermügen so in wunden sein mag. (ebd. 34)

 halt sie sauber und beschirms vor den eußeren und zufallenden feinden, also werden alle wunden geheilt. (ebd.:37)

Die zugrundeliegende Auffassung von KRANKHEIT ALS ÜBEL bzw. die Zuschreibung von moralischen Werten einem natürlichen und deshalb moralisch neutralen Prozess lässt sich auch erkennen:

Du solt auch underricht sein, gut und bös zeichen der wunden erkennen, ob etwas in der wunden widerwertigs begegnen wollte, das du die selbigen teglich erkennest und wissest ir bedeutung, was sie fürbilden und was argst die zeichen anzeigen, damit du teglich solchem zufall fükomest. dan ein gesunder leib ist nit on zufell, wie vil mer ein verlezter. dan also begegnen wunden die zum schlag gedeien, zur glitsucht, zur schwintsucht, zur fallenden sucht und ander mer. (ebd.: 32)

anderen scribenten und vermeinten erzeten. / Dieweil sie aber nicht zeichnen, ist nicht glaube in sie zu halten. dan in die werk sol sich der leib vertrauen. das ist die arznei sol zeichen tun, seine werke öfnen. wo das nicht geschehe, do ist sie nicht; dan zeichen und werke zu tun hat got der arznei eingeleibt. / Eins will ich dir fürhalten das ausgelassen ist in allen recepten anderer arzten, ausgenomen in meiner schul, das mich auch ursacht dises capitel zu setzen, das ein hauptstuck vorhanden ist, das allen verderbten wunden durch die natur der einfallenden krankheit, als krebs, fistel und dergleichen, widerstet und sie heilet, und das selbig ist ein salz vom realgar wie ein alkali, das ich doch hie nicht lerne sonder fürhalt, das du es suchest an seiner stat und in seinem buch, domit heilest du all fistel, krebs an wunden und, auch in wunden. Dieweil nun dasselbig nie eröfnet, auch in unwissen gewesen, iezt zu meinen zeiten erfunden habe, ist bilich das es in eigen capitel besiz, dan es heilet alle fifteln, krebs, wolf, firei, schwam und dergleichen. und so dises geheilet ist, nach dem folget die heilung der wunden. das ist so im ersten die zufallend krankheit genomen ist, darnach wie isch lerne im andern tractat sol auch die wunden geheilt werden. derselbigen proceß und ordnung ist hie nit not zu entdecken, ich mag auch solchs wol sagen, das ich fug und recht hab, vil heimlicheit der natur zu eröfnen, dieweil ich mer dan die andern erfaren hab, gelernet und gesehen. und sondelrich mich zwinget zu berümen mein erfarenheit, so ich sihe das doctor, scherer, bader so gar unerfahren sind und so gar in keinen künsten die zeichen tunt bewert, und durch ir kunst verderben und nichts nach rechter ordnung der natur hindurch fürent, das macht mich freidig, und das sie vil hemer habent, aber nit füren künent und nicht wissent, was der hamer vermage. dan was solle der saue ein berlin, dieweil sie doch nichts kann als alein treffen. ich rüm die kunst alchimia, dan sie gibt die heimlicheit der arznei und gibt hilf in allen verzweifleten krankheiten. aber was sol ich an den selben loben, dieweil sie nicht wissen die heimlicheit der natur die in iren handen ist.

ich lobe auch groß die kunst der arznei. was sol ich aber die loben, so arzet seind und nicht alchmisten? das ist, ist die kunst bei den alchimisten, so verstont sie es nicht, ist sie bei den erzten, so künden sie es nicht, dan sie habent die heimlicheit in iren henden nicht. (ebd.: 65 - 66).

Also auch von den lungen, lebern, milz, nieren zu wissen ist, das soe sollent mit dem auro potabili enthalten und genert werden. nun seind vil die da

plerren von dem auro potabili; wer kann dem guger den gauch nehmen?

aururum potabile sol bei einem ieglichen arzet sein; der nichts da weißt, was ist er wert? ich wößte es wol; die zeit verhoffe ich werds an tage bringen. am tag ist es noch mer offenbar; es ist ein arznei, die all alt scribent geschweigt und ir jungen gugger. (ebd.: 76)

Die Funktion solcher extrem allgemeinen Hinweise, die in der Regel mit erfahrungsbezogenen Themen verbunden sind, bei denen Paracelsus seine Erfahrungen mit denjenigen von den „anderen Ärzten“ vergleicht, scheint weder die Mitteilung bzw.

Anerkennung der Quellen noch der Beweis der Gültigkeit des Dargestellten zu sein, sondern sie dienen eher als Grundlage der kritischen Einstellungen des Autors.

Kurzer Zwischenfazit

Die ausgewählten frühneuhochdeutschen Texte unterscheiden sich stark hinsichtlich der Struktur einzelner Kapitel sowie in Bezug auf die Berücksichtigung der Mehrsprachigkeit.

Während Gersdorff eine relativ deutliche wiederkehrende Struktur verwendet und der Erklärung sowie Übersetzung lateinischer Termini viel Aufmerksamkeit schenkt, sind die Kapitel der großen Wundarznei relativ heterogen in ihrer Struktur, und die terminologischen Erklärungen kaum vorhanden. Sogar diese auf den ersten Blick so unterschiedlich konzipierte Texte weisen jedoch interessante Gemeinsamkeiten: Die behandelten Makrothemen (Wunde, Heilmittel, ausgewählte Krankheiten) sind eigentlich gleich (nur Vergiftungen behandelt Gersdorff nicht und die Anatomie sowie den Aderlass werden von Paracelsus nicht berücksichtigt), aber sie werden unterschiedlich behandelt bzw. Paracelsus geht auch auf spezifischere Teilaspekte der Makrothemen ein. Aus textstruktureller Sicht lässt sich darüber hinaus feststellen, dass sie trotz dieser Unterschiede immer noch dominant deskriptiv strukturiert sind. Bei der Beschreibung von therapeutischen Maßnahmen, die in beiden Texten mit der Vorbereitung von Heilmiteln verbunden ist, erscheinen die Deskriptionen in Form von „regelhafte[n] […] Vorgänge[n]“ (Brinker 2014: 62), die sich im Gebrauch von Imperativsätzen zeigen. In beiden Texten lassen sich viele Fälle von Redundanz erkennen, die im Dienste der Verständlichkeit und der Erleichterung des Wissenserwerbs wirkt. In beiden Texten werden darüber hinaus Vergleiche zur Veranschaulichung und (in der großen Wundarznei) zu argumentativen Zwecken verwendet. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass die Auffassung von MENSCH ALS BAUM in beiden frühneuhochdeutschen Texten und in keinem von den anderen, die zu dieser Studie gehören, vorkommt. Ob eine solche Auffassung mit bestimmten kulturellen Strömungen der Renaissance verbunden ist, sollte im Rahmen weiterer Studien untersucht werden.

Aus diachronischer Sicht lässt sich Folgendes festhalten:

 Die Deskription ist in allen Texten trotz Unterschiede die dominante Thementfaltung.

  Die Didaktisierung erfolgt heuptsächlich durch Vergleiche (und Metaphern):

Hinsichtlich anatomischer Strukturen wird in den zwei Texten, die diese Ebene

berücksichtigen (Ortolfs Arzneibuch und Gersdorffs Feldtbuoch), der Magen als BEHÄLTER dargestellt.

 Die Terminologie wird nur von Ortolf und Gersdorff systematisch berücksichtigt. Gersdorff zeigt außerdem ein ausgeprägtes fast philologisch orientiertes Interesse an diesem Problem.

  Auch die Intertextualität wird nur bei den zwei oben genannten Texten

systematisch berücksichtigt. Beide Autoren beziehen sich auf die Autoritäten der klassischen Medizin, die nicht nur als Quelle, sondern auch als Beweise der Gültigkeit des Dargestellten, verwendet werden. Paracelsus verallgemeinert dagegen die anderen Ärzte im Rahmen seiner Argumentationen, um sie als Gegenpolen zu seinen eigenen Theorien darzustellen.